Autor Thema: Alphatier  (Gelesen 12018 mal)

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Offline mirandaTopic starter

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Alphatier
« am: 21.09.05, 12:00 »
Wenn ein Rangniedrigeres Tier in einer Herde einem ranghöheren ausweicht, geht es rückwärts. Aber wisst ihr, wo genau das Ranghöhere genau stehen muss? Muss es ziemlich genau VOR dem Rangniedrigeren stehen, oder geht das rangniedrigere Tier auch zurück, wenn das ranghöhere NEBEN ihm steht und sich beispielsweise vorwärtsbewegen will? Oder würde das rangniedrigere in diesem Fall vorwärts gehen, um dem ranghöheren Platz zu machen?

lusitano

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Re: Alphatier
« Antwort #1 am: 21.09.05, 13:33 »
Ich mach viel Horsemanship mit einer super Profitrainerin. Hab einen dominanten Wallach. Wenn wir Dominanzsachen üben, dann legt die Trainerin den größten Wert darauf, daß - egal in welcher Richtung sie sich dem Pferd nähert - es sich umdreht und ihr das Gesicht zuwendet. Sie will IMMER beide Augen sehen. Hinterhand wird evtl "weggeschaut" oder gepeitscht (ihr wißt schon wie ich meine). Das Pferd muß immer frontal zu ihr/mir stehen, da sie/ich das Alphatier ist und dem wendet man in so einer Situation nicht den Hintern zu. Wenn sie ums Pferd läuft, dreht das Pferd immer mit und ist ihr/mir mit dem Gesicht zugeandt und benimmt sich wie ein guter Cutter.

Offline felis

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Re: Alphatier
« Antwort #2 am: 21.09.05, 13:38 »
@Miranda, Ich glaube, Du gehst da von völlig falschen Annahmen aus - soviel Rückwärtslauferei ist auf Pferdeweiden nicht zu beobachten.
Also 1. jedes Pferd (nicht nur das Alpha - Tier) hat einen Individualbereich in den ein anderes rangniedereres Pferd normalerweise nur reinläuft, sofern es dazu eingeladen wird. Ansonsten wird es einfach "normal" drumrum laufen, ohne rückwärts zu gehen.
Wenn ein sehr ranghohes Pferd irgendwo hinläuft, kann es sein, dass die anderen ihm einfach aus dem Weg gehen, muss aber auch nicht, an der Heuraufe stehen z. B. ogft alle Ränge friedlich vereint Kopf an Kopf.
(Wenn ein ranghohes Pferd ein rangniederes gezielt verjagen will wird es in typischer Treibhaltung (Tiefer Kopf , angelgete Ohren) schräg von hinten auf sein "Opfer" zulaufen.
Rückwärts ausweichen findet also so gut wie nie statt, höchsten bei einer direkten Frontal- Konfrontation 2er Hengste. @Lusitano, Deuine Trainerrin will beim Arbeiten, dass das Pferd sich aud sie konzentriert, das hat mit "normalem" Rangverhalten erstmal nix zu tun (ausser dass der Ranghöhere ein solches Verhalten einfordern kann).
« Letzte Änderung: 21.09.05, 13:40 von felis »
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Offline Frenzy

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Re: Alphatier
« Antwort #3 am: 21.09.05, 14:10 »
He, und wieder was dazugelernt. Eigentlich wollte ich nur mal ein bißchen lesen und nun hilft mir Dein Beitrag, lusitano, richtig weiter  :D

Mein 14 Monate altes Pferdchen lässt sich auf der Weide sehr sehr ungern von der Seite anfassen. Es dreht immer sofort den Kopf zu mir. Egal wo ich stehe, er will frontal zu mir stehen. Hufe auskratzen, ohne das ihn jemand vorn festhält, geht gar nicht. Bis jetzt habe ich immer gedacht, er sei besonders scheu oder möge sich nicht so gern anfassen lassen, aber jetzt lese ich hier, dass das ein höfliches Verhalten gegenüber einem Ranghöheren ist.

Nun meine Frage: Wie gebe ich dem Lütten zu verstehen, dass ich mal seitwärts neben ihm stehen möchte oder auch mal hinter ihm?

Liebe Grüße
Frenzy

Offline Lillebror

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Re: Alphatier
« Antwort #4 am: 21.09.05, 14:55 »
@Frenzy

Erst kommt der Respekt dann das Vertrauen. Respekt hast du schon, allerdings glaube ich, daß dein Pferdchen den auch schon gegen dich einsetzt und sich erfolgreich entzieht. die Übergänge sind fließend.

Was kannst du tun? Wenn du schreibst, daß im Moment jemand am KOpf festhalten muß, heißt das, daß dein Pferd sich aufhalftern läßt. Mach das, häng einen Strick ans Halfter und fang an vom Kopf ausgehend dich den Hals entlang zu streicheln. Der Strick hängt durch, wenn er stehen bleibt langsam neben ihn treten und vorsichtig vorrücken. Wenn er anfängt sich wegzudrehen mitdrehen und weiterstreicheln, daß das Sich-Entziehen nicht klappt. Da mußt du schnell sein, aber ganz ruhig bleiben. Er darf ausprobieren, daß er dich nicht loswird, daß aber auch nichts schlimmes passiert. Behalt den Kopf mit Hilfe des Stricks bei dir, geh ruhig wieder ein bißchen zurück näher an den Kopf hin, da ist der Weg zum Weiterstreicheln für dich am kürzesten. Irgendwann wird er stehen bleiben, weil das Ausweichen ja nicht funktioniert, dann loben wir blöd.

Evtl. zu zweit arbeiten, vor allem wenn du weiter nach hinten kommst, einer der das Pferd am Kopf fixiert, der andere turnt mit und streichelt.

Wenn das gut klappt, kannst du als Zeichen, daß er stehenbleiben soll, einführen, daß du die Hand am Pferd dran läßt, während du drumrum wanderst. Wenn du los läßt, ist Laufen in irgendeiner Form dran.

So jedenfalls mache ich's mit meinem.
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B. Brecht

lusitano

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Re: Alphatier
« Antwort #5 am: 22.09.05, 09:19 »
Frenzy, wenn ich so ein junges Pferd hätte würde ich folgendermaßen vorgehen:
Versuch Dich an die Halssteite des Fohlens zu stellen und fange an, es mit beiden Handen abzustreichen, dabei nimmst Du eine ganz entspannte Körperhaltung ein, Schultern ruhig hängen lassen, ein Knie ist durchgebeugt. Du streichelst Dein Pferd langsam mit beiden Händen leicht ab. Meide direkten Augenkontakt. Schau, ob er zu kauen oder lecken anfängt - wär ein gutes Zeichen der Entspannung. Wenn das am Hals funktioniert, arbeite Dich weiter nach hinten.
Wenn das geht, nimmst du nachdem Du den ganzen Körper mit den Händen abgesprichen hast, eine Gerte oder Stick und fängst nochmal an.
.
Ich mach das mit meinem Lusitano oft so und es funktioniert gut. Er ließ sich letztes Jahr noch nicht mal mit der Gerte berühren, so Angst hatte er. Heute ist das kein thema mehr.

Offline mirandaTopic starter

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Re: Alphatier
« Antwort #6 am: 22.09.05, 10:10 »
Ich habe diesen Beitrag deshalb angefangen, weil ich letzten Samstag ein Pferd, eine Stute (vier einhalb Jahre, Probleme mit der Koordination der Beine der Hinterhand seit drei Jahren) angeschaut habe, die ich vielleicht kaufen wollte - was ich jetzt auch tue. Sie ist NUR in ihrer Herde und hat aufgrund der Hinterhandprobleme noch kein Training, noch nie geritten. Lässt sich am Halfter führen, ist sehr brav, gewöhnt viele bekannte und unbekannte Menschen um sich zu haben und hat ein ausgezeichnet gutes, tolles Sozialverhalten. Das totale Herdentier, im wahrsten Sinne des Wortes.
Zuerst hat die Besitzerin die Stute von der Weide geholt, damit sie in der Halle ein paar Runden läuft, um mir das Hinterhandproblem zu demonstrieren. Die Stute lief, wieherte immer wieder nach ihren Herdengenossen (na klar, sie ist ja von elf bis zum Einbruch der Dunkelheit draußen und wusste nicht, weshalb sie nun nachmittags schon von der Weide geholt wurde und was sie da sollte).
Wir gingen dann zur Weide zurück, dann zeigte mir die Besitzerin noch die Papiere und dann sagte sie, ich könne ja alleine nochmal auf die Weide zur Herde gehen und schauen. Das tat ich.
Ich betrachtete die Stute, ging um sie herum, unterhielt mich mit ihr, streichelte sie, ließ sie aber weitergrasen. Und ich redete mit ihr über meine Gedanken und meine Stimmung (die überträgt sich ja sowieso ohne Worte). Meine Stimmung war eine Mischung aus Liebe, Fürsorge und Angst und großer Sorge (Schlachter, wenn sie keinen Käufer finden würde - das habe ich ihr auch gesagt). Ich hatte mich schon fast 100%ig entschieden, sie zu nehmen. Eigentlich gab es nichts mehr zu überlegen. Ich hatte nur Zweifel, ob das auch alles gut gehen würde (Hinterhand, die ich auch noch genau untersuchen lassen werde, wenn ich die Stute habe), möglichst gute neue Pferdegesellschaft u.a. - Und dann ging dieses Tier, das Koordinationsprobleme hat, rückwärts vor mir - langsam, koordiniert wie auf einer Linie gezogen und mit vollendeter Eleganz (ich finde Pferde sind aber auch ganz allgemein elegante Tiere). Ich dachte, ich sehe nicht richtig. Erstmal das Rckwärtsgehen und dann noch dieses Tier mit seinen Hinterhandproblemen.

Offline Lillebror

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Re: Alphatier
« Antwort #7 am: 22.09.05, 10:36 »
... (Hinterhand, die ich auch noch genau untersuchen lassen werde, wenn ich die Stute habe), ...

Könntest du das nicht vor der Entscheidung, ob du die Stute nimmst, machen lassen? Oder gibt es schon eine gesicherte Diagnose, worauf diese HH-Schwierigkeiten beruhen?
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B. Brecht

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Re: Alphatier
« Antwort #8 am: 22.09.05, 11:25 »
Eine gesicherte Diagnose gibt es nicht, weil die Besitzer nicht röntgen lassen wollten. Im letzten halben Jahr ist es besser geworden und wenn man die Stute eine Weile führt, wird es im Laufe des Laufens besser (klingt nach etwas, was ich im linken Knie selbst habe: Arthrose, aber nur eine leichte; verursacht aber Beschwerden). Die Besitzerin sagt, es sei im Alter von anderthalb Jahren quasi über Nacht aufgetreten. Hinzu kommt, dass die Stute ungewöhnlich schnell gewachsen ist, sodass die Besitzer überlegen, ob es vielleicht mit dem sehr schnellen Wachstum etwas zu tun haben könnte. Ich nehme die Stute auf jeden Fall. Sie kann ja inzwischen auch um die Kurve laufen (also Hallenecken z.B. und Kreis), wobei sie früher Schwierigkeiten mit dem Setzen der Füße gehabt haben soll (damit sie sich sozusagen nicht mit ihren eigenen Füßen "verheddert"). Manchmal sieht man etwas, manchmal nichts. Ich möchte auch rausfinden lassen, ob sie Schmerzen hat, und wenn ja, wo sie herkommen. Mal sehen, was es ist. Ich kenne ja auch den dortigen Tierarzt nicht. Aber ich habe hinreichend Erfahrungen, was meine Humanärzte angeht, die sich an meinen Knochen und Gelenken versucht haben - es kommt echt darauf an, an wen man gerät.

lusitano

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Re: Alphatier
« Antwort #9 am: 22.09.05, 11:40 »
Hört sich echt komisch an. Könnte es sein, daß irgendwas an der Hüfte ist - schief  oder ausgerenkt z.B.?  Da könnte ein - guter Osteopath - einiges bewirken! Oder Artaxie?
Wofür möchtest Du das Pferd denn haben? Zum Reiten? Als Beistellpferd?
Find ich übrigens klassen, daß Du sie trotz ihres Handicaps kaufst. Würd ich auch..  ;)

Offline felis

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Re: Alphatier
« Antwort #10 am: 22.09.05, 11:53 »
Mal ehrlich, ich würde auch zuallererst mal eine saubere Diagnostik machen lassen. Ein Pferd mit derartigen Koordinationsproblemen kann auch inner Herde mal ganz schnell den Kürzeren ziehen - Du wirst sie ja höchstwarscheinlich in ne andere Herde eingruppieren wollen/müssen?
Und wenn sie möglicherweise sogar dauerhaft Schmerzen hat, ist der Schlöachter die richtrige weil humanere Lösung.
Mix für ungut.
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Offline mirandaTopic starter

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Re: Alphatier
« Antwort #11 am: 22.09.05, 11:57 »
Ich hoffe natürlich auch, dass sich die Sache - was immer es auch ist - kurieren lässt. Dann wird sich das Pferd auch besser fühlen. Ich kaufe sie nicht zum Reiten - ich habe mich darauf gefasst gemacht, dass ich sie vielleicht nie reiten/belasten können werde wegen dieses Handicaps. Ich will, dass sie ein möglichst gutes Leben hat und mich an ihr freuen. Sie kann auch Fohlen bekommen. Das beste Leben für sie wäre, sie in ihrer Herde zu lassen - aber das wollen die Besitzer nicht, weil sie mit ihr kein Geld verdienen können durch Reitstunden, wegen dieser Behinderung. Also werde ich sehen, was ich ihr hier Gutes tun kann. Sie ist ein liebes, munteres Tier. Hier hat sie dann nur Weide von Mai bis November, danach Großpaddock, aber Pferdegesellschaft (und die ist enorm wichtig für sie; auch der Auslauf, aber ich glaube, an allererster Stelle die Gesellschaft, denn sie war IMMER engstens mit anderen zusammen. Sie sind nicht nur tagsüber gemeinsam auf der Weide, sondern kommen nachts auch zu dritt in eine große gemeinsame Box).

Offline Galopper

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Re: Alphatier
« Antwort #12 am: 22.09.05, 12:19 »
@Miranda: bist Dir aber schon im Klaren dass der Fehler auch eventuell vererbbar ist? Es gibt nicht viele Leute die ein Pferd - das auch ohne Extras eine Menge Geld kostet- nur zum Anschauen und pflegen kaufen....

bist Du nicht etwas blauäugig?- ebenfalls nix für ungut
...ich sitz halt oben und tu so als könnte ich's....

Offline felis

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Re: Alphatier
« Antwort #13 am: 22.09.05, 12:55 »
@Galopper,
die Welt wartet nur auf behinderte "Nur-Pfllege-Pferde - was sollen sonst all die Leute mit Samariterkomplexen noch tun?
<ironiemodusaus>
@Miranda, sorry aber da geht mir die Galle über. Dass Du Dir einen vierbeinigen Krüppel ans Bein binden willst - ok, Deine Entscheidung, aber so was auch noch vermehren zu wollen, ist ne echte Sauerei. Hoffentlich tun die Noch-Besitzer die Stute in die Wurst, dass die Welt von solchen Schwachsinnsideen verschont bleibt.
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lusitano

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Re: Alphatier
« Antwort #14 am: 22.09.05, 13:51 »
Wieso darf Miranda sich kein Pferd kaufen, das einen Defekt hat??? Sie weiß worauf sie sich einläßt und will dem Pferd ein schönes Leben bieten. Es gibt auch Leute, die ihre Pferde nicht als Mittel zu Zweck (sprich reiten, kutschefahren etc) haben, sondern einfach nur auch Spaß am Tier, das keine Leistung bringen muß! Warum nicht? Muß sie gleich als sentimentale Pferdesamaritterin, die lächerlich gemacht wird, hingestellen werden? Das Pferd ist ohnehin nicht zum Reiten gedacht, züchten würde ich allerdings auch nicht.