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Sachbücher

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SHierling:
Hallo,
ich oute mich dann auch mal als Sachbuchfan - hab eigentlich viel mehr Sachbücher als Romane oder ähnliches, aber ich lese auch gern mal aus anderen Fachbereichen. Was ich da in jedem Fall weiterempfehlen kann, ist die in oder andere Portion Physik - da hat sich so viel getan, was zu meiner Zeit in der Schule noch gar kein Thema war, und was das gesamte Weltbild beeinflußt. (Wußtet ihr, das Quanten von einem Ort zum anderen zwei Wege gleichzeitig benutzen könnern? Oder das ein Teilchen, an dem man in Östereich wackelt, seinen Zwilling in Amerika zum mitwackeln bringen kann? )
 Fachlich umfassend und trotzdem gut erklärt finde ich "Quanten sind anders" von Thomas Görnitz, mit einem Vorwort von Carl Friedrich von Weizsäcker, ein "Rumdumschlag" inklusive Geschichte, Entwicklung, Personen, Bezug zur Philosophie und zu den Naturwissenschaften. Allerbestens gegliedert, mit Randbemerkungen und übersichtlichen Portionen zum gefäligen Verstehen. Auch für Leute, die sonst nichts mit Physik am Hut haben.
Fast wie ein Märchen liest sich zum selben Thema "Alice im Quantenland" von Robert Gilmore . (Ich finde das ganz bezeichnend, das die Physiker, die sich mit Quanten beschäftigen, alle eine Menge Phantasie haben *g*). Liest sich wie ein Märchen, die fachlichen Kommentare sind in Kästchen und am Ende jedes Kapitels untergebracht, so das man sich die Tiefe des Mitdenkens aussuchen kann  :D

Schon von 1985 aber immer noch gut finde ich John Burnheim "Über Demokratie" - Alternativen zum Parlamentarismus Wäre zwar nicht mein Lieblingsstaat, den er da beschreibt, aber immerhin schafft er es im Taschenbuchformal, einen mal zum Nachdenken auch über die staatlich-deutsch verordnete Lehrmeinung hinaus anzuregen. Hat sogar mein Vater gern gelesen!

Ein etwas älteres "Sachbuch" ist Thomas Morus "Utopia" (geschrieben 1516) - wer das in der Schule nicht gelesen hat, hat viel verpaßt was die Idee vom "besten Staat" angeht. Das ganze ist eigentlich eine Kritik am damals bestehenden System gedacht gewesen - da man die aber nicht laut äußern konnte, hat der Autor seine Theorien auf eine fiktive Insel (eben Utopia) verlegt, auf der die Menschen das Leben in Stand und Land so organisiert haben, daß jeder zu seinem Recht kommt und die Insel nahezu autark ist. Handwerk, Landwirtschaft, Politik und Wissenschaften werden eben so beschrieben wie der Aufbau der Städte und das Rechtswesen (die Sklaven werden z.B. in goldene Ketten gelegt, so beugt man Habsucht vor ;) ) (Die viel spätere Version der selben Idee ist Ernest Callenbachs "Ökotopia" gewesen, auch gut zu lesen, spielt aber in den fiktiven heutigen USA.)

Was die aktuelle wirtschaftliche und politische Situation angeht: Der sanfte Verlust der Freiheit - Für ein neues Steuerrecht - klar, verständlich, gerecht von Paul Kirchhof war das letzte, was ich gelesen habe, in meinen Augen ein ALPtraum, der mit meiner Vorstellung von Gerechtigkeit nichts zu tun hat - aber man sollte den schon lesen, wenn man wissen will, was möglicherweise so auf einen zukommt.
Damit man davon nicht zu rechtslastig wird, vielleicht eine Portion Die fragwürdigen Grundlagen der Ökonomie  von Karl-Heinz Brodbeck oder vom selben Autor Der Kaiser ist nackt" - von  der Natur des Marktes - den Kaiser gibts aber wohl nur noch antiquarisch.

Soviel erstmal, vielleicht outen sich ja nun auch noch andere ;)
Brigitta

SHierling:
Hallo,
weil es an allen Ecken und Enden ja wieder um "Die Wirtschaft" geht, hier noch ein - meiner Meinung mach - tolles Grundlagenbuch. Hab ich gerade als Prämie für eine Umfrage bekommen und bin schwer begeistert.

Bernd Senf - Die blinden Flecken der Ökonomie  (DTV, 13.50)

Einzig der Titel ist meiner Meinung nach nicht so glückliich gewählt - aber wahrscheinlich gab es "Einfühung in die ..." schon genug.

Das Buch beschreibt die Klassiker unter den Wirtschaftstheorien/Ideologien, Smith, Marx, die Neoklassiker, Gesell, Keynes und Friedman und diskutiert im Anschaluß noch einige neue Autoren / Bücher zum Thema wie Goldsmith ("Die Falle"), Rifkin (Das Ende der Arbeit), Martin/Schumann ("Die Globalisierungsfalle") und andere. Insgesamt ein ganz toller Überblick über das, was an Theorien hinter den Vorschlägen der heutigen Politiker steckt, und deren jeweilige Stärken und Schwächen.

Was mir besonders gut gefällt (und was in den meisten anderen Büchern vergessen wird) ist die zeitliche Einordnung der unterschiedlichen Autoren und ihrer Grundlagenwerke, und der jeweilige Bezug zum "Vorgänger". So ergibt sich nicht nur eine hervorragende "Einführung in die Volkswirtschaftslehre", sondern zugleich wird bei jeder These der Bezug zur damaligen (und heutigen) Gesellschaft hergestellt.

Fachlich ist alles drin, von Arbeitswertlehre bis Zinstheorie, Theorie des Haushalts, Nachfragefunktionen, Preiselastizitäten und Steuermodelle genau so wie Beschäftigungsmodelle - wer nicht nur wissen will, warum jetzt die Mehrwertsteuer erhöht werden soll, sondern wo, wann, warum und von wem diese Maßnahme erfunden wurde und welche Folgen sie für den Arbeitsmarkt wirklich hat, der macht mit diesem Buch einen guten Griff.

Grüße
Brigitta

Doro:
Hallo,

ich suche ein Buch über Ziegen und deren Haltung. Hat jemand einen guten Tip für mich? Möglichst gut bebildert.

SHierling:
Hallo,
ich kann mich der Frage anschließen - aber es gibt nicht viel wirklich gutes, soweit ich weiß.

Als Einstieg, wenn man noch nicht weiß, was und wie man "nebenbei" machen will, ist
Löhle/Leucht  "Ziegen und Schafe" meiner Meinung nach ganz gut, weil es einem nochmal ins Gedächtnis ruft, welche Vor- und Nachteile bei welcher Nutzung so auftreten (!! das erste Kapitel heißt: "Ziegen und Schafe als Nutztiere", nicht "wie schön ist es, mit Tieren zu leben" ;-) ) Es hat genug Details um auf Futterberechnung, Parasitenkunde, Schlachten, Zerlegen und auch auf  Milchqualität & Co einzugehen, wenn auch in aller Kürze. Gute Rassebeschreibungen mit Fotos, viele Zeichnungen und eigentlich alles drin, was man "für den Anfang so" beachten muß.

Hinten drin ist ein ausführliches Literaturverzeichnis, danach hab ich mir einige andere Bücher ausgeliehen (z.B. "Ziegen halten", auch aus dem Ulmer Verlag), war aber eher nicht zufrieden. Wenn man weiß, was man machen will, ist es dann wieder leichter, sich aus einzelnen Diplomarbeiten oder Untersuchungen zu bedienen, die Bücher haben - zumindest die, die ich in der Hand hatte - kein gutes Preis-Leistungsverhältnis, zu viel Grundlagen (Melken lernen ...) und zu wenig Spezialwissen, da ist sehr viel auf Hobbyhaltung ausgelegt.

Grüße
Brigitta

SHierling:
Es weihnachtet sehr, und auch wenn die Römer es mit Gewalt eingeführt haben soll Weihnachten ja das Fest christlicher Nächstenliebe sein. Für alle, die sich nie entscheiden können, wer denn nun am meisten Spenden verdient hat, und ob nun 20% vom Einkommen für jeden gleicher ist als 200 Euro für jeden, ob Prinz Charles Grünlandbeihilfe bekommen muß oder nicht, oder ob überhaupt alle das gleiche verdient haben, oder einige gleicher sind als andere, ist mir noch eine Weihnachtslektüre eingefallen:

John Rawls - "Eine Theorie der Gerechtigkeit"
Suhrkamp Taschenbuch stw 271
hat mal 32.- DM gekostet (die es auch wert war)

Dabei geht es nicht so sehr um die Definition des Wortes "Gerechtigkeit", sondern insgesamt darum, wie man (nach der Definition) "den gerechten Staat" erfinden könnte, bzw die modernen Demokratien (Rawls war Ami) gerechter gestalten.

--- Zitat ---Vieles nennt man gerecht oder ungerecht: nicht nur Gesetze, Institutionen und Gesellschaftssysteme, sondern auch die verschiedenen Handlungen, z.B Entscheidungen, Urteile und moralische Bewertungen. Auch die Einstellungen und Verhaltensweisen von Menschen sowie auch diese selber nennt man gerecht oder ungerecht.
Wir haben es aber mit der sozialen Gerechtigkeit zu tun. Für uns ist der erste Gegenstand der Gerechtigkeit die Grundstruktur der Gesellschaft, genauer: die Art, wie die wichtigsten gesellschaftlichen Institutionen Grundrechte und -pflichten und die Früchte der gesellschaftlichen Zusammenarbeit verteilen.
--- Ende Zitat ---

Rawls (http://www.suhrkamp.de/autoren/rawls/rawlsbio.htm) hat in Harvard gelehrt und seine Theory of Justice ist weltweit beachtet und diskutiert worden (dafür finde ich sie ausgesprochen lesbar ;) ), obwohl man (er selber) sie auf eigentlich zwei Sätze beschränken kann:

--- Zitat ---1. Jedermann soll gleiches Recht auf das umfangreichste System gleicher Grundfreiheiten haben, das mit dem gleichen System für alle anderen vereinbar ist.
2. Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten sind so zu gestalten, daß a) vernünftigerweise zu erwarten ist, das sie zu jedermanns Vorteil dienen, und b) sie mit Positionen und Ämtern verbunden sind, die jedem offenstehen.
--- Ende Zitat ---
Diese beiden Sätze werden auf ca 600 Seiten erarbeitet, erklärt, hin- und hergedreht, theoretisch und praktisch mit vorhandenen und ausgestorbenen Staaten verglichen und immer wieder auf die Ansprüche und Bedürfnisse aller (unterschiedlichen) Menschen bezogen.

Für politisch Interessierte ein schönes Weihnachtsgeschenk.
Grüße
Brigitta

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