Geiz ist geil? Nicht unbedingt. In meinem Stall wird für ein Pferd auch mal tiefer in die Tasche gegriffen, allerdings nach meiner Meinung für die falsche Ausstattung.
Wir haben sehr viele Teenager und junge Frauen, die in der Regel mit finanzieller Unterstützung der Eltern (die in der Regel keine Ahnung von Pferden haben) ein Pferd kaufen. Dabei wird geschaut nach dem pferdischen Potential und oft auch nach bisherigen Turnierleistungen, die mindestens 2 Klassen über dem eigenen Stand sein müssen. Die Mädels selbst tummeln sich auf E/A Niveau.
Einerseits ist es sicher nicht falsch, ein solide ausgebildetes Pferd zu kaufen, wenn man selbst noch nicht so gut reitet. Warum das Pferd dann aber M Springen gewonnen haben muss, ist mir schleierhaft, vermutlich die Hoffnung, dass das richtige Pferd einen Karrieresprung verursacht.
Ich kann es bei der Qualität der Reitschulen auch verstehen, dass sehr früh der Wunsch nach einem eigenen Pferd da ist. Auf der anderen Seite haben wir wirklich viele, bis wenigstens L ausgebildete Pferde am Stall von Reitlehrern oder erfahrenen Reitern, die als RB zur Verfügung stünden. Hätte ich damals die Gelegenheit gehabt, auf einem solchen Pferd zu lernen...
Gespart wird an der AKU (das finde ich spannend, man kauft ein Pferd für ca. 10.000 Euro und ist zu geizig für eine 500 Euro AKU) und an dem Charakter des Pferdes.
Weswegen viele dieser Kracherpferde bei uns ca. 2-3 Monate stehen, bis sie endgültig unkontrollierbar über die Sprünge hetzen oder den Sprung komplett verweigern, das Pferd geht wertgemindert zurück zum Händler und wird gegen das nächste getauscht.
Ich habe einen weisen Spruch gelesen "Die Leute kaufen sich ein Pferd für 10.000 Euro, aber was sie wirklich bräuchten, ist ein Pferd für 2.000 Euro und Reitstunden für 8.000..."
Es besteht auch kein großes Interesse, sich mit auftauchenden Schwierigkeiten zu beschäftigen. Am liebsten hat man ein Pferd, das turnierfertig ist. Wenn es nicht läuft, kommt dafür ein neues.
Und die, die zurück gehen, sind dann vermutlich die, die solche Threads verursachen. Die durch genug unerfahrene Hände gegangen sind, um zu lernen, wie man sich entzieht und dem Reiter entledigt.
Ich habe mein Pferd auch viel zu früh bekommen, war so klug, eins zu kaufen, das solide ausgebildet und sehr brav ist. Trotzdem ist es schief gegangen, aus dem todbraven Jungpferd wurde sehr schnell ein Halbstarker mit Oberwasser. Ich hab dann einige brenzlige Situationen erlebt, viel geheult und oft dran gedacht, ihn wieder abzugeben, aber ich habe mich dem Pferd gegenüber auch verantwortlich gefühlt. Mit professioneller Hilfe haben wir uns durchgebissen, es hat trotzdem mehrere Jahre gedauert bis ich wirklich Vertrauen hatte, denn Unarten die ein Pferd einmal gelernt hat, lassen sich wohl nie mehr absolut löschen. Heute ist er mein Schatz, alt und weise
Würde ich mir noch einmal ein Pferd kaufen, auch wenn ich jetzt viel erfahrener bin und sicher auch besser (NICHT gut
) reite als damals, wäre mir ein einwandfreier Charakter das Wichtigste, und Gesundheit. An allem anderen kann man arbeiten und was soll ich mir einem Spitzenkracher, wenn in den Klassen, in denen ich starte, man auch mit einem gut vorgestellten, kurzbeinigen Hafi gewinnen kann