Autor Thema: Aufgabe unrentabler Betriebszweige auf landwirtschaftlichen Betrieben  (Gelesen 53705 mal)

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Offline amazoneTopic starter

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warum wird in der landwirtschaft so lange an unrentablen betriebszweigen festgehalten?
warum wird noch immer fleissig auf teufel komm raus milch ermolken,
die die entstandenen kosten nicht deckt?
warum wird es hingenommen, dass gerade milch jeden monat enorme kosten verursacht,
aber trotzdem weitergemacht wird, so als könnten andere betriebszweige das noch ohne weiteres auffangen?

40 % der milchbauern sind zahlungsunfähig!
aber keiner gibt es zu!

warum wird noch immer acker zu fast jedem preis gepachtet, obwohl die (preis-) erträge die pachtkosten
nicht mehr decken?

warum wird noch immer an traditionen festgehalten, die unrentabel sind?

warum tun noch alle so, als wäre alles in ordnung?

wer wirklich zu 100 % seine familie noch von der landwirtschaft ernähren kann und keine anderen einkünfte
wie z.b. mieten hat, hat entweder keine tilgungen zu leisten oder aber lebt mehr als sparsam.

wann wird auch endlich hier zugegeben, dass die meisten von der substanz leben und das es so nun wirklich
NICHT mehr weitergehen kann?
Beste Grüße von
Amazone

Offline amazoneTopic starter

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huhu milli,

die frage die du zitierst, sollte nicht nur auf die milchviehwirtschaft bezogen werden,
sondern allgemein für den ganzen betrieb.

es gibt noch mehr unrentable zweige in der landwirtschaft,
aber im moment redet eben nur jeder über die milchviehhalter  :-\
Beste Grüße von
Amazone

Offline Hamster

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Wie entscheidest DU , was rentabel und was unrentabel ist  :) ?

Liebe GRüße
Hamster
Liebe Grüße
sagt der Hamster

Offline winnipooh69

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Servus,

dass sind alles gute Fragen liebe Amazone,...nur mal eine Frage woher hast Du diese Zahlen und wie aktuell sind diese dann?

Ich denke es gibt bei vielen Bauern noch viel viel Tradition und es gibt noch viele die immer immer wieder an die "bessere und andere" Zeiten denken und noch mehr die was "erhalten" wollen was sie von Ihren Eltern bekommen haben...

Und für viele ist es der "einzigste" Ausweg wenn sie einen spezialisierten Betrieb haben.

Viele machen so weiter wie sie es gewohnt sind bzw waren...weil sie vielleicht nicht mehr lange zu ihrer Rente hinhaben...

Viele Leute haben auch Angst vor Neuen und Veränderungen und wollen es dann lieber den "jungen überlassen" wie wie aus der wirtschafltichen betrieblichen "Scheisse"(verzeiht den Ausdruck)wieder raus kommen.

Es gibt viele die Glauben an Gott und hoffen auf Besserung...

Andere fallen in den Alkoholismus oder zu anderen Drogen...

Und die ganz verweifelten beenden Ihr Leben, vor Hilflosigkeit und Not und Elend genau wie vor der Schmach der Berufskollegen und der anderen Dorfbewohner oder gar der Verwandtschaft...

Andere verkaufen oder werden versteigert und "sterben" innerlich an der Trennung vom Eigenen.

Auch wir haben momentan Abstiche gemacht und haben gerade keine Mastschweine hier stehen, weil es sich nicht rentiert, die Ferkelpreise waren zu hoch - im Gegesatz der Schlachtschweineerlös zu gering...nun hoppeln nur ein paar Häschen in den Schweinebuchten und meine Tochter hat dabei viel Spass sowie ein paar Kinder aus dem Dorf.

Es gibt aber viele die kommen aus dem "Rad des lebens" nicht hinaus und andere wollen einfach nur das Essen was sie selbst produzieren!
Das wichtigste in diesen schweren Tagen oder Jahren ist eine konpetente Beratung, ein stabiles Heim, Leute die Zuhören können und nicht immer alles besser wissen und Freunde für ein paar schöne sorgenfreie Stunden zwischen durch...

Und was sehr wichtig ist - das es noch ein Leben abseits des Hofes gibt - ein Hobby eine Leidenschaft einem was einem das Leben lebenswerter erscheinen lässt und wenn es nur die berühmten Kleinigekeiten des Alltags sind.

Das ist für jeden was anderes, für mich ist es meine Tochter, mein Mann, meine Tiere und hin und wieder nette Kontakte und mal ein kleiner Kurzurlaub zum Kraft sammeln und die Seele baumeln zu lassen!

Auch für uns sind es wirtschaftlich schlechte Zeiten für unseren Ackerbaubetrieb...aber trotz allem versuchen wir mit wenig uns ein sehr angehmes Leben zu schaffen.

Also wie man sieht 1 mensch und 1000e Gedanken!

Wünsche noch allen hier einen schönen Sonntag! ;)

Offline Luetten

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Amazone, ich könnte jederzeit in meinen alten Beruf zurück und meine Familie ernähren aber darum geht es doch gar nicht! Kannst du dir vielleicht vorstellen das ein stück Herz in jedem unserer Tiere steckt? Bestimmt gibt es Menschen die können morgen den Schlachter anrufen und dann für 300Tiere Schlachtgeld einstreichen und sich etwas anderem zuwenden! Aber ich liebe jedes einzelne Tier und erlaube mir auch eine Träne weil mein altes Huhn heute morgen gestorben ist!
LG Petra

"Urteile nie über ein Leben welches du nicht selbst gelebt hast"
« Letzte Änderung: 23.08.09, 15:09 von Luetten »
Man sollte nie mit vollem Mund über Bauern schimpfen!

Offline SuHe

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hallo,

was in einem Jahr gut ist, ist im nächsten Jahr schlecht......... usw....

die Wetterabhängigkeit.........
 
mehrjährige Durchschnitte sind zu beurteilen...

oder ist das bei euch anders ?

siehe Schweinezyklus

Preise bei Speisekartoffeln.....

und speziell bei der Milchviehhaltung: Eine Kuhherde, die über Jahre (züchterisch) aufgebaut wurde, gebe ich doch nicht so leicht auf, das ist eine Lebensaufgabe..

und.......... "die Hoffnung stirbt zuletzt!"

welche Betriebszweige laufen denn ? und wenn ja, wie lange ?

Überproduktion gibt es in allen Bereichen, hier werden derzeit Biogasanlagen und Hähnchenmast empfohlen...

die Investitionskosten sind sehr, sehr hoch........
das sollte man sich genau überlegen....., damit ist man dann auch für die Zukunft auf Jahre gebunden...., weitere Voraussetzungen müssen vorliegen...

Alternativen außerhalb der Landwirtschaft sind schwer zu finden...

da wäre dann meine Devise "weniger ist mehr" und somit bleibt (fast) alles beim Alten...

Gruß
SU

Offline Paula73

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Viele Veränderungen erfolgen Schritt für Schritt, das zieht sich schon mal über Jahre. Auch nicht jeder Industriebetrieb wird gleich geschlossen nur weil er mal ein, zwei Jahre rote Zahlen schreibt.

Offline mary

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Hallo Pierette,
mein herzliches Beileid.
Hab heute auch einen tränenreichen Anruf bekommen, weil das alte Huhn beim Eierlegen den Herztod erlitten hat.
@amazone, da müsste ich dann zuerst den vollkommen unnützen und unrentablen Haushalt wegrationalisieren.
Denn nach den Zahlen verbraucht der nur ;D ;D.
Vor 2 Jahren hättest du über Milch wohl ganz anders geurteilt und beim Getreide ebenso.
Die Betriebe, die auf eine Laufzeit von 5oo Jahren in Familienbesitz zurückblicken können- werden in ihren Chroniken bestimmt über Höhen aber auch ganz viele Tiefen etwas finden.
Aufhören geht immer nur einmal.
Ich hab mich heute was ganz anderes gefragt,
woher nimmt man immer die Kraft- mit den nicht immer einfachen Herausforderungen fertig zu werden.
Es kann einfach auch mal furchtbar nerven, nie planen zu können, weil einem die Kühe wieder einen Strich durch die Rechnung machen. Und auch bei den schlimmsten Katastrophen nie die Nerven und den Humor zu verlieren.
Auf alle Fälle schmeiss ich jeden, der mir erklärt, wie man Landwirtschaft noch mehr intensivieren und ausweiten kann-
wirklich hochkant raus :-[ :-[ :-[
herzl. Grüsse
maria

Offline amazoneTopic starter

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Servus,
dass sind alles gute Fragen liebe Amazone,...nur mal eine Frage woher hast Du diese Zahlen und wie aktuell sind diese dann?

sorry winnipooh, aber über diese "quelle" möchte ich nix sagen, ich bitte das zu repektieren.
falls du/ihr für diese angaben einen leumund braucht, fragt biobauer nach meiner glaubwürdigkeit, der kennt mich  ;)

deinen beitrag finde ich sehr gut und es sind viele gedanken und anregungen drin. danke!  :-*
ihr habt meine bewunderung für die entscheidung die schweine im moment bei diesen preisen nicht zu mästen.
mal ehrlich: wieviele denken/handeln/rechnen denn dementsprechend?

Amazone, ich könnte jederzeit in meinen alten Beruf zurück und meine Familie ernähren aber darum geht es doch gar nicht! Kannst du dir vielleicht vorstellen das ein stück Herz in jedem unserer Tiere steckt? Bestimmt gibt es Menschen die können morgen den Schlachter anrufen und dann für 300Tiere Schlachtgeld einstreichen und sich etwas anderem zuwenden! Aber ich liebe jedes einzelne Tier und erlaube mir auch eine Träne weil mein altes Huhn heute morgen gestorben ist!
LG Petra

"Urteile nie über ein Leben welches du nicht selbst gelebt hast"

hallo petra,
klar kann ich das nachvollziehen, vielleicht mehr als du ahnst. ich urteile auch über niemanden!

als mein bruder den (hochverschuldeten-) betrieb meiner eltern übernommen hat, war das erste die abschaffung der
sauenhaltung was er verändert hat.  weitere veränderungen folgten die meinen eltern und MIR sehr wehgetan haben.
der (augescheinliche- (!) ) erfolg gibt meinem bruder heute recht. aber mein zu hause ist sein betrieb nicht mehr.
die gefühlswelt kenne ich also sehr gut.

Viele Veränderungen erfolgen Schritt für Schritt, das zieht sich schon mal über Jahre. Auch nicht jeder Industriebetrieb wird gleich geschlossen nur weil er mal ein, zwei Jahre rote Zahlen schreibt.

klingt als wären gerade landwirte über jahre sehr leidensfähig.
ein industriebetrieb der jahresabschlüsse mit roten zahlen abliefert wird von banken gedrängt prozesse und abläufe zu optimieren.
die banken halten dort nicht so lange die füsse still, da die immobilien bei vielen (industrie-) betrieben (gerade als gesellschaftsform
der gmbh oder gmbh&co.kg) gar nicht so kreditwürdig sind wie viele landwirtschaftliche betriebe, die ja den acker als grundschuld
für kredite "verpfänden" können.


.......@amazone
Vor 2 Jahren hättest du über Milch wohl ganz anders geurteilt und beim Getreide ebenso.

bitte mary, wo liest du in einen meiner fragen am anfrang des threads urteile?
ich maße mir nicht an über andere zu urteilen, aber kritische fragen dürfen doch wohl erlaubt sein, oder?

Die Betriebe, die auf eine Laufzeit von 5oo Jahren in Familienbesitz zurückblicken können- werden in ihren Chroniken bestimmt über Höhen aber auch ganz viele Tiefen etwas finden.

sicher, nur waren die gründe in den letzten 500 jahren wohl ein klitzekleines bisschen anders als heute, oder?
Beste Grüße von
Amazone

Offline Paula73

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Viele Veränderungen erfolgen Schritt für Schritt, das zieht sich schon mal über Jahre. Auch nicht jeder Industriebetrieb wird gleich geschlossen nur weil er mal ein, zwei Jahre rote Zahlen schreibt.

klingt als wären gerade landwirte über jahre sehr leidensfähig.
ein industriebetrieb der jahresabschlüsse mit roten zahlen abliefert wird von banken gedrängt prozesse und abläufe zu optimieren.
die banken halten dort nicht so lange die füsse still, da die immobilien bei vielen (industrie-) betrieben (gerade als gesellschaftsform
der gmbh oder gmbh&co.kg) gar nicht so kreditwürdig sind wie viele landwirtschaftliche betriebe, die ja den acker als grundschuld
für kredite "verpfänden" können.




Warum klingt das für dich so ? Wer sagt das LW Betriebe nichts ändern wenn sie rote Zahlen auf den Jahresabschlüssen haben ?

Veränderungen bedeuten nicht automatisch die Aufgabe von ganzen Betreibszweigen, manchmal reichen auch kleinere Veränderungen um große Effekte zu erzielen. 

Offline Luetten

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Paula warum machst du dich eigentlich nicht selbstständig und lässt deinen Worten Taten folgen?
Gruß Petra
Man sollte nie mit vollem Mund über Bauern schimpfen!

Offline Paula73

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Paula warum machst du dich eigentlich nicht selbstständig und lässt deinen Worten Taten folgen?
Gruß Petra

Woraus schließt du das ich nicht selbständig bin ?

Offline ElliMaus

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Hallo amazone,
kann das sein, das du so gut über die finanzielle Situation der Bauern informiert bist, weil du schon in einer Raiffeisenbank gearbeitet hast, oder noch arbeitest? 8)

Du fragst, warum so lange an unrentablen Melken festgehalten wird. Da fallen mir, jetzt speziell aus unserer Sicht,da es sowieso bei jedem etwas anders ist, folgende Gründe ein:
-können keinen Ackerbau machen (Hanglagen, Steinreich!)
-fehlende Alternativen als Arbeitsplatz (kein Wunder bei dieser Wirtschaftslage)
-sind eigentlich so gut wie schuldenfrei (würden gerne unseren Stall modernisieren, möchten es aber dann vom Milchgeld bezahlen können. Haben auch in der Vergangenheit immer das Geld reingesteckt in unseren Hof, das wir wirklich schon hatten, denn eines unserer Prinzipien ist nun mal, das wir nicht noch für die Bank auch noch arbeiten 8)
-auch haben wir schon etliche Kosten gesenkt, die uns nun nicht mehr monatlich belasten und sollte der Milchpreis noch weiter zurückgehen, dann scheue ich mich nicht auch mal so Heilige Kühe wie die Tageszeitung oder das Fernsehen zu kündigen (Internet gefällt uns sowieso besser)
-die Zusammenarbeit mit Nachbarn und Freunden wird wieder besser ausgebaut- einer hilft den anderen und umgekehrt. Es hat sich gezeigt mit wem man zusammenarbeiten will und mit wem lieber nicht.
-ans Wachsen denken wir bestimmt nicht- kostet nur zusätzliches Geld und ich wenn bei einem Liter nichts verdient ist dann bei einer Million auch nichts.
-Pachtpreise werde eher gesenkt, weil in unserer Gegend nicht so viele Pachtwütige da sind.

So das wärs fürs erste, vielleicht fällt mir später noch etwas dazu ein, jetzt gehts sowieso erst ins "Büro" ;)

Gruß  Martina
Arbeite um zu leben und lebe nicht um zu Arbeiten!

Offline Ingrid2

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Hallo amazone,

genau die gleichen Fragen stell ich mir auch. Aber wenn ich mich bei uns so umschaue, soo schlecht scheint es den landw. Betrieben nicht zu gehen. Zumindest wenn ich mir die Maschinen-Ausstattung anschaue. Grade die Milchviehbetriebe haben den Maschinenpark stark ausgebaut. Da stellt sich für mich die Frage, woher da das Geld kommt.

Für unseren Betrieb sieht es so aus, daß wir steigende Pachtpreise nicht mehr mitmachen können, für uns rechnet es sich dann nicht mehr. Wenn die Pachtpreise tatsächlich so steigen wie grad diskutiert wird, dann werden wir wohl aus dem Ackerbau aussteigen und selbst verpachten, dann gibt es für uns diesen Betriebszweig nicht mehr (obwohl mein Mann sehr gern aufm Acker ist ;)).

Ingrid

Offline Luetten

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Am 16.3. wolltet Ihr Euch nach deinen Aussagen einen Resthofkaufen was sich aber hinzog....damals stands du nach deiner Aussage noch in einem Arbeitsverhältnis, 3Mo. Kündigungsfrist und dann noch den Resthof umbauen... Paula ich gönne Euch jeden Schritt den Ihr tut, darum geht es garnicht aber glaube mir die Realität sieht manchmal anders aus und Ihr braucht auch keine Verantwortung für Kinder übernehmen, das macht auch vieles leichter.
LG Petra
Man sollte nie mit vollem Mund über Bauern schimpfen!