kann mich silver nur anschließen -
ich kenne auch ein paar sehr "eigenwillige" Stuten aus der Zucht - sind zwar mal ausgebildet worden und gelegentlich geritten, aber durch die lange Zeit mit dem Fohlen auf der Stutkoppel verwildern die Damen gerne mal und wehren sich mit
Händen - äh Gebiss - und Füßen gegen alles und jeden, der ihnen diese Freiheit nehmen will.
Solche Pferde lassen sich meist überhaupt nicht durch die üblichen Strafen einschüchtern, weil sie WISSEN, dass sie stärker sind. Also muss man sie - wie dieser Hr. Düllmer - durch positive Erfahrungen 'fangen'
Das müssen total simple Dinge sein - z.B. von der Koppel/Auslauf/Box holen, ein paar Schritte auf dem Reitplatz gehen, wieder raus, ein paar Äpfel/Möhrchen ausm Eimer füttern (Mensch am Führstrick danebenstehend), loben und wieder zurück. Das jeden Tag bzw. bei jedem Arbeits-Tag so gemacht, schafft schonmal eine viel entspanntere Atmosphäre.
Ich würd auch auf keinen Fall 'frei' mit dem Pferd arbeiten, sondern nur am Führstrick auf dem großen Reitplatz - die Aufgaben müssen so einfach und pupsig sein, dass sie lockerst von dem Pferd erfüllt werden können - jedes Wohlverhalten (daran denken: NIX ist selbstverständlich! auch stehenbleiben auf Kommando - alles immer loben) wird mit Stimme und vielleicht Streicheln gelobt (--> das mögen viele dominante Pferde aber grad im Anfangsstadium garnicht gern, weil es ihre Rangordnungsvorstellung verunsichert)
Das Pferd muss ganz grundlegende Dinge wissen: 1) Der Mensch ist nett 2) mir passiert nichts 3) wenn ich tue, was er will, gehts mir gut --- das muss man immer im Hinterkopf behalten.
Es gibt da so nen schönen Spruch: "Eine Stute bittet man, einem Wallach befiehlt man und mit einem Hengst diskutiert man" - in dem Fall gilt eben die Sache mit der Stute ganz besonders, die Arbeit mit ihr darf man nicht wie eine Forderung gestalten, sondern eben wie eine 'Bitte' - so fällt auch jegliche Aggression von vornherein weg.
Geh wie gesagt in Mini-Schritten vor und vor allem in ganz kurzen Arbeitsphasen - pro Tag nur 10min und du kommst viel weiter, als wenn du 1en Tag 2h arbeitest (da kann nämlich viel mehr 'negatives' passieren, aber das Pferd soll ja am Anfang nur die positiven Seiten der Menschenzusammenarbeit kennen lernen)
wenn sie bei dieser Sache anfangs sehr unruhig is prüfe mal nach, wies um ihre allgemein Bewegung steht, von ihr kann nur Gehorsam verlangt werden, wenn sie genug Bewegung 'ohne Menschen' hat - sprich Koppel oder ähnliches. Ist sie sehr unkonzentriert, dann versuch das zu ignorieren (ich weiß wie schwer das is, meine Araberstute hat mich schon des öfteren mal an den Rande des Wahnsinns getrieben) und fahre einfach deinen Stiefel total ruhig weiter - lass sie auch ruhig mal 5-10 min in der MItte des Platzes stehen (Kopf und Hals darf sie bewegen, die Hufe müssen an ihren Platz bleiben), stell dich seitlich vor sie hin und rede mit ihr - achte vor allem auf ihr Ohrenspiel und sobald sie die Aufmerksamkeit auf dich richtet, kannst du ihr z.B. ein Leckerli geben. Dann begibst du dich in die Führposition und fängst an. Sobald sie wieder total guckig auf 1000 Dinge rundrum schaut, einfach wieder stehenbleiben, versetzt davor stellen und reden, warten und gelegentlich versuchen, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Wie gesagt, meine Stute war im ersten Jahr einfach unmöglich bei der Arbeit, normales Führen war schlicht nicht möglich - sie guckte hier, guckte da, schlenkerte genervt/gestresst mit dem Kopf - die Methode mit dem stehenlassen war bei ihr die einzigste, die halbwegs gewirkt hat. Ansonsten hab ich alles von anschrein, Gerte, Halter rucken etc. durchprobiert - nix half... letztlich ist sie nur ruhiger und kooperativer geworden, je älter sie wurde und je mehr 'Ausbildung' allgemein sie bekam...
aber zurück zum Thema
am Anfang lässt du diese ganze Hinterbeinsache mal völlig außenvor und machst nur ganz simples Führtraining - 15 Schritte gehn, anhalten, loben - 30 Schritte gehn, anhalten, loben - umdrehn, 20 Schritte gehn usw. -- wenn sie da nach 1-2 Wochen schön mitarbeitet kann man auch mal versuchen den Trab hinzuzunehmen und das dann auch wieder mindestens 1-2 Wochen, bis es bombig sitzt.
Bis dahin dürfte sich auch das allgemeine Klima zwischen Ausbilder (also dir) und Pferd soweit gefestigt haben, dass ihr langsam auch schwierigere Situationen angehen könnt. z.B. abstreichen mit der Gerte (am Führstrick stehend in der Mitte des Reitplatzes) - dabei vor allem darauf achten, ab welchem Punkt die Stute bereits unruhig wird und ab wann sie wirklich schlägt - die Gerte möglichst ruhig und sicher führen (üb das am besten vorher mal an einem Mitmenschen-Bein
) und bei Schlagen die Gerte zunächst genau an ihrer Position (auch in der Luft) belassen, dann wegnehmen und ruhig wieder von vorne anfangen.
Das abstreichen des Beins mit der Hand kann vielleicht sogar noch wirksamer sein - dabei fängt man überhaupt erstmal mit einer 'Ganzkörper'-Betastung an - am besten an der linken Schulter anfangen und in Handbreiten Streifen von oben bis unten über den Bauch und über die Kruppe (wenn sie das noch zulässt) - dann erstmal das linke Vorderbein (auch wieder von der Schulter ausgehend) --- immer sanft mit leichtem, angenehmen Druck streichen, manchmal etwas drücken oder mit einzelnen Finger tasten... eben einfach an angenehme Berührung an sich gewöhnen.
und dann - nah an den Vorderbeinen/Schultern stehend - fängt man an auch mal von der Kruppe abwärts die Hinterbeine LANGSAM abzustreichen - dabei wieder genau beobachten, ab wann die Stute nervös wird - die Stelle merken, kurz Pause machen (einfach stehen lassen) und dann wieder von der Kruppe abwärts das Bein entlangfahren - möglicherweise kommt man jetzt schon weiter nach unten als vorher.
-- das gleiche Verfahren mit der Ganzkörperbetastung etc. genauso ruhig und langsam auf der anderen Seite durchführen
Das ist ein ewiges Geduldsspiel und die "anstrengendes Phase" (also das abstreichen der Hinterhand speziell) sollte wirklich nur maximal 10min dauern - sonst wird der Druckaufbau zu groß. Danach einfach noch ein paar leichte Führubungen zum lockern und entspannen und wegstellen.
Auch beim putzen kann man gelegentlich mal solche sanften Betastungen am Hinterbein machen - dabei am besten überhaupt keinen Druck aufbaun, sondern einfach mal wie zufällig mit der Kardätsche übers Hinterbein fahren (man weiß ja dann schon wo die kritische Marke liegt - das Ziel ist ja zunächst, diese immer weiter runter zu versetzen) und dann sofort einfach wieder woanders z.B. an Hals/Schulter weiterputzen - je mehr solcher selbstverständlicher, aber ungefährlicher Aktionen man in den täglichen Umgang einfließen lässt, umso leichter tut man sich bei der Arbeit an dem eigtl Problem.
und immer dran denken, das is echt total wichtig: LOBEN, loben, loben, nur so versteht sie, dass man ihr überhaupt nix böses will und dass auch der kleinste positive Schritt von ihr von dir belohnt wird - schließlich kostet sie diese Mitarbeit auch eine ganz schöne Umstellung und da kann man sich ruhig für ihre Kooperation 'bedanken'
viel Spaß
LG Kim