Autor Thema: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?  (Gelesen 122202 mal)

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Offline Mim

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #270 am: 23.08.10, 15:28 »
Hallo

ich sammle jetzt mal wieder Unbeliebtheitspunkte und schicke vorneweg: Ich hab den Crossover zur reinen Belohnungsausbildung "ohne" Druck "wenn-du-nicht-dann" noch nicht geschafft. Aber ich wage trotzdem dies zu zitieren

Und, ich krieg tatsächlich die Krätze wenn ich sehe wie jemand jahrelang sein Pferd überhaupt nur ohne Unterricht reitet und eben NICHT weiß wie man es trainieren sollte und es läuft schlurfig auf der Vorhand und dann wird behauptet man reitet extra so, weil man das Pferd ja nicht so unter Druck setzen will..... oder warum auch immer.

:
Ja, das ist echt manchmal so. Die meisten Pferde machen nicht von sich aus etwas was sie total anstrengend finden und das Wiesel fragt eigentlich fast immer nach, ob das denn nötig wäre....  :P
Meistens geht es dann mit "ja bitte, das ist jetzt nötig" und konsequentem reiten, aber manchmal ist es doch nötig zu sagen "Herrschaftszeiten und ob wir das jetzt machen!" und damit meine ich nicht rumschreien und verhauen.... nie nicht. Ein deutlicher Klatsch mit der Gerte oder eben auch einmal ein deutliches gegenhalten mit sofortiger Entlastung wenn die gewünschte Reaktion eintritt.
Das Wiesel kann sehr gut mit dem Hintern hoch kommen wenn es einen mit der Gerte gibt, aber die gewünschte Reaktion, genau DAS Hinterbein mehr zu belasten kommt dann nur ungern... aber Hintern hoch ist auch anstrengend und geht....

Aber wenn keine Lust und Leistungsbereitschaft da ist steige ich auch nicht einfach wieder ab.  

Für mich die Frage - da ich mich mal dem Feedback einer echten/reinen Clicker-Trainerin unterworfen habe: Kann man mit Druck - Lust und Leistungsbereitschaft fördern? (Bei meinen Kindern - gelingt mir das nicht :-X)

Die Argumentation - also ein Gertenklaps ist ja noch kein Verhauen, keine Frage: Ich hab beim Reiten auch noch Gerte (Gradfressen/Gelände) dabei, weil ich noch keine bessere Alternative gefunden/"installieren" konnte. Das klingt aber für mich so - also ein Kind Ohrfeigen ists noch nicht Prügeln. Nur - was mache ich mit Pferden die auf einen Klapps kaum/nicht reagieren? Den Klapps verstärken - bis reagiert wird? Was steht hinter dem Grundprinzip? Ich bin ehrlich - mich ärgert es, dass ich beim Reiten immer noch diese "Gewaltandrohung" benötige  :-X.

Denn das Grundprinzip - Druck "wenn-du-nicht-dann" hat aber nix mit positiver Verstärkung zu tun und zum obigen dazugestellten: Ja es gibt Leute, die diese Ausbildungs"methode" wenn-du-nicht-dann (die sich durch die ganze dt. Reitlehre zieht) NICHT WOLLEN. Und - ich denke, dass diese Gruppe mehr werden wird, so wie sich im Hundetraining auch immer mehr Leute von der "Dominanz/Unterordnugnslehre" als Ausbildungsmethode abwenden und eigene Wege gehen.

Und noch zuwenig Ausbilder die Alternativen wie Clicker/positive Verstärkung "druckfrei" gut genug anbieten (Belohnungstechnik) - lassen halt zitierte Leute "lieber das Tier auf der Vorderhand rumschlappen" - statt mit Gerte "Leistungsbereitschaft" einzufordern?

So wie Hexle schrieb - der Belohnungsweg der kleinen Schritte, der unspektakuläre...? Bei dem man hinterfragt - geht es - ginge es nicht auch anders...? Wenn der "spektaktuläre" Weg nur über die Einbahnstraße Alpha geht, kann mich jedweder Spektakel gern haben ;-)

Gruß Mim

« Letzte Änderung: 23.08.10, 15:37 von Mim »
Die-mit-dem-äusseren-Zügel-kämpft

Wieselchen

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #271 am: 23.08.10, 15:55 »
Grundsätzlich hast Du Recht, Mim und ich sehe es fast ganz genau so.

Ständig Druck machen müssen und ewig Drohungen sind wohl auf Dauer sicher nicht förderlich für eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit von Reiter und Pferd. Deshalb meine ich wenn ich das zitierte schreibe ja auch, daß es nichts bringt, wenn man Diskussionen ständig führen muss und den Druck IMMER als Trainingsmethode hernehmen muss.
Damit wäre ich nicht glücklich und mein Pferd sicher auch nicht. Ich bin eher für "Zuckerbrot und Peitsche", also wenn ich klargestellt habe das diese Übung jetzt so gemacht wird werde ich immer ausführlich loben und das Pferd bestärken in dem Verhalten auf mich so zu reagieren wie ich das wollte. Ohne diese positive Verstärkung der gewünschten Reaktion geht es meiner Meinung nach nicht. Mein Pferd soll eben nicht handeln, WEIL es sonst Ärger bekommt, sondern WEIL es dann super gelobt wird.

Deshalb wohldosiert und ich überlege mir sehr genau wieviel und wann ich das nutze, sehr nachdrücklich zu werden. Schließlich liegt es an mir gut genug zu reiten, daß mein Pferd weiß was ich will. Wenn ich also 10x Dressurtraining habe und dabei an einem Tag davon mal richtig deutlich werden muss, so wie bei uns meistens der Schnitt ist, dann halte ich das für mich für in Ordnung. An den anderen 9 Tagen reicht es wenn ich einfach ruhig und konsequent weiterarbeite und dann dauert es manchmal länger und manchmal geht es schneller, aber wir schaffen immer was wir wollen und sind beide zufrieden am Ende der Einheit.
Ich hatte grad gestern eine Diskussion und das war seit Wochen das erste Mal wo wir das hatten. Die Alternative wäre für mich gewesen abzusteigen und das ist keine Option für mich.

Ich erinnere mich auch sehr gut, daß ich als Kind schon ab und an von meinen Eltern echt bescheid bekommen hab und ich war in dem Moment zwar not amused hab aber gemacht was sie wollten und das war am Ende auch nicht von Nachteil für mich. Ich nenne das Erziehung und ich muss sagen mit mir konnte man als ich Teenie war nicht unbedingt vernünftig reden....
Ich bin meinen Eltern dankbar für die Momente wo sie sich anders durchgesetzt haben.  :P



 lassen halt zitierte Leute "lieber das Tier auf der Vorderhand rumschlappen" - statt mit Gerte "Leistungsbereitschaft" einzufordern?



Gruß Mim



ganz ehrlich, DAS wäre für mich keine Option, dann reite ich lieber gar nicht, dann schade ich auch meinem Pferd nicht. Und wenn ich mit der Gerte mal daran erinnern muss, daß jetzt grad arbeiten angesagt ist dann finde ich das auch nicht spektakulär, sondern ganz einfach konsequent.
« Letzte Änderung: 23.08.10, 16:00 von Wieselchen »

esge

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #272 am: 23.08.10, 17:01 »
Ich bin durchaus überzeugt vom Clickern als Prinzip. Wende es mti sehr viel Erfolg beim Hund an. Und für "Kunststückchen" habe ich es auch schon sehr erfolgreich beim pferd benutzt. Beine kreuzen, Teppich einrollen, apportieren - hat mein Pferd mit dem Clicker in Nullkommanix gelernt.

Aber bislang habe ich noch absolut niemanden gesehen, der mir das überzeugend in die Reiterei übertragen hätte. Alles was ich da bislang gesehen habe war, mit Verlaub, Killefit! Man kann zwar sogar sowas wie eine Piaffe mit dem Klicker andressieren - und ich habe, bis zu einem gewissen Punkt überhaupt nichts dagegen, Dinge "anzudressieren", solange die dem Pferd eine Idee der Lektione geben, damit ich sie anschließend gymnastisch wertvoll ausbauen kann. Aber genau hier liegt der Hase im Pfeffer: diese Sache mti dem gymnastisch wertvoll geht einfach über "versteh die Lektion" hinaus. Und sie hat, da kommt keiner drumherum, was mit körperlicher Anstrengung, gezielter Ansprache bestimmter Muskelgruppen sowie mit über den eigenen SChatten springen zu tun. Und DAS hat mir noch keiner mit dem Clicker überzeugend zeigen können.

zweite Idee zum Clicker und Reiterei: Wie natürlich ist die rein positive Verstärkung für das Fluchttier Pferd überhaupt? Was motiviert das Pferd in freier Natur, sich zu bewegen? Futtersuche - die findet in entspannter Haltung und im Schritt statt. Lebensrettung - die findet in äußerst unentspannter Haltung und im Galopp statt und ist immer mit negativen Reizen verbunden. Spiel - für junge und energieüberschüssige Exemplare. Der einzige Ansatzpunkt für den clicker. Fortpflanzung - betrifft im wesentlichen Hengste im Hormonrausch und hat nix mit Entspannung zu tun.

Es gibt nun Pferde, die sind wirklich sehr leicht zu motivieren, weil sie sich auch als erwachsene Pferde einen hohen Spieltrieb bewahrt haben (Kastration männlicher Tiere erhält infantiles gehabe,  sowie ein immer guter Futterzustand, der Energiereserven schafft, außerdem leider oft notorischer Bewegungsmangel). Ihre überschüssige Bewegungsenergie kann man jetzt relativ leicht in gewünschte Bewegungen ummünzen.

Aber viele Pferde sind halt auch nicht so bewegungsfreudig. Energiesparmodelle die sich zu sagen scheinen: Ich bin satt, ich bin nicht in Gefahr, warum also soll ich mich bewegen? In dem Moment, wo ich nun als Reiter komme und sage "du, ich will dich aber trotzdem reiten, auch wenn du nicht von allein tanzen möchtest", in dem Moment gebe ich die innerliche Zustimmung, das auch mal mit Nachdruck durchzusetzen.

Fazit, Achtung, sehr provokativ: wer das nicht möchte, muss sich ein Pferd anschaffen, das zur verspielten, bewegungsintensiven Fraktion gehört. Die übrigen Exemplare (die aber halt meist sehr viel leichter zu reiten sind, da phlegmatischer und geduldiger und weniger hypersensibel) gehören dann auf immer auf die Weide oder auf den Teller.


Offline terra

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #273 am: 23.08.10, 17:22 »
Aber auch mit den verspielten Typen muss man zurecht kommen  :-* und ob die unbedingt einfacher sind??? Die brauchen ganz klare Ansagen, was nun Sache ist...  und das auf den Punkt. Hat nichts mit Grob zu tun, sondern mit Bestimmtheit...


esge

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #274 am: 23.08.10, 18:38 »
s.o: Ich habe nicht gesagt, dass das die einfachsten Pferde sind. Aber es sind diejenigen, bei denen man am besten über positive Verstärkung arbeiten kann. Denn solange sich was bewegt, kann ich irgendwas belohnen. Wenn sich nix bewegt, habe ich ein Problem.

Offline Mim

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #275 am: 23.08.10, 19:19 »
Aber viele Pferde sind halt auch nicht so bewegungsfreudig. Energiesparmodelle die sich zu sagen scheinen: Ich bin satt, ich bin nicht in Gefahr, warum also soll ich mich bewegen? In dem Moment, wo ich nun als Reiter komme und sage "du, ich will dich aber trotzdem reiten, auch wenn du nicht von allein tanzen möchtest", in dem Moment gebe ich die innerliche Zustimmung, das auch mal mit Nachdruck durchzusetzen.

Fazit, Achtung, sehr provokativ: wer das nicht möchte, muss sich ein Pferd anschaffen, das zur verspielten, bewegungsintensiven Fraktion gehört. Die übrigen Exemplare (die aber halt meist sehr viel leichter zu reiten sind, da phlegmatischer und geduldiger und weniger hypersensibel) gehören dann auf immer auf die Weide oder auf den Teller.

Hallo

@ Wieselchen, im Grunde sind wir uns einig, ich hab nur anmerken wollen, dass die Leute die "keinen" Druck ausüben wollen - wie die Spät 70er die Anti-Autoritär erzogen (nämlich gar nicht), einfach keine Alternative (wie heute) kannten. Aber "nicht-erziehen" ist keine Alternative, da stimme ich dir zu.

@ Esge: Komme grad (erschöpft) von einem Ritt auf dem von dir beschriebenen Tier. Die "hohe Karotte der Clickertrainerin" das im Reiten, grad im Gelände umzusetzen (mit was belohnen? Stehen lassen? Umgucken lassen? Fressen lassen?) geht halt nicht - ich nehme die Belohnung - mit einem anderen jungen Wallach durchs Gelände düsen. Mitdürfen. Mit-Reißen lassen. Wie gesagt - hohe Reizschwelle, wo drohe/Druck/Gerte/Sporen KEINE Option sind. Positive Verstärkung kann eine Option sein mit dem Tier zu arbeiten - grad wenn sie auf Reize anspringen. Sehe ich auch so, hadere eben wie du erklärtest an den Grenzen. Aber erst die Grenzen bringen einen doch dazu neues zu lernen.

Problem: Wie von dir beschriebenes Pferd mit "nur" Druck - war so versaut (sorry, ehrlich), dass jedweder Druck/Aufforderung ein widersätzliches Aussitzen der Hilfe "getriggert" hatte  ::) :-[. Ich habe als überzeugte und sehr angstfreie Vollblödreiterin nun 1 Jahr gebraucht das wir heute mit Gegenwind, mit Stoppelfeldern, mit Wald-Wiesen-Wegen und 40 min beharrliche! Aufwärmzeit ENDLICH zum ersten Mal das hatten - das er von selbst "gehen" wollte, richtig flott, richtig Arbeitsgalopp, anpackte! 1 Jahr Gelände üben, mit anderen, mit Bocken abstellen - so weit war der Weg, weil die Standard-Variante "wenn du nicht dann" - bei ihm mehr Schaden als Ausbildung bedeutet hat, wegzukommen von Sporen und Gerte. Gibts was schlimmeres als BewegungsUNfreude UND Widersätzlichkeit?

@ was ist für das Tier an Bewegung selbstbelohnend? Nunja die heutigen domestizierten Pferde haben bestimmte Eigenschaften (ähnlich Hunde) hineingezüchtet bekommen, die beim Przewalski (Öko-nur-Aufwand-wenn-wichtig) nicht der Form da sind. hab ich als Jugendliche/Erwachsene auf meinen Vollblütern erlebt. Sehe ich bei JEDEM Ausritt an der Araberzucht an der wir vorbei müssen. Wie die aus Spaß dahinjagen, Show machen, wie diese "Fohleneigenschaften" an Spiel-Bewegung bei erwachsenen Tieren so noch da sind, so wie beim Hund der Spieltrieb ja auch ins erwachsene Hundealter "hinausgezögert/hineinzüchtet" worden ist (oder schonmal  nen Wolf nen Ball apportieren sehen...?)

In der heutigen Reithalle - so sehe ich das: Nehmen wir den Tier die Möglichkeit seine natürlichen - besser angezüchteten Bedürfnisse auszuleben: Mit anderne Pferden toben/spielen/laufen. In der Not - finden sie das dann auch ganz klasse, mit Menschen "spielen" zu dürfen/unter ihnen laufen, weil der (übernatürliche)  Bewegungsdrang (siehe Bordercollie) schlichtweg hineingezüchtet worden ist. Nicht umsonst funktioniert ja join-up ja so wunderbar im (einsamen) Roundpen und so blöd auf der eckigen, großen Koppel wenn andere Pferde dabei sind und das Tier den Menschen eigentlich gar nicht braucht...?

Gruß Mim
« Letzte Änderung: 23.08.10, 19:25 von Mim »
Die-mit-dem-äusseren-Zügel-kämpft

Offline zaino

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #276 am: 23.08.10, 21:33 »
najaaa, Pferde SIND Bewegungs- und Lauftiere! Und für den durchschnittlichen Freizeitreiter sind so "Naturburschen", die jeden Energieaufwand hinterfragen, einfach unfallfreier. So wie man jedes Pferd aber in Richtung "heissreiten" verderben kann, so kann man auch (fast) jedes Pferd wach(er) machen und motivieren. Das ist dann aber eine Sache des KÖnnens, und der zusammenpassenden Chemie.
Wie Mim schreibt - drausen im Gelände ist es eine ganz andere Kiste als auf dem Reitplatz, da hat man Graswege unter den Hufen oder gar gemähte Wiesen, oder (hoffentlich nicht verwässerte oder mit Löchern bestückte) Stopelfelder, NOCH besser - Wolf brauchts da keinen, um aus 2 Köpfen einen Gedanken werden zu lassen, gespitzte Öhrchen, Kurz&dickwerden und Jajajajaaaa ab im Galopp  :D
Druck: Übe ich auch aus, wenn ich das liebe Tier nicht nach Gusto grasen lasse oder über NICHT meine Zehen trampeln lasse. Mit der Art Druck kann ein Pferd leben, auch der Herdenchef verbittet es sich eindringlich, gerempelt oder weggeschoben zu werden. Grenzen ziehen, eine Forderung stellen, das ist an sich nichts Schlimmes. komme ich aus dem Druck wieder 'raus, wird der Druck weggenommen, wenn ich nachgebe und folge? DAS ist doch die Frage!
Die meisten Pferde zeigen einem doch deswegen irgendwann den Mittelfussknochen, weil aus Mangel an konsequenter Hilfengebung/Mangel an Reitenkönnen Dauerdruck und Dauergenöle vom Reiter kommt...

Wieselchen

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #277 am: 23.08.10, 21:55 »
Pferde sind Bewegungstiere in ihrer natürlichen Umgebung, wie Esge schon sagte, die Ausdauer ist gefragt beim Futter suchen,am allermeisten gehen sie Schritt. Das kann man super in einem Aktivstall beobachten, wo sie tatsächlich auch Wege zurücklegen müssen um an ihr Futter zu kommen. Die toben da nicht wie blöd durch die Gegend, Energie sparen ist immer angesagt, weil man ja viel braucht um eben die natürlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Spielen tun die Jüngeren, aber sonst ist das die Ausnahme und rennen ist nur angesagt wenn ich wilder Panik die Flucht angesagt ist.

Deshalb, Bewegung ja, Pferd müssen trainiert werden, sonst können sie uns auf Dauer ja gar nicht tragen, aber wie viele Pferde gibt es, die bei anstrengedem Training "hier, ich will, ich mach, ich kann!" schreien? Das Ziel, ganz klar, positiv motivieren, wenn sie was können und gelobt werden fühlen sie sich auch gut, aber manchmal muss man was anstrengendes durchsetzen, da geht es nicht anders, sonst kommt man nicht vom Fleck, wenn man immer nur das nimmt was das Pferd von allein anbietet.
Dann geht das Wiesel wie bei meiner RB, sie dreht ihre Runden, ist brav, aber keine Tragkraft-Entwicklung, keine reelle Dehnungshaltung, keine weitere Kräftigung der Rückenmuskulatur. Das Wiesel ist damit super zufrieden und meine RB auch, aber auf Dauer ist das nix.

Offline zaino

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #278 am: 23.08.10, 22:09 »
Spielen tun die Jüngeren, aber sonst ist das die Ausnahme und rennen ist nur angesagt wenn ich wilder Panik die Flucht angesagt ist.
Wir hatte im vorigen Stall einen 30jährigen Hafi, der mit seinem jüngeren Kumpel spielte, in Zeitlupe, aber das volle Programm, hinknien, Indiebeinebeissen, kreiseln, steigen, zwacken...  :D Total süss zu sehen!
Wir haben jetzt ein uraltes Schimmelpony, das hab ich auf der Koppel wie einen Gummiball um die Jüngeren rumtanzen und die in den Hintern beissen sehen - spielt mit mir, spielt mit mir!
Ist an sich gesünder, wie die Offenstaller alles viel bedächtiger machen und weniger Kaltstarts und Getobe. Aber Lauflust haben die durchaus AUCH!

Was ich sagen will, Lauflust kann man auch "an-reiten" genauso wie man ein Pferd platt und unwillig oder auch mega-heiss machen kann. Das alles ist in jedem Pferd drin. Vor langer Zeit hab ich mal den fiesen Satz gesagt: Irgendwann hat jeder das Pferd, das er verdient... und damit darf er/sie sich dann herumschlagen oder muss neu lernen, da wieder was zu ändern. Es hört halt nie auf... und es ist halt die kunst, oder der Lernprozess, da den eigenen Anteil jeweils zu sehen und zu bearbeiten, wenn mans denn erkennt.
« Letzte Änderung: 23.08.10, 22:41 von zaino »

Offline Cinnamon

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #279 am: 23.08.10, 23:21 »
@ clickerreiten: das funktioniert genau so reell über die positive schiene, wie auch über negative verstärkung - warum auch nicht?
gleiche ausbildungsskala, aufbau von lektionen, etc...man ersetze einfach nur den unangenehmen reiz durch eine belohnung.

@ geschwindigkeit: man tausche die intrinsische motivation (flucht, fortpflanzung, spieltrieb) gegen eine belohnung von außen. funktioniert auch bei phlegmatischen exemplaren.
es bewegt sich übrigens immer was - man muss es nur sehen ;-)
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Offline Eva

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #280 am: 24.08.10, 00:07 »
Pferde sind Bewegungstiere in ihrer natürlichen Umgebung, wie Esge schon sagte, die Ausdauer ist gefragt beim Futter suchen,am allermeisten gehen sie Schritt. Das kann man super in einem Aktivstall beobachten, wo sie tatsächlich auch Wege zurücklegen müssen um an ihr Futter zu kommen. Die toben da nicht wie blöd durch die Gegend, Energie sparen ist immer angesagt, weil man ja viel braucht um eben die natürlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Spielen tun die Jüngeren, aber sonst ist das die Ausnahme und rennen ist nur angesagt wenn ich wilder Panik die Flucht angesagt ist.

*hüstel* Ähem, also in dem Aktivstall, den ich kenne, toben die durchaus häufiger mal wie blöd durch die Gegend. Jedenfalls die Wallache, da ist spielen, toben, Kräfte messen angesagt, die Stuten sind da doch etwas zurückhaltender.
Ich bin wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)

Offline zaino

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #281 am: 24.08.10, 08:54 »
... die Stuten sind da doch etwas zurückhaltender.
Ja, und komischerweise bevorzugen viele Sportreiter, z. B. für die Vielseitigkeit, Stuten - weil sie sagen, die arbeiten "ernster", die strengen sich mehr an, die kämpfen, auch wenns mal wo kneift... Gerücht oder Wahrheit? Habs gehört...
Also Vorsicht vor Verallgemeinerungen... man muss schon viel zeit an Koppelzäunen verschiedenster Ställe verbracht haben, um da eindeutige gültige Schlüsse ziehen zu können.  ;)
Stimmt, Eva, unsere blödeln und spielen auch zuweilen heftig -  :D und das ist nicht der einzige Offenstall, von dem ich das kenne!

Und um die Kurve zum Thema zurückzukriegen - Bewegungsunlust hat beim Pferd IMMER einen Grund. Unabhängig von einer höhere oder niedrigeren Reizschwelle, rasse- und altersbedingter Quirligkeit oder Ruhe - egal. Wenn ich ein Pferd auffordere, sich zu bewegen und es mag nicht, hat es entweder ein gesundheitliches Problem oder ich sitz als Problem drauf, das kann psychologischer oder physischer Natur sein. Wehrigkeit nach dem Motto "Holt mal einer diese Figur da oben runter" oder "Ne, nicht schon wieder DIE Eisenklaue" oder "Neinein, du bist immer so ängstlich, ich mach mal lieber langsam"... da gibts ca. 3000 Variationen. Aus Sicht des Pferds alles gute Gründe...
« Letzte Änderung: 24.08.10, 09:31 von zaino »

Offline donau

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #282 am: 24.08.10, 09:30 »
was die stuten betrifft - sie sind schwieriger zu überzeugen, als wallachen oder hengste, dass man wirklich will, bzw. kompetent ist. dafür gehen sie für einen durch die hölle, wenns sein muss, und man sie drum bittet, weil sie einen mögen *eingefleischterstutenfanbin* ;)

was die reit-ausbildung mit clicker betrifft, könnt ich grad ein experiment anbieten, ich hab zwar schon bei der großen beim lernen viel mit lob gearbeitet, aber doch einiges auch mit muss müssen durchsetzen wollen/ gemacht. für die kleine jetzt hab ich mir vorgenommen, wirklich mit clicker-prinzip (aber stimme) zu arbeiten, dh. die motivation so zu erhöhen, dass auch anstrengendes gerne angeboten wird. da die kleine mir unbedingt gefallen will, ein ideales "opfer" ;D für so etwas, bisher war das auch gut umsetzbar, lediglich umrempeln lasse ich mich nicht. im endeffekt wohl auch der einzig gangbare weg, denn die hat ein "zuviel" an angezüchteter bewegungslust, also musste sie stillstehen, zuhören und abwarten lernen als voraussetzung für jedwede reelle ausbildung. und am boden antackern ging nicht ;) bisher liessen sich so dinge wie anlehnung und nachgeben am langzügel (auch im langsamen, balancierten trab), v-a haltung, erste sh-ansätze eigentlich sehr gut damit erarbeiten, auch wenn das anstrengend ist, und nur über kurze strecken geht. mal sehen, ob sich das fortsetzen lässt, auch unterm reiter, in ca. 4-5 monaten (dann wäre sie 4) ;)

zum spieltrieb habe ich umgekehrt auch beobachtet, dass pferde, die mit dem menschen spielen dürfen, und das gerne mögen, weit weniger bewegungsstau / spieltrieb in der herde haben. und wallachen sowieso mehr als stuten (schon mal versucht, einer stute schmackhaft zu machen, mit einem ball zu spielen, indem sie draufdrischt? wallachen und hengste machen das gerne, stuten finden das öd - analogien zu menschen und fussball sind rein zufällig ;D ;D )
Wer auf seinem Standpunkt beharrt, darf sich nicht wundern, dass er nicht weiterkommt...

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Offline Thesi

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #283 am: 24.08.10, 09:44 »
was die stuten betrifft - sie sind schwieriger zu überzeugen, als wallachen oder hengste, dass man wirklich will, bzw. kompetent ist. dafür gehen sie für einen durch die hölle, wenns sein muss, und man sie drum bittet, weil sie einen mögen *eingefleischterstutenfanbin* ;)
*HML Modus aus*
Irgendwo hab ich mal ein Sprichwort gelesen, das ungefähr so ging (leider weiss ich den genauen Wortlaut nicht mehr):
"You tell a gelding, you discuss it with a stallion and you persuade a mare"
*HML Modus ein*

Offline terra

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Re: Hat die Reitlehre die Krise oder die Reiter?
« Antwort #284 am: 24.08.10, 09:49 »
öh Donau - dann kann meine in der Frauennationalmannschaft mitspielen  ;D, die Bestie findet grosse Gymnastikbälle klasse  ;D

Esge: das o.g. Pferd macht auf Selbstdarsteller - "Schau mal, was ich alles kann". D.h. eigentlich müsste man ja loben, leider ist aber das gezeigte nicht immer das geforderte - nicht weniger, sondern mehr   ::)