Weil es interessanterweise (oh, man staune)
2 Ausbildungsskalas gibt.
Einmal für das Pferd (Takt, Losgelassenheit, etc.)
und einmal für den Reiter.
Diese baut sich folgendermaßen auf:
Balance
Losgelassenheit
Eingehen in die Bewegungen des Pferdes.
Du hast es schon nett beschrieben, am Anfang sollte
immer die Balance stehen. Nur leider werden viele angehende Reiterleins schon viel zu früh von der Longe losgelassen, sie können gerade mal die Balance halten, sitzen aber noch lange nicht losgelassen auf dem Pferd.
Und hierbei liegt m.E. ein eklantanter Ausbildungsmangel vor. Es wird von den angehenden Reiterleins erwartet, dass sie Punkt zwei schon beherrschen, wenn sie in die Abeilung geworfen werden. Meistens ist dem aber noch gar nicht so.
Wie soll also ein angehendes Reiterlein auf die Bewegungen des Pferdes eingehen, wenn er noch Mühe hat, halbwegs losgelassen auf dem Pferd zu sitzen?
Da ist es also ganz nett, dass das angehende Reiterlein ein gewisses Niveau erreichen soll, nur wird meist vergessen, dass noch so Dinge wie "Grundspannung auf dem Pferd", Zügelunabhängige Hilfen, Anspannung des Kreuzes, einseitiges Anspannen der Kreuzmuskulatur, etc. vonnöten sind, um dem Reiterlein ein "Grundlevel" zu geben.
Das sind Übungen, die Zeit erfordern, die Geduld erfordern, die Körperbeherrschung erfordern. Und viele, die auf E oder A Level rumgurken, haben diese Geduld/Zeit/Körperbeherrschung nicht, oder schlichtwegs den falschen Lehrer.
Guter Unterricht definiert jeder anders, für den einen ist es das "bis an die Grenzen gehen", für den anderen "Hauptsache, der Reitlehrer lobt viel und verlangt wenig".
Und - was mir so aufgefallen ist - an die Grenzen gehen erfordert auch, dass da jemand in der Mitte steht, und diesen inneren Schweinehund in einem selbst zum Bluten bringt. Mit duzideidei kommt derjenige meist nicht weit, allerdings wünscht der Kunde, mit Samthandschuhen angefasst zu werden, denn
"er zahlt ja schließlich dafür"Und da liegt m.E. die Krux.
Ich lege im Unterricht wert darauf, dass ich weiterkomme, andererseits aber auch da abgeholt werde, wo ich gerade stecke. Ich möchte "Hausaufgaben", die ich bis zur nächsten Unterrichtseinheit üben kann, ich möchte korrigiert werden, ich möchte durchaus auch getadelt werden, ich möchte gelobt werden und ich möchte den Sinn hinter einer Übung verstehen. Bisher bekam ich solchen Unterricht von genau 3 Reitlehrern, und alle würden unter "Kavallerist" eingestuft werden. Deutlich, korrekt, hin und wieder mal Laut, wissend, von was sie sprechen (letzere reitet/ritt bis St. Georg platziert, ersterer war noch in der Kavallerie) und dieses Wissen auch weitervermitteln könnend.
Gibts nicht oft, man muss sie suchen. Es gibt Tage, da gehe ich auch aus dem Unterricht, sattle das Pferd ab, und frage mich, warum ich mir diesen Sch*** antue, wenn mir jeder Muskel weh tut, ...
Wenn ich dann aber diesen zufriedenen Gesichtsausdruck meiner RL und meiner RB sehe (gell, heute haben wir mal wieder was getan, war schön
), dann weiß ich, warum ich mir das antue. Weil ich auf dem richtigen Weg bin, Reiten zu lernen, weil es meiner Reitbeteiligung deutlich besser geht, wenn das zusammenspiel der Hilfen funktioniert, und weil ich das nächste mal mit breitem Grinsen vom Pferd steige, und sage: "Das war richtig schööööööööön"