Alte Hofgeschichten
Unser Hof hat zwar keinen Hofnamen, in unserer Gegend ist dies eher selten, aber wir besitzen eine Chronik bis vor 1700 zurück. Ein Onkel meines Mannes hat in seinen Jugendjahren von ca 1920 bis 1940 vieles zusammengetragen, er fiel im Krieg 1944 .Nun haben wir mithilfe des PC diese Chronik weitergeführt. Wir finden es hochinteressant, wie die Vorfahren so gelebt haben und was alles bedacht wurde bei der Übergabe, was man auch aus den jeweiligen Übergabekunden rauslesen kann. Der Onkel hat unermüdlich von Staatsarchiven und aus Kirchenbüchern Abschriften angefordert. Eine der ältesten davon möchte ich nachfolgend abdrucken. Wir haben uns mit der deutschen Schrift und den altertümlichen Ausdrucksweise schon gut auseinander gesetzt, um die Abschriften lesen zu können. Wer ähnliches aus anderen Gegend hat, wäre auch schön davon zu lesen.
ÜBERGABEURKUNDE DES FÜRST STIFT KEMPTISCHEN PFLEGEAMT
Actum, den 27. März 1769
Anna Maria Hänselerin, des Joseph L. selig zurückgelassene Wittib zu St. der Pfarrei S., nachdem dieselbe dem Guth und Hauswesen mit Nutzen länger vorzustehen sich nicht mehr getraut, übergibt dato ihr bisher eingewechselt bischöflich, jedoch inzwischen dem hochfürstlichen Stift Kempten lehnbares Gut,
als Haus und Hof, Bainden, Äcker, Gärten, Wiesen , Holz und Feld, wie vorhanden s.v. Hab und Fahraus Fahrnis , G'schiff und G'schirr, Früchten im Haus und Feld, überall nichts als 2 Kleidertruchen,
1 Kleiderkasten, Bet und Betstatt, den vorhandenen Flax (Flachs),auch Leyn (Leinen) und Ehewerk hiervon ausgenommen und beschichet der Kauf mit all dessen Recht und Gerechtigkeit auf Nutzen und Beschwerden gegen ihren freundlichen und lieben Sohn Hannß Jörg L. umb 1575 fl= Gulden also und dergestalten, daß ihn hieran vor sein Heuratsgut 275 fl abgeben,sodann er auf kommende heilige Lichtmeß 1770 bar 750 fl bezahlen, den Rest mit 430 fl aber mit 25 fl Zihl auf Georgi 1771 anfangend erlegen und also contunieren sollen, bis der Kaufschilling vollkommen abgefihrt (sezu..) wirdet.
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Zur Leibgeding hat sich die Mutter ihr vorbehalten 4 Virtel Korn, 4 Virtl Roggen, 6 Virtl Haaber, 2 Immen Bohnen,1/2 Virtl Salz,25 Pfd. Schmalz, 2 Pfd. Licht, von Georgi bis Martini täglich 1 Maß, die übrige Zeit
alle Tag 1/2 Maß gute Milch, 12 Reithen Flax, 100 Ayer, 2 Virtl Erdäpfel, quartaliter 1 fl Bußgeld, den
4.ten Teil Obst, ein Stränglein im Krautgarten nutzen zu lassen, Kraut und Rüben auf Nothdurft,
jährlich ein Paar s.v. Schuh, ein Paar Sohlen, 2 Klafter Holz und 2 Fuhr Waßen vor die Tür zu stellen,
wann man metzget 20 Pfd. Fleisch und wann man nicht schlachtet 1fl (= Gulden) davor.
Wann die Mutter und der Sohn in einer Stuben sich nicht betragen könnten, so müßt der Sohn auf seine Kösten das hintere Stüblein in wohnbaren Stand stellen, in welchen dann auch die lödigen Geschwistrige, solang sie lödigen Standes seyend, den landesüblichen Wünkel, bei deren Verheiratung
hat der Gutsbesitzer jedem Geschwistrigen einer s.v. Kue (Kuh) die 3.te Wahl im Stall zu lassen, vor der Ausfertigung 50 fl zu bezahlen, und jedem Truhe und Casten machen zu lassen, die Morgensuppe aufzuhalten,auch Schneider und Neherin das Essen zu geben
Dessen seyend Zeig (Zeuge) und gegenwärtig
Jonas Geisenhofer, Pfarrer =Amman zu S.
Jörg Staiger aus G. (Schwiegersohn von Anna L.)
Michl Bestler zu St. ( Schwiegersohn)
und der Käufer selbsten. ( Sohn Joh. Georg )