Autor Thema: "Reitlehre in der Krise"  (Gelesen 137740 mal)

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Offline Binesdiva

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #135 am: 29.05.10, 21:34 »
Muß ja noch mal fragen:
wieso ist Anbrüllen immer gleichzusetzen mit schlechtem Benehmen?
Gut, von irgendwelchen Beleidigungen mal abgesehen, das ist induskutabel, aber durch Brüllen jemanden dazu zu bringen, daß er über einen bestimmten Punkt hinaus geht, eine besere Leistung vollbringt und nach der Reitsstunde mit sich zufrieden ist, ist schlimm?

Und glaubt mir, ich bin bestimmt kein verklärter Teenager, über dieses Alter bin ich schon lange hinaus, aber daß zB Terrier auch dieses Anbrüllen braucht, zeigt ja schon mal, daß es von unserer Sorte auch mehrere gibt.
Ich würde mich wahrscheinlich auch in einem Boot-Camp wohlfühlen.
Und der vielfach angesprochene berühmte Hr. W. wäre wohl auch mein bester Freund geworden, schade, daß ich den nicht kenne.

Die Anweisung Kreuz-Anspannen führt in 97% der Fälle dazu, daß sich die Reiter im Rücken festmachen, vielleicht sogar ins Hohlkreuz gelangen und ein Mitschwingen in der MP somit nicht mehr möglich ist.
Ich denke, es wird nur falsch ausgedrückt, wie zB auch "gib ma ne Parade am äußeren Zügel".
Das hat sich über die Jahre so eingebürgert.

Das Problem bei EM ist, daß gerade eine zunehmende Anzahl von Ausbildern sich für Spezialisten im Bereich Physiotherapie hält.
ZB, wieso muß das Problem denn "oben" liegen, wenn der Reiter den Absatz hochzieht? Kann es nicht vielleicht auch etwas mit dem losen Sprunggelenk, den verkürzten Wadenmuskeln oder was auch immer zu tun haben?
Oder mit einfach nur fehlendem Gleichgewicht?
Oder mit Verschiebungen des Körpers, weil zB ein Kind gerade wächst?
Oder der Jugendliche kann in der Pubertät gerade seinen Körper nicht so richtig kontrollieren?
Oder der Berufstätige hat gerade kleine Verspannungen wegen seines Jobs?
Oder jemand hat gerade Muskelkater wegen eines anderen Sports?
Oder einfach nur falsch verstandenes Treiben?
Oder, oder, oder....
So super die Übungen von EM sind, zumindest für den gesunden, vielleicht gerade etwas unsportlichen Reiter, so gefährlich sind sie mE, wenn sie unreflektiert von einem Laien angewendet werden, der mal gehört hat, daß gerade eine bestimmte Übung helfen soll. Und das womöglich noch bei einem Reiter mit einem medizinischen Problem.
Dann schadet's.
Ich bin leider auch hypermobil und habe dann auch noch eine kleinere Rückenproblematik, da hat mir meine Physio zB von bestimmten Übungen von EM komplett abgeraten, obwohl diese Übungen lt. Buch genau meine Sitzprobleme bekämpft hätten.
Man muß das wohl etwas differenzierter betrachten, als Mim das gerade tut.

Und was soll denn nun ein handelsüblicher RL noch alles können? Diagnosen stellen? Oder ärztliche Diagnosen verstehen und bestimmte Übungen machen?
Dann noch pädagogisch ausgebildet sein?
Und vielleicht noch eine Art Lifestyle-Berater?
Und nicht nur den Körper des Reiters, sondern auch noch gleich den des Pferdes genauestens kennen, möglichst bis auf den Aufbau der unterschiedlichsten Muskelfasern??
Und Exterieurfehler kennen, beurteilen und vielleicht noch in Relation setzen?
Und vielleicht noch Sachverständiger für Sättel?
Und wieviel Geld wolltet ihr so einem Spezialisten gleich noch mal zahlen?
Und wie oft wolltet ihr dann bei so jemandem Unterricht nehmen?

Bitte nicht falsch verstehen, ein gewisses Grundwissen muß da sein.
Keine Frage, da sind wir uns wohl einig.
Für die anderen gibt's aber wirkliche Spezialisten, die das auch noch studiert haben.

Terra, meinst Du die neue Schulleiterin in Ansbach?
Die ist spitzenklasse, kann ich auch nur empfehlen.
Verlangt viel, wird dann auch mal laut und sagt mal deutlich, was gerade nicht stimmt. Aber alle, die sich darauf eingelassen haben, haben sich verbessert.
Zwei andere (beratungsresistente und kritikunfähige) haben den Kurs abgebrochen.
Genau meine Wellenlänge.
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Offline Beagle-Petra

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #136 am: 30.05.10, 01:23 »
das  haste mal schön zusammengefasst, binesdiva, so einfach ist es nämlich nicht, wie mim sich das denkt. reiten lernt man nur durch reiten - aber es ist unbestritten, dass eine gute körperbeherrschung dabei hilft. aber nur weil ich ein paar gymnastische übungen mache, kann ich nicht auf einmal eine lektion reiten, die ich vorher noch nicht reiten konnte. wenn die richtigen muskeln "bearbeitet" wurden, wird mir aber das, was ich vorher nicht gut konnte, danach besser können. aber wenn ich kein gefühl fürs pferd habe, kann ich 24 stunden am tag gymnastik machen, und es wird nicht klappen. aber andersherum, wenn ich ein gutes gefühl habe für das pferd und seine bewegungen, dann wird es was mit dem reiten. auch wenn ich nie gymnastik mache und das wort biomechanik beispielsweise noch nie gehört habe.

Ach ja, brüllen kann mein RL auch sehr gut. Aber nie beleidigend, immer eher provozierend, bis man den entscheidenden schritt über die nächste grenze geht.
« Letzte Änderung: 30.05.10, 01:31 von Beagle-Petra »
Nur echt mit dem Beagle!

Offline Terrier

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #137 am: 30.05.10, 09:34 »
Kann nur Bine und Petra voll zustimmen!

Das "Brüllen" des RL meinte ich auch mehr, wie Petra es sagte. OK, die ersten Jahre war es vom einem oder anderem RL auch beleidigend, aber nicht mehr die lezten Jahe, nur der konne nicht loben, sondern forderte nur.

Bine hat auch schön aufgezähl, warum man manche Sachen nich kann, sowas kann kein RL wissen.  ::) Oft sind sogar Ärzte überforder und stellen die falsche Diagnose.
« Letzte Änderung: 30.05.10, 09:39 von Terrier »
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Offline McFlower

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #138 am: 30.05.10, 17:10 »
wieso ist Anbrüllen immer gleichzusetzen mit schlechtem Benehmen?
Kannst du mir noch eine andere Situation aus dem normalen Alltagsleben oder aus dem beruflichen Umfeld nennen, in der du es angemessen finden würdest, angebrüllt zu werden?

Vielleicht haben wir aber auch einfach nur ein anderes Verständnis von "brüllen". Brüllen hat für mich was mit Wut und Endlautstärke zu tun. Anfeuerndes Rufen, so als würde man einen Sprinter mit "Laaaaaaauf!" anfeuern, empfinde ich nicht als Brüllen. Das ist jederzeit okay.

A propos "über die Grenzen gehen". Ich hatte gestern Einzelstunde, Schwerpunkt waren schöne Schritt-Galopp-Schritt-Übergänge und einfache Wechsel. Mein Pferd neigt dabei dazu, hektisch und eilig zu werden, die Hilfe vorwegzunehmen, anzuzackeln. Ich musste auf einen etwas verkleinerten Mittelzirkel gehen und eine gefühlte Million dieser Übergänge reiten. Die RL stand in der Mitte und war GANZ RUHIG. Hat auch gar nicht viel gesagt, aber eben nicht lockergelassen. "Am Hufschlag Schritt" "Wieder angaloppieren." "Mehr aufs Hinterbein". "Hände tiefer führen." "Nicht mit dem Oberkörper schieben". "Bleib ruhig, das [Gehampel] hört gleich auf." "Wieder Schritt". "Los von der Hand" "Stellung beachten". "Wieder Galopp".
Sie hat mich erst davon erstlöst, als die Übergänge auf beiden Händen auf Po-Anspannen und Ausatmen funktioniert haben, nicht eine Sekunde eher. Zwischendurch durfte ich Schrittpausen machen, aber nichts anderes. Schritt. Galopp. Schritt. Und dabei sind wir nun wirklich an meine Grenze gegangen. Warum zur Hölle hätte sie mich dafür anbrüllen sollen?
Treulos ist, wer Lebewohl sagt, wenn die Straße dunkel wird. (Gimli - Die Gefährten)

Offline zaino

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #139 am: 30.05.10, 19:41 »
Kannst du mir noch eine andere Situation aus dem normalen Alltagsleben oder aus dem beruflichen Umfeld nennen, in der du es angemessen finden würdest, angebrüllt zu werden?
Klasse, McFlower, danke, ich komm' mir ja hier schon wie das letzte Weichei vor ... - und nochmal und nochmal:
NEIN, ich fühle mich nicht schikaniert und "angebrüllt" wenn ein RL mal etwas lauter, temperamentvoller und deutlicher wird, weil er im Moment das Gefühl hat, bei mir mit normalen HIlfen nimmer durchzukommen ;D.
Aber ich fühle mich zu Recht schikaniert, wenn man mich kleinmacht durch Ignorieren (jaa, gibts auch ::)) oder Anranzen, statt mir eine Wissens- und Könnens-Lücke durch Erklärung + kontrolliertem Versuch zu füllen (dafür bezahle ich nämlich) oder mir wenigstens auseinandersetzt: Da müssen wir noch Vorarbeit machen - fangen wir gleich mal damit an!
Und NEIN, ich erwarte nicht die komplette Ausbildung von Sportphysiologe, Tierarzt, Menschendoktor & Top-Ausbilder in EINER Person.
Aber etwas Fachkompetenz und Interesse - das wird ja auch in jedem anderen Job erwartet, oder?

Und nochmal: Ich glaube, nicht "Die Reitlehre" ist in der Krise, sondern nur die Leute, die altbackenen Lehrkonzepten anhängen und selber nichts mehr dazulernen wollen (und die Reitschüler, die erstmal bei denen landen und sich hinterher nur erstaunt am Kopf kratzen....)
Viele, viele!!! andere haben nämlich die Zeit nicht verschlafen, sondern sind engagiert dabei, machen sich Gedanken über ihre (sooo neuen?)Zielgruppen, von Zwergerln bis zum anspruchsvollen Freizeitreiter, und viele davon wiederum sind schon seit Jahren so dermassen ausgebucht dass sie sich IHRE Kundschaft wirklich aussuchen können.  ;) Ich kenne Reitställe, da muss man seine Kinder praktisch schon vor der Geburt anmelden, damit die in den Zwergenreitkurs kommen - einfach weil die einen guten Ruf haben! Das gleiche gilt für gute Ausbilder im Erwachsenenbereich.
Worin besteht dann die Krise? Darin, dass wir einfach noch mehr von der neuen, freundlich-engagierten Sorte brauchen?  :D
« Letzte Änderung: 30.05.10, 20:23 von zaino »

Offline Binesdiva

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #140 am: 30.05.10, 20:40 »
Wir haben wahrscheinlich wirklich alle eine etwas andere Auffassung von Brüllen, und ich stimme zu, es gibt wütendes, aber auch anfeuerndes Brüllen.
Derzeit kann ich mit gerade auch keine Situation vorstellen, in der ich es angemessen finden würde, wütend angebrüllt zu werden.
So etwas würde ich wohl auch nie angemessen finden.

Ich bleibe trotzdem dabei, damals war das genau für mich richtig und hat mich wirklich weitergebracht. Und RL und ich konnten auch außerhalb der Stunde völlig normal miteinander umgehen.

McFlower, in der von Dir geschilderten Situation wäre Brüllen definitiv falsch gewesen, allein schon wegen des allzu motivierten Pferdes.
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Offline terra

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #141 am: 31.05.10, 16:50 »
Und wenn ich als eher spastisch als hypermobil gerade mal wieder saugrob zu meinem Pferd bin, darf mein Trainer mir das auch mal wütend zubrüllen  - das holt mich ganz schnell von dem Turm runter auf dem ich mich gerade festkralle, viel schneller als da höfliche "würdest Du bitte etwas weicher mit der Hand einwirken"  ;)

Zaino - ignorieren ist für mich wesentlich schlimmer als Brüllen. Mit Brüllern kann ich deutlich besser umgehen als mit den Schweigern.

vielleicht sollten wir uns doch mal klarmachen, wie so eine TrainerAusbildung abläuft
- ein Amateur macht seine drei, vier Wochen Kurs mit Prüfung an der Landesreitschule, in dieser Zeit wird er auch noch reiterlich gefördert. Wieviel Reitlehre, wieviel Pädagogik, wieviel physiotherapeutisches Wissen kann in dieser kurzen Zeit vermittelt werden?
- ein Pferdewirt z+h verbringt viiiiel Zeit mit Misten, nebenbei lernt er vielleicht reiten, vielleicht darf er auch etwas Unterricht geben lernen
- ein Pferdwirt reiten mistet etwas weniger, lernt etwas mehr reiten und sollte eigentlich unterrichten lernen.
- der Pferdewirtschaftsmeister lernt, Lehrlinge auszubilden ;D
u.U. machen die letzten drei Gruppen noch ihren Trainerschein...

Offline zaino

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #142 am: 31.05.10, 19:13 »
Und wenn ich als eher spastisch als hypermobil gerade mal wieder saugrob zu meinem Pferd bin, darf mein Trainer mir das auch mal wütend zubrüllen  - das holt mich ganz schnell von dem Turm runter auf dem ich mich gerade festkralle, viel schneller als da höfliche "würdest Du bitte etwas weicher mit der Hand einwirken"  ;)
Keine Frage. ;D Die richtige Mischung aus Temperament und pädagogischem Interesse machts.  8)

Bei dem Kurs im Oktober dachte ich mir, wenn ich die ganzen Praktikantinnen und Lehrlinge da so anschaute, öfter mal: Mädels, ihr werdet Euch umgucken. Wenn ihr von vornherein uns Reit-Gäste, Reitschüler, eh alle für total doof haltet, wird das eng. Denn für wen werdet Ihr denn später mal arbeiten?
« Letzte Änderung: 31.05.10, 19:56 von zaino »

Offline MimTopic starter

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #143 am: 06.06.10, 10:22 »
Hallo

 ;D Ich betrachte EM sogar so differenziert, dass ich behaupte da man mit dem Buch nicht viel anfangen könnte, ich glaub ich würde mich nur 2 EM-Trainern anvertrauen (u.a. EM selbst) und was Binesdiva schrieb kann ich auch so folgen: Weil ich die DVD von Meyners natürlich mit meiner Ostheopatin durchgegangen bin.

Die Ursache für hochgezogene Waden können WOANDERS liegen - nur nützt dann diese 08/15-Anweisung aus dem Standard-Reitunterricht mit "Spitzen hochziehen" wirklich etwas? Oder versucht man da nur eine "Kompensationshaltung" - mit wieder einer Kompensationsübung hinzukriegen? Muss das ein RL wirklich nicht wissen oder zumindest in der Lage zu sein, das abzuschätzen, ob man das mit Sitzkorrektur-Longen hinbekommt oder den RS wirklich mal zum Physio-Check empfhielt das man hier Blockaden etc. ausschließen kann?

Mit dem Brüllen - jeder bucht sich was er mag und den Reitlehrer den er mag. Oder/und wechselt. Die Tage war ich unterwegs und sehe das Kommunikationsproblem in der Formulierung Reitlehrer-Reitschüler und ein wenig in der Veränderung der Beziehung hier - vor allem als Erwachsene:

Sehe ich mich nicht als dankbar-erwartungsvoller Schüler, der sich hier in die jedwede Stimmung des RL hineinbegibt - sondern ich sehe mich schlichtweg als Kunde der eine Dienstleistung nämlich das Produkt Reitunterricht bucht, bezahlt. Mit entsprechendem "in Augen Höhe" im menschlichen Umgang und im Respekt für die fachliche Kompetenz des RL (oder eben auch nicht) und das geht bei mir nicht, wenn mich jemand anbrüllt. Unterschreibe vorhergehend: Vielleicht könnten wir da Anbriüllen auch von einem motiviertenden Zurufen unterscheiden?

Gehts den RS anders als den jungen Fußballern am Platz, wo man der Mannschaft am Gesicht ansehen kann, wie der Trainer (Vätertrainer) drauf ist? Schauen wir uns doch mal bei 90 % der Reiterinnen (egal ob Schülerinnen oder Erwachsene) um? Wie reagiert das gro darauf angebrüllt zu werden? Mit einem "lockeren, sofortigen Umsetzen der Anweisungen"? Oder wieviel habe nach solchen Brüllaktionen schon den ganzen Reitsport hingeschmissen oder "nur" den Stall gewechselt? Ich kriege die Bilder nicht aus dem Kopf wo erwachsene Mitreiterinnen von mir, Frauen (mitten im Leben mit 2 oder mehr Kindern) nach solchen Anbrüllaktionen mit zitternden Händen in die Abteilung zurückkamen  ::) :-X. ... oder zu Westerntrainern gewechselt sind und dort einfach mal "nur" wochenlang Schriitt reiten wollten, weil sie vor allem anderen Angst bekommen haben. Ausnahmen? Oder ist das die abgeschriebene Abteilung "talentfrei - gefühllos - net-zum-reiten-geeignet"?  Ich sehe (falsch?) es einfach so - das Reiterklientel wird "älter" werden, heißt ältere Wieder/Einsteiger, ältere Reiter - im Freizeitsport. Die werden nicht ~ mutiger ~?

Ja, ich weiß, manche nennen das halt: Das muss man aushalten können wenn man reiten will! Dazu gehört eben Arbeit Schweiß und Tränen...! Ich nenne es schlichtweg: Kundenverlust.

Im Gegenteil - in den letzten Jahren hab ich Seminare an Schulen gehalten mit "erwachsenen Schülern" und auch dort ist es inzwischen Usus, dass nach Abschluss der LEHRER bewertet wird mit einem Punktesystem von 1 - 6 Schulnoten, vielleicht hat das meine Pespektive verändert und vielleicht ist das eine Idee, dass  Reitlehrer auch solche "Qualitätsmanagement-Zufriedenheitsumfragen" über sich selbst einholen, dann gibts vielleicht weniger "Reitlehrer-Zapping"? Nettes Beispiel sind die BUS-Kurse aus der Landwirtschaft: Meiner Kenntnis nach wird jeder Trainer, der in der Seminarbewertung unter 1,9 (?)  fällt ... aussortiert. Wenn er die Menschen nicht erreicht - kann er noch so fachlich gut sein.

Interessant finde ich im Bereich "Unternehmensberatung" wo es ja auch "Wissen verkaufen" geht - dass es hier kaum ein Unternehmen gibt, dessen Team nicht mit Mitarbeitern mit Coachausbildung, NLP-Scheinen etc. aufwarten kann, weil man hier begriffen hat: Der Schlüssel zum Verändern von Prozessen, Teambildung, Vertrauen - liegt nicht in der fachlichen Kompetenz sondern in der menschlichen. Hier gibts "Naturtalente" im Umgang mit anderen - und jene, die hier eben auch Schulung etc. benötigen, weil die Reibungsverluste eben so teuer sind.

Gruß Mim

« Letzte Änderung: 06.06.10, 11:09 von Mim »
Die-mit-dem-äusseren-Zügel-kämpft

Offline Terrier

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #144 am: 06.06.10, 12:04 »
Ein RL braucht nicht zu brüllen, um Reiter/innen fertig zu machen  ::) Dann habe ich lieber RL, die Mal einen Büller loslassen und nichts unter der Gürtellinie sagen.

Mim - Ich glaube nicht, dass ein RL so sehr auf dien Anatomie der Reiter eingehen muss. Ist ganz was Anderes im Behi-Sport, aber da werden die auch in dieser Richtung gedrillt.
Wenn heutzutage Ärzte oft nicht erkennen, was ihren Patienten fehlt, wie sollen es bitte da RL schaffen?
Ich denke, dass man als  Erwachsener" einfach mal mitdenken sollte und dann selber feststellen muss, was fehlt. Das "einfach-nicht umsetzten-können, oder die körperliche Fähigkeit, es nicht zu können.
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Offline MimTopic starter

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #145 am: 06.06.10, 12:51 »
Hallo Terrier,

Benchmarking im umgekehrten Sinne: Heißt- ich nehme ein schlechteres Beispiel und rede damit Dinge schön?

Nur weil "manche Ärzte" Dinge nicht erkennen heißt dass - ob bestehender Probleme kann/darf ein RL beharrlich Dinge von einem RS verlangen, die er ggf. nicht erfüllen kann bzw. braucht hier keine Weiterbildung/geschultes Auge? Entschuldige dass ich grad bei dir das Beispiel bringe, aber auf der Meyners-Lehr-DVD kann sogar ich als "Laie" erkennen (masse nicht an mir hier Ursachen/Lösungen zu kennen), wie sich durch Übungen die Gelöstheit der (guten?)Reiter/Durchschwingen der Bewegung veränderte oder wie sie vorher nur "bis zum Schulterbereich" lief - aber nicht weiter durch bis zum Kopf.

So in der Richtung - also manche Tierärzte erkennen ja ein blockiertes ISG beim Pferd nicht, also darf ein Reiter/RL da auch die Augen zudrücken, muss sich mit Anatomie/Problemen nicht auseinander setzen.

Ebenso - also Enwürdigen kann man auch ohne Brüllen, dann ist Brüllen besser!? So was hab ich kürzlich erst in "Rechtfertigung" von Ohrfeigen von Kindern gehört, das Worte mehr verletzen können als eine Ohrfeige, ist die Ohrfeige deswegen "besser"? Das ist wie die Auswahls zwischen Beezlebub und Teufel - meine Frage ist: Ist nicht OHNE beides auszukommen - die bessere Lösung?

Also ein Reitlehrer wäre der erste Sportlehrer für Menschen der sich nicht mit der Anatomie auskennen/auf sie eingehen muss, sorry.

Dein letzter Satz - wieviele RS denkst du gibt es die diese! Forderung tatsächlich erfüllen können und ob dies wirklich sinnvoll ist als Karotte hinzuhängen

(sorry, mein Thema ist immer Pespektiven aufmachen, den Glauben an sich selbst zu stärken, Grenzen werden meist im Kopf gesteckt)

Zitat
Ich denke, dass man als  Erwachsener" einfach mal mitdenken sollte und dann selber feststellen muss, was fehlt.
Das "einfach-nicht umsetzten-können, oder die körperliche Fähigkeit, es nicht zu können.
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Offline tara

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #146 am: 07.06.10, 10:18 »
Also ein Reitlehrer wäre der erste Sportlehrer für Menschen der sich nicht mit der Anatomie auskennen/auf sie eingehen muss, sorry.


ein RL hat es sogar besonders schwer, muß er doch zwei Anatomien kennen und die Auswirkungen der einen auf die andere.
stell dir vor, du hast ein Pferd und es kann nicht t ö l t e nin diesem Sinne...
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"Ausbildung heißt, das zu lernen, von dem du nicht einmal wußtest, dass du es nicht wußtest."
(Ralph Waldo Emerson, (1803 ‐ 1882)

Offline sasthi

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #147 am: 07.06.10, 10:23 »
Vielleicht sollten wir mal überlegen, wie der einzelne "brüllen" definiert.

Geht es um "ey, du bist so eine unfähige, dumme, ignorante Kuh, du kannst ja überhaupt nicht reiten", oder geht es um "zefix, jetzt reit die Ecke doch mal endlich aus!"
Wenn zwei das Gleiche tun ist das noch lange nicht das Selbe.

Haflinger sind nicht stur, sie geben ihrem Menschen nur mehr Zeit, über seine Fehler nachzudenken

Offline terra

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #148 am: 07.06.10, 11:10 »
Brüllen ist für mich das "zefix...." ;D, da kann auch noch "Hast Du heute Erbsen in den Ohren?" oder ähnliches angehängt werden.   Das andere ist eine Beleidigung, die ich mir weder laut noch vornehm leise geäussert gefallen lassen würde  >:( und damit leite ich zu Terrier über - es gibt RL, die brüllen nie nicht, sind für die an der Bande stehenden immer nett und freundlich anzuhören - und machen die Reiter trotzdem dermassen zu Schnecke, bei den Vor- und Nachbesprechungen, im Vorbeigehen.....

Mim - der normale RL ist KEIN Übermensch ;)

Nochwas: wieso meinen wir Reiter eigentlich, wir müssten alles auf und mit dem Pferd erreichen. Bei allen anderen Sportarten wird disziplinübergreifend gearbeitet - an Ausdauer und Lockerheit gearbeitet mit darauf spezialisierten Gynastik-, Ausdauer-, KraftTrainern. Unsere ehemalige Voltitruppe war einmal die Woche in der Schulturnhalle und mehrmals im Jahr im Ballettstudio. Mein Vorschlag geht also in Richtung Gymnastik im Fitnesstudio oder Turnverein, regelmässiges Radfahren, Schwimmen etc um dort die Beweglichkeit und die Ausdauer zu erreichen, die letzendlich beim Reiten nützt. 

Offline zaino

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Re: "Reitlehre in der Krise"
« Antwort #149 am: 07.06.10, 11:18 »
Vielleicht sollten wir mal überlegen, wie der einzelne "brüllen" definiert.

Geht es um "ey, du bist so eine unfähige, dumme, ignorante Kuh, du kannst ja überhaupt nicht reiten", oder geht es um "zefix, jetzt reit die Ecke doch mal endlich aus!"
EBEN, genau, DANKE, sasthi, das sag ich doch die ganze Zeit. Und richtig, auch der leise Zyniker kann Porzellan zerdeppern. Und der, der den "Schwächeren" vor Publikum kräftig beissend auflaufen lässt.

Ich stelle mir grad vor - meine/unsere Hausfrauen-Turntrainerin 3 Dörfer weiter - als ich vor Rückenaua nimmer in die Hose steigen oder den Fuss in den Steigbügel stellen konnte, ging ich Montag für Montag da hin. Mischung aus Pilates, Aerobic, Stretching, Yoga und Wasweissich, 1,5 schweisstreibende Stunden bei meist netter Musik, Frauen wie Du und ich, alle Größen, jedes Alter. Diese Trainerin blieb immer nett, manchmal anfeuernd energisch, manchmal etwas neckend, aber NETT.  Dabei verdient der Sportverein nicht soo viel an uns! 70 Öcken im Jahr! Lächerlich. Nur - der fiel es gar nicht ein, je zu sagen: Mei, du fette steife Nudel, jetzt REISS dich mal zusammen, stell dich nicht so an, Weichei, albernes, lass dich einsalzen!
Anfangs war es so schlimm, dass mir bei einigen Übungen die Tränen kamen. Alle konnten z. B. die "Kerze" nur ich nicht, Kreuzbereich total und schmerzhaft blockiert. Aber ich blieb dran und dran und dran UND? hab bis heute kein kreuzweh mehr!!! Oft sagte die Trainerin: Wem das weh tut, der soll vorsichtig machen! Anatomie hat sie uns nie reingedrückt, sie hat einfach nur Anweisung für die korrekte Ausführung der Übungen gegeben, ging mal rum, hat korrigiert.
Wo die Motivation grundsätzlich FEHLT, helfen bekanntlich weder Weichspülen noch Getobe!
Wo die Motivation da ist, helfen Ermutigen und positives Verstärken einfach weiter als Ungeduld bzw. Unduldsamkeit gegenüber Fehlern oder Schwächen oder Nichtgelingen.
Vielleicht weiss ein RL nicht, warum jemand die Fersen wie hochzieht - aber eine Möglichkeit wäre ja, zu sagen, locker bleiben, entspannen, immer wieder probieren, so weit es geht, aber verkrampf dich nicht. Weiiiiteratmen :D (Und schon die olle Sally Swift hatte einige Übungen parat, um solche Sachen per Üben zu erreichen)
Das tut dem Reiterlein besser und verflixt nochmal, auch dem Pferd! Das pfeift auf vorschriftsmässig tiefe Absätze, wenn zunächst verkrampfte Waden, verkrampftes Kreuz und hängende Hände damit einhergehen. ;)
Tja, und was soll ausserdem die Ungeduld?

*bei-terraunterschreib* Absolut richtig! Was ist mir im Reiterleben entgangen, weil ich viel zu lange NICHT diese Turnerei und das Joggen parallel betrieben habe? Es wird m. E. viel zu wenig betont, dass man fürs Reiten etwas Fitness MITbringen sollte! Ich seh das an meinem Freund, der Kieser-Trainingmacht, paddelt UND den Yoga-Kopfstand beherrscht. Der sitzt schonmal anders auf dem Pferd als jeder andere Anfänger! Der hat einfach die richtige Mischung aus Kraft, Balance + mentaler Ruhe. Wow. (leider mag er nicht leichttraben an der Longe üben wenn wer zuguckt...Männer  ::))
« Letzte Änderung: 07.06.10, 11:49 von zaino »