Also ich habe auch viele Jahre geglaubt, dass richtig harmonisches Reiten nur mit einem Pferd möglich ist, zu dem man selbst eine Beziehung aufgebaut hat und die armen Schulpferde schon deshalb unsensibel sind, weil jedermann auf ihnen herumjokelt.
Inzwischen habe ich mich ein Stück weit korrigiert. Zum einen gibt es tatsächlich - wenn auch selten - Reiterhöfe und Ausbilder, die es sich leisten, ihre Pferde tatsächlich zu Lehrern der Schüler zu machen. D.h. der Reiter hat nicht "dem Bock die Beine in den Bauch zu knallen", sondern solange an sich zu arbeiten, bis er zuerst das Pferd ohne Störung reiten und später behutsam einwirken kann. Interessanterweise ist bei solchen Höfen die Fluktation sehr gering und jeder Neuling findet wieder fein reagierende Pferde vor. Und dort beginnt die Ausbildung auch schon beim Holen von der Koppel und dem richtigen Umgang.
Zum anderen - und das erstaunt mich eigentlich noch viel mehr - beobachte ich seit einem Jahr in meinem Verein, dass selbst altgediente Schulpferde äußerst klare Unterschiede machen. So gibt es zum Beispiel schon beim Holen oder Putzen deutliche Aversionen gegen bestimmte Reiter, während die Pferde anderen freundlich entgegenkommen. Abwehrhaltungen, Ignorieren oder Festmachen auch beim Reiten auf der einen Seite, während andere - und nicht etwa immer nur die "besten" Reiter - es innerhalb von zehn Minuten schaffen, das Pferd zu entspannen und zur Mitarbeit zu motivieren.
Und beileibe nicht jeder Pferdebesitzer - und wenn er noch so viel putzt, lektioniert oder hineinfüttert - übermittelt seinem Pferd wirklich verständliche Regeln und Signale. So mancher reitet ein Leben lang auf der Suche nach Harmonie ewig an seinem Pferd vorbei, während ein bei Laune gehaltenes Schulpferd auch unter verschiedenen Nutzern immer sein Bestes gibt.
Die private Beziehung zum Pferd ist eigentlich schon wieder ein anderes Thema. Eines, was Menschen meist ganz anders sehen als die Perde. Die folgen auch jemanden, der nur zweimal die Woche kommt, wenn er es nur versteht, mit ihnen zu kommunizieren.
Ich habe selber vor zwölf Jahren auf einem "mich nicht verstehendem" Schuli wild ackernd über die Schulpferde geflucht. Inzwischen ziehe ich vor ihnen dreimal den Hut. Sie verdienen nicht nur die beste Behandlung, sondern sollten endlich als "Lehrer" und nicht nur als dröge Reitinstrumente ernst genommen werden. Wenn ein Schulpferd nicht mehr vorwärts läuft oder nicht mehr bremst, nur auf den Menschen in der Mitte, aber nicht den obendrauf hört, wenn es beißt oder schlägt oder sich vor den Menschen in der Box verkriecht - dann sollte man als Reitschüler den Stall wechseln, denn dann sind es nur noch unwillige und abwehrende Sklaven, auf denen man reitet
Gruß Oberlauser
Zum zweiten