Autor Thema: Was tun bei Kannibalismus?  (Gelesen 21474 mal)

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Offline Jochen

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Re: Was tun bei Kannibalismus?
« Antwort #15 am: 10.09.06, 21:10 »
Nach Jahren der Ruhe hatte ich vor Kurzem auch eine Bucht mit Ohrenbeißern. Ketten, Bälle, Holzscheite...
alles probiert und kein Erfolg.
Ich habe dann auf ein altes Hausmittel zurückgegriffen (womöglich ists verboten, heutzutage weiß man ja nie.... wenn JA, hab ich hier nix geschrieben... 8) 8) ).
Die angeknabberten Ohren mit Holzteer eingeschmiert und innerhalb 2 Tagen war Ruhe.

Thomas

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Re: Was tun bei Kannibalismus?
« Antwort #16 am: 11.01.08, 14:17 »
Hallo,

hab´schon vieles gegen Kannibalismus (Ohrrandnekrose) versucht, doch in letzter Zeit scheint nichts zu funktionieren. Kein Viehsalz, kein Holzteer, kein CTC, kein Amoxicillin. Spielzeug eh nicht (Ketten, Ketten mit Wasserschlauch, Kanister, PE Flaschen Hanfmatten) jetzt versuche ich´s mal, dank diesem Forum, mit Zweigen und Urgesteinsmehl. Ich frage mich nur wie hoch ich es dosieren soll ? Reichen 5kg / to? Hat da jemand ´ne Ahnung?

Bin echt am verzweifeln.


MfG Thomas

Thomas

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Re: Was tun bei Kannibalismus?
« Antwort #17 am: 11.01.08, 23:15 »
Hallo Bridda,

zunächst mal Danke für deine Antwort!!
Das lässt sich leicht sagen mit der Symtomdoktorei.....
Das Problem begann schon im Herbst. Es wurden zuvor keine Veränderungen bei Ferkelfutter (Hamburger Leistungsfutter) oder Wasser (öffentliches Netz) vorgenommen. Danach wurde das Futter zweimal gewechselt- ohne Erfolg. Wasserleitungen werden hin und wieder mit Wasserstoffperoxid gereinigt. Wasserbeleber hängt da auch noch vor. Klimacheck ist auch gemacht. Screening im Pool gemacht worden: PRRS pos. Blutuntersuchung auf Eperytrozoon Suis positiv!! Nur mit dem Einsatz von CTC oder Doxycyclin passiert nix! Ich habe da so´n bisschen den Genetikwechsel von PIC auf Dänen als Ursache in Verdacht, der sich ja schleichend durch normale Remontierung vollzieht.

MfG Thomas

Offline cara

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Re: Was tun bei Kannibalismus?
« Antwort #18 am: 12.01.08, 09:26 »
Thomas,

sind die Gruppen grösser geworden? Wie sind die Verluste durch die genannten Infektionen? Wo kommen die her, hast du die bei dir im Stall oder steht da schon der Zulieferbetrieb in der Schuld?
Wie lange gibst du das CTC schon, kann es sein, dass sich Resistenzen gebildet haben? Doxycyclin ist meines Wissens nach eh nicht 1. Wahl bei Eperythrozoonose.
PRRS ist ein Virus, den bekommst du mit Antibiotika niemals weg, da muss ein Impfkonzept für deinen Betrieb und wahrscheinlich auch den Zulieferbetrieb her.
Stimmen die Tageszunahmen oder besteht auch da Handlungsbedarf?

Das soll erstmal reichen für den Anfang, aber mir würden sicherlich noch mehr Fragen einfallen ;o)
LiGrüss cara

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Thomas

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Re: Was tun bei Kannibalismus?
« Antwort #19 am: 12.01.08, 12:22 »
Hallo Cara,

Wo der Scheiß herkommt- keine Ahnung. Weiß auch nicht, ob sich das klären liesse, da zwischen Genetikwechsel und auftauchen der Ohrknabberei 1,5 Jahre liegen. Also nicht Zeitnah.
Belegdichte ist sicher ein Thema in Zeiten, in denen Ferkelüberhänge am Markt sind. Verkaufe zwischendurch auch mal Babyferkel, um den Flatdeck zu enlasten. Aber selbst bei ausreichendem Platzangebot >0,33 fangen die mit dem Blödsinn an - immer schön so ab 18-25kg. Verluste sind durch Eperytrozoonose oder PRRS nicht zu beklagen. Zumal PRRS zwar festgestellt worden ist, aber kein (Husten-)Problem darstellt. Daher wird auch derzeit bei den Ferkeln nicht geimpft. Wenn mal Husten kommt, ist das derzeit mit Trimetoprim zu lösen. Ob PRRS aber der Auslöser für die Ohrrandnekrose sein kann, daran habe ich bisher nicht gedacht.
CTC ist hier nicht sooft im Einsatz gewesen. Vielleicht zweimal im Jahr bei den Sauen, bei den Ferkeln eigentlich nur mal bei Husten. Gibt es für Eperytrozoonen eigentlich ein Antibiogramm? Mir hatte man keins erstellt. Soll´n ja auch keine Bakterien sein, sondern irgendwelche Mycoplasmengebilde?!
Zum Doxycyclin hat mein Tierarzt gesagt, daß es ein Tetracyclin ist, das tief und besser im Gewebe wirken kann.
Cara, was ist denn deines wissens erste Wahl bei Eperytrozoonose?

MfG Thomas

Offline cara

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Re: Was tun bei Kannibalismus?
« Antwort #20 am: 13.01.08, 15:49 »
die Erreger der Eperythrozoonose sind Einzeller, die sich in den roten Blutkörperchen vermehren und diese letztendlich zerstören.
Ich habe auch nicht wirklich Ahnung, ob die Erkrankungen Auslöser für den Kannibalismus sind, aber ICH würde etwas dagegen unternehmen, wenn es mein Bestand wäre.
Du hast keine Ahnung, wie dein Bestand ohne die Infektionen aussehen würde.
Eperythrozoonose wird übers Blut übertragen, Hauptinfektionsquelle ist der Mutterleib, aber auch blutsaugende Insekten wie Milben, Läuse und Milben.
Übrigens erhöht eine PRRS-Infektion (und auch andere Infektionen) die Empfindlichkeit für Eperythrozoonose.
Eperythrozoonose lässt sich recht gut mit Tetracyclinen behandeln.

Eperythrozoonose kann auch Ohrrandnekrosen auslösen.. vielleicht knabbern die Schweine nur nach?

Ich würde mich mal mit dem Zulieferbetrieb zusammensetzen und evtl. zusammen mit dem TA/Schweinegesundheitsdienst ein Konzept dagegen aufstellen.
« Letzte Änderung: 13.01.08, 15:55 von cara »
LiGrüss cara

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Offline Biobauer

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Re: Was tun bei Kannibalismus?
« Antwort #21 am: 13.01.08, 16:11 »
Hallo, ich hatte letzter jahr mal einen starken einbruch mit Eper......
bekommen hab ichs eindeutig vom ferkelerzeuger. die mittlerweile grösste verbreitung findet aber nicht durch milben oder sowas statt,sondern beim impfen oder der eisenbehandlung. auf jeden fall hatte der ferkelerzeuger seinen ganzen bestand wunderbar durchseucht, gab zwar zu das er ein problem hatte,abe r war auch nicht wirklich einsichtig was bestandsanierung anging. seit einen wechsel des ferkelerzeuges keienrlei probs mehr.
diese krankheit wird in zukunft imme stärker auftreten, einfach deswegen weil ja leistungsförderer verboten sind, die haben solche probleme latent unterdrückt. das einzig gute daran, es ist nicht ansteckend ,ich vergleichs imme r mit aids und leukämie im mischmasch. sicherlich kann eine folgeerscheinung kanibalismus sein ,diese ferkel sidn einfach lebensschwächer, nehmen deutlich weniger zu,sidn anfälliger für alles, du weisst ja da s problemtiere immer zu sowas neigen.
unterdrücken kann man das mit tetracyclin,und dann hilft einfach nur ein penibles hygienemanagment,um seinen bestand wieder zu saniern .
servus
Streite dich nie mit einem Idioten, er zieht dich auf sein Niveau herunter und schlägt dich mit Erfahrung. (Bob Smith, 1962

Offline Gisela

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Re: Was tun bei Kannibalismus?
« Antwort #22 am: 24.01.08, 16:19 »
Hallo,
vieleicht helfen auch folgende Überlegungen, die wir auf unsrem Betrieb zum Thema Kanibalismus angestellt haben.
Wir unterscheiden  drei verschiedene Arten von Kannibalismus:

A: Ohrenbeißen, Flankenlutschen
Es ist ein Problem einzelner Buchten.
Diese Tiere brauchen Werkzeuge für Ihren Spieltrieb als Ersatz für verlorengegangene Zitzen.
Besonders geeignet sind Ketten die über den Buchten zu plazieren sind. Diese Ketten müssen miteinander verbunden sein, so das ein spielendes Tier automatisch andere Ketten in Bewegung setzt und damit andere Tiere zum spielen animiert. (4 mm starke Ketten reichen aus)
Die Wunden sind ggf. mit antiseptischen Mitteln zu behandeln.
hier hilft auch oft schon Zweige von Kiefernholz einfach in die Buchten werfen.
Gute Erfahrungen auch mit Apfelholz gemacht.

B: Kümmerer
Diese Tiere werden als Kümmerer wegen ihrer Defizite von der Gruppe in kürzester Zeit zerbissen und häufig auch getötet. Diese Tiere sind nur durch entfernen aus der Gruppe zu retten. Diese Form des Kannibalismus macht proportional den geringsten Schaden aus.   


C: Blutsaugen, Schwanzbeißen
Diese Kannibalismusform macht den größten Schaden in den Beständen aus.

Beobachtet wird diese Form nach Nüchterungsstreß.
Nüchterungsstreß durch - Neueinstallung
                                       - Umstallung
                                       - Futterwechsel
                                       - Überbelegen (Nicht alle Tiere können gleichzeitig fressen)
                                       - zu dickflüssigen Futterbrei (Er verteilt sich nicht über die ganze                                 
                                         Troglänge; schwächere Tiere können sich nicht durchsetzen)
- fehlendes Wasser

Als Ursache ist ein niedriger Blutzuckerspiegel denkbar.

Als prophylaktische aber auch therapeutische Maßnahme ist das Aminosäurenbild des Futters zu überprüfen und ggf. zu verändern.

Besonders wirkungsvoll hat sich der Einsatz von Dextrose gezeigt.
Angewand werden 2 g je kg Körpergewicht pro Tag.
Als Einstellungsprophylaxe  reicht eine Anwendung über 3 Tage aus.

Als therapeutische Maßnahme nach Bedarf bis zur Beruhigung der Tiere.

Dextrose ist im Handel für ca. 200.- DM/dt. zu bekommen
Auslöser für Kannibalismus kann zum Beispiel Wetterfühligkeit von Schweinen sein. Die Tiere zeigen gerade bei witterungsbedingten Außentemperaturschwankungen von 10°C innerhalb von 48 Stunden eine besondere Aggressivität.
Beim Einsatz von Dextrose ist zu beachten das die Tröge ausreichend leer werden. Sonst wird durch die Anwendung Coli begünstigt.

Bei entsprechender Belastung kann man die Tiere mit Magnesiumfumerat beruhigen.
Magnesiumfumerat kann als Prophylaxe mit 0.5 % im Futter eingesetzt werden. Der Einsatz im Vormastfutter reicht in der Regel aus.
Als Therapie kann Magnesiumfumerat in belasteten Beständen vorübergehend bis zu 1 % eingesetzt werden.
Magnesiumfumerat kostet ca. 500.- DM/dt.   

Es macht auch Sinn zur Abwechslung Lecksteine als „Spielzeug mit Geschmack“ anzubieten.
Gruß
Gisela