Jo, Tina, der begriff "emotionslos" beschreibt das sehr gut.
Zwei Beobachtungen: Ich bekomme immer dann Probleme mit meinen Pferden, wenn mit einer milden grundstimmung zugange bin. Das wissen pferde genauso einzuschätzen und auszunutzen wie kinder. ach, und andere auch. es ist keinesfalls so, dass sich meine milde im pferd spiegelt, im gegenteil.
Die Sache mit der Konzentration sieht man z.b. auf Trailturnieren sehr gut. Nehmen wir einmal an, ein Reiter und ein Pferd haben ein so genanntes vertrauensvolles Verhältnis. (Zynisch betrachtet sind diese vertrauensvollen Verhältnisse lediglich "nichtangriffspakte" - ich will dir gut, also tu mir nichts", die oft funktionieren, weil ein pferd einfach gutmütig ist.) Nun kommen Pferd und Reiter in einen Trailparcours, der völlig ungewöhnlich aufgebaut ist. Ein Jog over, der nicht nur aus den Stangen zum Drübertraben besteht, sondern wo an den Seiten noch Stangen liegen, wo noch Dekoration en masse ist ... etwas, was das Pferd halt nicht einordnen kann. Für das Pferd sieht die Jog-over-Welt so aus: "Da liegen 5 Stangen, da muss ich also mal wieder drüber, und wie schnell, das liegt an dem Tempo, das ich vorher gehen muss." Nun aber sieht das Pferd keine 5 einsamen Stangen mehr, sondern einen Wust von Element. Huch!! Die Beobachtung ist nun: EIn Pferd das gewohnt ist, konzentriert an den Hilfen zu stehen, wird sich nicht gross um das Gewurschtel am Boden kümmern, vielleicht mal kurz stutzen, aber sich ansonsten vom Reiter dirigieren lassen und ohne Heckmeck drüber kommen. Ein Pferd das nicht an den Hilfen steht, wird sehr nachdrücklich stutzen, oft erst mal zur Seite springen, wird versuchen, selbst die Situation zu "analysieren", wird sich gelegentlich blindllings in die stangen stürzen oder versuchen drüberzuspringen, wird sich auf jeden fall deutlich bitten lassen und sich irgendwie durchmurksen.
nun kann reiter natürlich stolz darauf sein, dass sein pferd das trailhindernis bewältigt hat, und sagen, das hat es eben getan, weil es so viel vertrauen zu mir hat. das wird in den meisten fällen auch so sein. nur zeigt es sehr deutlich: der reiter schiebt dem pferd die verantwortung für sein eigenes mangelndes können zu. und indem seine weitere arbeit darin besteht, vermehrt an vertrauensbildenden massnahmen zu arbeiten, statt seine reiterlliche kontrolle zu verbessern, zeigt er nur, dass er nicht wirklich an sich arbeiten will, sondern versucht, alles andere so zu drehen, dass er sich selbst nicht in frage stellen muss. also bei leckerchen und gesäusel bleiben kann, statt mal rückgrat zu festigen und selbst die initiative aufzubringen, die er vom pferd verlangt.
ein fundamentaler irrtum ist, dass emotionslose konsequenz im sattel einhergeht mit verständnislosigkeit und dem einsatz von strafe. meist ist es doch eher so, dass unangebrachte härte die folge ist von Nichtwissen, Hilflosigkeit und Unfähigkeit. Seltener ist sie die Folge eines aufbrausenden charakters. im gegenteil, gerade wer in der lage ist, seine emotionen rauszuhalten und sein verhalten der situation anzupassen, der ist auch in der lage, sich selbst zurückzunehmen. oft genug ist aber das, was gern als "sich zurücknehmen" bezeichnet wird, lediglich eine form von problemvermeidung, ein vermeiden von situationen, die man nicht bewältigen kann oder möchte. ist ja auch allein aus sicherheitsgruenden nicht verkehrt, aber leider entwächst - bei verdrängung der tatsache, dass es an können, wissen und initiative fehlt - dieser defensiven grundeinstellung oft eine gewisse arroganz, die offensivere menschen gern in die schublade "aggressiv" steckt.