Wir sind also im Hinterland oben in den Bergen, wo die Hirten und Banditen leben.
Die Hirten waren halt immer arm und hatten so ihren eigenen Ehrenkodex und man scherte sich nicht wirklich um Recht und Gesetz.
Viehdiebstahl war erlaubt, aber erst 7 Dörfer weiter und dann nur so viel, wie man auch tatsächlich brauchte. Wenn man Geld brauchte, entführte man einen reichen Bürger oder dessen Familienmitglieder, um Lösegeld zu erpressen. Zahlten die erpressten Familien nicht schnell genug, bekam man schon mal ein Ohr oder einen Finger des Opfers zugeschickt. Da waren die Entführer nicht zimperlich. Eine sehr bekannte Entführung war die der Kinder von Dieter Kronzucker, einige werden sich erinnern.
Seit gut 20 Jahren sind Entführungen aber sehr sehr selten geworden. Die Polizei ist einfach zu gut geworden. Die letzte große Entführung war vor 10 Jahren, als ein Großgrundbesitzer 9 Monate festgehalten wurde für ein Lösegeld von 300 000 Euro.
Ließ ein Sarde seine Verlobte sitzen, übte ihre Familie Blutrache aus.
Wie das Leben als einfacher Viehhirte aussah, davon berichtet
Gavino Ledda in seiner Autobiografie "Padro Patrone", auch auf deutsch erschienen.
Bis vor 2 Jahren hielten die Hirten ihre Schweine noch freilaufend in den Bergen, seit der Schweinepest ist das aber nicht mehr erlaubt und die Wildschweine wurden strengstens bejagt. Bis vor 2 Jahren sah man die Wildschweine auch tagsüber. Wenn man im Sommer ein traditionelles Hirtenessen im Freien am Grillplatz im Wald besuchte, dann konnte es schon vorkommen, dass die Sauen auf Besuch kamen.
Schafe werden im Wald gemolken, manche Hirtenfamilien käsen noch selber, viele geben die Milch inzwischen aber in eine Käserei.
Aber nun zu unserem traditionellen Hirtenessen. Da es Winter ist, wurden wir in eine zum Gastraum umfunktionierte Scheune eingeladen, nicht ins Freie ans Lagerfeuer. War trotzdem eindrucksvoll und lecker. Zu allen Gängen gibt es einen trockenen einfachen Rotwein aus der schönen Terracottakanne
1. Gang: Brot, Schinken, Käse, Salami
2. Gang: gekochter Hammel mit Kartoffeln und Zwiebeln
3. Gang: dünnes Fladenbrot mit Spanferkel.
Das Ferkel wird aufgeschnitten und plattgedrückt auf dem Spieß stehend am offenen Feuer gegrillt, nur gesalzen, nicht weiter gewürzt. Das dauert ca. 4 Std., gegen das Austrocknen des Fleisches wird Schwarte geschmolzen und drübergestrichen. Besonders gut wird das Fleisch, wenn zum Feuern Wachholderholz genommen wird.
4. Gang: Pecorino ohne Foto
5. Apfelsine und Keks aus Mürbeteig gefüllt mit Mandeln, Honig und Orangeat, mit Zuckerguß überzogen
und zuguterletzt einen Grappa, der es in sich hatte, auch Eisendraht genannt wurde und den man nach der Völlerei auch brauchte.
Auf Sardinien gibt es keine Wölfe, aber Füchse als größte Raubtiere. Essbares Wild sind Mufflons, Rehe, Hirsche, wilde Ziegen, Wildschweine und Landschildkröten.
Im Winter darf man Donnerstags und Sonntags nicht in den Wäldern wandern gehen. Auch und gerade nicht als Tourist! Diese Tage sind als Jagdtage festgelegt und dann sind die Jäger los.