Hallo liebes Forum,
mittlerweile ist unsere kleine Tochter 14 Monate. Sie bringt uns sehr viel Freude und ein Leben ohne Sie können wir uns nicht mehr vorstellen. Sie ist unser (29 +31 Jahre alt) erstes Kind. Leider war das nicht immer so. Katharina wurde durch einen ärztlich angeordneten Kaiserschnitt zu Welt gebracht, weil sie in den "Sitzstreik" getreten war und die Frauenärztin der Überzeugung war, dass sich dies auch bis zum Geburtstermin nicht ändern würde.
Den Kaiserschnitt erlebte meine Frau bei Bewusstsein. Ich war bei ihr und habe noch heute sehr großen Respekt, wie sie die Situation trotz Schmerzen und viel Angst gemeistert hat.
Vielleicht hat sich dieser Stress auf den neuen Erdenbürger übertragen?
Die erste Woche im Krankenhaus war super. Mutter und Kind wohlauf. Stillen klappte super. Das Kind schläft zufrieden und ruhig ein. Alles so, wie wir es uns vorgestellt hatten und in den Vorbereitungskursen gelehrt bekamen.
Glücklich und stolz sind wir dann auf den Hof gefahren, um unserer Tochter ihr neues Heim zu zeigen.
Am zweiten Tag begann dann der Horror: Sie wollte nicht mehr schlafen. Sie kämpfte mit sich und der Welt. Keiner, weder meine Frau noch ich, konnte sie beruhigen. Erst als der kleine Körper so erschöpft war, kam er zwangsweise zur Ruhe.
Wir waren ratlos, überfordert. Im nachhinein waren die "neuen" Omas und Opas eigentlich am Schlimmsten. Tausende von Ratschlägen, Mittelchen, Ideen. Meine Frau war der Verzweiflung nahe. Sie fühlte sich als schlechte Mutter; ich als mieserabler Vater und hilfloser Ehemann.
Stundenlang, besonders in den Abendstunden schrie sie am Stück. Je mehr sie schrie, desto mehr bekam der Körper Training und fünf Stunden waren keine Seltenheit. Für die Hebamme ein klarer Fall: Das sind die Koliken, die vergehen nach drei Monaten eh von allein.
Also hoffen und die Tage zählen. Vergebens. Drei Monate vergingen, nichts geschah außer, dass wir die Freude an unserem wichtigsten Lebensinhalt verloren.
Keiner glaubte uns. Die Omas und Opas bekamen von Abenden nichts mit. Wir hätten ja früher auch mal geschrien und hätten schlecht geschlafen. Ob wir dem Kind auch genug Liebe geben würden. Vielleicht läge es ja auch an der Funkuhr im Kinderzimmer oder es könne auch eine Wasserader unter den Haus verlaufen.
Meine Frau wurde immer dünner. Die Abende wechselten wir uns nach gewissen Zeiträumen ab, damit wir unsre Wut und Verzweiflung in den Griff bekamen. Ich bin dann oft in die Scheune gegangen, um meine Aggression an irgendwelchen Dachlatten auszuleben. Ich hatte Angst, abends nach der Arbeit wieder in das Haus zu kommen.
Wir suchten Hilfe: Ostheoptathen schienen die Rettung. Kein Erfolg. Diagnose der Kinderärztin: Ganz klarer Fall: Entweder hat meine Frau während der Schwangerschaft geraucht oder sich mit Alkohol zulaufen lassen. Meine Frau ist seit ihres Lebens Nichtraucher, Alkohol und Kaffee in den Schwangerschaftswochen strikt gemieden. Außerdem hätte das Kind authistische Züge. Wir sollten uns da mal Gedanken machen.
Die Tage darauf redeten wir nur noch das Nötigste miteinander. Wir probierten Krankengymnastik für Babys aus. Dies schien Katharina zu befreien. Durch die Bewegungen konnte sie die vielen Reize des Alltags besser verarbeiten. Meine Frau trainierte täglich mit ihr, stundenlang. Kleine Erfolge stellten sich ein.
Die Natur begann nun ihre motorischen Fähgikeiten zu entwickeln. Endlich konnte sie handeln. Ihr Geist war sonst eingesperrt. So sehe ich es heute.
Sie wird immer ein anstrengendes Kind bleiben, das Beschäftigung braucht,um die Neugierde zu stillen.
Allen, denen es genauso geht drücke ich ganz fest die Daumen. Der kleine Wurm kann nichts dafür. Er will keinen ärgern. Er "versteht die Welt nicht". Woher auch? Er braucht Zeit, sich zu entwickeln. Vergesst die Liebe nicht. Helft eurem Partner. Steht zusammen und betrachtet die Ratschläge kritisch. Keiner, der nicht auch ein"Schreikind" hatte, kann da mitreden. Das enttäuschende, vernichtende Gefühl kann man nicht beschreiben. Aber die Zeit und Natur richtet es dann ein.
Mittlweile schläft Katharina besser ein. Sie lacht. Macht Faxen und spielt auch mal alleine in ihrem Zimmer. Sie kommt zum Kuscheln angegrabbelt und lernt nun die Schwerkraft bei ihren Gehversuchen kennen.
Vertraut euren Kindern. Sie schaffen das!
Liebe Grüße,
Basti