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Kindheit auf dem Bauernhof - Lust oder Frust?
mara51:
Hallo,
also ich bin auf keinem Bauernhof aufgewachsen, aber ein *minibissle* Landwirtschaft hatten wir auch. 2 Äckerle und Wiesen.
Bei meiner Dote u. Dete haben wir auch auf dem Feld geholfen. Gerne habe ich das meistens nicht gemacht, aber ich mußte halt.
Das ging so bis ich 12 oder 14 Jahre war. Dann hatten wir nur noch unseren Krautgarten. Aber wenn meine Brüder oder ich am Wochenende spät heimkamen, war am nächsten morgen um 7 spätestens 8 Uhr die Nacht um. Mein Vater sagte immer, wer feiern kann, kann auch aufstehen. Punkt um so war das.
Unsere Kinder mußten auch immer mal wieder auf einiges verzichten. Durch mein Schichtdienst und den meist nicht pünktlichen Feierabend sind sie einfach nicht von zu Hause weggekommen.Bis unsere Kinder 16 J waren, sind sie jedes Jahr 2 Wochen in eine Freizeit mitgegangen. Aber ich glaube, geschadet hats ihnen nicht.
mary:
Hallo Swissbäuerin,
beim Lesen deines Beitrages sind mir auch viele schöne Erinnerungen aus meiner Kindheit wieder ins Blickfeld gekommen.
Die grosse Freiheit, in den Wäldern und der Natur so vieles erfahren, gesehen und entdeckt zu haben- unser Hof stand neben einem Bach- Fische fangen, darin zu baden, wenn das Wasser auch seeeehr kalt war, mit aufgeblasenen Reifen Flösse zu bauen-
Baumhäuser und vieles andere.
Lesen- das war bei mir auch so ein Thema- ich hab viele Bücher unter der Bettdecke mit der Taschenlampe gelesen- besonders an die Karl-May-Bände hab ich da wunderschöne Leseerinnerungen. Für mich ist ein Teil der Kindheit zusammengebrochen, als ich mitbekommen hab, dass dies alles in der Phantasie von Karl May entstanden ist.
Der Traum vom Pferd hat sich zwar nicht erfüllt, aber ein Zwergesel, wir bekamen als Kinder die kleinen Zwilligslämmer von einem Schäfer, habe die Schäfchen mit der Flasche aufgezogen, sie waren so zahm und anhänglich, wir konnten die an einen Leiterwagen anspannen und spielten damit tage- und wochenlang Landwirtschaft.
Das grösste Geschenk, dass uns die Eltern gemacht haben- ja zu mehreren Kindern gesagt zu haben- ich war die Älteste und fand meine Geschwister als Kind auch manchmal lästig- aber ich empfinde sie als wahren Schatz fürs Leben.
Die Gastfreundschaft in unserem Elternhaus, auch wenn meine Eltern sehr sparsam waren- besonders meine Mutter hatte die Gabe aus wenig ganz viel zu machen.
Ich erinnere mich an Kartoffel auflesen, an Rüben verziehen und hacken, an viele Arbeiten, die es zum Glück heute nicht mehr gibt-
aber es gab auch nach den erledigten Arbeiten Raum zum Feiern, Zeit für ein Kartoffelfeuer, die Ausflüge- in die Gastwirtschaft zu gehen, war was ganz besonderes, meistens wurde ein grosser Picknickkorb mitgenommen und eine Decke an einem schönen Platz ausgebreitet.
Die Liebe zur Natur hab ich durch meinen Vater erfahren, wie er mit den Tieren umgegangen ist, seine Liebe zum Boden, zur Landwirtschaft- sein intuitives Wissen über Zusammenhänge, die man damals noch gar nicht wissen konnte.
Der sparsame Umgang mit den Ressourcen ist uns als Kinder nahe gebracht worden, damals war das sicher noch kein gesellschaftliches Thema.
Und erst heute kann ich auch erkennen, dass die Verantwortung, die selbstverständlichen Pflichten- das Mithelfen- eine sehr hilfreiche Mitgift fürs Leben geworden ist.
Diese Erfahrungen - haben mich wohl so geprägt, dass ich selbst wieder Bäuerin geworden bin.
Ich kann aber erst heute wirklich ermessen, was meine Eltern, besonders meine Mutter geleistet haben.
Heute stehe ich in der Mitte- die eigenen Erfahrungen hab ich versucht an die eigenen Kinder weiter zu geben, inzwischen gibt es wieder eine neue Generation- ich hoffe, dass da auch noch Raum und Platz ist für ein wenig dieser freien Kindheit- und nicht nur Computer, Handy und sonstiger technischer Schnickschnak das Leben bestimmen werden.
Herzliche Grüse
maria
Swisslady:
wir mussten als Kinder viel helfen, mein Vater hat zusätzlich auswärts gearbeitet und mein Grossvater war sehr bestimmend, die Arbeiten die wir machen mussten waren grösstenteils mit Frust verbunden, leider, weil so verbissen gearbeitet wurde. Im Stall war ich aber sehr gerne, am liebsten hätte ich dort selbständig gewurstelt, aber das durfte ich dann doch auch nicht. Aber Feldarbeit, wie Rüben jäten und verziehen, ernten von Hand, Heu auf Heinzen beigen und Heu von Hand wenden, puh war das eine Qual für mich. Ich wurde auch immer kritisiert ich würde mit so steifem Rücken dastehen etc.....
Ich habe erst als Bäuerin selbst bemerkt, zum Glück, dass Feldarbeiten auch Spass machen können. Es steht auch nicht mehr soviel Handarbeit an und mein Mann ist nicht ein verbissenes Arbeitstier.
Die Lust auf dem Bauernhof waren für mich ganz klar die Tiere, die paar Tage Ferien die meine Eltern für unsere Familie ergattert hatten, Das spezielle Znüni beim Zuckerrüben verladen (damals noch in den Bahnwagen),vielleicht später noch mehr, wir wollen essen. ;)
Hopfi:
Wir Bauernkinder (70er Jahre)standen früher stark im Schatten des Modernen. Es weckte in meinem Inneren negative Gefühle - obwohl ich nie
getauscht mit dem Leben anderer hätte. Auf unserem Hof wurde gespart, damit er in die nächste Generation gelangen konnte.
mary:
Ich hab im vergangenen Winter ein paar der Bücher von Ulrike Siegel gelesen- da war mir sehr vieles vertraut.
@gammi, ja es stimmt- als Kind hab ich immer die Kinder bewundert, die nichts zu Hause tun mussten, die alles bekamen, was sie sich wünschten, mit einigem Abstand sehe ich es heute ganz anders.
@Hopfi, was mir so über die Zeit aufgefallen ist- früher wurden Bauernkinder eher als rückständig, ........ von Schulkameraden, aber auch von Lehrern - behandelt- vor 1o Jahren gab es viele Bauernkinder, die nicht mehr in die Schule gehen wollten, weil sie dort einen Spiessrutenlauf durchmachten,
blöder Bauer ist auch heute noch ein gebräuchliches Abwertungswort unter den Kindern-
und mir kommen Bäuerinnen und Bauern manchmal vor wie in der Geschichte mit dem Esel-
sie wollen es recht machen, aber egal wie sie es anstellen, es wird immer kritisiert.
Also hilft nur- es so zu machen, wie es der eigenen inneren Überzeugung entspricht.
Was mir weiter auffällt, wenn Leute mit viel Geld ein Sacherl oder einen Hof kaufen, dann hat bäuerliches Leben plötzlich einen hohen Stellenwert.
Herzl. Grüsse
maria
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