So, jetzt habt ihr mir Mut gemacht und ich werde jetzt mal schildern, was es mit dem "Moxen" von Pferden auf sich hat.
Diesen Begriff habe ich übrigens im Zusammenhang mit Pferden über Google nicht finden können. Nur gekoppelt mit Humanmedizin.
Das ist also so speziell, dass es nicht mal Google (und das kennt eigentlich alles) mit Pferden zusammen kennt.
Insofern ist es vielleicht ein ganz interessantes Thema - nicht nur in Verbindung mit Knochenzysten sondern allgemein für Pferde mit Auffälligkeiten/Störungen im Bewegungssystem. Vor allem solchen, deren Ursache nicht klar und somit eindeutig behandelbar ist.
Das ist ja bei Keaton im Prinzip auch so.
Er hat zwar die bewiesene Diagnose " große Knochenzyste im linken Ellenbogengelenk" aber diese kurzen Lahmheiten und oft nur Unsauberheiten im Gangbild kommen sicher nicht von einer Entzündung in selbiger Zyste. Das wäre ein längerer Zeitraum, in dem es zu Problemen kommt und eben nicht nur 1-2 Tage. In dem Fall Gott sei Dank.
Eine richtige Entzündung, die immer wieder kehrt wäre wohl über kurz oder lang sein Ende.
Gemoxt wird mittels einer etwa15-20cm langen Nadel (etwas dünner als eine Stricknadel) auf deren oberes Ende ein gerollter Beifußkegel gespießt wird. Die Nadel mit dem Beifuß oben drauf wird dann (in der Regel) in den hinteren Teil der Kruppe gedreht. Und zwar so weit, dass nur noch in etwa die oberen 5cm mit dem Kegel drauf aus der Kruppe schauen. Es gibt auch andere Körperstellen und teilweise nicht nur eine, sondern mehrere auf einmal, in die die Nadeln gedreht werden. Je nach Problem und damit Bedarf. Bei uns war es bisher nur die Kruppe. Und eine.
Die Pferde stehen dabei erstaunlich ruhig und unaufgeregt da. Es sei denn, sie sind so verspannt, wie Keaton es beim ersten Mal einfach war. Nicht aus Angst, sondern weil er einfach muskulär brutalst verspannt war.
Dr. Gaudron macht das so souverän und selbstverständlich - das muss man gesehen haben.
Beim ersten Mal hatte ich allerdings Angst um sein Leben. Keaton lief in der Box rum und war wie von Hummeln und Taranteln gleichzeitig gestochen. Er hat sogar angedeutet nach dem TA treten zu wollen. Das hat er im Leben noch nie bei jemanden getan - egal was war.
Aber dieser Mann wich keinen Zentimeter von seiner Seite und klebte förmlich an ihm, auch wenn er zeitweise keine Chance hatte, die Nadel auch nur eine halbe Umdrehung weiter ins Pferd schieben zu können.
Er lässt übrigens auch nie ein Halfter am Pferd und öffnet sogar die Box. Als wenn er den Tieren zeigen wollte, sie können gehen - jederzeit. Keaton hätte also aus der Box raus können - er hat es nicht getan - nicht einmal versucht.
Wenn die Nadel dann tief genug drin ist, wird der Beifußkegel angezündet und brennt langsam ab. Das duftet dann eben nach dem Gewürz - beinahe wie ein Räucherstäbchen. Da wurde dann Keaton ganz ruhig und zwar sehr zeitnah mit dem Anzünden, entspannte er total - ihm fielen richtiggehend die Augen zu. Und das so unmittelbar nachdem er fast nach dem TA getreten hatte.
Dr. Gaudron steht in der Zeit des Abbrennens ganz nahe beim Pferd mit den Händen auf seinem Rücken und folgt mit den Fingern ganz langsam der Wirbelsäule Richtung Mitte.
Der Beifuß bzw. die Wärme, die durch die Metallnadel in den Körper kommt wirkt auf die Nerven und die Flüssigkeit im Rückenmark und macht so die folgende osteopathische Behandlung viel effizienter als eben ohne diese Vorbereitung. Das ist aber glaub ich nur ein Effekt.
Dieses Abbrennen dauert sicher seine guten 10 Minuten, vielleicht auch ein bisschen länger. Keaton brauchte bei der ersten Behandlung noch einen zweiten Kegel weil er so verspannt war, dass Dr. Gaudron nach dem Ersten noch nicht anfangen konnte zu arbeiten. Dieser zweite Kegel wurde aber nur auf die bereits eingedrehte Nadel draufgesteckt.
Die Nadel bleibt solange im Pferd, bis es die nötige "was auch immer" hat um es osteopathisch behandeln zu können.
Bevor er anfängt mit dem Pferd zu arbeiten nimmt er sie aber raus.
Dann folgt die Behandlung. Schaut aber bei weitem nicht so "Hau-Ruck" aus, wie bei dem Ostfriesen
.
Bei Keaton macht er immer das ganze Pferd - aber das variiert - je nach Problem.
Auch da wird das Pferd nicht festgehalten. Er will das nicht, da das Tier die Möglichkeit haben muss sich entsprechend angepasst an Dr. Gaudrons Griffe frei bewegen zu können und damit die Behandlung noch zu unterstützen.
Als er übrigens die Nadel das zweite Mal reingedreht bekam waren wir nicht mal im heimischen Stall, sondern in der Anlage, auf der Dr. Gaudron gastweise behandelt. Und ich war total aufgeregt, da ich ja das Bild vom ersten Mal im Kopf und vor Augen hatte. Und das war kein Schönes
.
Aber es war ein ganz Anderes. Das Pferd stand und ließ sich dieses Teil in seinen Rücken schrauben als wäre das gar nix. Auf meine Frage was denn nun los wäre meinte Dr. Gaudron: Er ist viel lockerer - das ist der Grund.
Gaucho (mein anderes Pferd) hat er auch schon behandelt.
Dem konnte der TA leider nicht helfen. Der hob von jetzt auf gleich den linken Hinterfuss nicht mehr.
Kein Lahmen und in allen Gangarten vollkommen normal reitbar. Das war die gute Nachricht.
Natürlich hatte ich erst einen TA meines Vertrauens bei ihm. Nur vage Vermutungen und ein Entzündungshemmer/Schmerzmittel. Half natürlich nix. Ich blieb also zurück mit der Aussicht das Pferd in die Klinik zu stellen um zu röntgen und evtl. eine Szinti zu machen bzw. abspritzen zu lassen. Der TA sagte gleich, dass er vor Ort nicht mehr machen könne als Beugeprobe links und die war ohne Auffälligkeiten. Wenn es auch ein Mordszirkus war bis man sie überhaupt machen konnte, da er den Fuß ja nicht geben wollte. Es hat drei Leute gebraucht bis das bewerkstelligt war.
Hufschmid wäre fällig gewesen - vergiss es. Der hat den Fuß nicht mal mehr zum Auskratzen gegeben. Ganz toll! Kannst nix mehr rauspulen und nachschauen ob und was er drin hat. Da geht`s ja nicht nur um`s Prinzip sondern auch um seine Gesundheit.
Man hatte das Gefühl er hat Angst zu fallen. Und zwar in die Richtung des aufhaltenden Menschen!
Physio war bei Keaton hat sich Gaucho auch angesehen und war ebenfalls ratlos.
Also fiel das linke Eisen irgendwann von alleine ab und das Rechte zog dann der Schmid runter.
Gut, dass der Gaul so gutes Hufmaterial hat - es ging nix kaputt und er läuft im Moment hinten noch barfuß. Bis zum nächsten Beschlagtermin - vorne wurde er ja ganz normal beschlagen.
Wenn ich nicht den Kontakt zu Dr. Gaudron gehabt hätte, dann wäre ich jetzt voller Angst und Sorge um das Pferd gewesen.
Aber so bin ich relativ entspannt und voller Vertrauen mit Pferd im Hänger hingefahren.
Der hat ihn angesehen und abgefühlt und dann ganz schnell die Diagnose gehabt. Da hatten sich der letzte Lendenwirbel und das Kreuzdarmbeingelenk miteinander verklebt (ein gar nicht so seltenes Übel bei Springpferde und ein solches war meiner mal) und dann kam noch ein kleines Bisschen was anderes dazu (weiß jetzt nicht mehr was) und ein Nerv war geklemmt und Gaucho hatte das Gefühl eines eingeschlafenen rechten Beins. Jeder kennt das von sich. Da hat man dann echt Probleme mit der Standfestigkeit - je nachdem wie schlimm das eingeschlafen ist. Das Problem war also nicht Links sondern Rechts. Diese Diagnose hat keine 5 Minuten gebraucht.
Er wurde insgesamt 2x im Abstand von 6 Wochen gemoxt und nur hinten behandelt. Einmal wrude er übrigens an zwei Stellen gleichzeitig gemoxt. Vor und hinter dem Problem wurde eine Nadel eingedreht. Aber Gaucho war jedesmal total relaxt beim Reindrehen. Der ist auch durch und durch locker.
2 Wochen nach der zweiten Behandlung hat er den Fuß wieder ohne Zicken gegeben. Zwar nicht einfach so - wenn er den Menschen ein bisschen tratzen kann, dann tut er das auch. Aber ich wußte von Dr. Gaudron, es ist gut und habe ihn ohne Wenn und Aber energisch angepackt. Und wenn er nicht auskommt.....dann....macht er es halt
So, ich hoffe, ihr könnt euch jetzt was unter "moxen" vorstellen. Und Dr. Gaudron könnt ihr googeln. Für Bayern weiß ich, wo man ihn findet und wie man an Termine kommt.
Liebe Grüße
Christine