@Kimble,
das glaube ich auch, dass Barren besonders dann eingesetzt wird, um Pferde gut zu verkaufen. Und ich weiß, dass Insider so was sehen, wenn gerade die jungen Pferde im Freispringen vorgestellt werden. Soweit ich das mitbekommen habe, ist immer dann Mißtrauen geboten, wenn die Pferde nur so über die Sprünge fliegen, dass man noch gut nen Kleinwagen zwischen oberer Stange und Pferdebein schieben könnte (na ja, leicht übertrieben). Der Kenner bevorzugt die Pferde, die eher sparsam springen, vom Kraftaufwand und der Höhe her, die ein niedrigeres Hindernis mit dem gleichen Abstand nehmen wie ein höheres, die also nicht "überspringen". Weil bei denen kann man davon ausgehen, dass die wirklich den Sprung springen, der da steht. (Wobei es junge Pferde gibt, die allein aus ihrer Mentalität heraus gern "überspringen", da muss man dann eben genau hingucken und seine Pappenheimer auch kennen, sonst wärs ja zu einfach.)
@EEK
Es ist im Westernreiten durchaus üblich, ebenso wie im normalen Reiten, die Pferde von Anfang an auch zu galoppieren. Im Buch von Podhaijski steht, dass - zumindest zu seiner Zeit - in der Spanischen auch von Anfang an galoppiert wird, also nicht erst Seitengänge bis zur Traversale und Piaffe an der Hand und dann erst Galopp.
Allerdings wird beim Westernreiten für meine Begriffe der Arbeit im Trab eine zu geringe Bedeutung zugemessen, vor allem im Bereich Reining. Der Trab konditioniert ein Pferd sehr gleichmässig, man kann sehr viel besser zusammenstellen und biegen und aufbauen und das Pferd durchlässiger machen und zwischen Beine und Zügel stellen und und und als im Galopp. Wenn ich mein junges Pferd im Schritt so richtig durchknete - halbe Volten, ganze Volten, achter, Zirkel vergrössern, verkleinern, immer nur kurz, aber immerhin, übertreten lasse, innenstellung, aussenstellung usw., fast schon seitengänge, das ganze auch kurz im Trab durchziehe, selbst wenn ich nur 4, 5 minuten trabe und dann angaloppiere, dann kriege ich einen wunderbar leichten, runden, balancierten galopp - auch mit antritt - ohne dass ich den galopp selbst groß trainieren muss. Ich hab dann mehr Galopp als jemand, der sein Pferd 20 Minuten im Galopp "trainiert" hat. Jean Claude Dysli trainiert beispielsweise den Stopp fast nur aus dem Trab, im fleissigen Trab das Pferd zusammenschieben, mit den Schenkeln gegen das Gebiß, Nachgiebigkeit vorn fragen ohne ende, bis das pferd sich locker zusammenschiebt wie eine ziehharmonika. dann im galopp das pferd entspannt reiten, wenn es schön gerade ist, aufnehmen, whoa, tief und entspannt einsitzen, hand runter - und das pferd schmilzt in den Boden. dann macht der zosse das auch noch mit 20 und 25 jahren - während die Pferde denen man einen sliding stop nach dem anderen aus dem leib genudelt hat, oft genug noch im jungpferdealter mit spat und chronischen rissen in der hinterhandmuskulatur ausgesondert werden.
Noch eine Frage die ich nicht ganz verstehe:
Einerseits sagt ihr, man kann ein Pferd nicht dazu zwingen, bessere Leistung zu bringen oder vorsichtiger zu sein, anderereits stimmt ihr härteren Methoden zu um die Pferde zu mehr Leistung zu überreden. Ist das nicht etwas widersprüchlich?
Also ich meine das so: Nehmen wir einfach mal eine Trabverstärkung. Wenn ich die Leistung an meinen Hilfen ausrichte, dann lasse ich das Pferd brav im Arbeitstrab daherlaufen, es ist entspannt und taktrein und geht auch so was wie am zügel. ich fordere das pferd dann auf der langen seite auf zuzulegen, es verlängert ein wenig die tritte und lässt sich vor der kurzen seite wieder durchparieren bzw. wird von selbst langsamer. alles nett, brav, artig und nicht irgendwie falsch oder so. das pferdchen läuft nett untertourig daher und reiter ist zufrieden.
Nur fehlt dem Ganzen der Schwung, der Pepp. Dazu muss ich erst mal den Motor des Pferdes ziemlich aktivieren, das Pferd wird "wach", bekommt eine ganz andere Lust vorwärtszugehen, tritt aktiver, kraftvoller durch. Je mehr wille zum vorwärts da ist, desto schwieriger ist dieses vorwärts zu kontrollieren. Es braucht mehr Spannung, mehr Wachheit, mehr Entschlossenheit vom Reiter, er muss kurz gesagt mehr reiten, mehr beim Pferd sein. Ist schon wie beim Autofahren, ich kann eine Kurve schön langsam im 3. Gang durchfahren, ich kann auch runterschalten, mehr gas geben und die Sache mit Schmackes angehen, bin aber immer in der Gefahr zu übersteuern, wenn da was nicht genau passt. jedenfalls so ungefähr.
Das ist so ein Punkt, den unser Reiter scheut, der die Leistung an seine Hilfengebung anpasst, weil er nämlich in dem Moment die richtigen Hilfen nicht mehr geben kann und daher sozusagen auch eine Vermeidungsreittaktik pflegt.
So, und nun müssen wir den so begeistert trabverstärkenden zossen auch wieder runterholen. Da mehr schwung da ist, brauche ich auch energischeres Einsitzen und energischere Schenkelhilfen und wohl auch mal eine energischere Parade, um das Pferd vor Erreichen der Ecke wieder in Arbeitstempo zurückzuholen. Kommt meine Hilfe nicht durch, weil ich zu lasch bin, rennt das Tier völlig auseinandergefallen und über tempo um die Ecke, und mir gehts dreckig da oben drauf. so würde es unserem vermeidungsreiter gehen, der auch deshalb lieber den turbo vermeidet.
der forschere reiter kriegt das hin. aber es kann sein, dass das pferd sagt: ich lauf grad so schön, macht spass, du kannst mich mal. dann muss die aufforderung zum tempoverkürzen so energisch kommen wie es nötig ist um dem pferd klarzumachen, dass es solche eigenmächtigkeiten nicht gibt. wenns sein muss, setzt man das pferd da ziemlich drastisch auf den arsch. westernreiter lassen ein pferd, das einfach durch die paraden läuft, auch mal geradeaus gegen die wand laufen. ist sehr effektiv, wenn richtig gemacht.
soll heissen, je mehr ich den turbo eines pferdes aktiviere (ok, viele pferde haben den gar nicht, andere geschichte), desto mehr muss ich in der lage sein, den auch zu kontrollieren. und ich muss manchmal zu sehr harten massnahmen greifen, um dem pferd klarzumachen, dass immer noch ich obendrauf die letzte entscheidung habe. das pferd muss immer bei mir bleiben. ist wie bei kindern die was ganz tolles sehen und einfach dahin wollen, da hilft es auch nicht mehr zu säuseln "aber egon, bleib schoen bei mami"; das hört egon doch gar nicht mehr.
lange rede, kurzer sinn: ich muss als reiter spass daran haben, den turbo eines pferdes zu nutzen, und ich muss das können und die entschlossenheit haben, meine forderungen auch unter diesen bedingungen durchzusetzen. nur dann kann ich von dem pferd leistungen erfragen, die den turbo benötigen. zu nem e-springen brauch ich das nicht, das sind bessere galoppsprünge, bei L geht das richtige Springen los, da komm ich mit einem brav daherlaufenden Pferd schon möglicherweise nicht mehr durch. Ebenso bin ich bei der L-Dressur mit brav daherlaufend wohl regelmässig eher ausser der Wertung zur Platzierung. In einer Reining bin ich in dem Bereich, in dem ich keine Pluspunkte sammeln kann.
Mir fehlt bei den rein um der Kunst willen reitenden Reitern oft ein wesentliches Element: die Brillanz. Fällt mir ganz besonders bei Vorführungen von Nathalie Penquitt immer wieder auf. Halt der Schritt über die Grenze, der brav von brillant unterscheidet.
Um den Schritt machen zu können, muss ich mir aber darüber im klaren sein, dass ich dann ggf. ganz andere Kräfte zu bändigen habe, auch mal hart durchgreifen muss. Wenn ich dazu willens und in der Lage bin, kann ich die Leistung vom Pferd erfragen, zu der es imstande ist. Bin ich das nicht und frage ich trotzdem, gibts bestenfalls extrem unschöne Bilder.