Ein interessantes Thema!
Meine eigene Kindheit auf dem Bauernhof beurteile ich rückblickend überwiegend positiv.
Als Kind habe ich das Leben mit den Kühen, Pferden in vollen Zügen genossen, ich kannte alle Tiere und habe sie immer gerne gehegt und gepflegt.
Nach dem Wechsel auf das Gymnasium in der nächstgrößeren Stadt verschwieg ich meine Herkunft aber zunächst so gut es ging. Mir kam es damals vor, als sei es bei Kindern schick, Bauernkinder zu verspotten. Mit einsetzender Pubertät bot ich eine gute Zielscheibe für Hänseleien und Spott, so dass ich Hof und Landwirtschaft häufig verflucht habe und mich dafür schämte, zu Hause manchmal mitarbeiten zu müssen.
Erst im Alter von etwa 16 Jahren ging es aufwärts. V. a. der Eintritt in die Landjugend brachte einen enormen Selbstbewusstseinsschub. Und plötzlich war es auch bei den Mitschülern interessant, dass ich schon Trecker fahren durfte, mein eigenes Pferd zu Hause halten konnte, mit Kühen an Wettbewerben teilnahm etc. Ich lernte mich durchzusetzen, wenn es nötig war, und meine Meinung war plötzlich gefragt.
Die Kindheit meiner Kinder auf dem Hof sehe ich heute allerdings aus einem ganz anderen Blickwinkel.
Unser heutiger Betrieb ist wesentlich einseitiger strukturiert als es der meiner Eltern damals war. Früher kamen so viele Leute tagtäglich auf den Hof, es gab aktive Nachbarschaftshilfe, wir Kinder hatten unsere Rückzugsmöglichkeiten, Platz für Hasen, Pferde, Ziegen etc.
Heute arbeiten wir überwiegend für uns allein, haben nicht nur deshalb viel Stress und bestimmt Hektik sehr oft den Arbeitsalltag. Die Kinder da mitzunehmen und ihnen bestenfalls auch noch Freude an der Landwirtschaft zu vermitteln, gelingt oft nicht hinreichend. Für gemeinsame Aktivitäten fehlt sowieso häufig die Zeit, einen Helfer für den Betrieb zu finden erscheint fast unmöglich.
Ob unsere Kinder ihr Aufwachsen auf dem Betrieb daher irgendwann mal so zu schätzen wissen wie wir selbst? Ich bin da skeptisch und hoffe es doch...