Autor Thema: Ein Platz zum Trauern?  (Gelesen 13759 mal)

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Offline Farmerin

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #15 am: 23.05.17, 18:47 »
Am Grab bin ich (in der Regel) allein und ungestört. Manchmal brauche ich das. Es ist ein Time-out - ein bewusstes Hingehen, in Gedanken sein, stumme Zwiesprache halten, auch mal weinen. Mal brauche ich das häufiger, mal weniger. Eine der drei Töchter macht das auch öfters. Der Sohn wohl nie. Ist bei uns aber höchst einfach - Kirche und Friedhof sind in Sichtweite und in 3 Minuten erreichbar.

Offline gammi

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #16 am: 23.05.17, 18:49 »
Bei uns auf dem Land ist die Grabpflegevergabe noch sehr schwierig. Die Gärtner übernehmen zwar das Anpflanzen, aber nicht das giessen oder sonst regelmässige Betreuung.
Bisher wird es dann oft von anderen Dorfbewohnern gemacht, die auch mal "fremde" Gräber giessen, weil sie wissen, dass niemand in der Nähe wohnt. Aber das ist halt auch nicht wirklich das Richtige.
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Offline fanni

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #17 am: 23.05.17, 19:41 »
also für mich wäre es unvollstellbar keine gräber zu haben, die ich besuchen kann.

unser familiengrab, das seit vielen jahren zu uns gehört ist sowas wie mein außenwohnzimmer. ich hoffe ich werde dann auch mal besucht, wenn ich mal drinnen liege.

diese kultur, mit der bin ich aufgewachsen und ich finde das gut für mich.

solange die trauer aber noch frisch ist helfem mir rituale, kerze anzünden, innehalten, musik hören, dazu brauch ich jetzt nicht das grab,
aber ich weiß ja wo derjenige zu finden wäre.........

nicht vorstellen mag ich mir so situationen für die zurückgebliebenen, wenn einer eben kein grab bekommen kann, z.b. flugzeugunglücke, vermisst sein oder so,

Herzliche Grüße von Fanni

Offline Marina

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #18 am: 23.05.17, 19:46 »
Als mein Vater vor fast 30 Jahren von jetzt auf gleich starb, bin ich lange Zeit fast
jeden Tag an seinem Grab gewesen. Ich habe das für meine persönliche Trauerarbeit
gebraucht. Mit den Jahren ging ich nicht mehr so oft hin. Mittlerweile nur noch ab und
zu. Ich könnte mir aber nie vorstellen, für nahe Angehörige kein Grab zu haben.
Ob Urnen- oder Erdbestattung ist mir egal, aber einen Ort zum Trauern brauche ich
persönlich schon.

Gruß
Marina

Offline Margret

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #19 am: 23.05.17, 19:51 »
Nach meinen bisherigen Erfahrungen (Vater verstarb vor drei Jahren recht unerwartet) brauche ich eher kein Grab zum Trauern. Ich für mich.
Für meine Mutter ist es anders,  wahrscheinlich auch für den Bruder. Wobei ich oft denke, das Grab belastet sie auch sehr (arbeitsmäßig und sehr stark auch gefühlsmäßig), aber es war keine Frage für sie,  dass es ein normales bepflanztes Grab wird. Etwas anderes wäre unvorstellbar für sie. Sie trauert da sehr,  was ich oft für sie eher noch schwerer machend finde. :'(   
Übrigens habe ich als kleines Schulkind auf dem Heimweg immer mit Ehrfurcht ganz selbstverständlich das Grab der Oma gegossen. Bin also nicht völlig "fremd" damit.

Ich weiß natürlich nicht, wie es wäre, wenn mein Mann oder Kind versterben würde. Ich vermute,  dass mir da das Grab auch nicht so viel gäbe, aber das kann man halt nicht ausprobieren vorher sondern muss rasch entscheiden...


Bei uns ist der Verstorbene durchaus oft in den Gesprächen und Gedanken dabei. Man weiß, was er worüber gedacht hätte usw. und da wird darüber geredet.  Das finde ich für mich viel besser als das Grab. Lebendigere Trauer.

Aus all den o.g. Erfahrungen bin ich mir noch nicht ganz sicher, was ich für mich wünsche - aber ziemlich. Möchte es meiner Familie so sagen (wenn ich mir ganz sicher bin), da dieses Wissen bestimmt sehr entlastend ist.

Habe keine so positiven Erfahrungen gemacht mit dem "Grabkult" und dem Getue/Vergleichen/Schämen usw. wegen "den Leuten".  Das wird zwar sicher weniger mit den Jahrzehnten,  da die Gesellschaft sich verändert, aber es nervt mich.

Margret

« Letzte Änderung: 23.05.17, 19:54 von Margret »

Offline hosta

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #20 am: 23.05.17, 20:10 »
Zum Trauern und Erinnern brauche ich das Grab nicht. Dafür gibt es viele kleine Begebenheiten und Gegenstände
im täglichen Leben.

Aber das Grab gehört zu meinem Leben. Ich empfinde die Pflege auch nicht als Belastung. Hab heute gerade die Neuanpflanzung
gemacht.Pflegeleicht. Wird auffallen. Aber das interessiert mich nicht.

Der Gang zum Friedhof, wie Martina schon schrieb, ist auch eine Auszeit. Die Ruhe tut schon gut.
Herzlichst hosta

Offline Wiese

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #21 am: 23.05.17, 20:27 »
Die Ausgangsfrage von Cara war für mich eigentlich, ob Ihr ein Grab braucht als Platz für Eure Trauer.
Das hat für mich zumindest- nichts damit zu tun, ob oder warum ich gerne oder nicht gerne auf den Friedhof gehe.



gatterl, ich finde einen Platz zum trauern braucht jeder. Und jeder geht anders mit der Trauer um. Einem hilft es ans Grab
zu gehen, andere trauern zu Hause. Manche erstarren in der Trauer und sind untröstlich und brauchen manchmal auch Hilfe.

Dazu ein Bibeltext, der mir geholfen hat, als mein Vater kurz vor meiner Hochzeit
überraschend gestorben ist. " Weinen hat seine Zeit und Lachen hat seine Zeit. Verlieren hat seine Zeit und Suchen hat seine Zeit"
Wer sich heute freuen kann,soll nicht bis morgen warten.
                     " Pestalozzi "

Offline Anneke

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #22 am: 23.05.17, 22:56 »
Hab heut untertags eure verschiedenen Ansichten zu diesem interessanten Thema schon verfolgt und mich gefragt: "Brauche ich ihn?"
Bin auch unentschossen. Direkt zur Zwiesprache glaube ich weniger. Nach dem Unfalltod meines Bruders bin ich nur nachts an sein Grab, wollte dort allein und unbeobachtet sein, vielleicht hat sich mancher gewundert, war mir egal, zu der Zeit war mir alles egal. Irgendwie konnte ich ihm dort nahe sein, er fehlte mir so sehr, obwohl ich schon ausgezogen war.
Und das Grab meiner SE pflege ich sehr gerne, es dient mir irgendwie schon zum Gedenken, hatte gutes Verhältnis zu ihnen.

Mit Grabkultur hatte ich als Kind und Jugendliche aber keinerlei Berührung, das Familiengrab war im Nachbarort, bin da nie hingekommen, Großeltern lebten noch, hatte da gar keinen Bezug. In den Gottesdienst gingen wir immer anderswo, nicht zur Pfarrei gehörig.

Ich kann die Frage nicht wirklich für mich beantworten, hm....?? Aber wahrscheinlich schon
« Letzte Änderung: 23.05.17, 22:58 von Anneke »
Zuviel nachdenken ist wie schaukeln, man ist zwar beschäftigt, kommt aber keinen Schritt weiter

Offline pauline971

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #23 am: 24.05.17, 08:28 »
Ich selbst bin froh, dass ich ans Grab der Eltern und Schwester gehen kann. Diese Besuche, als meine Schwester gestorben ist, haben mir sehr geholfen. Hab damals die Ruhe sehr genossen und das Beschäftigen mit den Blumen war mir Trost. Hab immer ihre Lieblingsfarben gepflanzt. Für mich selbst wenn ich mal sterbe, muss es kein Grab sein. Mein Mann und ich haben keine Kinder und niemanden, der das Grab mal pflegen wird.
Aber direkt ein Platz zum Trauern.... naja, da ist für mich das Grab nicht alleine ausschlaggebend.

Mitleid bekommt man geschenkt, Neid muss man sich hart erarbeiten

Offline suederhof1

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #24 am: 24.05.17, 08:34 »
Mein Platz zum Trauen ist der weite Himmel,oder das Meer, der Wald oder die Berge.
Da bin ich mit mir und der Welt alleine. Da kann ich trauern, weinen, ohne irgendwieoder wen gestört zu werden.

Ich brauche kein Grab um an jemanden zu denken und um ihn trauere.
Eigentlich ist das nur für die anderen , damit das Gerede nicht so gross wird.

Bei Seebestattungen gibts auch kein Grab.

Jeder muss für sich die beste Möglichkeit finden.

Offline caraTopic starter

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #25 am: 24.05.17, 08:51 »
Bei uns in der Zeitung war letzte oder vorletzte Woche ein Bericht zu den Seebestattungen, bzw. dass da zweimal im Jahr ein "Trauerboot" rausfährt zu den "Begräbnisplätzen".
Eben für die Leute, die den Platz brauchen, um dem Verstorbenen nah zu sein.

Mein Vater hat ein pflegeleichtes Rasengrab, eben auch weil keins der Kinder mehr vor Ort wohnt. Wir haben trotzdem ein paar Krokusse gesetzt und Veilchen gepflanzt, da nur Rasen etwas eintönig ist - zumal der sicherlich besser gepflegt sein könnte, dass ist mehr Kraut als Gras..
« Letzte Änderung: 24.05.17, 12:10 von cara »
LiGrüss cara

It's a magical world, Hobbes, ol' buddy...
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Offline muliane

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #26 am: 24.05.17, 11:09 »
Mein Vater hat sich zu Lebzeiten für eine Erdbestattung entschieden.
Die Wahl der Grabanlage konnte die Mutter treffen.
Zum Trauern/Erinnern  brauch ich keine Grabstätte.
Um die Pflege zu gewährleisten wird das Grab dann irgendwann flächendeckend abgedeckt werden.
"Großer Geist, bewahre mich davor, über einen Menschen zu urteilen, ehe ich  nicht eine Meile in seinen Mokassins gegangen bin."
(Indianerweisheit)

Offline Maja

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #27 am: 24.05.17, 11:45 »
Seine Trauer nimmt man überall hin mit.
Ob ein Grab oder keins, das ist nicht ausschlaggebend für das Trauern.
Trotzdem war, nach dem Tod meines Vaters ganz speziell, der Platz an dem erliegt für mich besonders wichtig.
Es war mir manchmal als würde er mich rufen und wenn ich an seinem Grab stand hörte ich ihn sagen:" Schön dass du da bist und nach mir schaust , aber jetzt geh wieder und mach deine Arbeit".
Dann war ich wieder getröstet.
Der Platz ist für mich wichtig. Meine SM und eine Schwägerin sind im Friedwald bestattet. Ich war da nie mehr.
Auch mein Mann nicht.
Da ist das Gedenken anders. Immer wenn wir uns mit den Geschwistern treffen, trinken wir den Lieblingssekt der Beiden und stoßen auf sie an.
Stellt euch mal vor , man würde auf dem Friedhof mit Sekt anstoßen.  :o
In anderen Ländern wäre das möglich da nimmt die Familie Essen und Trinken mit und trifft sich am Grab.

Offline annelie

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #28 am: 24.05.17, 16:31 »
Gerade am Friedhof sind mir die Toten nicht nahe, meiner SM hat es gegraust, dass sie mal ins Grab kommt, zu kalt, zu nass und zu dunkel.... Mein Vater war auch kein Friedhofsgeher, ich denke das Wissen, dass das mal seine letzte Ruhestätte ist, hat ihn nicht erfreut. Nahe sind mir die Verstorbenen in alltäglichen Situationen oder da wo sie gerne Zeit verbracht haben, wo sie daheim sind. Das was den Menschen ausmacht(e), seine Seele, ist nicht im Grab (eingesperrt).
Einen Platz zum Trauern brauchte ich bisher nicht, denn ich trage meine Trauer in mir und in meinen Gedanken.
Vergangenheit ist Geschichte,
Zukunft ist ein Geheimnis
und jeder Augenblick ist ein Geschenk.

Liebe Grüße
Annelie

Offline Maja

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Re: Ein Platz zum Trauern?
« Antwort #29 am: 25.05.17, 12:04 »
Ja annelie
im grossen ganzen hast du recht
es ist nur die hülle die da liegt. Was den Menschen ausmacht der geht, ist in unseren Herzen.  Trotzdem ist auch die Hülle ein Teil das wert hat