Autor Thema: Das Pferdekaufrecht Teil 2  (Gelesen 4908 mal)

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Das Pferdekaufrecht Teil 2
« am: 04.04.07, 16:20 »
Mängelfrei ist ein Pferd, wenn es bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat oder sich für die Verwendung eignet, die der Vertrag vorsieht.

Das gekaufte Pferd ist frei von Sachmängeln zu liefern (§ 433 Absatz 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Vereinbaren die Parteien im Kaufvertrag zum Beispiel, dass das Pferd „verladefromm“ oder „L-Dressur ausgebildet“ ist, dann sind darin Vereinbarungen zur Beschaffenheit beziehungsweise zur Verwendung zu sehen. Sind sie nicht gegeben, ist das Pferd mangelhaft. Falls keine Vereinbarungen über die Beschaffenheit oder die beabsichtigte Verwendung des Pferdes getroffen worden sind, ist die „gewöhnliche Verwendung“ oder die „Beschaffenheit bei Sachen der gleichen Art“ maßgeblich. Wer ein Pferd ohne weitere Vereinbarungen als Reitpferd verkauft, haftet also zumindest dafür, dass das Pferd irgendwie zu reiten ist.

Für den Käufer gefährlich ist hingegen der Kauf eines „Beistellpferdes“.
Ein Beistellpferd hat lediglich die Aufgaben eines Gesellschafters. Diese Funktion können auch andere Tiere, wie Schafe oder Ziegen erfüllen. Es könnte also passieren, dass ein Schaf als Beistellpferd verkauft wird.
Da die Anforderungen an ein Beistellpferd so gering sind, ist als Käufer darauf zu achten, dass nur dann ein Beistellpferd gekauft wird, wenn dies auch der einzige und wahre Zweck des Tieres sein soll. Sonst besteht die Gefahr, dass der Verkäufer seine Haftung auf diese Weise begrenzen will. Pferdehändler verkaufen in aller Regel keine „echten“ Beistellpferde. Solche verkauft ein Händler eher an Metzgereien. Beistellpferde werden fast ausschließlich von deren ehemaligen Besitzern als „Gnadenbrot“, gegebenenfalls mit Schutzvertrag verkauft.

Als Verkäufer muss künftig auch die Werbung sehr viel stärker als bisher unter haftungsrechtlichen Aspekten betrachtet werden. Dabei ist die Abgrenzung zu allgemeinen Anpreisungen fließend. Zur Beschaffenheit des Pferdes gehören auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers oder seines Gehilfen, insbesondere in der Werbung, erwarten kann. Wer also ein erfolgreiches S-Dressurpferd in Zeitschriften oder Internetseiten annonciert, der muss nachweisen können, dass das Pferd zumindest eine Platzierung in einer Dressurprüfung der Klasse S aufzuweisen hat.

Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die Erheblichkeitsgrenze für die Berücksichtigung eines Mangels entfallen ist.
Der Käufer auch bei geringfügigen Mängeln Ansprüche gegen den Verkäufer. Das Schutzinteresse des Verkäufers wird dadurch gewahrt, dass der Käufer bei geringfügigen Mängeln nicht vom Kaufvertrag zurücktreten, sondern lediglich mindern kann. Ein Sachmangel ist gegeben, wenn eine der Partei ihre Verpflichtung nicht vertragsgemäß erfüllt. Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat der Gesetzgeber eine Verzahnung der Kauf-Gewährleistungsansprüche (Nacherfüllung, Minderung oder Rückabwicklung) mit eventuellen zusätzlichen Schadensersatzansprüchen geschaffen.
Die Freiheit von Sachmängeln beurteilt sich nach § 434 BGB. Bei Vorliegen einer ausdrücklichen oder konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung (keiner bloßen „Anpreisung“) über Zustand und konkrete Eigenschaften der Kaufsache, kommt es auf die Eignung zum vertraglich vorausgesetzten Verwendungszweck an. Fehlt eine Beschaffenheitsvereinbarung ist die Eignung für den gewöhnlichen (allgemein üblichen) Verwendungszweck maßgeblich. Öffentliche Werbeaussagen des Verkäufers, des Züchters oder von Dritten erweitern die Sollbeschaffenheit der Eignung entsprechend, wenn der Verkäufer diese Aussagen kannte oder kennen musste.

Der bei Pferden recht seltene Rechtsmangel, ist dem Sachmangel gleichgestellt.
Ein Rechtsmangel ist gegeben, wenn Dritte in Bezug auf die Sache Rechte gegen den Käufer geltend machen können, sofern der Käufer diese Rechte nicht im Kaufvertrag übernommen hat. In Deutschland gibt es nach Schätzungen etwa 1,3 Millionen Pferde. Davon ist nur ein Bruchteil mit der sogenannten „Eigentumsurkunde“ ausgestattet, die von den meisten deutschen Zuchtverbänden zusammen mit dem Pferdepass herausgegeben wird.
Man kann also nach wie vor „gutgläubig“ das Eigentum an einem Pferd von einem Verkäufer erwerben, auch wenn dieser zu dem Pferd keine Eigentumsurkunde vorlegen kann. Die Situation wird sich erst in einigen Jahren ändern, wenn nahezu alle Pferde mit der Eigentumsurkunde ausgestattet sind und der Urkunde allgemein ähnliche Beweiskraft zugeschrieben wird, wie zum Beispiel dem Kfz.-Brief. Das ist das erklärte Ziel der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) bei der Einführung der Eigentumsurkunde für das Pferd.
Die Zuchtverbände raten schon heute zur Vorsicht, wenn ein Pferd mit Brandzeichen aber ohne Eigentumsurkunde gekauft werden soll, insbesondere wenn es in den letzten zwei oder drei Jahren geboren wurde.

Eine für den Käufer sehr günstige Vertragsgestaltung ist der Kauf auf Probe.
Dieser gibt ihm Gelegenheit, innerhalb einer vereinbarten Frist das Pferd ausgiebig zu erproben. Der Kauf auf Probe mit Umtauschvereinbarung führt allerdings dazu, dass der Käufer im Fall der Rückgabe des Pferdes kein Geld zurück bekommt. Er kann das Pferd beim Händler nur gegen ein anderes gleichwertiges Tier umtauschen. Dies gibt oft Anlass zu erheblichen Differenzen zwischen den Vertragsparteien, weshalb dieser Vertragstyp abzulehnen ist.
Nach altem Recht (gültig für Verträge vor dem 01.01.2002) hatte der Käufer beim Viehkauf ausschließlich das Recht zur Wandlung. Das galt sowohl bei Vorliegen der sogenannten Hauptmängel (Rotz, periodische Augenentzündung, Dummkoller, Kehlkopfpfeifen, Koppen und Dämpfigkeit) als auch beim Fehlen von zugesicherten Eigenschaften.

Sach- und Rechtsmängel müssen bei Gefahrübergang, also mit der Übergabe des Pferdes oder der Versendung auf Verlangen des Käufers, vorliegen.

Treten Mängel vor dem Gefahrübergang auf, richtet sich alles Weitere nach § 311a BGB. Wird wegen eines Mangels, der erst nach dem Gefahrübergang auftritt, gestritten, sind die §§ 434 ff BGB, insbesondere § 437 BGB einschlägig:
„Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
Nacherfüllung verlangen,
vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern und
Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.“
Das bedeutet, dass der Käufer dem Verkäufer zuerst die Chance geben muss den Mangel zu beheben. Ansonsten verliert er alle Ansprüche gegen den Verkäufer. Die Durchführung des Vertrags ist das vorrangige Ziel. Es wird durch ein Stufenverhältnis für die Geltendmachung der Rechte aus § 437 BGB erreicht.

Offline frankrichterTopic starter

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Re: Das Pferdekaufrecht Teil 1
« Antwort #1 am: 04.04.07, 16:20 »
Erste Stufe ist immer die Nacherfüllung.

Diese geschieht in Form der Mangelbeseitigung oder der Ersatzlieferung, wobei der Käufer wählen kann, welche Möglichkeit für ihn günstiger ist. Der Verkäufer kann die Art der Nacherfüllung nur ablehnen, falls sie für ihn unzumutbar ist, schließlich trägt er die Kosten der Nacherfüllung.

Als Nacherfüllung kann der Käufer entweder die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung eines mangelfreien Ersatzpferdes verlangen. Die Forderung, ein Ersatzpferd zu liefern, ist beim Pferdekauf nur selten eine Option, da Pferde in aller Regel nicht allein nach rein objektiven Kriterien wie Farbe, Größe, Alter oder Geschlecht gekauft werden. Andererseits kann es auch im Interesse des Käufers sein, dem Verkäufer die Möglichkeit der Mangelbehebung einzuräumen, etwa wenn ein behebbarer Ausbildungsmangel vorliegt und sofern der Käufer dem Verkäufer zutraut, den Mangel zu beheben.

Den gesamten Aufwand im Rahmen der Nacherfüllung, hat der Verkäufer zu tragen.
Das beinhaltet zum Beispiel den Transport des Pferdes in eine Tierklinik, die Tierarztkosten und die Unterhaltung des Pferdes während der Dauer der Nachbesserung. Bei chronischen Krankheiten dürfte eine Mängelbeseitigung allerdings nicht möglich sein. Diese sind meist nicht zu heilen, eine existierende degenerative Veränderung kann in vielen Fällen nicht beseitigt werden. Eine teilweise Heilung ist keine ausreichende Mängelbeseitigung, auch wenn die Restprobleme sich in regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen erschöpfen.

Dazu hat der BGH klargestellt, dass in Notfällen eine Nachfristsetzung entbehrlich ist (BGH Urteil vom 22.06.2005, VIII ZR 1/05), auch wenn generell das Erfordernis der Nachfristsetzung auch bei Tieren gültig bleibt (BGH Urteil vom 07.12.2005, VIII ZR 126/05).

Rücktritt, Minderung und Schadensersatz

Die zweite Stufe kann dann Rücktritt oder Minderung sein. Zusätzlich oder daneben ist auch ein Schadensersatzanspruch, insbesondere hinsichtlich des Mangelschadens wie zum Beispiel des entgangenen Gewinns denkbar. Hier ist zu beachten, dass das Wahlrecht zwischen Rücktritt oder Minderung nur einmal ausgeübt werden kann. Eine nachträgliche Änderung ist nicht mehr möglich.

Im Fall des Rücktritts ist das Pferd Zug um Zug gegen Erstattung des Kaufpreises zurück zu geben. Im Fall der Minderung ist der Minderwert des Tieres zu erstatten. Als Minderungswert wird die Differenz zwischen dem Pferd ohne den Mangel und dem Pferd mit dem Mangel angesehen. Im Streitfall muss ein gerichtlich bestellter Sachverständiger die Wertfeststellung treffen.

Die Rücktrittsvoraussetzungen im Einzelnen:
kein vollkommen unerheblicher Mangel;
angemessene Frist zur Nacherfüllung;
zwei fehlgeschlagene Nacherfüllungsversuche;
Unmöglichkeit der Nacherfüllung;
ernsthafte, endgültige Verweigerung des Verkäufers oder
besondere Umstände, insbesondere Unzumutbarkeit oder Interessenwegfall auf Grund Verzugs

Für die Minderung gelten die gleichen Voraussetzungen wie für den Rücktritt. Gegebenenfalls besteht ein Rückzahlungsanspruch des bereits gezahlten Kaufpreises. Bei einer Minderung auf Null muss der Käufer die Kaufsache allerdings zurückgeben.

Als Schadensersatzvoraussetzungen sind zu nennen:
angemessene Frist zur Nacherfüllung oder deren Entbehrlichkeit;
Verschulden des Verkäufers (Vorsatz oder Fahrlässigkeit).

Bei Unmöglichkeit der Leistung und der Nacherfüllung bleibt nur Schadensersatz, allerdings ohne Fristsetzung.

Dem Käufer steht oftmals kein Schadenersatzanspruch zu, ohne eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt zu haben. Nach der Konzeption des neuen Schuldrechts ist die Nachlieferung bei einem Stückkauf nicht unmöglich. Soweit es sich um vertretbare Sachen handelt und die nachgelieferte Sache wirtschaftlich der ursprünglich geschuldeten entspricht oder soweit die gelieferte Sache selbst verbessert wird, ist eine Nachlieferung möglich. Bei dem Kauf eines Pferdes liegt ein solcher Fall in der Regel aber nur dann vor, wenn es „nachgebessert“ wird. Das Leistungsinteresse des Käufers kann nicht durch Nachlieferung eines gleichartigen, die gleichen wesentlichen Merkmale aufweisenden Pferdes erfüllt werden. Zwei Pferde können sich niemals so sehr gleichen. Außerdem spielt bei der Kaufentscheidung aus Sicht des Reiters, auch immer die Abstimmung zwischen Reiter und Pferd eine entscheidende Rolle.
Dies kann weder der Verkäufer noch ein Gericht anstelle des Reiters entscheiden.

Wird Schadensersatz verlangt gibt es mehrere Möglichkeiten. Zunächst ist der sogenannte „kleine Schadensersatz“, bei dem das Pferd beim Käufer bleibt und er Ersatz des darüber hinausgehenden Schadens erhält, möglich. Alternativ kann aber auch der sogenannte „große Schadensersatz“ geltend gemacht werden. Hier verzichtet der Käufer auf die Leistung und bekommt umfassenden Schadensersatz, dies jedoch nur bei einem erheblichem Mangel.

Wenn das Pferd etwa an einer ansteckenden Erkrankung leidet und im Stall des Käufers andere Pferde angesteckt, liegt ein sogenannter Mangelfolgeschaden vor. Dieser wird durch den Schadensersatzanspruch abgedeckt. Der Ersatz des Mangelfolgeschadens ist unabhängig vom eventuellem Gelingen der Nacherfüllung.
Der Verzugsschaden bei Verzug mit der Nacherfüllung, kann ebenfalls als Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden – auch wenn er ohne Mangel eingetreten wäre.

Vergebliche Aufwendungen

Anstelle des Schadensersatzes kann der Käufer auch den Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat. Beispiel: Ein Käufer erwirbt ein kopfscheues Pferd in Kenntnis des Vorliegens dieses Mangels. Anschließend nimmt er ihm die Scheu. Leider treten bei dem Pferd noch andere Mängel auf, die den Käufer berechtigen, von dem Vertrag zurückzutreten. Neben der Erstattung des Kaufpreises kann er dann auch die Erstattung der Behandlungskosten verlangen.
Anspruchsvoraussetzung

Voraussetzung für den Anspruch auf Schadensersatz, beziehungsweise den Ersatz vergeblicher Aufwendungen, ist eine Pflichtverletzung des Verkäufers. Er muss die Mangelhaftigkeit des Pferdes zumindest fahrlässig verursacht haben. Das ist nicht der Fall, wenn der Verkäufer von den Mängeln keine Kenntnis hatte. Ein Verkäufer, der ein Pferd in gutem Glauben als gesund verkauft, haftet dem Käufer zwar beim Vorliegen einer Erkrankung und muss unter Umständen einen Minderungsanspruch gegen sich gelten lassen.

Er haftet aber nicht auf Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen des Käufers, da er die Erkrankung des Pferdes nicht schuldhaft verschwiegen hat. Anderes gilt hinsichtlich der Kosten für die Behebung der Schäden, wenn das Pferd mangels regelmäßiger Entwurmung total verwurmt ist und dadurch beim Käufer die Koppeln und andere Pferde befallen werden. Insofern ist zumindest als fahrlässig anzusehen, wenn ein Pferdehalter ein Pferd nicht regelmäßig entwurmt.

Beweisprobleme

Der Verkäufer ist in der Beweispflicht dafür, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Für den Käufer ist die Garantiehaftung interessant. Hat der Verkäufer eine Garantie übernommen, haftet er verschuldensunabhängig für alle Folgen fehlender, garantierter Eigenschaften.

Die Haftung des Pferdeverkäufers, ob Händler oder Privatperson, ist sehr varianten- und umfangreich, die Rechte des Käufers entsprechend vielgestaltig.

Es ist daher in jedem Fall anzuraten, Kaufverträge nur noch schriftlich abzufassen. Da Pferde nicht nur Freunde des Menschen sind, sondern auch ein erhebliches, finanzielles Kapital darstellen, sollte zukünftig bei Abfassung eines Pferdekaufvertrages unbedingt anwaltlicher Rat eingeholt werden.

Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz sind die im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch)enthaltenen, gesetzlichen Sonderregelungen, ersatzlos gestrichen worden. Das betrifft sowohl das Viehgewährschaftsrecht („Regeln über den Viehkauf“, §§ 481 – 493 BGB), als auch die „Kaiserliche Verordnung betreffend die Hauptmängel und Gewährsfristen beim Viehhandel vom 27.03.1899“, in der die Viehmängel im Einzelnen aufgelistet waren. Damit ist die Unterscheidung der Hauptmängel (die sogenannten „Gewährsmängel“) von den sogenannten Neben- oder Vertragsmängeln entfallen. Der Gesetzgeber setzt dadurch europarechtliche Vorgaben um.

Das bis zum 31.12.2001 geltende Viehkaufrecht bleibt aber weiterhin auf Verträge anwendbar, die bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen wurden.
Es ist in Verträgen auch möglich weiterhin auf die alten Unterscheidungen und Regeln Bezug zu nehmen und so die alten Haftungsmaßstäbe in neuen Verträgen zu verwenden. Allerdings darf neues Recht dem nicht entgegensteht, weil zum Beispiel eine Umgehung von neuen Verbraucherschutzregeln vorliegen kann.

Vorab sei noch festgehalten, dass die Sachkaufnormen der §§ 433 ff BGB auf Tiere entsprechend anwendbar sind, auch wenn es so manche Tierliebhaber schmerzt, ihre Lieblinge als „Sachen“ bezeichnet zu sehen.

Haftungsausschlüsse

Der Verkäufer haftet zwei Jahre ab dem Zeitpunkt der Übergabe des Pferdes, bei arglistigem Verschweigen sogar drei Jahre, ab Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Käufers vom Mangel, spätestens aber zehn Jahre ab Entstehung des Anspruchs. Abweichende Vereinbarungen sind außer für Vorsatz möglich, Einschränkungen gelten aber beim sogenannten Verbrauchsgüterkauf. Ein Privatmann als Verkäufer kann die Verjährung bis hin zum Ausschluss verkürzen. Dagegen kann ein Unternehmer beim Verkauf des „Verbrauchsgutes Pferd“, die Verjährung maximal auf ein Jahr verkürzen, wenn die Sache gebraucht ist.

Nach der Rechtsprechung des BGH (Bundesgerichtshof) sind Tiere neu hergestellten Sachen gleichzustellen, wenn sie noch nicht dem bestimmungsgemäßen Gebrauch zugeführt sind. Werden Tiere in diesem Sinne verwendet, steigt das Risiko für das Auftreten von Mängeln erheblich. Daher wird man davon ausgehen können, dass Fohlen zumindest solange als neu hergestellte Sachen zu behandeln sind, wie sie noch nicht angeritten oder sonst auf ihre zukünftige Verwendung hin ausgebildet worden sind.

Vorgedruckte Verträge, auch Muster aus Zeitschriften oder deren handschriftliche Abschriften, gelten nach ständiger Rechtsprechung des BGH immer als AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen).

Durch sie kann daher die Haftung, auch unter Privaten, nicht vollständig ausgeschlossen werden. Das geht nur durch einen individuellen Vertrag. Daraus folgt, dass ein Unternehmer sehr schnell in den Bereich des Verbrauchsgüterkaufes gelangt und deshalb vertragliche Vereinbarungen über die Abkürzung der Verjährung von unter einem Jahr nicht vornehmen sollte. In keinem Fall kann die Verkürzung der Verjährung in Form eines vorformulierten Vertrages wirksam vereinbart werden. Ein Unternehmer kann allerdings eventuelle Ansprüche auf Schadensersatz - nicht auf Rücktritt oder Minderung - wirksam ausschließen.

Sämtliche vorstehenden Ausführungen gelten natürlich nicht, wenn der Käufer vor dem Kauf Kenntnis von den Mängeln hatte. Wenn der Verkäufer arglistig war, also einen ihm bekannten Mangel bewusst verschwiegen hat, dann haftet er in jedem Fall und ein eventuell vereinbarter Gewährleistungsausschluss bleibt wirkungslos. Ein solcher Haftungsausschluss ist möglich, wenn der Käufer den Mangel bei Vertragsschluss kennt. Gleiches gilt bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Mangels, es sei denn, der Verkäufer hat den Mangel arglistig verschwiegen oder die Garantie für eine Eigenschaft übernommen.

Außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs sind aber auch andere einzelvertragliche Abreden möglich. Grenzen der Gestaltungsfreiheit sind lediglich Garantieeinschränkung und Vorsatzfreizeichnung.
Sonderfall: AGB und Auktionen.

Noch weitgehend ungeklärt ist der Gewährleistungsausschluss über die AGB von Auktionen. Egal ob die Verbände oder die Beschicker als Verkäufer auftreten, werden die Voraussetzungen eines Unternehmers als Verkäufer in aller Regel erfüllt sein, so dass die Bestimmungen über den Verbrauchsgüterkauf Anwendung finden. Dann ist aber ein Gewährleistungsausschluss problematisch, insbesondere in AGB. Seine Wirksamkeit hängt wohl von der genauen Ausgestaltung der Zuständigkeiten zwischen Verband, Auktionator und Beschicker ab. Endgültig geklärt ist dies jedoch noch nicht.

Einzelne Versteigerer berufen sich wegen der Zulässigkeit des Gewährleistungsausschlusses bei Auktionen auf die gesetzlichen Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf, wonach die Vorschriften nicht für solche gebrauchten Sachen Anwendung finden, die in einer öffentlichen Versteigerung verkauft werden. Verbrauchsgüterkaufrecht liegt nach der Meinung des BGH (Urteil vom 9.11.2005, AZ VIII ZR 116/05) allerdings nur vor, wenn die Versteigerung durch einen für den Versteigerungsort bestellten Gerichtsvollzieher, öffentlich erfolgt ist. Alternativ kann sie auch durch einen zu Versteigerungen befugten anderen Beamten, einen öffentlich angestellten Versteigerer, auch durch einen gemäß § 34b Absatz 5 Gewerbeordnung allgemein öffentlich bestellten Versteigerer (BGH, Urteil vom 5.10.1989, AZ: IX ZR 265/88) erfolgen.

Weiter sind Sonderregeln zu beachten, wenn der Unternehmer einen entgeltlichen Zahlungsaufschub von mehr als drei Monaten gewährt.

Konsequenzen der Gesetzesänderung für den Pferdehandel.

Der Pferdehandel muss sich auf die Situation einstellen und neue Wege gehen, um Gewährleistungsrisiken angemessen zu reduzieren, beziehungsweise zu verteilen und Unklarheiten zu vermeiden. Dabei wird der professionellen Gestaltung des schriftlichen Kaufvertrages größere Bedeutung zukommen als bisher und der Zustand des Pferdes bei der Übergabe wird sorgfältiger dokumentiert werden müssen.

Was bisher nur aus anderen Rechtsgebieten bekannt ist, wird sicherlich nun auch im Pferdehandel Einzug halten. Das von Verkäufer und Käufer unterschriebene Übergabeprotokoll dokumentiert den Zustand des Pferdes zum Zeitpunkt der Übergabe. Wenn das Pferd zum Zeitpunkt der Übergabe nachweislich in Ordnung war, ist eine Haftung des Verkäufers ausgeschlossen. Ein Übergabeprotokoll hat hier erheblichen Beweiswert.

Bei der Vertragsabfassung sollten alle Absprachen vollständig schriftlich fixiert und keine mündlichen Nebenabreden getroffen werden.

Der gewerbliche Verkäufer muss alle Mängel und Eigenarten des Tieres dokumentieren, Zurückhaltung bei Beschreibungen und Werbeaussagen üben und Erwartungen des Käufers beachten. Sie bestimmen den vertraglich vorausgesetzten Zweck. Andere sichere Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung stehen dem gewerblichen Verkäufer nicht zur Verfügung. Eine sorgfältige Ankaufs- oder Verkaufsuntersuchung nebst vollständiger Dokumentation im Attest, sollte selbstverständlich sein. Wenn der Pferdehändler seinerseits nicht bereit ist, eine ordnungsgemäße Verkaufsuntersuchung zeitnah zum Verkauf und der Ablieferung des Pferdes durchführen und entsprechend dokumentieren zu lassen, stellt sich für den Käufer zwangsläufig die Frage nach der eigenen Ankaufsuntersuchung.
Zu einem solchen Schritt ist dringend anzuraten, um sich so weit wie möglich Gewissheit über den gesundheitlichen Zustand des Pferdes zu verschaffen.
Sollten dann Mängel festgestellt werden, sind die Ansprüche des Käufers evident. Um mögliche, langwierige Auseinandersetzung über das Vorliegen, respektive Nichtvorliegen medizinischer Mängel des Pferdes zu vermeiden, sollte im Kaufvertrag ausdrücklich geregelt sein, dass der Käufer das Pferd alsbald durch seinen eigenen Tierarzt auf mögliche gesundheitliche Mängel überprüfen lassen wird. Gleichzeitig sollte schriftlich klargestellt werden, dass der Vertrag erst in dem Moment rechtswirksam wird, wenn der Käufer nach Vorliegen des Untersuchungsberichtes den Kaufvertrag gegenüber dem Verkäufer ausdrücklich gebilligt hat. Im Falle einer berechtigten Versagung dieser Billigung wäre des weiteren vorzusehen, dass der Verkäufer die Kosten der Ankaufsuntersuchung einschließlich der angefallenen Transport- und Unterbringungskosten und des von ihm durchzuführenden Rücktransports zu tragen hat. Die Herausgabe des Pferdes ist von der vorherigen Bezahlung der Kosten durch den Pferdehändler abhängig zu machen.

Alles, was vertraglich fixiert ist kann später im Prozess den Ausgang beeinflussen. Da Zeugen oft unsicher in ihrer Wahrnehmung und Sachverständigengutachten immer kostspielig sind, gilt es diese zwei nachteiligen Beweismittel mit Fakten zu untermauern.

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Frank Richter, Heidelberg
Rechtsanwalt