Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Gebrauch von Sporen auf das stalleigene Publikum ankommt, nämlich WIE die Leute reiten und MIT welchen Hilfsmitteln die Leute reiten, weiter wie die Stallgemeinschaft ist.
In meinem jetzigen Stall z. B. reiten eine Handvoll Reiter mit Sporen, darunter die Reitlehrerin auf ihrem eigenen Pferd, eine Reitschülerin von ihr auf einem ihrer beiden Pferde und zwei wirklich gute Westernreiter. Und bei allen Pferden entspricht der Ausbildungsstand von Pferd und Reiter dem Gebrauch von Sporen.
Insgesamt gibt es bei den 32 Einstellern keine Sporengegner, wenn der Ausbildungsstand des Reiter/Pferd-Paares paßt. Ein typischer Möchtegernreiter, der die Sporen zum traktieren des Pferdes verwendet, hätte bei uns im Stall allerdings keine lange Überlebenszeit, es sei denn, er stellt seine Einstellung um.
Auf gut Deutsch: Bei uns im Stall wäre es peinlich, den ganzen Tag mit Sporen am Schuh rumzulaufen (kenne von früher auch noch die Regel, wer die Sporen nicht sofort nach dem Reiten abnimmt, muss eine Runde Getränke schmeißen, ebenso wie bei einem Aufsteigen auf´s Pferd, wenn noch Stroh im Schweif ist). Bei uns wäre es ein Frevel, mit Sporen ein Pferd zu traktieren (ebenso wie mit Gerte oder scharfen Gebissen). Aber das macht halt auch die Stallgemeinschaft aus.
Es gibt Ställe, da sind die Reiter stolz, wenn sie mit Schlaufzügeln reiten, Sporen dranhaben o. ä. Bei uns wäre es einfach nur peinlich.
Wenn ich an meinen vorherigen Stall denke, da war es das Gegenteil, die Mehrzahl der Leute waren Möchtegernwesternreiter (also Reiter mit Westernhut und Rädchensporen dran, Pferde mit Westernsattel und einer Kandare im Maul und keine Ahnung vom wirklichen Westernreiten). Vorne ziehen und zerren, hinten kräftig reinkloppen, dass war die Regel. Die 5 % der Reiter (u. a. ich selbst) waren die Außenseiter, da wir andere Anschauungen vom Reiten haben und dementsprechend nicht hellauf begeistert losklatschten, wenn das Pferd einen Spin hinlegte, ohne Gewicht auf die Hinterbeinchen zu nehmen und im wahrsten Sinne des Wortes einfach im Maul rumgerissen mit Hilfe von Sporen in die Bauchwand hauen, wurde.
Da hatten einfach Reiter mit sagen wir mal, pferdefreundlichen Anschauungen keine Überlebenschance, wenn wir Anerkennung in der Stallgemeinschaft wollten, da mußte ebenso geritten werden, wie der Großteil, damit man dazupaßte bzw. wenn man nicht so ritt, dann bekam man halt Worte zu hören wie "Du hast ja so nen lahmen Gaul, ist klar, dass man da nix braucht". Allerdings nicht als Anerkennung gesprochen, sondern als von oben herabschauend, da ein wilder Gaul etwas ist und war, auf das man stolz sein konnte. Dass der wilde Gaul erst wild gemacht wurde durch so eine Handhabung, war und ist den Leuten nicht klar. Die waren wirklich stolz drauf...