"Auch, dass sich hier niemand(!) meldet, der von Erfahrungen berichtet, wird darauf geschoben, dass es angeblich zwar welche gibt, die aber zu ängstlich sind, sich hier (oder auch in anderen Foren) zu melden, da sie in der Luft "zerissen" werden könnten."
"Und zum Schluss Erfahrungsausstausch? Häh - wer sollte sich nicht trauen? Es gibt hier scheinbar keinen der solche "Überlegungen" in die Tat umgesetzt hat."
Ein herzliches Hallo an alle
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ich hatte nicht vor, mich hier zu melden. Hauptgrund ist, dass sich Diskussionen dieser Art hier in einem wenig schönen Ton im Kreis drehen Leider ist das mittlerweile in Foren allüberall das Problem, ein Hauptgrund warum ich an sich nur noch stiller Mitleser und Ideensammler bin. Ein weiteres Problem finde ich ist, dass man trotz Smileys usw weder die Tonlage noch den Gesichtsausdruck des Schreibers erleben kann und so oft Dinge hineininterpretiert werden, die gar nicht so gemeint sind, verdreht werden etc pp.
Ich kann mit einem wirklichen Erfahrungsbericht von mir persönlich mit meinem Hengst/sterilisierter Hengst/Wallach dienen, nicht nur "gelesen", "Hörensagen", "ein entfernt Bekannter hat eine Cousine deren Freundin eine Tochter hat die eine Bekannte hat die das gemacht hat" oder dergleichen.
Ich erzähle euch die ganze Geschichte, erwarte aber auch von euch, dass ich weder "in der Luft zerissen" werde noch beleidigt oder persönlich angegriffen oder ähnliches. Ein jeder ändert seine Meinung und Ansichten im Laufe seines Lebens und ich denke jeder möchte das (aus seiner Sicht subjektiv) Beste für sein Pferd ... und dass sich die Meinung hierüber auch ständig ändert (aufgrund gemachter Erfahrung, Nachdenkens), darüber sind wir uns sicher alle einig.
Ich habe 1997 meinen damals 1,5jährigen Fjordhengst sterilisieren lassen.
Zu diesem Zeitpunkt war ich 17, habe mein Leben von Geburt an mit Pferden verbracht, seit ich 12 war mit stets größer werdender Eigenverantwortlichkeit 4 Fjordstuten in Eigenregie gemanagt. Die Eigentümer der Pferde, mein Vater und mein Onkel, hatten nicht wirkliches Interesse und so konnte ich tun und lassen was immer ich wollte.
Zwei dieser Stuten kamen zum Decken und das Fohlen der Stute, von der ich mein "Nachwuchspony" wollte, wurde tatsächlich ein Hengstfohlen, wie erhofft. Wann ich auf die Idee kam, dass er Hengst bleiben sollte ... keine Ahnung ... ab schon vorher oder nachher? Züchten aber auf keinen Fall, da 1. ich ein 17jähriger Teeni war und 2. ich bis heute den 30TageTests skeptisch gegenüber stehe. Da kam der Artikel in der fs gerade recht und ich hatte regen Briefkontakt mit der Autorin, die mich in meinem Vorhaben bestärkte - Internett war damals noch nicht verbreitet, gabs das da achon???
Zunächst war das ja auch noch nicht so interessant, da Ragnar ja noch ein Baby war, aber mit 1,5 war ja die Geschlechtsreife nicht mehr aufzuhalten.
Ich sollte vielleicht noch kurz die Haltung beschreiben, dann wirds verständlicher.
Bis zum Absetzen lebte er in der gewachsenen Stutenherde mit einem gleichaltrigen Stutfohlen.
Mit 6 Monaten brachte ich ihn auf einen anderen Hof (persönliche Probleme mit meinem Onkel, u.a. weil Hengst und weil ich nach wie vor ALLEIN alle 5 Ponies versorgte, von denen mir nur 1 gerhörte) mit einer Junghengstherde, gemischtes Alter vom Absetzer bis zum ausgewachsenen Hengst. Dort wurden die Zustände aber zunehmend katastrophaler und ich war gezwungen etwas zu ändern.
Ich hatte noch keinen Führerschein, also musste es mit ÖNV oder Fahrrad erreichbar sein und zwar täglich. Trotz verzweifelter Suche fand ich nix!
Also musste ich zurück in den Ursprungsstall ... dort standen aber Mutter, Oma, Großtante und äh Ururgroßtante. Vorübergehend stellte ich ihn nur mit der Ururgroßtante zusammen, die Zeit ihres Lebens trotz mehrfacher Versuche und Behandlungen nie trächtig wurde. Aber natürlich musste eine richtige Lösung her und zwar flott!
Wie bereits erwähnt, ich konnte von meinem Vater aus tun und lassen was ich wollte und so besprach ich meine Idee der Sterilisation erst mit dem Haus-TA, der fand das gar nicht soooo abwegig und dann mit der Klinik. War auch nicht schwer eine zu finden, die erste meiner Wahl sagte gleich zu, ich brachte ihn hin und holte ihn eine Woche später sterilisiert wieder ab.
Noch 1-2 Monate gewartet von wegen restlichen Spermien und dann konnte er knapp 2jährig zurück zur normalen Stutenherde also Mutter, Oma, Großtante und Ururgroßtante (eine davon gleichalt wie er, da ich keine Junghengstherde in der Nähe finden konnte musste diese als Spielkamerade reichen. Dass Stutfohlen anders spielen als Hengstfohlen weiß ich und würde heute alles anders machen. Aber mangels Führerschein ging es eben da nicht anders).
Einschub: So, bevor ihr jetzt über mich herfallt, ich machte mir damals keine Gedanken darüber, dass das Mutter, Oma, Großtante und Ururgroßtante waren, "in der Natur nimmt darauf ja auch kein Pferd Rücksicht" war mein Argument und damit war dieses Thema für mich erledigt.
GANZ WICHTIG! Ich möchte betonen, dass ich heute anders darüber denke und heute so etwas auf keinen Fall nochmal machen würde, aus ethischen und moralischen Gründen! Einschub Ende
Der Frieden mit meinem Onkel währte nicht lange (ich glaube ich war zu der Zeit eine sehr anstrengende Zeitgenössin
die alles verändern musste, natürlich nach ihrem Kopf) und so kam es, dass ich 1999 erneut mit meinem da dann 3jährigen auszog, endlich auf eine Hengstweide, endlich hatte ich den Führerschein und war mobil.
Dort blieb er den Sommer über, zusammen mit einem 3jährigen Wallach, einem 2jährigen Hengst und einem Jährlingshengst. Er verstand sich hervorragend mit allen, war Babysitter und Beschützer für den Kleinen und Ermahner für die Größeren.
Die Hengstweide war leider nur von Frühjahr bis Herbst, aber mein Problem löste sich, als meine beste Freundin sich eine Tinkerstute kaufte und mich fragte, ob wir unsere Beiden nicht als Selbstversorger bei einem Bauern zusammenstellen wollten. Dass Ragnar die Stute deckt war für sie kein Problem, auch sie verschwendete wie ich hier keine großen Gedanken an die Stute.
Zu unserer Überraschung hatte Ragnar kein großes Deckinteresse an ihr, verstand sich blendend mit ihr und deckte sie überhaupt nicht. Die Antwort auf diese Rätsel kam im März in Form eines kleinen Tinkerfohlens ... die Stute war trächtig und die Züchterin hatte vor dem Verkauf gedacht sie hätte nicht aufgenommen und hat sie deswegen verkauft.
Alles war wunderbar, Ragnar lebte mit den beiden zusammen, er war Ersatzpapi für das Fohlen, die Kleine hing mehr an ihm als an der Mutter und er deckte gelegentlich die Stute. FriedeFreudeEierkuchen...
Im Sommer 2000 kam dann ein großes persönliches Problem mit tiefem Vertrauensbruch zwischen mir und meiner Freundin auf (es hatte absolut gar nichts mit Pferden zu tun, sondern mit meinem Ex) und ich wollte und konnte absolut nichts mehr mit ihr zu tun haben. Also zog ich aus bzw Ragnar zog aus. Da wurde mir erst klar wie schwierig es ist mit einem Hengst einen Stall zu finden!
Unsere 1. Bleibe war ein netter, größerer Stall, ca 60 Pferde, in dem die Pferdchen alle in 2-6er Gruppen auf die Weide kamen.
Tja, als Neuzugang erst mal jemand finden, noch dazu mit einem Hengst.
Eine andere Hensgtbesitzerin kam auf mich zu und fragte mich, ob wir es mit unseren beiden versuchen wollen. Klar, für mich keine Frage, Ragnar verstand sich immer mit jedem Pferd.
Keiner warnte mich vor, dass dieser Hengst seit Jahren in Einzelhaft war und null Sozialverhalten hat!!!
Das Ende vom Lied war, dass dieser Hengst non Stop meinen Ragnar angriff, wieder und wieder. Ragnar wehrte ihn ab, stellte sich hin und wollte seine Ruhe, er hatte keinerlei Interesse an ihm. Der andere griff ohne Ende an ... bis Ragnar der Kragen platzte. Danach war der andere übelst zugerichtet, TA usw, meiner hatte nur 1 Kratzerchen.
Aber er war daraufhin als Monster verschrieen, das andere Pferde so zurichtet wie den Spanier und natürlich fand ich niemand mehr, der sein Pferd zu meinem auf die Koppel stellte, ist ja auch verständlich.
Einzelhaltung kam für mich nicht in Frage und so zog ich nach 2 Monaten schon wieder um, in meinen heutigen Stall. Dort wurde getrennt nach Wallach und Stutenherde, er kam super mit den Wallachen klar, alles schien wunderbar.
Leider liegen die beiden Hauptkoppeln der beiden Herden direkt nebeneinander und das war zuviel für Ragnar. Solange keine Stuten in der Nähe waren, war alles wunderbar, aber wenn ihn eine anbaggerte drehte er durch und prügelte andere Wallache durch den Zaun.
Also kam er allein auf eine Nachbarkoppel und war da eigentlich ganz glücklich, er war sowieso eher Einzelgänger. Nur im Stall war es wieder für ihn zuviel Stress und er wanderte wie ein Tiger im Käfig in seiner Paddockbox, den ganzen Tag. War ich da war alles gut und er glücklich, aber kaum war ich vom Hof ging es wieder los.
Das war dann der Punkt an dem ich entscheiden musste. Ein eigener SV-Stall mit eigener Stute war finanziell nicht drin.
Ein anderer Stall, wer weiß ob es dort besser wird? Eher schlechter?
Was ist wirklich gut für ihn, mal abgesehen von mir???!!!
Also fuhren wir wieder in die Klink, diesmal zur Kastration. Alles problemlos verlaufen.
Nach 1 Monat ließ seine Unruhe in der Box nach und nach 6 Monaten ging er problemlos mit der Wallachherde auf die Koppel neben der Stutenherde.
Noch kurz zu seinem Hengstverhalten den Menschen gegenüber während dieser ganzen Zeit, das habt ihr öfters angesprochen.
Ich war und bin seit seiner Geburt nahezu täglich bei ihm und er ist sehr stark auf mich fixiert. Vielleicht ist das mit ein Grund für seine absolute Umgänglichkeit mit Menschen.
Klar gab es in der Flegelphase Situationen in denen er auf 2 Beinen vor mir stand und nachfragte wer denn das Sagen hat. Und hinterher hab ich mich mit zitternden Knieen erst mal hinsetzen müssen. Aber auch das ist mir schon mit Stuten passiert.
Ein scharfes Wort und er hörte sofort auf, sich für die Stute zu interessieren. Aber ich musste immer wachsam sein. Ich durfte den Punkt an dem seine Aufmerksamkeit für mich zu klein und für das Umfeld zu groß wurde nicht verschlafen. Sonst musste ich grob werden, um ihn an mich zu erinnern.
Heute genieße ich den Umgang mit ihm viel mehr. Ich muss nicht permanent wachsam sein, für alle anderen mitdenken und alles vorausbedenken. Ich kann ganz gemütlich auf dem Turnier neben meinem dösenden Wallach stehen und vor mich hinschlafen, während um uns rum Chaos pur herrscht. Diese Situationen genieße ich richtig...weil ich weiß wie "anstrengend" es davor war.
Von seiner Art her mir gegenüber hat er sich durch die Kastration nicht verändert, im Gegenteil er ist noch stärker auf mich fixiert, weil ihn keine Hormone mehr ablenken.
Soweit die Geschichte. Heute würde ich vieles anders, aber auch wieder vieles gleich machen:
Ich würde wieder warten bis er 5 ist mit der Kastration und die Zeit über beobachten ob er vielleicht das Zeug zu einem guten Zuchthengst hat. Wenn ja, klar 30TageTest, Körung etc und dann decken in der Herde.
Sollte er als Zuchthengst nicht geeignet sein und ich hätte nicht die Möglichkeit ihn in einer Hengst/Wallachherde stressfrei für alle zu halten würde ich ihn legen lassen.
Aber sterilisieren würde ich nicht mehr, auch wenn ich die Möglichkeit eines eigenen Stalles und eigener Stuten hätte. Die Belastung für die Stute und auch den Hengst finde ich ethisch und moralisch nicht vertretbar. Von Natur aus wird eine Stute gedeckt bis sie trächtig ist und dann ist Ruh. Seltenst wird es einen Fall einer unfruchtbaren Stute/ Hengst geben, aber das ist in der Natur nicht vorgesehen und somit nicht relevant.
Puh, meine Finger sind wund und mein Kopf ist leer.
Ich hoffe dass mein Beitrag als das verstanden wird, was er sein soll, ein Beschreibung von Versuch und Irrtum und daraus Lernen mit dem ständigen Willen alles für das Pferd gut zu machen. Dass man über das was gut und richtig ist seine Meinung ständig ändert ist menschlich und sollte respektiert werden und mit Respekt behandelt werden.
Grüßlis Caro