Nur als erste Antwort - von den Töltpferdereitern wirst du sicher noch mehr Details bekommen (und Korrekturen zum von mir geschriebenen - ich reite keinen Tölter
):
- Tölt ist genetisch fixiert
- mit Abschauen und der Koppelgesellschaft hat das absolut nichts zu tun
- es gibt sehr viele töltende Pferderassen, nur in Mitteleuropa war der Tölt über Jahrhunderte weitgehend in Vergessenheit geraten
- Hauptvorteil des Tölts für den Reiter ist, dass er bequem zu sitzen ist und man doch ziemlich flott vorankommt
- deswegen wurden töltende Pferde in allen Gegenden bevorzugt, wo man lange Strecken bequem reiten möchte, z.B als Gutsherr in Amerika Plantagen abreiten oder in Island von A nach B kommen
- besonders wendig sind Tölter allerdings nicht, deswegen haben sich Cowboys und sonstige Rinderhirten nie auf Tölter spezialisiert
- in Mitteleuropa kannte man früher die "Zelter", beschrieben als angenehme und sichere Reisepferde, v.a. natürlich für Damen, aber auch für den Ritter auf dem Weg zum Turnier (wo er dann auf sein Schlachtross umstieg). Schon vom Wort her sieht man die Verwandtschaft zum "Tölter". In Büchern werden sie manchmal auch als Passgänger beschrieben, aber wer weiß, ob das wirklich reiner Pass war.
- Warum die Tölter hierzulande zurückgedrängt wurden? Ich kenne verschiedene Theorien:
a) zum Kutscheziehen eignen sich Tölter nicht, besser Traber - und jahrhundertelang wurde hierzulande viel Kutsche gefahren
b) vor dem Pflug stelle ich sie mir auch nicht optimal vor (obwohl der ja sowieso meist im Schritt gezogen wird, zugegeben)
c) die Barock bzw. Renaissancereiterei hatte nicht viel Verwendung für Tölter, da sehr "dressurorientiert", kunstvolle Figuren, Biegung - nix für Tölter
d) jeder Tölter hat SEIN eigenes Grundtempo, in dem er taktklar geht und das schwerer zu variieren ist als das Trabtempo bei Trabern. Kurz gesagt, wenn ich beim Traber genug zurückhalte und trotzdem genug treibe, dass er nicht in Schritt fällt, habe ich langsamen Trab. Beim Tölter klappt das nicht so einfach, der verliert dann den Takt.
Also machen sich Tölter nicht gut beim Militär, wo eine Menge mittelmäßiger Reiter schön gleichmäßig "in Formation" aufmarschieren und exerzieren mussten.
e) später exerzierte man nicht mehr in strengen Formen, sondern setzte die Reiter eher für flotte Kundschafterritte ein. Geeignet war das sowas wie ein englisches Jagdpferd oder Vollblut. Tölter sind aber nicht die idealen Galoppierer und Springer
- wie stark die Töltveranlagung ist, kommt auf die Zucht an. Es gibt Rassen, die fast NUR tölten (oder Marcha, oder Paso oder Walk gehen). Bei Isis gibt es welche die genausowenig tölten wie jedes "Normalo-Pferd" (Dreigänger), Naturtölter oder -Passer, die auch auf der Weide tölten/passen und andere bei denen die Veranlagung latent mehr oder minder vorhanden ist, aber vom Reiter erst "herausgekitzelt" werden muss.
Ähnlich ist es bei Trabern, die meisten traben nur, aber da in anderen Ländern Rennen auch im Pass stattfinden, haben viele Traber auch "Passerblut". Pass ist nun wieder oft mit Töltveranlagung gekoppelt, und so findet man unter den Trabern auch Tölter - bei den wenigsten ist die Töltveranlagung so groß, dass sie auf der Weide tölten, aber ein guter Reiter kann den Tölt auch herausreiten. Und wenn das Pferd den Tölt sozusagen "wiederentdeckt" hat, dann töltet es manchmal sogar lieber als zu traben...
- obwohl Tölter wie beschrieben Nachteile haben, haben sie halt auch viele Vorteile. Deswegen war mancherorts zu manchen Zeiten die Nachfrage nach Töltern größer als die vorhandenen Töltpferde. Also versuchte man den Tölt opder zumindest den Pass auch weniger veranlagten Pferden "beizubringen" z.B. durch Zusammenbinden beider Beine auf einer Seite oder ähnlichen Methoden, was sogar funktioniert(e). So gesehen, kann ich auch ein genetisch nicht entsprechend ausgestattetes Pferd zum Tölten bringen, aber empfehlenswert ist das nicht.
Auch sonst kann es immer wieder Pferde aus Nicht-Töltrassen geben, die tölten. Entweder Laune der Natur oder geschickter Reiter. Bei Warmblutpferden ist bekannt, dass ein (schlechter) Reiter sie durch falsche Einwirkung schnell zum Pass bringen kann. Und aus Pass kann man - wenn man's kann - auch Tölt entwickeln. Also müsste ein sehr erfahrender Reiter Pferde auch absichtlich zu "Taktfehlern" bekommen, die schließlich zum Tölt führen.
- ach so, bestimmte anatomische Faktoren begünstigen das Tölten sicher, aber frag mich nicht welche