Autor Thema: Sofort nachgeben auf Zug am Zügel - warum eigentlich nicht beim Englischreiten?  (Gelesen 97401 mal)

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Offline zaino

  • Mein Pferd ist als Pferd eine Katastrophe, als Mensch ist es unersetzlich.
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Hallo, Waddi, ich hab' ja auch schon so einigen Blödsinn mit meinem pferd gemacht, das vorweg - ein Fehler z. B. davon ist, es zu früh einer falschen RB anzuvertrauen. Leider meint mans ja gut, hat keinen Röntgenblick u.s.w.
Naja, das wird schon wieder, aber lieber steht Dein Hafi mal auf der Koppel 'rum als dass so jemand drauf herumgurkt. Traurig aber wahr.  :'(

Und weil ich grade noch im Urlaub bin u. trotzdem Netz habe u. das Buch zufällig neben mir, daf ich aus Bürger/zietschmann: Der Reiter formt das Pferd, zitieren:

Zum Thema "Pferde arbeiten nicht gern freiwillig wenns anstrengend wird":
..."....dass ein Pferd nichs so übel nimmt wie eine Überforderung in der Hankenbiegung durch gefühllose starre Zügelführung, die es nicht aus dem Beugegang herauskommen lässt.... Dann kämpft es mit allen Mitteln, um sich dieser anstrengenden Gymnastik zu entziehen..."

Und zum ursprünglichen Boxenthema passt als Antwort womöglich das folgende:
"Der von Reitern am häufigsten gemacht Fehler... ist die Sucht, durch irgendwelche Manipulationen  mit den Hände erreichen zu wollen, dass das pferd "in Haltung geht". Sie wollen... das Pferd zum Abbeugen in der Ganasche veranlassen. Damit bearbeiten sie lediglich die Lade und können erreichen, dass das Pferd auch in Haltung geht, so lange keine Durchlässigkeit von ihm verlangt wird. Man kann auf diese Weise auch einen Kompromiss mit dem Pferd schließen.... Dieses mehr od. weniger geschickte Spielen mit dem Gebiss kann also nur zu einer gebogenen halshaltung führen. alles was hinter dem Sattel ist - Rücken und Hinterhand - bleibt nicht nur unbeeinflusst, sondern der natürliche Ablauf der Bewegung wird durch eine unruhige Reiterhand, der die treibende Hilfe fehlt, gestört." (S. 64/65)
Was meint Ihr dazu?

Offline horsmän

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Korrekt dieses Zitat.

Das Drama des menschlichen Reiters ist nun mal, dass der Mensch ein "Hand"-Tier ist und(!) dummerweise auch noch mit seinen AUgen nur nach vorne schaut. Wenn man stattdessen nach hinten schauen könnte, was sich hinterm Sattel abspielt, wäre Reiten wahrscheinlich viel leichter.
Aber es ist wie es ist und deshalb braucht man erstmal so 5-20 Jahre, um sich abzugewöhnen, den Pferdehals nicht mit den Händen zu "modellieren"  ;)

Gruß
horsmän

Tina68

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Ich finde es auch sehr wichtig zu beachten, ob das Pferd überhaupt im Genick nachgeben kann resp. ob es anatomisch genügend Ganaschenfreiheit hat.
Den Fehler habe ich mit meinem 1. Pferd, einem stämmigen Freiberger gemacht. Er sollte im Genick nachgeben, hatte aber absolut keinen Platz in der Kehle, worauf er sich ständig die Ohrspeicheldrüse gequetscht hat, der arme Kerl! Kein Wunder, dass er sich immer gewehrt hat, wenn ich ihn "gymnastizieren" wollte *michheutedafürhauenkönnte*.
Mein jetziges Pferd ist ganz anders gebaut, ihm fällt es von Natur aus sehr leicht, das Genick zu bewegen. Entsprechend fein kann ich meine Zügel-Hilfen dosieren.

Offline zaino

  • Mein Pferd ist als Pferd eine Katastrophe, als Mensch ist es unersetzlich.
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Yep, Tina, so ein Tier zu trainieren dauert etwas länger, d. h. es dauert halt bis es bestimmte Dinge wirklich anatomisch gesehen ausführen kann, im Rahmen seiner Möglichkeiten. Ein etwas "offenes Genick" (also nase nicht streng 2 cm vor der Senkrechten oder in der Senkrechten) ist nicht unbedingt gleichbedeutend mit inaktivem Rücken beispielsweise. Aber da braucht man einfach hm, die richtige Anleitung u. Erfahrung... oder man weiss nix u. stellt gleich nicht so hohe Ansprüche ans pferd u. reitet fröhlich durchs Gelände... u. eines Tages übt man langsam andere Sachen u. es klappt auch.

Ach ja, u. zu dem "Nichtwollen" u. "Druckmachenmüssen", wie ich schon sagte, punktuell ist es schon richtig, mal einen Standpunkt zu postulieren u. als Reiter auf etwas zu bestehen. oder kurzes "Anpieksen" od. Gertenklaps od. durchhaltende Zügelhilfe als "hallo-Wach-ichmeinsernst-Effekt".
ABER ein Pferd das anatomisch/kräftemässig/gesundheitlich in der lage ist eine SAche auszuführen wird das Verlangte normalerweise auch gutwillig ausführen, vorausgesetzt a) Mensch erklärt es ihm richtig, b) lobt es und verstärkt positiv was das pferd grade leistet und zwar konsequent! und c) verlangt halt nicht zu viel des Guten auf einmal. Sodass das tier sich "ausrechnen" kann: Das ist jetzt zwar echt Arbeit u. momentan anstrengend, aber wenn ich mir Mühe gebe, ist mein zweibeiner gleich doll zufrieden, gibt mir was Gutes, streichelt mich, freut sich, oder entlässt mich auf die Koppel oder ich darf mich eine Runde lang strecken u. zu der Stute/dem feschen Knaben da drüben rüberblinzeln u. verschnaufen u.s.w. je nachdem.

GerlindeK

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Womit ich wieder bei der Frage bin: "Was geht in einem so großen Pferdekopf vor??"
Ein "Nichtwollen" im Viereck gibt es bei Heinrich nicht. Man könnte verlangen, was man wolle: für Heinrich ist es selbstverständlich, immer stets artig und gewissenhaft den Anweisungen des Reiters zu folgen. Da könnte man wirklich bis an und über die körperlichen und geistigen Grenzen gehen........
zurück zum Thema: soll heißen: es geht ganz ohne Druck.
Aber entspannt am langen Zügel im Gelände juckeln?? Eine Unachtsamkeit des Reiters (kein Druck), und schwupps befinden wir wieder am Stall ::)

Offline zaino

  • Mein Pferd ist als Pferd eine Katastrophe, als Mensch ist es unersetzlich.
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Gerlinde, "einfach" eine subtile Art des Klebens?

Oder wieder mal ein neuer Beweis dafür, dass Nase=senkrecht noch lange nicht heisst, dass das Viech auch mental an den Hilfen steht, wenns dumm läuft... ???:'(


GerlindeK

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Zaino, ich versuche mal, den Heinrich im Viereck zu beschreiben, aber dazu muß ich ausholen:
Auf meinem Gino habe ich "denkendes Reiten" gelernt, aber befand mich trotzdem fast sein ganzes Pferdeleben lang immer nur auf Irr- und Umwegen mit Korrekturen. In meinem Hinterkopf, also theoretisch, meinte ich wohl zu wissen, wie es sich anfühlen müßte, wenn alles korrekt ablaufen würde und mein Pferd meine Hilfen richtig umsetzen würde. Trotzdem waren es bei Gino immer nur Momente und Augenblicke, wo ich dieses erfühlen konnte. Durch immer wieder lange Pausen durch Krankheit usw. fing ich bei Gino immer wieder von vorne an, und malte mir oft aus, wie es wohl wäre, wenn da eine Kontinuität drin wäre, wie weit ich wohl schon wäre, wenn da keine Pausen, körperliche Mängel (Traber) und die vielen Irrwege gewesen wären.
Mit diesem Hintergrund habe ich mir bewußt ein junges, unverbrauchtes Pferd gekauft, das die körperlichen Voraussetzungen für anständige Dressur mitbrachte.

Diesen Unterschied zwischen Theorie (glauben zu wissen, wie es denn richtig wäre und eine Ahnung davon haben, wie es sich anfühlen müßte) und Praxis (verdammt nochmal, es fkn. aber nicht) ist, glaube ich, jedem bekannt.

Nun stellt Dir mal vor, Du setzt Dich mit Deiner Theorie auf Heinrich, UND ALLES FUNKTIONIERT!! DAS ist Reiten auf Heinrich!

Es ist nicht nur die Nase vor der Senkrechten, sondern ALLES, was Du dir wünscht, fknt!

Der Rücken fühlt sich etwas fest an? Körperspannung aufbauen und schwupp, fängt der Rücken an zu schwingen! Es darf auch noch etwas mehr sein? Kein Problem. Jetzt noch etwas mehr auf die HH setzen, Null Probleme!

Der Zirkel verliert seine Kreisform? Kurz korrigiert, schwupss, isser wieder rund.

Durchparieren? Kurz auf die HH setzen, etwas verhalten, und zack isser aus dem Trab zum Halt durchpariert!

Und hier könnte ich den Heinrich wirklich fix und fertig reiten, sprich richtig körperlich arbeiten. Ich dürfte (mach ich aber nicht) z.B. eine Std. lang ganze Paraden üben. Henrich würde eine Std. lang artig mitarbeiten.
Ich könnte ihn eine Std. ins VORWÄRTS schicken, und nach einer Std. würde die HH immer noch fleißig untertreten.
Ich möchte mal sagen, daß H. im Viereck wirklich körperlich und mental an den Hilfen steht...........

ABER, es darf nebenan z.B. keine Kuh in den Galopp fallen (oder ein Hänger auf den Hof kommen, der Bauer sein Heu einfahren usw):
Dann vergißt er mich (völlig), macht ne Kehrtwendung, piaffiert in Richtung Kuh, regt sich auf (ich oben drauf absolut machtlos) und wäre ohne Druck die nächsten Tage nicht mehr an dieser Stelle vorbeizureiten.

Ich bekomme ihn nur wieder zurück (genauso im Gelände), indem ich wieder seine volle Aufmerksamkeit  auf mich richte. Also nicht mit: "Schau Dir die Kuh ruhig an und gewöhne Dich an sie!" Sondern: "Alles um uns herum HAT DICH NICHT ZU INTERESSIEREN!"

Das geht allerdings nur durch "Druck" in diesem Moment.



« Letzte Änderung: 17.07.05, 13:42 von GerlindeK »

Offline zaino

  • Mein Pferd ist als Pferd eine Katastrophe, als Mensch ist es unersetzlich.
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Hm, das liest sich, als wäre Dein Wunderkind mit der Bahnarbeit heftig unterfordert - er macht artigst mit aber hat immer noch Platz u. Lust u. Kapazitäten frei um jede Ausrede zum Putzmachen dankbar aufzugreifen?

Hast Du schonmal ein ganz böööhzes anspruchsvolles Programm mit ihm gefahren? Alle 30 Sek was Neues, Kompliziertes, Anstrengendes? Zack-zack-zack?

Ansonsten - boah.  ::) Was ein Pferd...

Ritter

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Zaino :) :) das hat mein Ausbildungsmeister auch immer gesagt: DIe Jugend von heute hat zu viele Flausen im Kopf, schick sie mal 6 Wochen auf den Bau und sie machen GAR nichts mehr ;)

Erlebe das oft in der DA, Pferde, die vorher Wieherten, klebten, zickten etc waren plötzlich ganz aufmerksam bei der Sache, weil sie endlich mal was zu tun hatten und arbeiten mussten ;D ;D ;D

Offline donau

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*grins*
"das interessiert dich nicht!!!!" ist glaub ich einer der von mir am häufigsten gebrauchten sprüche, wenn ich ein pferd dressur sekkiere.. es ist nunmal so, dass sich die meisten, vorallem wenn sie sich sehr schwer (ablenkungsmanöver- schau mal, da is was ich KANN NICHT) oder sehr leicht (wie langweilig, das da is interessanter *blödglotz*) tun, gern um was anderes als den da oben kümmern, zumal wenn sie jung sind (auch, weil die aufmerksamkeitsspanne sehr niedrig ist- maximal 10 min am stück)
und weil ich ein gemeiner mensch bin, verlange ich immer dann, wenn das pferd meint, es hat etwas gefunden, um sich zu amüsieren, was neues, bzw. die "lieblingsübung" ;D
funktioniert zum konzentrationserhalt auch prima im gelände- und erzieht nebenbei nachgiebige, rittige pferde (weil es könnte ja jederzeit sein, dass man was will). dauert zwar ein bisschen, ist dann aber eine form von passivem mentalen druck- so ähnlich wie eine gerte, die nur in der hand zu sein braucht, um das pferd ans benehmen zu erinnern..
Wer auf seinem Standpunkt beharrt, darf sich nicht wundern, dass er nicht weiterkommt...

Authorised WEIGUMS Desillusionator

Offline zaino

  • Mein Pferd ist als Pferd eine Katastrophe, als Mensch ist es unersetzlich.
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Vor ca. 3 Wochen (tara?) war ich auf einem Achal-Tekkiner-Turnier in Polling, Zugucken.
Da war ein Araberhengst, ganz nett, nur seine Reiterin musste die L-Kür abbrechen weil der blöde Hund sich total reinsteigerte (so typisch Arabisch halt: Ich REG mich jetzt auf und bleibe dabei) und nur noch verspannt und glotzig durch die Gegend höppte. Widerlich... (während die ach so nervigen Tekken zumeist ihren Job mit professioneller Konzentration erledigten, muss ich hier schonmal sagen... )
Abends führte die mit dem Araber dann noch einiges vor, mit Sporen feste eingehängt zwischen diversen Rippen u. VIEL Druck u. Strenge und allen Händen voll zu tun machte der Kerl dann doch so in etwa was er sollte u. auch ganz nett konnte. War kein wirklich schönes Bild, Reiterin so angestrengt wie das Pferd immer noch nicht wirklich losgelassen, aber offenbar war der so gestrickt - zu viel Druck = Bumm. Zu wenig Druck = auch Bumm. Es galt das Mass in der Mitte zu erwischen. Naja, nicht mein Typ Pferd... falls der immer so unterwegs ist, meine ich jetzt. (Kann man natürlich von 1x sehen nicht so beurteilen, evt. wird der auch souveräner mit mehr Übung, oder hatte einen schlechten Tag, ok, das muss man auch bedenken.)

Ritter, was heisst DA? Ich bin in Abkürzungen särr schwach...
Aber das stimmt, was Du schreibst - hat man nur genug Repertoire als Reiter u. konzentriert sich selber u. fordert konzentriert was ein, hat das viech gleich weniger zu gucken und zu plärren... der Punkt ist nur, hat man selber genug Nerven?

Ritter

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sorry zaino DA= Dualaktivierung.

wenn meine mal rumspinnt, denke ich immer halts M...und mach Deinen job; da ich mich auch dabei auf die Aufgabe konzentriere, habe auch ICH keine Zeit, mich mit dem Pferd zu streiten, also müssen beide ihren JOb machen und das geht besser als wenn sich beide streiten ;D ;D

lg Thies


GerlindeK

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Ritter, ich kann mich dann nicht mehr auf die Aufgabe konzentrieren, da meine gesamte Aufmerksamkeit meinem Gleichgewicht gewidmet ist, ich falle so ungern ::) (Anm.: bisher konnte ich mich auch immer noch halten, bis auf die zweimal gaaaaaanz am Anfang )

Offline MerlijnCH

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ALLES, was Du dir wünscht, fknt!
Ich bin in Abkürzungen auch nicht gut, was heisst das bitte schön  ??? ::) :)
Arroganz ist die Kunst, auf seine eigene Dummheit stolz zu sein.

Offline Viki

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funktioniert, vermutlich.