Autor Thema: An Pferdekoppeln vorbeireiten....  (Gelesen 20161 mal)

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Offline Walle

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #30 am: 12.05.09, 06:52 »
Hallo,
habe nun nicht haarklein nachgelesen, aber in Sachen an Zaun vorbei reiten hat mir und meinem Pferd vor Jahren Bachblüten geholfen- und ich bin wahrlich keine die unbedingt an "alternativen kram" völlig abfährt.  ;)

Ich hatte einmal einen schweren Unfall mit meiner Stute auf einem Wanderritt weil sie in einen Zaun schlug. Danach war vorbeireiten an Zäunen wo man nicht viiiel Abstand zu selbigen haben konnte quasi unmöglich geworden. Ich bin teilweise kilometerlange Umwege geritten wenn wir an solche Stellen kamen. ::)  Nunja erst gab's die Blüten nur für mein Pferd, irgendwann hab ich sie dann auch genommen und binnen 2 Wochen sind wir wieder sämtliche Engpässe geritten :) Alles reine Kopfsache gewesen. ::)
Irgendwann wurde mir klar das ich mein Pferd durch meine Anspannung so verunsicherte...
Ich muss aber auch dazu sagen das mein Pferd weder vor noch nach dem Unfall ein Problem mit sowas direkt hatte, sie hatte aber sehr wohl ein Problem damit wenn ich in irgendwas (unbewusst) zögerte. *park dreh im Kreis*
Lasst mich gewinnen! Doch wenn ich nicht gewinnen kann, lasst mich mutig mein Bestes geben!
(Special Olympics Eid)

Offline Viki

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #31 am: 12.05.09, 09:15 »
Für solche traumatischen Erlebnisse sind Bachblüten sicher sinnvoll. Obs hier was hilft? Das Pferd macht ja nur begrenzt Tanz - klingt eher nach allgemein üblichem Aufgasen, wenn fremde Artgenossen auftauchen.

Isa, wie wärs, wenn du einfach mal regelmäßig längere Spaziergänge in der Gegend unternimmst - muss ja nicht gleich direkt an der Weide vorbei sein - oder du machst längere ermüdende Ausritte und anschließend an der Hand da hingehen und in Sichtweite mal grasen lassen. Klar ist das dann noch keine reiterliche Lösung, aber über Gewöhnung wird mit der Zeit für jedes Pferd alles verträglich.

Jezabel76

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #32 am: 12.05.09, 10:55 »
Viki, das mit dem spazieren und grasen werde ich auf jeden Fall machen - aber nicht wenn es in Strömen regnet, so wie gerade, schon den ganzen Tag... *seufz*  Beagle: Ist das eine Ausrede *g?

Ängste nicht weiter beachten? Puuh, wie ich das wohl anstellen soll? Wir haben ja eigentlich kein Problem mit Zäunen - sie ist ja damals astrein drübergesprungen, die Nuss. Dann auch noch ein 2. Mal, ohne mich, wieder aus der Kuhweide raus, auf dem Weg heim. Hat sie ziemlich souverän gemacht die Sache. Mein Verstand sagt mir, sie ist nicht doof, die weiß schon wo der Zaun ist und wird nicht reinrennen. Aber trotzdem hab ich ein ungutes Gefühl und genau das muss ich besiegen. ich weiß, dass sie meine Angst/Aufregung spüren kann. Dieses unbewußte Zögern, wie Walle es beschreibt ist echt ein Problem.

Pferde an der Hand geführt oder entgegenkommende Reiter machen ihr übrigens  gar nichts aus.

Es ist schon seltsam - meine Rb ,die ist mit mir piaffierend durch die Siedlung gedopst, wenn ihr was nicht gepasst hat. wenn sie irgendwo nicht lang wollte, dann hab ich sie rumgedreht und wir sind ei nStück rückwärts den Weg lang geritten ,den ich wollte. Ich hab sie meistens ausgelacht, manchmal wars mir peinlich, wie sie sich aufgeführt hat, wenn sie was nicht wollte (und Haflinger sind ja gut im nicht wollen *g) Angst hatte ich da eigentlich kaum. Geärgert hab ich mich hin und wieder.
Wo um alles in der Welt ist dieses Gefühl in mir geblieben? Das hätte ich gerne zurück!
Ich fürchte es liegt daran, dass sie mein erstes eigenes Pferd ist,  mein Traumpferd noch dazu, und ich oft Angst um sie habe, bzw. das Gefühl habe, dass ich sie in Watte packen muss *seufz*

Ganz schön doof....

LG Isa




Offline zaino

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #33 am: 12.05.09, 11:01 »
*isatröst* Doooch, das ist alles normal! Man muss sich dem nur stellen und versuchen, es in den Griff zu kriegen.
Je älter man wird, umso mehr Fantasie entwickelt man leider auch. Das macht es nicht einfacher.

Und ja, hihi, wo ist die Grenze zwischen Gutem Grund und Ausrede? Es gibt da eine Grauzone, in der rudelweise Innere Schweinehunde rumhecheln und Pfötchen geben ....  :P

Naja, aber bei strömendem Regen ist alles glitschig und rutschig... und regen ins Genick, in die Augen, alles patschnass, lenkt auch ungeheuer ab!  ;) - fällt also eher unter "Gute Gründe".

Offline Viki

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #34 am: 12.05.09, 11:10 »
Viki, das mit dem spazieren und grasen werde ich auf jeden Fall machen - aber nicht wenn es in Strömen regnet, so wie gerade, schon den ganzen Tag... *seufz*  Beagle: Ist das eine Ausrede *g?

eigentlich schon - weil ja nicht mal der Sattel nass wird und dem Pferd der Regen wurscht ist, wenns ein Maulvoll Gras gibt  ;D

Ängste nicht weiter beachten? Puuh, wie ich das wohl anstellen soll?
Aber trotzdem hab ich ein ungutes Gefühl und genau das muss ich besiegen.
Wo um alles in der Welt ist dieses Gefühl in mir geblieben? Das hätte ich gerne zurück!

Das hab ich gemeint - Ängste besiegen nach dem Motto "Ich habe keine Angst, ich bin doof, stell dich nicht so an" funktioniert eben nicht und verkrampft nur noch mehr. Besiegen im Sinn von Ankämpfen dagegen kann man Ängste nicht.
Ich glaube, es gibt folgende Möglichkeiten:
- das Pferd wird mit den Jahren (evtl. lange Jahre...) von selber abgeklärter und das wirkt auf dich zurück
- du nützt jede freie Minute um das "Abklären" zu beschleunigen (mehr Aufwand, aber auch schnellerer Erfolg)
- das Pferd passt nicht zu dir und deinen inneren Verhältnissen

Ich kenne das Gefühl nur zu gut "Wo ist die Sicherheit geblieben?" - ich schiebs aufs Alter und rechne nicht damit, dass die frühere Wurschtigkeit noch mal zurückkehrt. Du bist jünger und hast das Pferd noch nicht so lang und willst es behalten. Dann musst du in den sauren Apfel beißen und so viel Zeit wie möglich genau in den Situationen verbringen, die die Angst auslösen. Das Wtter darf dabei eigentlich keine Rolle spielen, zumal du ein "blütiges" Pferd hast, das halt einfach anders zu managen ist als ein "kälterer" Typ.

Offline Beagle-Petra

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #35 am: 12.05.09, 11:17 »
Pferde an der Hand geführt oder entgegenkommende Reiter machen ihr übrigens  gar nichts aus.
Falsch. Das macht Dir nichts aus.

Zitat
Ich fürchte es liegt daran, dass sie mein erstes eigenes Pferd ist,  mein Traumpferd noch dazu, und ich oft Angst um sie habe, bzw. das Gefühl habe, dass ich sie in Watte packen muss *seufz*
Als ich bei einer früheren Trainerin ein grad erst angerittenes Pferd bekam zur Reitstunde, pfiff die Trainerin mich nach einer kurzen Weile ziemlich sauer an: "Was machst Du denn da für nen Mist obendrauf? Reit sie doch mal vernünftig durch. Sie ist nur jung und nicht schwachsinnig."
Den Anraunzer hab ich nie vergessen und hatte und hab ihn immer wieder in Situationen im Kopf, in denen ich zögerlich werde.

Noch eine Idee:
Ein eigenes Pferd ist auch immer eine Art Falle, eine Form von Gefängnis. Eine RB kann man leicht abgeben. Tut man oft nicht,  weil es peinlich ist, wenn man wegen gewisser Angstmomente kneift. Aber wenn man wollte, könnte man. Und man macht weiter und es ist dann oft genug auch alles immer wieder okl
Bei einem eigenen Pferd ist das nicht mehr so einfach. Man kann nicht einfach sagen: Ich komm dann jetzt nicht mehr. Man muss es dann verkaufen und Rede und Antwort stehen. Den Interessenten und auch sich selbst, von den wohlmeinenden Mitmenschen ganz zu schweigen. Und da ist ja auch immer die Phrase von "lebenslange Verantwortung" im Kopf. Und emotional hochgekochte Pseudoverantwortlichkeit a la "niemand versteht mein Pferd so gut wie ich und nirgends wird sie es besser haben und es ist ja auch mein Traum." Also wird alles, was man macht, irgendwie bedeutungsvoller. Oder man bildet sich das zumindest ein. Und verliert einfach die klare und erforderliche Distanz. Zu viel "Nähe" ist nicht nur in zwischenmenschlichen Beziehungen manchmal verheerend.





Nur echt mit dem Beagle!

Offline Viki

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #36 am: 12.05.09, 11:24 »
Noch eine Idee:
Ein eigenes Pferd ist auch immer eine Art Falle, eine Form von Gefängnis. Eine RB kann man leicht abgeben. Tut man oft nicht,  weil es peinlich ist, wenn man wegen gewisser Angstmomente kneift. Aber wenn man wollte, könnte man. Und man macht weiter und es ist dann oft genug auch alles immer wieder okl
Bei einem eigenen Pferd ist das nicht mehr so einfach. Man kann nicht einfach sagen: Ich komm dann jetzt nicht mehr. Man muss es dann verkaufen und Rede und Antwort stehen. Den Interessenten und auch sich selbst, von den wohlmeinenden Mitmenschen ganz zu schweigen. Und da ist ja auch immer die Phrase von "lebenslange Verantwortung" im Kopf. Und emotional hochgekochte Pseudoverantwortlichkeit a la "niemand versteht mein Pferd so gut wie ich und nirgends wird sie es besser haben und es ist ja auch mein Traum." Also wird alles, was man macht, irgendwie bedeutungsvoller. Oder man bildet sich das zumindest ein. Und verliert einfach die klare und erforderliche Distanz. Zu viel "Nähe" ist nicht nur in zwischenmenschlichen Beziehungen manchmal verheerend.

wie wahr und sehr treffend beschrieben  ::)

Jezabel76

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #37 am: 12.05.09, 11:27 »
stimmt... sehr treffend.

Ich denke nicht im Traum dran, sie zu verkaufen, alles was ich tue erscheint bedeutungsvoller und so ist die Unbekümmertheit, mit der ich früher zB mit meiner RB umgegangen bin, flöten.

Offline Viki

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #38 am: 12.05.09, 11:38 »
stimmt... sehr treffend.

Ich denke nicht im Traum dran, sie zu verkaufen, alles was ich tue erscheint bedeutungsvoller und so ist die Unbekümmertheit, mit der ich früher zB mit meiner RB umgegangen bin, flöten.

es würde sich aber lohnen, darüber nachzudenken, was Petra oben sagt.

Bei Vikingur hatte ich wohl auch am Anfang das Gefühl, ihn in Watte packen zu müssen. Das hat sich aber verloren und ist einem guten Gefühl der Selbstverständlichkeit gewichen - trotzdem er früher ein übler Durchgänger war und zeitlebens ein dominantes Schlitzohr in höflicher Verpackung.
Irgendwann muss die Ehrfurcht weichen und einer gesunden Einstellung "Das ist mein Reitpferd, dem ich sage, wo es lang geht" Platz machen.
Wenn das nicht der Fall ist und man ständig nur am Interpretieren ist, warum dies und jenes nicht gelingt, macht es auf Dauer auch mit einem Traumpferd keinen Spaß.

Wird sie auch von anderen Leuten geritten? Setzt sich die RL mal drauf, auch im Gelände? Ich finde es im Zweifelsfall besser, auch mal Außenstehende mit sachlichem Abstand zu beteiligen, als jahrelang selber im gleichen Sumpf rumzurühren.

Jezabel76

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #39 am: 12.05.09, 11:42 »
ich denke doch über das Gesagte nach - oder meinst du etwas spezielles?

Meine RL setzt sich drauf - bislang aber nicht im Gelände, kann ich sie aber mal drum bitten.

Offline Viki

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #40 am: 12.05.09, 12:02 »
ich denke doch über das Gesagte nach - oder meinst du etwas spezielles?

nein, ich meinte genau den letzten Beitrag von Petra. Hat mich sehr an meinen Haflinger erinnert, wo es genau so war. Ich meine, du musst dich möglichst ehrlich dem stellen, was wirklich ist zwischen dir und deinem Pferd - kann ich nicht beurteilen, weil ich euch nicht kenne und es mag völlig anders sein als bei mir und meinem Haflinger (mit dem sich meine sonst recht angstfreie Grundeinstellung völlig geändert hat).
Also ganz kalt anschauen, ob sie auf Dauer wirklich dein Traumpferd in dem Sinn ist, dass du mit ihr eine zufriedene und produktive Zeit haben kannst. Und was dafür zu tun ist und wie lange es dauert.

Ich finde es ganz wichtig, dass deine RL sich in den Situationen draufsetzt, die für dich heikel sind. Du siehst, was das Pferd bei einem Profi macht und die RL kann dir Tipps geben, wenn du drauf sitzt.

Jezabel76

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #41 am: 12.05.09, 13:13 »
Viki- was ist aus dir und dem Haflinger geworden?


Ich glaube ich habe genau dieses Pferd gefunden, weil ich an ihr wachsen und lernen kann. Niemand hat gesagt, dass das immer leicht ist. Ich lerne wirklich viel über mich selbst dabei. Das finde ich toll.

Sie ist mein Pferd und ich liebe sie. Davon abgesehen,
sie hat noch nie gebockt oder ist gestiegen unter mir, sie ist noch nie durchgegangen, sie hat sich noch nie losgerissen, hat mich nie gebissen, getreten oder ist mir auch nur auf den Fuss getreten. Wenn sie mal durchstartet dauert es 2 Sekunden bis sie wieder bei mir ist. Ja, sie spinnt an Pferdeweiden, (mittlerweile weniger bei Kühen) und jagt mir damit etwas Angst ein, na und? Sie ist noch nicht mal 6 Jahre alt.
Eigentlich ist das doch überhaupt nicht SO dramatisch. Ich glaube da gibt es Leute mit bedeutenderen Problemen.
Ich muss einfach lernen, souveräner zu werden.

LG Isa





PS: Es regnet immernoch wie sau....

Offline zaino

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #42 am: 12.05.09, 14:08 »
isa, leider, leider oder zum Glück? Liegts ja meist nicht am Pferd, sondern an einem selber...  :-\
Das heisst noch lange nicht, daß es leicht zu ändern ist....

Offline semiramis

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #43 am: 14.05.09, 21:26 »
Hallo Jezabel

Araber haben die leidige Angewohnheit, ihre vermeintliche Hysterie gezielt einzusetzen, wenn sie ihren Kopf durchsetzen wollen. Die Araberstute bei uns im Stall z.B. wollte sich anfangs partout nicht ohne Halfter - also am Kopf - führen lassen und hat bei jedem solchen Versuch hysterisch die Augen verdreht, den Kopf hochgeworfen und den Eindruck erweckt, als hätte sie fürchterliche Angst vor der Hand und würde augenblicklich tot umfallen, wenn man von ihr verlangte, sich auf diese Art berühren zu lassen. Bei ihrer Besitzerin kam sie damit gut durch - diese hat sie jedes Mal in Ruhe gelassen, wenn sie sich so verhielt und hat beruhigend auf sie eingeredet. Mir war dieses Theater entschieden zu blöd. Als sie versuchte, sich bei mir ebenfalls auf diese Weise zu entziehen, habe ich ihr hysterisches Getue einfach ignoriert und bin so lange in aller Seelenruhe hinter ihr hergegangen, während sie "panisch" ihre Runden um den Stall drehte, bis es ihr zu dumm wurde, sie plötzlich entspannt stehen blieb und sich ohne weitere Probleme wegführen liess. Von wegen Panik.

Was ich damit sagen will: Es ist die innere Haltung, die entscheidend ist. Damit schliesse ich mich meinen Vorschreiberinnen an. So wie du die Situation beschreibst, bin ich mir ziemlich sicher, dass du mit ihr eines der viel verschrieenen Dominanzprobleme hast. Du bist es, die dem Pferd vermittelt, dass die Situation aufregend ist. Dabei verstehe ich deine Reaktion sehr gut. Wenn man einmal in einer Situation eine unangenehme Erfahrung gemacht hat, ist es schwierig, beim nächsten Mal locker zu bleiben, so als ob nie was gewesen wäre. Meine Stute hat einmal vor einem Lastwagen eine 180° Drehung AUF die Strasse gemacht. Seither wird mir mulmig, wenn uns ein grosses Gefährt entgegen kommt, mit dem Ergebnis, dass mein Pony absolut Verkehrssicher ist - ausser bei Lastwagen  ::). Das hat aber viel mehr mit mir zu tun als mit ihr. Trotzdem ist es schwierig, die eigene Ängstlichkeit abzustellen.

Letztendlich ist es aber die innere Einstellung und die damit verbundene Reaktion, die eine Verhaltensänderung beim Pferd bewirkt. Meine RL ist in dieser Beziehung sehr radikal. Wenn ihr Wallach vor etwas Angst hat, sagst sie "spinnst du" und gibt ihm einen Klapps mit der Gerte. Ich finde nicht, dass dies in jedem Fall die optimale Reaktion ist. Aber es geht um die Haltung, die dahinter steht. Sie vermittelt dem Pferd unmissverständlich das Gefühl, dass sie weiss, was sie tut und es keinen Grund gibt, dem zu misstrauen.

Diese Haltung lässt sich nicht von heute auf morgen umsetzen. Aber du schreibst, dass die Stute pariert, wenn du am Boden "richtig böse" wirst. Gut. Dann mach das auch im Sattel. Ärgere dich, wenn sie wieder rumzickt. Und versuche, in dir die Haltung aufzubauen "stell dich nicht so blöd an". Dabei finde ich allerdings, anders, als meine Vorschreiberinnen, nicht unbedingt, dass sich die Bodenarbeit nicht aufs Reiten übertragen lässt. Wenn du dich am Boden sicherer fühlst, würde ich dir empfehlen, da zu starten und dich in einem sicheren, unmissverständlichen Auftreten dem Pferd gegenüber zu üben. Werde so lange "böse", bis die Stute kapiert, dass ihr Gezicke deplatziert ist. Und versuche dabei die oben beschriebene innere Haltung einzunehmen: Ein lockeres, völlig unemotionales "geht's noch?". Wenn du diese Haltung verinnerlicht hast und merkst, dass sich das Verhalten des Pferdes dadurch verändert, probiere, die gleiche Haltung im Sattel aufzubauen. Dabei kann es tatsächlich hilfreich sein, das Pferd in der gleichen Situation unter jemand anderem - z.B. RL - zu erleben. Wenn man sieht, dass das Gezicke bei der richtigen Reaktion innert kürzester Zeit gegessen ist, hilft das enorm, selber die nötige Haltung aufzubauen.

Übrigens fangen solche Probleme meistens viel früher an. Achte dich im Umgang mit deiner Stute mal auf Kleinigkeiten. Drängelt sie dich am Putzplatz manchmal weg, wenn sie etwas Interessantes gesehen hat? Was macht sie, wenn du sie führst und es kommt von der anderen Seite etwas Gefährliches? Drängelt sie dann mit der Schulter gegen dich? Bleibt sie in der Box, auch wenn die Boxentür offen steht oder marschiert sie sofort raus, auch wenn du davor stehst? Geht sie auf dem Heimweg vom Spaziergang schneller oder hält sie das Tempo? Etc. Konsequenz im Alltag ist oft die beste Präventionsmassnahme. Ich staune immer wieder, wie viel harmonischer der Umgang verläuft, wenn man sich in der täglichen Arbeit auf die Finger schaut.

Liebe Grüsse
Rahel
Befiel mir, und ich werde vergessen. Zeige mir, und vielleicht erinnere ich mich. Beziehe mich ein, und ich werde verstehen.
Konfuzius

Offline Aleike

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Re: An Pferdekoppeln vorbeireiten....
« Antwort #44 am: 15.05.09, 20:08 »
Den letzten Absatz unterschreibe ich zu 100 %.

Vom Boden in den Sattel übertragen? Nach meiner Erfahrung ja und nein.

Ja, denn zu Fuß kann man das Pferd leichter und sicherer an Dinge gewöhnen, die ihm Angst machen, so dass das Problem dann unter dem Sattel (ohne Verkriechen hinter dem Menschen) nicht oder nur noch abgeschwächt auftritt.
Ja, denn am Boden fällt es vielen Menschen leichter, durch ihr Auftreten und eine gute Führung dem Pferd Sicherheit zu vermitteln. Wenn sie die Erkenntnis, dass es mit ihrem eigenen Auftreten zusammenhängt, mit in den Sattel nehmen, hilft das.

Nein, denn sicheres Auftreten und eine gute Führung vom Sattel aus verlangen nicht nur eine bestimmte Sicherheit und Einstellung, sondern auch reiterliche Fähigkeiten. Je besser und feiner das Pferd grundsätzlich an den Hilfen steht (nicht nur auf Gebissdruck den Hals rund macht), desto besser und mit weniger Aufwand wird es sich auch in schwierigen Situationen führen lassen und noch erreichbar sein.

Ich selbst erlebe gerade mit meinem Pferd, wie ein Quantensprung in der Anlehnung, im aktiven An-den-Zügel-herantreten beim Alleinausreiten die Neigung zum Gucken und Wegdrängen vermindert, weil er sich von mir auch von oben offensichtlich besser eingerahmt und begleitet und damit weniger unsicher fühlt.
Er ist einfach keiner, den man dauernd mit hingegebenem Zügel alleinlassen und spazierenreiten kann, er möchte geritten und geführt werden. (Was nicht heißt, dass er dauernd in Beizäumung geht, wohl aber überwiegend in Anlehnung.)
Man darf nicht sagen: "Was, du Mistvieh, du willst nicht?" Sondern: "Entschuldige, mein Tier, ich werde schon noch dahinterkommen, wie ich es lerne, dich peu à peu auf den rechten Weg zu führen." (Udo Bürger)