Ich habe meine Abneigung gegenüber der Sendung ausdrücken wollen- eben weil ich viele der dort aufgeworfenen Klischees live ohne Fernsehen erlebt habe-man war ja schließlich auch mal jünger und dümmer- und es nicht mit Drehbuch noch einmal sehen muss.
Außer das meine Exemplare gut aussahen ;-) An eigene Fehlversuche erinnert werden muss ich nicht haben. Alle Klischees fußen (wenn auch nur mit einem Beinchen von Tausend) auf der Wahrheit.
Die erfolgreichen, intelligenten und witzigen Landwirte, die ich kenne fühlen sich von diesem Format nicht bedroht sondern nutzen das schon für ihre Zwecke aus.
Seht euch den Link an, dann wisst ihr, dass ich dieses bewusste Lächerlichmachen von Menschen nicht gut finde. Ich selber kann es aber nicht nur aufgrund dieser Verlogenheit nicht ertragen, diese Sendungen zu sehen, sondern weil nicht alle dieser Unmöglichkeiten ausgedacht sind.
Der Lebensrythmus in der Landwirtschaft schränkt nun mal das soziale Leben ein- man hat nicht immer Zeit, man hat nicht immer mit wahnsinnig vielen Menschen zu tun. Ich finde, das beeinflusst sehr wohl den Umgang mit anderen Menschen. Und dass man in der Landwirtschaft häufiger engere Kontakte mit Leuten pflegt, die diese Problematik nachvollziehen können stimmt auch. Und so schränkt sich das soziale Umfeld nun mal ein- dagegen anzukommen kostet viel Energie und Wollen und nicht jeder Landwirt hat das oder will das. Das führt aber auch dazu, dass der Erfahrungsschatz so stark eingebundener Leute auf bestimmte Bereiche begrenzt ist. Und das kann man teilweise merken. Im besten Fall ist der Kommentar "ja, schade, dass ich das nicht schaffe, würde ich gerne" und im Schlimmsten Fall "Mir doch egal". Da wird die Einschränkung durch das Berufsleben schnell zur selbstgewählten Ignoranz- und das finde ich schlimm. Es gibt eben wirklich einige, die sich für die Welt außerhalb ihrer Hektar und der direkt für den Betrieb wichtigen Leute nicht interessieren.
Man hat in der Betriebsleitung mit einigen intelligenten Leuten zu tun- aber Hilfskräfte, Azubis, Fahrer, Lieferanten, Außendienstler, Vertriebler- da sind nicht nur die Leuchten dabei. und der Umgang mit solchen Leuten beeinflusst das eigenen Auftreten. In der Landwirtschaft wird in den heißen Phasen (Ernte...) der Umgangston rauher, auch innerhalb der Familie, die auf dem Hof zusammenarbeitet- das ist keine Erfindung, warum ist wohl Hofübergabe und Erbschaft, Betriebsführung usw. ein Evergreen-Thema in sämtlichen Fachzeitschriften? Und wenn der betriebliche Stress in die Familie übergeht, weil es nicht genau auseinanderzuhalten ist, da kenne ich mehr als einen Fall, wo sich in der Familie zwiscshen Vätern und Söhnen per Anwalt unterhalten wurde oder wo man die "Diskussionen" noch 1 km weiter auf dem Feld hören konnte. Und ja, für mich sind das ungeschliffene Umgangsformen.
Die Zeitersparnis, bei den Eltern zu essen oder andere Dinge der selbstständigen Haushaltsführung wird durch wirtschaftlichen Druck gerne genommen- aber betrachtet man es unter dem Begriff "Abnabelungsprozess" oder "eingenständige Haushaltsführung" kann mir niemand erzählen, dass diese Form nicht auch Nachteile hat, die sich auf Beziehungen auswirken. Warum lächelt man bei anderen Lebensführungen darüber, wenn Tochter oder Sohn noch immer zu den Eltern rennen bei jeder Kleinigkeit. Weil einem bewusst ist, dass es dazu führt, dass bestimmte Entwicklungsschritte langsamer ablaufen oder unterbunden werden. Und in der Landwirtschaft ist das Risiko ebenfalls da, bei manchen Menschen schlagen die Auswirkungen der Nicht-Abnabelung härter zu, bei anderen klappt es, obwohl sie nur 20 Meter voneinander entfernt wohnen. Aber dass es auch negative Folgen haben kann, wenn man diese Bindungen zwichen Eltern und Kindern nicht weiterentwickelt ist mMn wahr.