Autor Thema: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.  (Gelesen 59847 mal)

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Offline Mirjam

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #60 am: 21.08.06, 20:11 »
Hallo,

für alle die das Thema interessiert oder betrifft hab ich nun noch mal nachgelesen und bemühe mich, es zusammenzufassen:

Mit der Gründung der EWG kam der Ruf nach einheitlichen Normen. Diese wurden geschaffen mit landesübergreifenden EU-Verordnungen, die allerdings nur für bestimmte Betriebe/-sgrößen galten.

So eben mit der 64/433 frisches Fleisch, dass die Zulassung für Schlacht/Zerlegebetriebe insbesondere BAULICHE Voraussetzungen für Schlachtstätten ab ~ 20 Großvieheinheiten je Woche festschrieb. Diese durften dann ihr Fleisch mit dem OVALEN D-EWG-Nr.Stempel kennzeichnen: Das Fleisch war international handelbar und hatte die Voraussetzung auch für EU-zugelassene Verarbeitungsbetriebe (diese Stempel findet ihr auf jeder Wurst-Fertigpackung)

Kleine Schlachtstätten (etc.) galten als "registrierte Betriebe" und mussten sich an die dt. Fleischhygieneverordnung halten - Fleisch von hier bekam "nur" einen runden Schlachtstempel = kein Export, keine Weiterverarbeitung an EU-Betrieben, d.h. das Fleisch das die Gastronomie nicht will wie Bauchlappen, Fette oder Brust/Kochfleisch muss ja auch irgendwohin verarbeitet werden.

Leider schafften viele kleinere/mittlere Betriebe oder städtische Schlachthöfe es nicht, den Auflagen zu genügen (z.B. räumlich getrennte Fahrbahnen zwischen "weißem = Fleisch, Blut" oder "schwarzen = Konfiskate, Müll" Bereich) - mussten geschlossen werden: Ein Riesenstrukturwandel im Schlachtbereich = längere Transportstrecken Vieh und Fleisch.
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Mit dem Jahresanfang 01.01.2006 wurde nun alles anders: Die EU-Basisverordnung 178/2002 ist seitdem gültig und hierzu gibt es dann wieder Einzel-Verordnungen von Futtermittel (darüber disktutierten wir ja an anderer Stelle schon) bis hin zu Schlachtauflagen und auch Infos in der Schlachtkette, konkret Meldung der Schlachtiere am Schlachthof.

Was heißt "gültig"? Die EU hat also ihre Verordnungen. Diese haben "Durchführungsverordnungen" - die dann wiederum die einzelnen Mitgliedsttaaten in gültiges (nationales) Recht umsetzen müssen.

Tun sie das nicht - wie bei der dt. Schweinehaltungsverordnung - drohen saftige Geldstrafen.
Die nationalen = deutschen Durchführungsverordnungen dürfen enger, aber nicht lockerer gefaßt sein,
als der EU-Entwurf.
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Mit dem Dazukommen von vielen anderen Staaten (auf einem anderen Entwickungsniveau) und der Einsicht, dass man eine Menge regionale Produktion/Verarbeitung durch die bisherigen Auflagen "einengte" - will nun die EU mit der Basisverordnung entgegenkommen und irgendwelche Größengrenzen abschaffen: Zitat:

"Registrierung/Zulassung aller Lebensmittelunternehmen / Vereinheitlichung der Genusstauglichkeitskennzeichnung
Bewahrung von Flexibilität durch Sonderregelungen für abgelegene Regionen und traditionelle Herstellungsmethoden
und Funktionswandel der Lebensmittelüberwachung (von der nachlaufenden zur präventiven Kontrolle)"


Und:

Vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen sind die Primärproduktion für den privaten häuslichen Gebrauch und die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an lokale Einzelhandelsgeschäfte, die die Erzeugnisse unmittelbar an den Endverbraucher abgeben.
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Das erste Zitat hört sich nun erstmal gut an - irgendwelche fiktiven Grenzen werden aufgehoben, es soll nur noch den EU-Stempel geben, egal ob kleiner Betrieb oder großer: Auf die Einhaltung der Produktion/-squalität soll es ankommen.

Nur: Mit dem Paket ist dann ein ganzer Sermon an Auflagen auch auf kleinere Betriebe gekommen - inclusive dem HACCP mit dem sich die Direktvermarkter genau so auseinandersetzen müssen - wie hier in der Box "Betriebliche Eigenkontrolle Fleischerei" nachzulesen und für viele hier schon Realität.

Trend ist: Die Betriebe müssen ihr "richtig / ordentlich arbeiten" selbst nachweisen = ein Riesen-Dokumentationsaufwand mit der gesamten QM-Geschichte, die Tierhalter die Gesundheit der Tiere belegen, wenn sie diese zum Schlachten geben und im Gegensatz zu früher ist der Erzeuger trotz des EU-Stempels dann immer noch haftbar für die Qualität z.B. des Fleisches, die Amtsveterinäre übernehmen keine Verantwortung...

Darüberhinau will die EU nun auch "Prozessqualität", das meint sie mit den Schlagworten "from stable to table" oder "from farm to fork" - und fordet das mit Infos ein, die vor der Schlachtung als Gesundheitsbeleg vorgelegt werden müssen: Sind diese Daten zur Schlachtung nicht verfügbar wandert das Fleisch - weil die Vorinfos fehlen - dann egal ob tauglich oder nicht: In die Mülltonne...
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Was heißt es noch mal ganz praktisch gesehen für landw. Betriebe soweit ich die Verordnungen und den dt. Entwurf eingelesen habe?

z.B. ihr habt eine Notschlachtung auf der Weide oder im Stall, gebrochenes Bein usw.? (fällt unter: Notschlachtung ausserhalb einer Schlachtstätte - Zuchtwild wie Rehe im Gehege sind separat geregelt)

Dann braucht ihr in jedem Fall jemanden amtliches für einen Lebendbeschau.
Danach kann das Tier betäubt/geschossen werden und entblutet.

Nun soll es drei Möglichkeiten geben:

A) Ihr macht eine Hausschlachtung, incl. der sowieso vorgeschriebenen Lebend/Fleischbeschau, gebt das Fleisch dann direkt an Verwandtschaft/Freunde ab...

B) ihr habt eine mobile Schlachtstätte vor Ort, sowas gibt es in Form von "zugelassenener,fahrbarer Schlachthof in einem LKW" - dann bekommt auch dieses Fleisch unter Einhaltung aller gültigen Auflagen - die Genußtauglichkeit per EU-Stempel.

C) Wenn ihr es binnen der 45 Minuten Frist (bis zum Ausweiden von Darm/Magen) zu einem zugelassenen Schlachthof schafft könnt ihr das Tier "ungeöffnet" lassen, ansonsten binnen 2 Stunden dorthin, wenn das Tier vor Ort ausgenommen wurde.

In der Schlachtstätte kann euer Rind/Bulle/Kalb dann ganz regulär bearbeitet und gekühlt, zerlegt, vakuumiert werden: Einen EU-Stempel bekommt es aber nicht, sondern eine alternative Genußtauglichkeitsstempelung  - und ihr könnt es ganz regulär dann über Direktvermarktung usw. regional absetzen.

Das Problem ist eben: Wir haben noch keine dt. Durchführungsverordnung die in Kraft ist - manche halten sich dann eher an die "alten Auflagen" von EU-Verordnung und Fleischhygienerecht, andere an die gültige EU-Durchführungsverordnung.

Ich möchte mit diesem Beitrag in keinem Fall belehren; für mich ist es eben interessant mich dort einzulesen und genau zu kucken, was wer wo vorschreibt (oder auch nicht, man kann engstirnigen Kontrolleuren ja auch was entgegensetzen, wenn man sich auskennt oder weiß wo es steht).

Gruß Mirjam
« Letzte Änderung: 22.08.06, 08:32 von Mirjam »
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Offline Jochen

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #61 am: 25.08.06, 17:24 »
Vincent Klink, seines Zeichens Fernsehkoch und Küchenchef eines Nobelrestaurants schrieb in seinem online-Tagebuch :

Zitat
20. Juli 2006

Die Eltern von meinem Lammmetzger (Württemberger Lamm) erzählten mir heute eine denkwürdige Geschichte. Der Opa der Firma ist topfit, kann sich aber nur noch im Rollstuhl bewegen. Er holt seinen Metzgern zur Pause gerne Butterbretzeln oder spendiert Pralinées oder stiftet die eine oder andere Tafel Schokolade.

 

Jetzt hat er von der Amtstierärztin eine Abmahnung gekriegt, weil er dazu keinen Schutzanzug anzieht.  Mein Vater war ja selbst Amtstierarzt und Schlachthauschef in Schwäbisch Gmünd. Als er vor 15 Jahren in Pension ging stöhnte er. "Gottseidank" Jeden Tag ein neues Blödsinnsgesetz, das irgendein branchenfremder Sesselforzer verzapft." Liebe Leser, wußten Sie, daß ich jedem gelieferten Fisch die Temperatur messen müßte. Mamma Mia. Ich sehe doch dem Fisch von weitem an ob ich ihn dem Händler an den Kopf werfe oder ob der Fisch okay ist.

 

In der Tat, die preußische Bürokratie war ja berüchtigt. Was heutzutage aber an Vorschriften kreiiert wird, das kann man nur noch als ständige Versuche der Geschäftsvernichtung bezeichnen. Das ist sicher nicht nur in den lebensmittelverarbeitenden Berufen der Fall, diese Problematik stellt uns alle ins Abseits. Hartz IV ist auch so ein Rohrkrepierer, wo kaum einer durchblickt. Und wenn, dann muß man sich wahnsinnig reinschaffen, so daß man keine Zeit mehr hat um nach Arbeit zu suchen. Ich will aber nicht jammern, wir sind ein tolles Volk, sozusagen unzerstörbar.

 


http://www.wielandshoehe.com/286.0.html

Klar MÜSSEN wir uns an Verordnungen halten.
Klar ist es wichtig, dass man hier im Forum über diese Verordnungen informiert, denn jedes Licht in diesem Dschungel ist im Endeffekt hilfreich.

Aber das heißt nicht, dass man sich nicht darüber aufregen sollte und sich überlegen, wie man diesen Sesselforzern (Zitat Klink Senior) das handwerk legt, ohne in der Öffemtlichkeit den Eidruck zu erwecken, man wolle sich nicht auf die Finger gucken lassen....

Gesinnungsgenossen mit der Popularität Klinks können da hilfreich sein.

« Letzte Änderung: 26.08.06, 12:52 von Jochen »

Offline Melitta

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #62 am: 29.08.06, 00:17 »

hallo freya...

natürlich ist das ein fachthema... natürlich kann ich mich seitenlang in zitaten und angelesenem fachwissen darüber ergießen, wie man welches vieh schlachrten und zerlegen lässt...


aber man kann nicht einfach als moderatorin eines "bäuerinnentreffs" andauernd außer acht lassen, dass es das reale leben dort draußen gibt....


mir ist es egal, wer welchen hof mit wieviel vieh hat...   aber dauernd nur "be"lehrt... und nicht gelehrt zu werden... das ist schon hart...


mir ging es in meiner antwort darum, den gegenatz auf zu zeigen.... man muss vorschriften beachten... aber wir sind trotzdem noch etwas anderes, als diese... es kann nicht sein, dass in man genau in solchen themen mit den gegenargumenten des verbrauchers konfrontiert wird.. die kenne ich und jede andere landwirtin auch... es geht doch genau darum, wie begegne ich dem verbraucher? was kann ich tun, damit er meine lebenslage und auch rechtsituation begreift... die wird er niemals durch solche abhandlungen erkennen...

und die lw kann doch auch eine sache sein, die man begreift, ohne studiert zu haben ... das ist es ja... ich kann dir jede menge sachen hier rein schreiben... und hab nicht studiert... was soll der hinweis darauf?

eine studierte und bäuerin ist

melitta


Offline Mirjam

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #63 am: 29.08.06, 09:06 »
Hallo Melitta,

das Thema QM/Fleischhygienerecht wurde ja deswegen aus der Öffentlichkeitsarbeit herausgenommen, weil es dort nicht mehr hineinpaßte.

Das haben wir schon andernorts so gemacht, z.B. entstand unter der "Alles Bio?" Diskussion eine Diskussion über Ampferbekämpfung, die wir abteilten & verschoben: Dort beteilige ich mich nicht - weil ich mich hier nicht auskenne mit Pflanzen & Boden, aber dafür andere, die dort schreiben. Wo ich dennoch ab und an lese und auch staune, wieviel andere darüber wissen, ausprobieren, sich auskennen, diskutieren, verschiedene Meinungen haben und hier im Forum ihr Wissen in Bild, Wort und Links weitergeben.

Es gibt im Forum viele spezielle Themen oder Fachdiskussionen - wo eben an einem Ort:

Omega-3 und Omega-6 Fettsäuren in der Milch und Fleisch,
der Einfluss von Kräuterzusammensetzung und Terpene im Heu auf die Käsequalität
und eben an anderer Stelle Streßhormone im Fleisch diskutiert werden. 

An der einen Stelle eben Buchhaltung mit dem komplizierten Steuerrecht
und an der anderen wieder Fleischvermarktung mit Fleischhygienerecht.

Wo an der einen Stelle im PC-Bereich in einer Computersprache gefachsimpelt wird,
an anderer Stelle wieder die Straßenverkehrsordnung und das Wegerecht - wer wo welche Rechte, Pflichten oder Verbote hat - und sich auch oft über die Sinnlosigkeit und dem Ausgeliefertsein der Gesetze und Verordnungen ärgert (und man manchmal davon nix wissen möchte)

Wo man manchmal über die Tiefe des Fachwissens staunt, die diese bunte Mischung an BTlerinnen mit sich bringt.
Und an anderer Stelle in anderen Boxen wieder (doch hauptsächlich  :)) über privates-familiäres oder persönliche Erlebnisse geplaudert wird. Und das ist doch gut so!

Und eben auch Themen, wo nur eine Handvoll sich wirklich interessieren  - und andere Themen die viel mehr betreffen. Themen, wo viele schreiben und Themen, wo viele nur lesen - oder auch nicht. Jeder wie er mag  ;).

Nur leider - wird das neue Fleischhygienerecht mit den kommenden Meldepflichten vor Schlachtung im "realen Leben der Bäuerinnen" mindestens die gleichwertige Bedeutung bekommen wie die S-Hit oder HIT-Datenbank und auch im realen Leben schaut bei der Direktvermarktung der Lebensmittelkontrollleur und der Amtstierarzt vorbei.

viele Grüsse

Mirjam
« Letzte Änderung: 29.08.06, 10:01 von Mirjam »
Der Kopf ist rund - damit die Gedanken auch mal die Richtung ändern können!

Offline martina

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #64 am: 29.08.06, 09:52 »
Ich würd gern mal wissen, wieviel verschiedene Stempel es denn gibt und woran ich erkenne, ob es sich nun um einen EU-Schlachthof mit Zulassung handelt oder um eine regionale Schlachtstätte...

Bitte kurz und übersichtlich, leicht verständlich ;) 8)

Mirja,

Danke, dass Du Dir mal die Mühe gemacht hast, die verschiedenen Anforderungen an die Stempelvergabe und Schlachtstättenzulassungen so verständlich zu erklären.

Ich hab nun wieder Durchblick 8)

@ Melitta,

auch wenn ich mich wiederhole und sowohl Mirjam als auch Andere es schon gesagt haben:

Wir Machererinnen und Moderatorinnen des BÄUERINNENTREFFS wollen auch sachlich und FACHLICH INFORMIEREN nicht nur über Sinn/Unsinn von manchen Sachen diskutieren.

Und deshalb finde ich in Fachboxen, besonders bzgl. von Gesetzen und Verordnungen, die unser aller Arbeit regeln, eine Trennung von INFORMATION und DISKUSSION darüber logisch.

Um am Thema "QM-Fleisch-Schlachtung, EU, Stempel usw" zu bleiben, finde ich schon wichtig zu wissen, WO und in WELCHEM Schlachthaus unter welchen Vorraussetzungen ich z.b. eine Weidenotschlachtung weiterverarbeiten darf und was nicht.

Wir haben es vor ca. 10 Jahren gehabt, dass wir ein Rind, welches von mehreren Weiden ausgebrochen und absolut nicht einzufangen war, auf freiem Feld schießen lassen mußten. Nicht einmal mit Betäubungsgewehr sind wir daran gekommen. Die örtlichen Jäger trauten sich auch nicht daran. Wir waren damals froh, überhaupt jemanden zu finden, der uns das Tier schoß, der zuständige Jagdpächter war informiert, daran ahtten wir auch gedacht.
Unser Haus- und Hofschlachter hatte uns nur ungern zugesagt, das Tier in seinem Betrieb zu zerlegen und zu kühlen, so es denn ausgenommen zu ihm verbracht wird, dazu hatte er keine Zeit.
Dafür fanden wir dann einen anderen Schlachter, der uns das auf unserem Hof machte, der aber aus Zeitmangel nicht auch gleich zerlegen konnte.

Fleischbeschau sei nicht das Problem, dachten wir. Der Fleischbeschauer wohnte ja am Ort. Hinterher bekamen wir dann "Schimpfe", eben weil wir NICHT wußten, dass wir das Tier hätten lebend beschauen lassen müssen, bevor der Jäger uns das Tier schoß.

Wie gesagt, wir waren froh, rel. kurzfristig und schnell alles andere organisiert bekommen zu haben, denn unser Rind befand sich zu dem Zeitpunkt freiwillig auf einer Fremdweide in diekter Nähe der ICE-Trasse und wir hatten immer im Hinterkopf, was wohl passiert, wenn es auf die Gleise läuft?

HEUTE wissen wir, dass wir in so einem Fall erst mal einen Tierarzt das zu schießende Tier angucken lassen müssen.




Offline StanzerlTopic starter

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #65 am: 29.08.06, 14:07 »
Hallo Martina,

offenbar hat aber der Fleischbeschauer das Fleisch dann auch ohne Lebendbeschau freigegeben? Wäre praktisch auch nicht so einfach gewesen mit der Lebendbeschau, wenn bereits Gefahr in Verzug war.

Zum Glück sind Tierärzte auch nur Menschen, die sich dann in so einer Situation nicht immer streng ans Gesetz halten, sonst hättet ihr das Fleisch wohl vergessen können...


Nix für ungut, Conny

Offline martina

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #66 am: 29.08.06, 14:47 »
Hallo Conny,

ja, der Fleischbeschauer hat das Fleisch auch ohne Lebendkontrolle frei gegeben. Aber erst nach ettlichen Diskussionen und wir haben das Tier auch ganz allein aufgegessen. Hat das gut geschmeckt, nach all dem Theater ;) 8)

Allerdings waren damals, ist sogar schon über 10 Jahre her, hab nachgerechnet, weder die Vorschriften noch die Kontrollen SO streng, wie heute.

Offline Melitta

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #67 am: 30.08.06, 20:11 »
hallo martina...

stanzerl hat es vorher auch schon angemerkt... es ging auch so... 

selbstverständlich gibt es fachliche/ rechtliche dinge, die man wissen muss und deren man sich bewusst sein sollte...

muss ich das deswegen hin nehmen...?  unkommentiert? kopiert?

nein... muss ich nicht...

kann ich aber... mach ich auch in zukunft..

viele grüße

melitta

Offline StanzerlTopic starter

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #68 am: 06.09.06, 07:07 »
Alles wird regelementiert, kontrolliert und sanktioniert... und was haben wir davon? Einen neune Fleischskandal.  >:( >:(

Die Folge ist, dass wieder nur die Kleinen mit zusätzlichen Hygienevorschriften überzogen werden. Das neue Hygienepaket der EU ist ein Beispiel dafür. Uns Mutterkuh haltenden Direktvermarktern soll nun laut Veterinäramt verboten werden, die Tiere wie bisher auf der Weide zu töten. Waurm?
Für Wasserbüffel und Bisons soll es Ausnahmen geben - für andere Rinder nicht. Würde mich schon interessieren, warum das im einen Fall in Ordnung ist und im anderen unhygienisch?
 ???
Die Tierschutzvorschriften bleiben laut der neuen Verordnung angeblich unberührt - dazu gehört auch die Tierschutzschlachtverordnung, die die Tötung ganzjährig im Freiland gehaltener Rinder auf der Weide erlaubt. Dennoch zicken die im Veterinäramt jetzt rum. Wie soll man ein Rind, das sein Leben in Freiheit verbracht hat, lebend zum Schlachthaus transportieren, ohne dabei gegen sämtliche Tierschutzbestimmungen zu verstoßen? Das bedeutet für unsere Tiere einen Wahnsinnsstress! Tiere, die im täglichen Umgang ruhig und angenehm sind brechen in kopflose Panik aus.  :( >:(

Helmuth hat beim zuständigen Ministerium in München angerufen - der dort für die Umsetzung der neuen Hygieneverordnung zuständige Dr. hat zugegeben, dass man wieder einmal Extensivrinderhalter wie uns vergessen hat. Er wundere sich, dass sich noch keiner von denen gemeldet habe, da man doch die Verbände informiert hat. Toll! Welcher kleine Extensivrinderhalter kann sich schon noch die Mitgliedschaft in einem Verband leisten! Dort wird man doch nur abgezockt! Allein bei uns in der Gemeinde gibt es vier(!) Betriebe, die es so machen wie wir. Schlachten würde für uns alle fast unmöglich, wenn die Verordnung so angewendet wird, wie uns das jetzt gesagt wurde. :( :'( Keiner von denen war über die Verordnung, welche eigentlich bereits zum 01.01.2006 in Kraft sein sollte, informiert.

Um tonnenweise Gammelfleisch kümmert sich dagegen keiner so richtig - vorhandene Vorschriften werden nicht richtig ausgeschöpft, dafür kreiert man schon wieder neue...

Nach der Geschichte in Deggendorf wollte ein Kontrolleur unser Kühlhaus sehen - wir haben gar keins. In München waren im Juni angeblich auch Kontrolleure - ich frage mich, wie in der kurzen Zeit seitdem schon wieder eine schier unglaubliche Menge verdorbenes Fleisch angehäuft werden konnte. >:( :'(

Hauptsache wir haben Vorschriften! :P >:(


Mit verärgerten Grüßen

Conny

Offline mary

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #69 am: 06.09.06, 08:14 »
Hallo Conny,
Hauptsache wir haben Vorschriften, die scheinbar nur auf der einen Seite akribisch überwacht werden.
Gelten eigentlich HCCP und Dokumentation nur bis zum Schlachthof und für kleine Metzgereien und Direktvermarkter?
Ich bin bei Medienberichten immer ein wenig skeptisch, weil ich nie genau weiß, was stimmt und was nicht.
Jeder Fleischskandal scheint durch Zufall aufgekommen zu sein, scheinbar sind die Kontrollen hier anders, vergisst man als Bäuerin einmal ein Tier bei HIt -abzumelden wird man sanktioniert, verdorbenes Fleisch in Umlauf zu bringen, scheint kein so grosses Problem zu sein.
Was mich interessieren würde, was passiert eigentlich mit der Masse an verpacktem Fleisch in den Geschäften, das über das Haltbarkeitsdatum drüber geht?
Ich bin mir sicher, dass man jetzt die Kontrollen bei den kleinen Betrieben verstärken wird,
Hauptsache die hören auf, damit es oben ein bisschen luftiger wird.
Qualität und Genuss- Gesundheit, für das soll ja Fleisch stehen-
dafür haben wir zu dokumentieren, gibts Siegel und Stempel ohne Ende,
gibts scheinbar ganze Ordner voller Verordnungen und Gesetze,
scheinbar sind vor dem Gesetz halt doch nicht alle gleich.
Aber was ich nicht verstehe, wer solches Fleisch verwendet, sind dort die Geruchssinne nicht mehr Intakt, das müsste man doch sofort merken, Fleisch, dass nicht mehr frisch ist,
fühlt sich ganz anders an, riecht doch nicht mehr so.
Herzl. Grüsse
maria

Offline StanzerlTopic starter

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #70 am: 06.09.06, 18:18 »
Liebe Maria,

Zitat
Aber was ich nicht verstehe, wer solches Fleisch verwendet, sind dort die Geruchssinne nicht mehr Intakt, das müsste man doch sofort merken, Fleisch, dass nicht mehr frisch ist, fühlt sich ganz anders an, riecht doch nicht mehr so.

Für mich gibt es da nur zwei mögliche Erklärungen: entweder die Verwender gehören auch zur Fleischmafia oder es ist ihnen egal. Dass sie es nicht merken ist für mich nicht denkbar. :P


Gruß, Conny

Offline Mirjam

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #71 am: 06.09.06, 18:43 »
Hallo

@ Conny, vielleicht schafft ihr es jemanden zuständiges für den Entwurf der Durchführungsverordnung in Berlin zu erwischen, so dass noch ein Zusatz eingebaut werden kann? Noch ist die dt. Durchführungsverordnung nicht verabschiedet sondern bzgl. Stellungnahme unterwegs und ich hoffe, dass sich hier für euch eine Lösung auftut.

Für Details - zu den Ausführungen gibts hier ne Uni-Arbeit, leider sehr detailiert angelegt, aber vielleicht findet ihr hier irgendeinen Weg?

http://edoc.ub.uni-muenchen.de/archive/00005144/02/Zechel_Petra.pdf

Die EFSA und die ganze farm-to-fork Geschichte baut übrigens auf den BSE-Skandalen auf...

@ Mary: Für die Lebensmittelindustrie gibt es noch weit höhere Auflagen im Qualitätsmanagementbereich als nur das Werkzeug HACCP, sondern da gilt der "IFS = International Food Standard" nur leider wo kein WILLE ist gute Lebensmittel zu produzieren - da ist auch ein Weg an Vorschriften vorbei.

Ich glaube kaum, das vernünftige bzw. auch große Lebensmittelverarbeiter wie Nestle oder Oetker SOLCHE Ware annehmen würden - dann eher doch der Weg über halb-schwarzen Handel direkt zu Dönerbuden usw. damals die Nitrofen-Bio-Puten-Geschichte kam übrigens über Hipp heraus, die das feststellten - nicht der Staat oder gar Frau Höhn...

Selbst in der Tiernahrungsproduktion im Hause Effem/Verden Aller (Chappi,Wiskas) mit tippi-toppi Zuständen und täglichen Besucherführungen sind lange Spiegel an der Wand angebracht in Augenhöhe auf denen steht: Hier sehen sie einen Qualitätsmitarbeiter! Dort ist das Konzept bis "unten" umgesetzt: Wenn das Frostfleisch nur mit -17°C statt wie vorgeschrieben mindestens - 18°C ankommt - wird es von der Qualitätssicherung: Zurückgeschickt.

Gruß Mirjam

« Letzte Änderung: 06.09.06, 18:51 von Mirjam »
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Offline StanzerlTopic starter

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #72 am: 06.09.06, 19:35 »
Hallo Mirjam,

das ist ja nett gemeint - aber hast Du beim Bundesverbraucherschutzministerium schonmal jemanden gefunden, der zuständig ist?  ???

Wir haben jetzt einen SPD-Abgeordneten auf die Sache angesetzt - der wird sich in Berlin hoffentlich für uns einsetzen. Nächste Woche erfahren wir mehr.
Wenn's schiefgeht könnte es sein, dass es demnächst einen Räumungsverkauf für Angusrinder gibt...  >:( :( :'(
Ja - dann hören wir wirklich endgültig auf.

Auch an unser Vetamt und den Verbraucherschutzheini Dr. M. vom Bayerischen Ministerium für UGV haben wir uns gewandt - die haben zwar so getan, als würden sie sich für die Extensivrinderhalter einsetzen - aber das kennen wir ja wie das meistens ausgeht.

Übrigens: in der EU-VO steht, dass diese flexibel anzuwenden sei ("flexibel" - ein Wort, das in Deutschland gänzlich unbekannt ist). Außerdem würden die Tierschutzvorschriften unberührt bleiben. Wäre das so, müsste auch die Tierschutzschlachtverordnung (und damit die Möglichkeit zur Tötung auf der Weide) weitergelten. Ich fürchte nur, das hat bisher niemand gelesen.

Dass es nichts bringt, höfliche Anträge zu stellen, mussten wir leider schon in Sachen Ohrmarken erfahren. Zum Dank waren wir die ersten, die sanktioniert wurden. Und alle, die uns versprachen, etwas für uns zu tun, haben sich inzwischen aus dem Staub gemacht. Aber keine Angst - noch haben wir nicht aufgegeben - und wir werden sicher nicht lautlos verschwinden...


Gruß, Conny
« Letzte Änderung: 06.09.06, 19:37 von Stanzerl »

Offline Mirjam

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #73 am: 06.09.06, 21:06 »
Hallo Conny,

Hallo Mirjam, das ist ja nett gemeint - aber hast Du beim Bundesverbraucherschutzministerium schonmal jemanden gefunden, der zuständig ist?  ???

Ja, ich weiß wer zuständig ist, das Referat ist in Bonn - ich schicke dir die Kontaktdaten als PM.

Vielleicht helfen euch ja auch  folgende Infos weiter?

Aus der EU-Richtlinie:

http://europa.eu/scadplus/leg/de/lvb/f84002.htm

(...)"Die zuständige Behörde kann für die betreffenden Sektoren Sonderbedingungen für die Anwendung der genannten Hygienevorschriften gewähren, um traditionellen Herstellungsmethoden Rechnung zu tragen." (...)

und aus dem vollständigen Artikeltext:

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2004/l_139/l_13920040430de00550205.pdf

(11) Die Gemeinschaftsvorschriften sollten weder für die Primärproduktion für den privaten häuslichen
Gebrauch noch für die häusliche Verarbeitung, Handhabung oder Lagerung von
Lebensmitteln zum häuslichen privaten Verbrauch gelten. Außerdem ist es bei der direkten
Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen oder bestimmten Arten von Fleisch durch
den erzeugenden Lebensmittelunternehmer an den Endverbraucher oder an ein örtliches Einzelhandelsunternehmen
angezeigt, die öffentliche Gesundheit durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften zu schützen, und zwar insbesondere aufgrund der engen Beziehungen zwischen Erzeuger und Verbraucher.

(...)

(13) Die Mitgliedstaaten sollten über einen gewissen Ermessensspielraum verfügen, wenn es
darum geht, die Anwendung der Bestimmungen der vorliegenden Verordnung nach innerstaatlichem
Recht auf den Einzelhandel auszudehnen oder einzuschränken.
Sie dürfen die Anwendung jedoch nur einschränken, wenn sie der Auffassung sind, dass die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. /2004 * zur Erfüllung der Ziele der Lebensmittelhygiene ausreichen,
und wenn die Abgabe von Lebensmitteln tierischen Ursprungs von einem Einzelhandelsunternehmen
an ein anderes Unternehmen eine nebensächliche Tätigkeit auf lokaler
Ebene von beschränktem Umfang ist. Diese Lieferungen sollten daher nur einen kleinen Teil
der Geschäftstätigkeit des Unternehmens ausmachen, die belieferten Unternehmen sollten
sich in seiner unmittelbaren Nachbarschaft befinden, und die Lieferungen sollten sich auf
bestimmte Arten von Erzeugnissen oder Unternehmen beschränken.
*

Das Amt für Veröffentlichungen fügt hier die Nummer der Verordnung über Lebensmittelhygiene
ein (wie in Erwägungsgrund 1).

Mirjam
« Letzte Änderung: 06.09.06, 21:41 von Mirjam »
Der Kopf ist rund - damit die Gedanken auch mal die Richtung ändern können!

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Re: QM-Fleisch- Schlachtung, Dokumentation, Stempel etc.
« Antwort #74 am: 07.09.06, 05:57 »
Danke Mirjam,

ja - es gäbe auch im Hygienepaket selbst Ansätze, die es möglich machten, dass wir weiter auf der Weide töten. Du darfst mir glauben, dass ich das Ding gründlich gefilzt habe.

Die Erfahrungen, die wir in Sachen Ohrmarken machen mussten, machen allerdings nicht gerade Mut. >:(

Gruß, Conny