Autor Thema: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?  (Gelesen 16090 mal)

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dagobert

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Hallo zusammen,

bin seit längerer Zeit mal wieder dabei und habe eine Frage:

Unser Sohn, der demnächst 17 J. alt wird und bisher eigentlich recht pflegeleicht war  :), entwickelt sich langsam zum Gegenteil  >:( .
Er identifiziert sich nicht mit der Landwirtschaft, spielt am liebsten nur Fußball (das allerdings sehr gut und auch höherklassig), fährt zwar auch Schlepper, aber alle Arbeiten, die man von ihm mal verlangt, gehen nur mit Getöse vonstatten. Überlastet ist er absolut nicht.
Jetzt soll er den Führerschein machen, weigert sich aber, die T-Klasse zu machen, weil er Angst hat, noch mehr mit der Landwirtschaft tun haben zu müssen. Auch lädt er keine Freunde ein, weil die nicht wissen sollen, dass er ein "Bauernkind" ist.

Habt Ihr Erfahrungen, die Ihr weitergeben könnt?

Man muss noch dazusagen, dass unser Sohn sehr introvertiert ist und am liebsten überhaupt nix redet, es sei denn über die Bundesliga   ::)

Grüße, dagobert

Offline martina

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Re: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?
« Antwort #1 am: 10.06.08, 16:47 »
Hallo Dagobert,

spontan würde ich sagen: "Laß ihn in Ruhe, man kann die Lust zur Landwirtschaft doch nicht erzwingen."

Ja sicher, das ist blöd für Euch, weil Ihr wahrscheinlich auch auf seine Mithilfe angewiesen seid.

Ein Bekannter vor mir, der auf Wunsch des Vaters erst Landmaschinenmechaniker gelernt hat, weil das "was ordentliches" ist, hat sich später seinen großen Traum erfüllt und ist Berufsmusiker geworden.
Er macht musikalische Früherziehung und sagt den Eltern immer, dass ein Kind, welches keine Musik machen will, immer nur ein Handwerker bleiben wird, so gut seine Technik auch ist, ein wahrer Musiker kann nur werden, wer auch mit dem Herzen dabei ist.

Ich hab die Befürchtung, dass es mit Eurem Sohn ähnlich ist. Wenn Ihr ihn jetzt zwingt, dann wird später mit der Landwirtschaft erst recht nichts mehr zu tun haben wollen.


Ich würd für jetzt versuchen, eine Regelung zu finden, wie Zuschuß zum Führerschein gibts nur, wenn der T mitgemacht wird.

Könnt Ihr ihn denn irgendwie locken, dass er freiwilliger ohne Geschrei und Diskussionen mithilft?


Benita2

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Re: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?
« Antwort #2 am: 10.06.08, 17:54 »
Hallo Dago,
wenn euer Sohn auch noch sehr introvertiert ist, dann wird es mal auch Schwierigkeiten mit der Suche nach einer evtl. Ehepartnerin, die an der LW interessiert ist, geben.
Die Landwirte tun sich ohnhin relativ schwer mit der Partnersuche ...... mal sehen, vielleicht weißt du in 5 Jahren mehr! Für euch ist diese Aussicht auch nicht gut.
Vielleicht wärs wirklich eine Wohltat für ihn, wenn er einen anderen Beruf lernen könnte.

Erst mal alle guten Wünsche für die Zukunft!
Benita!

Offline freilandrose

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Re: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?
« Antwort #3 am: 10.06.08, 18:01 »
Hallo Dabobert,

lass ihn machen. Bitte nicht dreinreden, das ist das falscheste was Du im Moment tun kannst.
Wenn Du noch mehr wissen willst, km an mich. Könnte dich sehr gut beraten.
Liebe Grüsse
Freilandrose

Offline landleben

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Re: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?
« Antwort #4 am: 10.06.08, 18:32 »
Hallo Dagobert!

Bei uns war es eigentlich umgekehrt. Wir wollten das unser Sohn erst einen anderen Beruf lernt und dann erst Landwirt. Wir hatten da keine Chance.

Wenn er etwas anderes lernen will, lass ihn. Obwohl es für den Betrieb nicht einfach ist, wenn kein "Hofnachfolger" da ist. Habt ihr noch andere Kinder? Vielleicht hat ja dort jemand Motivation.

Weiterhin würde ich ihm allerdings auch den T-Führerschein versuchen schmackhaft zu machen. Bietet sich ja auch an, da ja jetzt die Möglichkeit mit dem Auto-Führerschein mit 17 gibt. Beteiligung an Kosten Führerschein. Oder ihm ein Taschengeld bzw. eine Art Lohn für seine Hilfe zahlen. Geld gibt ja auch häufig einen Anreiz.

Unsere Kinder (Sohn sowie Tochter) konnten sich aussuchen, ob wir Führerschein Kl. T bezahlen oder Auto. Beide haben sich für T entschieden. Ich denke, die Fahrstunden für das Auto waren auch nicht soviele wie andere vielleicht brauchen.

Bitte jedenfalls nicht mit "Gewalt" in den Beruf des Landwirtes drängen. Mithilfe sollte aber ok sein.

LG

britta

dagobert

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Re: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?
« Antwort #5 am: 10.06.08, 22:47 »
Erstmal vielen Dank für Eure Antworten.  :-*

Nee, dass er Landwirtschaft lernt, ist sowieso nicht angedacht, obwohl er überhaupt noch nicht weiß, was er mal machen will. Im Moment geht er auf die Berufsfachschule, Richtung Bautechnik, aber da will er nicht bleiben. Er will weiter zur Fachhochschule, vielleicht macht er da was kaufmännisches. Am besten wäre so was wie Sport- und Fitnesskaufmann oder eine Stelle in einer der Fußballvereine, wo er dann auch noch selber spielen kann.
Den Führerschein bekommt er bezahlt, weil er ja auch noch kein Einkommen hat - und vom Taschengeld kann er es nun wirklich nicht bezahlen, das ist nicht sehr hoch.

Wir haben noch eine Tochter, die kann nächstes Jahr mit 16 Führerschein machen und wird das bestimmt auch tun, weil sie eher den Zugang zur LW hat, allerdings mehr zu den Kühen und ihren 2 Pferden. Aber auch das Technische liegt ihr halbwegs, jedenfalls stellt sie sich geschickt an, sie lernt auch sehr leicht.

Dagobert


Offline klara

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Re: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?
« Antwort #6 am: 10.06.08, 23:28 »
Hy Dagobert,
kann Dir  nachfühlen.
Habe gerade auch zwei Töchter, die sich aus der LAWI.ausklinken. Von der einen haben wir zu hören bekommen, dass man auf der Schule als Bauernkind ausgelacht wird. Bauer zu sein wäre das geringste. Und auch im TV Bauer sucht Frau, ist doch nur ne lachplatte laut o ton von Tochter. Ja, so wird man in der Gesellschaft eingeschätzt. Würde man aber Auto´s produzieren, anstatt Milch,etc.wäre man obenauf ::).
LG Klara
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Offline Erika

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Re: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?
« Antwort #7 am: 11.06.08, 07:52 »
Wir haben zwei Söhne, und die interessieren sich nur für die Maschinen, mit den Tieren haben sie es überhaupt nicht.

Beide machen eine Ausbildung zum Industriemechaniker und fahren jeden Morgen froh zum Betrieb, kommen mit guter Laune nach Hause - weil der Beruf Spaß macht und wir sie nicht gezwungen haben, den landwirtschaftlichen Betrieb zu übernehmen. Es ist also kein Nachfolger da und damit haben wir überhaupt keine Probleme. Wir sind auslaufender Betrieb.

Ich bin immer noch der Meinung, nur weil die Kinder in die Landwirtschaft *reingeboren* wurden, müssen sie nicht aus Tradition Beruf und Betrieb der Eltern übernehmen. Ein Beruf der nur widerwillig ausgeführt wird, bringt überhaupt nichts. Ob es nun eine Schreinerei ist oder ein Milchviehbetrieb. Von *Kindern* wird mir zu oft immer noch verlangt, in die Fußstapfen des Vaters zu treten  ::)


Offline creimer

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Re: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?
« Antwort #8 am: 11.06.08, 07:57 »
unsere Tochter, 17, hat zwar den T-Führerschein gemacht, wird aber auch nicht in der Landwirtschaft bleiben. Sie will Altenpflege lernen und würde dann nur ca. 5 km vom Betrieb weg ihre Arbeitsstelle haben. Wollte einige Zeit auch nicht bei den Arbeiten im Stall helfen, weil in der Schule schwer geärgert, weil vom Bauernhof. Jetzt auf der Berufsschule hat sich die Situation schön entspannt. Sie ist auch wieder eher zum Helfen zu bewegen, da Situation in der Klasse einfacher.
Zwingen hilft nicht viel. Sie musste dann statt Stallarbeit mehr im Haushalt tun, damit ich die Zeit für Ihre Stallarbeit hatte.

Unser Sohn, 14, wird wohl, wie es bis jetzt aussieht in der Landwirtschaft bleiben wollen.
Mal sehen.


Offline Sonnenblume2

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Re: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?
« Antwort #9 am: 11.06.08, 08:37 »
Hallo dagobert,
ohne dir irgendwas zu unterstellen oder vorzuwerfen, nur so Gedanken, die mir durch den Kopf gehen wenn ich den Text lese!
Er identifiziert sich nicht mit der Landwirtschaft, spielt am liebsten nur Fußball (das allerdings sehr gut und auch höherklassig), fährt zwar auch Schlepper, aber alle Arbeiten, die man von ihm mal verlangt, gehen nur mit Getöse vonstatten. Überlastet ist er absolut nicht.
DU empfindest es vielleicht nicht als Überlastung was dein Sohn macht.
Vielleicht ist für ihn das Lernen und Sport mehr als genug "Arbeit"?
Und wenn dann noch jemand (z.B.:Eltern) es so darstellt, als ob Schule keine "Arbeit" ist, dann kann ich mir gut vorstellen, dass die Bereitschaft zu Helfen bei der angeblich richtigen Arbeit (LW) eher weniger wird.

Jetzt soll er den Führerschein machen, weigert sich aber, die T-Klasse zu machen, weil er Angst hat, noch mehr mit der Landwirtschaft tun haben zu müssen. Auch lädt er keine Freunde ein, weil die nicht wissen sollen, dass er ein "Bauernkind" ist.
17 Jahre ist ja ein Alter, wo man auf Partner suche/Freundin kennenlernen ist. Vielleicht hat er da von einer gleich mal eine Abfuhr bekommen, weil er von einem Bauernhof stammt (und das dann gleich soviel heißt wie: Er ist/wird Bauer)
Oder hat er Angst, wenn er den Füherschein hat und diesen herzeigt bei den Freunden uns so, dass er ausgelacht wird, weil er auch einen Traktorführerschein drinnen stehen hat?

lg Sonnenblume
« Letzte Änderung: 11.06.08, 08:40 von Sonnenblume2 »

Offline Landgirl

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Re: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?
« Antwort #10 am: 11.06.08, 09:39 »
Hallo Dagobert


Auch ich kann dir nur empfehlen auf keinen Fall Zwang auf euren Sohn auszuüben, denn dann wird alles nur noch schlimmer und die Fronten verhärten sich immer mehr. Es hat keinen Sinn jemanden eine Aufgabe aufzuerlegen für die er einfach nicht geschaffen ist.



LG von Landgirl

Offline frankenpower41

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Re: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?
« Antwort #11 am: 11.06.08, 10:16 »
Hallo

Bei uns ist auch nur der Jüngste an der Landwirtschaft interessiert. (so sehr, dass er anderen damit schon mal auf den Geist gehen kann).
Der Älteste hilft auch mit, wenn er kann, aber halt eher weil er muss.
Seit die Mittlere in der Ausbildung ist, hilft sie außer im Haushalt (ist ja auch Hilfe) am Betrieb nicht mehr, vorher schon. Aber auch da haben wir manchmal Kämpfe.

an Klara

Ich les z.Zt.  "Gespielt wurde nach Feierabend", die Jugendzeit der Schreiberinnen, war zwar zu unserer, aber auch da haben sich Kinder ´manchmal nicht zu sagen trauen, dass sie vom Hof kommen.  Das kommt halt immer mit auf das Umfeld an in dem man sich bewegt.  Bei den meisten hat sich die negative Einstellung zur Landwirtschaft mit zunehmenden Alter geändert.

Marianne

Offline Landmama

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Re: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?
« Antwort #12 am: 11.06.08, 10:18 »
mal ganz vorsichtig frag, ist es sooooo schlimm wenn der Sohn kein Bauer wird ???????


Offline Marianne1

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Re: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?
« Antwort #13 am: 11.06.08, 11:01 »
Jetzt soll er den Führerschein machen, weigert sich aber, die T-Klasse zu machen, weil er Angst hat, noch mehr mit der Landwirtschaft tun haben zu müssen.

lieber dagobert,

aus meiner sicht will dein sohn den führerschein nicht machen, weil er befürchtet, dass es dann mehr auf dem hof mithelfen soll.
ohne traktor-führerschein kann er theoretisch weder silieren, heuen, güllen, etc.
ich glaube nicht, dass er sich für die landwirtschaft schämt, sondern eher, dass er sich vor der arbeit drücken möchte.
ich habe auch einen 17-jährigen sohn, der eine andere lehre macht, und ich glaube, dass ich seine denkweise durchschaut habe.
unser sohn hilft auch nicht gerne. bei uns ist es aber so: wenn er vor ende des monats den lehrlingslohn aufgebraucht hat, gibts nur einen geld-zustupf gegen arbeit.
so ist uns allen gedient: arbeit haben wir immer genug.

Offline landleben

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Re: Was macht Ihr mit landwirtschaftsunwilligen Kindern?
« Antwort #14 am: 11.06.08, 14:54 »
Mein Sohn sagte mal: So richtig wohl fühlte er sich nur auf der landwirtschaftlichen Berufsschule. Da hatte er Umgang mit Leuten, die auch seine Interessen haben.

Heute ist er aktiv in der Landjugend tätig, wo viele Gleichgesinnte bzw. junge Leute mit irgendeinem Hang zur Landwirtschaft sind.

Einmal sagte wohl jemand zu ihm: Du lebst für deinen Beruf. Man merke, dass er Freud und Lust an der landwirtschaftlichen Arbeit hat.

Bei meiner Tochter habe ich festgestellt, wenn ich sie fragte, kannst du mir ein bißchen Helfen (Haushalt  :-\ )oder lieber draußen deinen Vater, dann zog/zieht sie die Arbeit draußen vor. Habe ich auch Verständnis für. Haushalt ist ein notwendiges Übel.  :-X

Lg

britta