Pferdeforum

Rund ums Reiten => Allgemein => Thema gestartet von: Thesi am 23.08.05, 11:49

Titel: Warum Tölt?
Beitrag von: Thesi am 23.08.05, 11:49
Ich hab mit Isländern und sonstigen töltenden Pferden überhaupt keine Erfahrung (außer, dass ich 2 Mal auf einem Isländer gesessen bin), trotzdem interessiert mich eine Frage schon lange:

Warum tölten bestimmte Pferderassen? Woher kommt die vierte (und fünfte) Gangart?

Ist es genetisch verankert (d.h. kann jeder Isländer tölten, egal ob er es bei einem anderen Pferd gesehen hat oder nicht), ist es anatomisch bedingt (wenn ja, was sind genau die Faktoren, die einem Pferd Tölt und Pass ermöglichen) oder ist es erlernt (d.h. wenn ein Warmblut ohne Töltveranlagung mit töltenden Isländern auf der Koppel ist, lernt er eventuell auch zu tölten)?

Nicht, dass ich meinem Pferd tölten beibringen will oder es sonst eine praktische Relevanz hat, es interessiert mich einfach...

Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Mubbel am 23.08.05, 11:58
Ist es genetisch verankert (d.h. kann jeder Isländer tölten, egal ob er es bei einem anderen Pferd gesehen hat oder nicht), ist es anatomisch bedingt (wenn ja, was sind genau die Faktoren, die einem Pferd Tölt und Pass ermöglichen) oder ist es erlernt (d.h. wenn ein Warmblut ohne Töltveranlagung mit töltenden Isländern auf der Koppel ist, lernt er eventuell auch zu tölten)?

 ;D Also ich weiss nicht, inwiefern das ganze anatomisch bedingt ist, aber Pferde lernen nicht durch zuschauen das tölten-sonst lass ich meine Zossen mal mehr Fernseh schauen, wenn Spitzenpferde zu sehen sind  ;)

Aber es können wohl nicht alle Isis tölten, meine ich jedenfalls gehört zu haben. Aber hier gibt es ja einige Isi-Experten, die können sicherlich was dazu sagen.
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Thesi am 23.08.05, 12:03
Zitat
Also ich weiss nicht, inwiefern das ganze anatomisch bedingt ist, aber Pferde lernen nicht durch zuschauen das tölten-sonst lass ich meine Zossen mal mehr Fernseh schauen, wenn Spitzenpferde zu sehen sind 

 ;D ;D Da hast sicher recht, ist recht unwahrscheinlich, muss ich zugeben...
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Ipanema am 23.08.05, 12:19
Nur als erste Antwort - von den Töltpferdereitern wirst du sicher noch mehr Details bekommen (und Korrekturen zum von mir geschriebenen - ich reite keinen Tölter  ;)):
- Tölt ist genetisch fixiert
- mit Abschauen und der Koppelgesellschaft hat das absolut nichts zu tun
- es gibt sehr viele töltende Pferderassen, nur in Mitteleuropa war der Tölt über Jahrhunderte weitgehend in Vergessenheit geraten
- Hauptvorteil des Tölts für den Reiter ist, dass er bequem zu sitzen ist und man doch ziemlich flott vorankommt
- deswegen wurden töltende Pferde in allen Gegenden bevorzugt, wo man lange Strecken bequem reiten möchte, z.B als Gutsherr in Amerika Plantagen abreiten oder in Island von A nach B kommen
- besonders wendig sind Tölter allerdings nicht, deswegen haben sich Cowboys und sonstige Rinderhirten nie auf Tölter spezialisiert
- in Mitteleuropa kannte man früher die "Zelter", beschrieben als angenehme und sichere Reisepferde, v.a. natürlich für Damen, aber auch für den Ritter auf dem Weg zum Turnier (wo er dann auf sein Schlachtross umstieg). Schon vom Wort her sieht man die Verwandtschaft zum "Tölter". In Büchern werden sie manchmal auch als Passgänger beschrieben, aber wer weiß, ob das wirklich reiner Pass war.
- Warum die Tölter hierzulande zurückgedrängt wurden? Ich kenne verschiedene Theorien:
a) zum Kutscheziehen eignen sich Tölter nicht, besser Traber - und jahrhundertelang wurde hierzulande viel Kutsche gefahren
b) vor dem Pflug stelle ich sie mir auch nicht optimal vor (obwohl der ja sowieso meist im Schritt gezogen wird, zugegeben)
c) die Barock bzw. Renaissancereiterei hatte nicht viel Verwendung für Tölter, da sehr "dressurorientiert", kunstvolle Figuren, Biegung - nix für Tölter
d) jeder Tölter hat SEIN eigenes Grundtempo, in dem er taktklar geht und das schwerer zu variieren ist als das Trabtempo bei Trabern. Kurz gesagt, wenn ich beim Traber genug zurückhalte und trotzdem genug treibe, dass er nicht in Schritt fällt, habe ich langsamen Trab. Beim Tölter klappt das nicht so einfach, der verliert dann den Takt.
Also machen sich Tölter nicht gut beim Militär, wo eine Menge mittelmäßiger Reiter schön gleichmäßig "in Formation" aufmarschieren und exerzieren mussten.
e) später exerzierte man nicht mehr in strengen Formen, sondern setzte die Reiter eher für flotte Kundschafterritte ein. Geeignet war das sowas wie ein englisches Jagdpferd oder Vollblut. Tölter sind aber nicht die idealen Galoppierer und Springer
- wie stark die Töltveranlagung ist, kommt auf die Zucht an. Es gibt Rassen, die fast NUR tölten (oder Marcha, oder Paso oder Walk gehen). Bei Isis gibt es welche die genausowenig tölten wie jedes "Normalo-Pferd" (Dreigänger), Naturtölter oder -Passer, die auch auf der Weide tölten/passen und andere bei denen die Veranlagung latent mehr oder minder vorhanden ist, aber vom Reiter erst "herausgekitzelt" werden muss.
Ähnlich ist es bei Trabern, die meisten traben nur, aber da in anderen Ländern Rennen auch im Pass stattfinden, haben viele Traber auch "Passerblut". Pass ist nun wieder oft mit Töltveranlagung gekoppelt, und so findet man unter den Trabern auch Tölter - bei den wenigsten ist die Töltveranlagung so groß, dass sie auf der Weide tölten, aber ein guter Reiter kann den Tölt auch herausreiten. Und wenn das Pferd den Tölt sozusagen "wiederentdeckt" hat, dann töltet es manchmal sogar lieber als zu traben...
- obwohl Tölter wie beschrieben Nachteile haben, haben sie halt auch viele Vorteile. Deswegen war mancherorts zu manchen Zeiten die Nachfrage nach Töltern größer als die vorhandenen Töltpferde. Also versuchte man den Tölt opder zumindest den Pass auch weniger veranlagten Pferden "beizubringen" z.B. durch Zusammenbinden beider Beine auf einer Seite oder ähnlichen Methoden, was sogar funktioniert(e). So gesehen, kann ich auch ein genetisch nicht entsprechend ausgestattetes Pferd zum Tölten bringen, aber empfehlenswert ist das nicht.
Auch sonst kann es immer wieder Pferde aus Nicht-Töltrassen geben, die tölten. Entweder Laune der Natur oder geschickter Reiter. Bei Warmblutpferden ist bekannt, dass ein (schlechter) Reiter sie durch falsche Einwirkung schnell zum Pass bringen kann. Und aus Pass kann man - wenn man's kann - auch Tölt entwickeln. Also müsste ein sehr erfahrender Reiter Pferde auch absichtlich zu "Taktfehlern" bekommen, die schließlich zum Tölt führen.
- ach so, bestimmte anatomische Faktoren begünstigen das Tölten sicher, aber frag mich nicht welche 8)

Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Viki am 23.08.05, 12:38
Dem gibts kaum was hinzuzufügen  8)
außer vielleicht, dass Tölter früher "Zelter" hieß und in Naturtölterform v.a. als Reisetempo für Damen erwünscht war. Es gibt einige schöne Töltdarstellungen aus dem deutschen MA.

Zur Anatomie: Es gibt genaueste Angaben über Winkelungen am ganzen Pferd in Töltbüchern ($-Gang, Rennpass etc), für den, dens interessiert...
Ein langes "schiffartiges" WB oder ein Araber mit hohem Schweifansatz täte sich tendenziell härter als ein kurzes, kompaktes Pferd mit tieferem Schweifansatz.
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: baura am 23.08.05, 12:49
Schön geschrieben, Ipanema.

Eine Sache ist - zumindest habe ich es so gelernt - etwas anders.
Der durch schlechtes Reiten hervorgerufene Pass - gerne bei Dressur-Warmblütern - hat nichts mit eventuell vorhandener Tölt-(/Pass)-Veranlagung zu tun, sondern ist "nur" ein Zeichen von totaler Verspannung. Daraus lässt sich nicht schließen, dass man dieses Pferd tatsächlich tölten könnte.

Es gibt dieses Gangpferdebuch von Gohl/Dresel, da wird ausführlich auf die genetischen Voraussetzungen eingegangen. Tatsächlich ist das "Pass-Gen" (=laterale Bewegung) einer der Haupt-Schlüssel zum Tölt.
Je nach Rasse gibt es unterschiedliche "Arten" von Tölt, dazu mit mehr oder weniger starker Trab- und Galoppausprägung.

In der Islandepferdezucht möchte man als "Gaedingar" (Traumpferd) einen Fünfgänger mit gleichmäßig guter Gangverteilung. Der Viergänger erfreut sich zwar - gerade in Deutschland - großer Beliebtheit, doch weiß man, dass man mit einer reinen Viergängerzucht am Ende den Tölt irgendwann mal weggezüchtet hätte.

Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Jukana am 23.08.05, 13:05
Zitat
Der durch schlechtes Reiten hervorgerufene Pass - gerne bei Dressur-Warmblütern - hat nichts mit eventuell vorhandener Tölt-(/Pass)-Veranlagung zu tun, sondern ist "nur" ein Zeichen von totaler Verspannung.


Du meinst diesen "Schweine-Pass" (oder wie das heißt), oder?
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: baura am 23.08.05, 13:25
Nee,
Schweine-Pass sagt man bei Islandpferden, die in einem relativ ruhigem Tempo meisten völlig spannungslos in absolutem 2-Takt passig "dahereiern".

Pass wird nur im Renntempo als korrekt angesehen, und hier handelt es sich übrigens nicht mehr um einen 2Takt, sondern um einen - kaum sichtbaren - 4Takt, dies kann man aber nur auf Video-Zeitlupe erkennen, bwz. es gibt Fotos, auf denen man eine Einbein-Stütze sieht, und aus denen man - theoretisch - nicht erkennen kann, ob das jetzt Tölt oder Rennpass ist, das würde sich korrekt erst mit der nächsten Phase definitiv belegen lassen. Oft kann man es aber daran in etwa deuten, dass das Pferd im Rennpass insgesamt etwas länger und gestreckter aussieht, oder wenn man weiß, dass das Pferd ein 4Gänger ist und keinen Pass kann *g*.

Der von mir beschriebene Taktfehler (im Schritt) würde ich einfach als "klemmig" oder eben "passverspannt" beschreiben.

Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Jago am 23.08.05, 15:16
Dem schon gesagten kann ich als begeisterter 5gängerreiter kaum noch was hinzufügen außer vielleicht: das Gebäude eines Pferdes bietet nur anhaltspunkte, die tatsächliche Töltveranlagung kann man nur beim Pferd selber wirklich sehen/spüren, vom Äußeren her kann man da schwer daneben liegen, das Temperament des Pferdes spielt auch eine gewisse Rolle, denn Tölt braucht etwas mehr Kraft und eine gewisse Grundspannung, die aber nicht zu hoch sein darf....
Wendig können 5gänger durchaus sein ::), manchmal auch noch mehr als der Reiter grad eben wollte  ;D
Für mich ist gutes Gangartenreiten wie gutes Dressurreiten, das  Feedback des Pferdes ist sofort da, denn wenn man schlecht reitet, sagt einem der A..... das sofort - wobei es auch furchtbare Gangartenreiter gibt.....
5gänger mit gleich gut verteilten Gangarten sind nicht häufig und werden sehr gut bezahlt, oft ist eine Gangart nicht ganz so gut, bei meiner ist zB der Schritt nicht so toll...nun, ich könnte noch viel schreibeh  ;D ;D ;D ;D
Jago
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Thesi am 23.08.05, 15:22
Danke für die Info... jetzt bin ich schlauer.

Das heißt, mein Warmblut mit Vollbluteinschlag wird nie tölten und pass gehen könen (hab ich mir vorher schon gedacht)... was mich gar nicht stört, ich denke nicht, dass das unserem Dressurtrainer gefallen würde  ;D
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Ipanema am 23.08.05, 15:50
Dem gibts kaum was hinzuzufügen  8)
außer vielleicht, dass Tölter früher "Zelter" hieß und in Naturtölterform v.a. als Reisetempo für Damen erwünscht war. 

Ts, Viki, nochmal meinen - zugegeben etwas langen und unordentlichen - Beitrag lesen. Hab ich doch geschrieben!
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Jago am 23.08.05, 15:54
Den Ansatz zum gemütlichen Schweinepass kann man auf herkömmlichen Dressurprüfungen öfter sehen- schau mal bei "Schritt am Zügel" genau hin ;, viele Warmblüter gehen da nicht sauber im Takt.
Der Pass wird beim Isi nur ab und an im Renntempo geritten, in der Regel werden nur-Passer irgendwann sehr steif im Rücken - aber Ausnahmen gibt es auch da :D
Ich achte bei meiner immer darauf, daß sie sich auch immer gut wieder streckt, nur aufgerichtet zu gehen ist für keinen Pferderücken gut.
Aber das ist ein weites Feld und eins der Themen, wo ich stundenlang sabbeln kann.... ;D
Jago
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Ipanema am 23.08.05, 15:55
Der durch schlechtes Reiten hervorgerufene Pass - gerne bei Dressur-Warmblütern - hat nichts mit eventuell vorhandener Tölt-(/Pass)-Veranlagung zu tun, sondern ist "nur" ein Zeichen von totaler Verspannung. Daraus lässt sich nicht schließen, dass man dieses Pferd tatsächlich tölten könnte.

Das hatte ich auch nicht gemeint, baura. So ein WB hat sicher keine Töltveranlagung. Gemeint war: Ich kann einem Pferd fast alles anreiten, auch einen Taktfehler. Normalerweise ungewünscht, aber die Leute, die den Pferden die Beine zusammenbinden um es zum Passen zu bringen (gab's die nur früher oder gibt's diese Auswüchse heute noch? Von "früher" habe ich entsprechende Zeichnungen gesehen), die könnten das Passen auch bei "unbegabten" Pferden reiterlich unterstützen. Und da Pferde bekanntlich vieles tun, wenn man sie nur richtig clickert lobt, kann man ein Pferd auch in diese Richtung etwas trainieren. Dass da kein regelmäßiger Blackunddecker-Tölt bei rauskommt, nehme ich an.
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Viki am 23.08.05, 18:56
Ts, Viki, nochmal meinen - zugegeben etwas langen und unordentlichen - Beitrag lesen. Hab ich doch geschrieben!

Tja, haumichaufdenkopf, dacht ichs mir doch, dass es nicht gut ist schlampig drüberzulesen...kannst du mir nochmal verzeihen?

Eine Islandfreundin hatte einen Mix unbekannter Herkunft - der hat mehr nach Araber als nach Isländer ausgesehen (was nix heißt)...der konnte mit Mühe und viel Getrietze Töltschritte gehen. ich denke, man kann, wenn irgendwo genetisch was Töltartiges fixiert ist, auch mit Mixen sowas wie tölten - aber halt extrem spannig und wenig erquicklich....
Andererseits gibts auch Viergänger, die wirklich nur vom Experten zu tölten sind - das macht auch keinen Spaß. Genauso wenig wie 5-Gänger, die in jedem Gang irgendwie zeigen, dass sie tölten können - z.B. mit extrem gelaufenem Galopp, hypersensiblem Wackeltrab und passigem Schritt.

Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Gundi am 23.08.05, 22:12
Vielleicht noch:
Tölt hat keine Sprungphase, deshalb trugen die Zelter früher die Sänfte, da wäre nämlich ein Trab nicht wirklich gut gekommen *aua*

Und: Auch andere Tiere tölten,Z.B. Elefanten. Auch manchen Hundearten.
Elefanten, hab ich mal gelesen, traben deshalb nicht, weil das ihre Gelenke bei einer Gangart mit Sprungphase schaden nehmen würden...
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Viki am 23.08.05, 23:47
Manche Hunde gehen auch astreinen Schweinepass statt Schritt. Und Giraffen haben zumindest viel Passtendenz im Schritt (und einen tollen Galopp...)...
Komisch, dass die Mongolenponies nicht tölten...
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Jago am 24.08.05, 07:47
Doch, Mongolenponies tölten, allerdings nicht alle. Freunde von mir fahren alle 2 Jahre in die Mongolei und leben dort mit und bei einer mongolischen Großfamilie. Einige von deren Pferden tölten, sieht man auch auf den Filmen, die sie mitgebracht haben. Allerdings ist es meist ein "Flachwuseltölt", der ist aber ja ohnehin für das pferd einfacher, die hohe Aktion, die heutzutage auf den Turnieren usw.  gewünscht wird, ist für das pferd sehr anstrengend.
Jago
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Gundi am 24.08.05, 10:31
Manche Hunde gehen auch astreinen Schweinepass statt Schritt.

Mein erster Hund ging Pass, wenn er dringende Geschäfte zu erledigen hatte  :) offensichtlich Verspannungspass  ;)
Mein jetziger Hund ist ein kleiner Flitzer, wenn der mal an der Leine ist und sich meinem Tempo anpassen muß, geht er auch Pass...

Wenn man dann erstmal einen Blick dafür hat, wundert man sich, wo überall spannende Gangarten zu sehen sind  :D
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Viki am 24.08.05, 18:06
Wenn man dann erstmal einen Blick dafür hat, wundert man sich, wo überall spannende Gangarten zu sehen sind  :D

Ja, genau! In jedem Mongolenfilm schau ich angestrengt, ob die nicht doch tölten....
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Waddington am 25.08.05, 00:03
Die Töltveranlagung bei den Trabern hat meiner Meinung damit zu tun, dass der Renntrab strenggenommen ein taktunreiner Viertakt ist, in dem die Hinterbeine deutlich vor den Vorderbeinen auffußen. Also eine Taktverschiebung, die es dem Pferd erst ermöglicht so weit vorzugreifen. Da eben diese Taktverschiebung die gleiche ist wie Tölt, nur eben nicht so ausgeprägt tölten auch viele Traber.... oder so ähnlich.... ??
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: unki am 25.08.05, 01:41
Noch eine Meinung aus der Ferne: Hierzulande sieht man unter dem Sattel fast nur töltende Pferde und Maultiere, und zwar quer durch alle möglichen Exterieur- und Rassetypen (Mangalarga-Marchadores und mestiços). Neulich habe ich einen Schimmel im Warmbluttyp gesehen, der töltete wunderschön locker-flockig, flott und aufmerksam. Der Sattel liegt hierzulande so mehr in der Mitte des Pferderückens, und die Reiter sitzen/liegen meistens im Harley-Sitz... ::)
Und wendig sind die Pferde! Sie werden hier, genau wie die Maultiere, auch im Viehtrieb eingesetzt.
Für die Turnier-disziplinen (Rodeios) werden allerdings QuarterHorses bevorzugt, wenn mich nicht alles täuscht.
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Jago am 25.08.05, 07:48
Nach der geltenden Lehrmeinung hat die Töltveranlagung der Traber damit zu tun, daß in vielen Trab-Zuchtlinien Paßgänger  im Stammbaum stehen. Meines Wisens gibt es auch im Ausland  viele Trabrennen im satten Rennpaß, werden allerdings nicht geritten sondern gefahren. Die Paßveranlagung - also die Betonung der lateralen Bewegung -im Gegensatz zur Diagonalen im Trab- ist für den Tölt unerläßlich, deshalb auch das Verschwinden des Töltes aus der Veranlagung, wenn nur mit 4Gängern gezüchtet wird.
Wer einen Töltveranlagten Traber von der Rennbahn kaufen will, sollte nach Paßgängern in seiner Ahnenreihe gucken um zu wissen, ob er Tölt erwarten kann.
Jago
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: felis am 25.08.05, 09:26
Ganz auszurotten ist die Töltveranlagung aber nur sehr schwierig ;-)
Ich hab schon bei den erstaunlichsten Rassen und Kreuzungen wirklich gut töltende Pferde gesehen. Z. B. einen töltenden Friesen, töltende Vollblutaraber, einen gekörten Reitponyhengst mit guter Töltveranlagung (der Besitzer bat mich flehentlich, das nicht öffentlich zu machen  ;), eine Friesen - Paso - Kreeuzung, die mehrfach die dt. Töltmeisterschaften gewonnen hat u.s.w.
Manipulationen aller Arten können nur dann greifen, wenn eine zumindest schwache genetische Töltveranlagung vorhanden ist. Ob das für das betroffene Pferd dann so toll ist, sei dahingestellt. Umgekehrt gilt allerdings das gleiche: einem extrem töltveranlagten Pferd den Gang unbedingt "wegreiten" zu wollen ist genauso wenig im Sinne des Pferdes.
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Jago am 25.08.05, 10:11
Das was felis sagt kann ich nur bestätigen. Im übrigen ist mW bei allen Kutschpferderassen Paßblut mit drin - sie heben dann die Beine höher.....Viele töltveranlagte Pferde bieten den Tölt von sich aus bei bestimten Geschwindigkeiten oder Geländeformationen von sich aus an, meine 4gangstute, die nicht gerne töltet, macht lieber Tölt als im Vireeck Zirkel verkleinern und -vergrößern- sie wird übrigens fast nie im Tölt geritten, weil sie es nicht will - dafür ist sie ein schnelles, wendiges und absolut zuverlässiges Geländepferd. Sie hat einen absolut tollen Tölt, ein Fachmann aus einer sehr guten islädischen Reitschule sagte mir mal, daß man solche Pferde im Kopf und charakter kaputtmacht, wenn man ihnen den Tölt abzwingt.
Meine 5gängerin töltet sehr gerne und leicht über lange Strecken...
Jago
P-S. Die Adresse von diesem Hengst hätte ich sehr gerne, als Geheimtip.
die Manipulationen bei Töltern kenne ich fast alle - auch wenn ichs manchmal kaum glauben mag....
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: felis am 25.08.05, 13:48
@Jago, tut mir leid, der Hengst hat mittlerweile das zeitliche gesegnet.  :'(
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: lattemacchiato am 25.08.05, 14:46
Ich hab' zwar eigentlich keine Ahnung, aber eins fiel mir bei dem Mix, der eher nach Araber als nach Isländer aussah, noch ein: viele zentralasiatische Pferderassen bringen eine Töltveranlagung mit, selbst unter den Achal Tekkinern findet man wohl töltende Exemplare.
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: haukur am 26.08.05, 07:10
Töltveranlagung kommt meines Erachtens bei den meisten Rassen, die nicht nach unseren europäischen Standard-WB-Vorstellungen gezüchtet werden, vor. Sieht man manchmal bei Filmen aus fernen Ländern  ;)  Einen iranischen (?) Film habe ich in besonderer Erinnerung: da tölten die Pferde ganz schön eindrücklich, während ein anderer Teil der Reitpferde statt Trab Pass lief.  Nur wenn man halt ein "leicht" zu reitendes, Einheits(armee)pferd möchte, kann Gangveranlagung hinderlich sein... weil die Gangschaltung doch etwas anspruchsvoll sein kann.   

Ich kann die Liste der ungewöhnlichen Tölter noch um einen belgischen Kaltblüter erweitern, bei dem ich Passtölt am Brauereiwagen gesehen habe, und ein Schweizer Warmblut, das in den Schritt-Trab-Übergängen Töltschritte einschob. Leider beides ohne festen Beweis, d.h. ich kann mir auch eingebildet haben, Tölt gesehen zu haben - aber es sah SEHR nach Tölt aus.

Nur eben, wie Jago schreibt, es kann sich negativ auswirken, den Tölt um jeden Preis zu fördern.

Charly
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: thyrie am 28.08.05, 07:17
Bei den Arabern gibts auch einige mit Töltveranlagung!  Trotz der hohen Kruppe sind sie durchaus dazu in der Lage und  ist eher im langsamen Tempo anzusiedeln.
Und unter den Ponyrassen gibts wirklich viele, bei denen die Veranlagung dazu im Verborgenen schlummert. Meine Fjordin hats auch hinbekommen  ;)
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Nattrun am 28.08.05, 23:58
Im vergangenen Jahr wurde in der Pferdebörse ein Welsh Cob (? kenn mich bei Welshs nicht aus) angeboten mit Tölt und Rennpass in Turnierqualität. Das Pferd hieß Black Aragorn und sah tatsächlich aus wie ein traumhaftes, schwarzes Ritterpferd. Sollte 5000 Euro kosten.
Die Cavallo brachte die Geschichte dazu - die Besitzerin war von Hinz nach Kunz gelaufen, um die "Taktverschiebung" ihres Pferdes korrigieren zu lassen und sämtliche Welshzüchter beteuerten, daß Welshs niiiiiiiemalsnicht*knoblauchraushäng* lateral veranlagt seien, das KÖNNE gar nicht sein.
Dann bekam eine Gangpferdetrainerin (Dresel???) das Pferd - und siehe da. Sogar richtig talentiert. Mit dem hätte man bei IGV-Turnieren (sind offen für alle Rassen) was werden können.
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: Waddington am 29.08.05, 00:29
An diese Schwarze Perle kann ich mich erinnern! Der hätt mir sofort gefallen, wenn ich mich nicht schon in einen Blondschopf verguckt hätt.... :D
Titel: Re: Warum Tölt?
Beitrag von: felis am 29.08.05, 12:41
Die Cavallo brachte die Geschichte dazu - die Besitzerin war von Hinz nach Kunz gelaufen, um die "Taktverschiebung" ihres Pferdes korrigieren zu lassen und sämtliche Welshzüchter beteuerten, daß Welshs niiiiiiiemalsnicht*knoblauchraushäng* lateral veranlagt seien, das KÖNNE gar nicht sein. ....
So n Quatsch - mein 1. eigenes Pony, ein reines Welsh B, hatte durchaus ne Töltveranlagung. Ich hatte damals nur keine Ahnung wie ich damit umgehen sollte. Töltunterricht kriegte ich erst später. *seufz*