Familie und Co. > Familienbande
Familienaufstellung nach Hellinger
Birgit S.:
Ich bin erst kürzlich hier auf dieses Thema gestoßen.
Soweit ich Eure bisherigen Beiträge gelesen habe, überwiegt eine etwas negative Einstellung gegenüber Familienaufstellungen, vor allem in Anlehnung an die Therapie von Bert Hellinger.
Ich möchte das ganze nochmal aufleben lassen und meine Erfahrungen kundtun.
Nur kurz zu meiner Vorgeschichte (bitte entschuldigt meine Offenheit, aber ich bin es gewöhnt, offen über solche Dinge zu sprechen):
Ich hatte keine sehr rosige Kindheit. Tod, Krankheit, Gewalt und Ohnmacht begleiteten mich ab meinem zweiten Lebensjahr. Was zur Folge hatte, dass ich von Zeit zu Zeit immer wieder an Angstzuständen, Panikattacken, Depressionen und folglichen Ess-Störungen litt.
Vor ca. 12 Jahren wandte ich mich auf Anraten meines HA an die Caritas und bat um eine Gesprächstherapie.
Dort lernte ich Theresia kennen, die als Familientherapeutin bei der Caritas arbeitete.
Sie war damals die einzige, die es verstand, mich auf die Ursache meiner Probleme zurückzuführen. Nach jeder Sitzung bei ihr war mir, als hätte ich Schwerstarbeit geleistet. Sie begleitete mich einfühlend bei meiner nachträglichen Trauerarbeit. Sie hörte oft einfach nur zu und gab mir aber trotzdem immer im entscheidenden Moment den Anstoß in eine für mich gesunde Richtung gehen zu können.
Ich bin froh, dass ich Theresia damals "gefunden" habe und gönne meiner Seele auch jetzt noch hin und wieder eine Wellness-Stunde bei ihr (obwohl ich es nun nicht mehr nötig hätte :)).
Aber nun zum eigentlichen Thema:
Ich wollte mehr für mich und meinen Seelenfrieden tun und fragte Theresia nach einer Gruppe, wo man sich gegenseitig über psychologische Themen und Erfahrungen austauschen könnte.
Sie bot mir an, zur Familienaufstellung zu kommen - eine Gruppe, die sie damals schon ca. vier Jahre geleitet hatte (das dürfte nun auch schon wieder fünf Jahre her sein).
Theresia macht das in Anlehnung der Theorien von Bert Hellinger, ob sie sich jedoch strikt an seine Methoden hält, danach habe ich sie nie gefragt. Ich habe mich mit der Person Hellinger auch nie auseinandergesetzt, oder mich mit seinen Machenschaften befasst.
Für mich war nur wichtig, was innerhalb der Gruppe abläuft und welche Auswirkungen es für den ein oder anderen gebracht hat. Und ich muss sagen, dass ich heute nach wie vor beeindruckt bin, welch starke, ungeahnte Energien zwischen den einzelnen Teilnehmern der Aufstellung fließen und welche positiven Veränderungen sich zeigen, auch wenn sie oft erst nach Monaten sichtbar werden.
Ich bin nun eine derer, die am längsten bei der Gruppe sind, weil es mir einfach gut tut und ich merke, dass ich immer festere Wurzeln schlage. Ich lerne Menschen und ihre Eigenheiten besser einzuordnen und folglich besser damit umgehen zu können.
Ich könnte mittlerweile Bände darüber schreiben, welche Schicksale die Leute erfahren mussten und später mit Krankheiten oder Beziehungsproblemen zu kämpfen haben, aber die Ursache ihrer Leiden nicht kennen. Leute, die dann nach der Aufstellung irgendwann plötzlich keine Allergien mehr hatten, welche die kurz vor der Scheidung standen und doch wieder zusammengefunden haben, aber auch welche, die endlich den Mut fanden, sich vom gewalttätigen Partner zu trennen......
Damit es jetzt nicht zu lange ausartet:
Ich bin der Meinung, dass man mit Familienaufstellungen eine Methode gefunden hat, neue Perspektiven für sein Leben zu erlangen und eine Ordnung für sich und seine Familie zu finden, in der man Ruhe und Kraft erfahren kann.
Andererseits kann ich mir gut vorstellen, dass im Bereich von Sekten oder ähnlichen Gruppierungen diese Methode auch leicht missbraucht werden kann.
Es gibt so viele Dinge im Leben, die bei sachgemäßer Behandlung einen großen Nutzen für die Menschheit bringen und bei unsachgemäßer Behandlung eine große Bedrohung darstellen können.
Die Voraussetzung dafür liegt zweifelsohne am Therapeuten und aber auch am Teilnehmer.
Bei uns in der Gruppe muss keiner etwas sagen, wenn er das nicht will (ausser dass man sich anfangs mit dem Vornamen vorstellt), keiner wird dazu verpflichtet sich als Stellvertreter aufstellen zu lassen, wenn er das nicht will.
Das einzige, dessen man sich bewusst sein muss ist, dass man vielleicht an schmerzhafte Gefühle gestoßen wird, die man wirken lassen sollte, sodass sich eine Änderung ergeben kann.
So, jetzt hat die/der eine oder andere von Euch eine kleine Abendlektüre zum lesen und ich mir meine Meinung über Familienaufstellung von der Seele geschrieben ;).
LG
Birgit (...die Neue ;D)
em:
hallo birgit,
na da bin ich aber froh, dass sich jemand betroffenen, bzw jemand, der eine aufstellung schon gemacht hat, sich zu wort meldet.
ich vermute, dass es sehr wichtig ist, nacher weiterbetreut zu werden, nach einer aufstellung, und dann nicht allein gelassen zu sein,
liebe grüsle,
em
Birgit S.:
@em
Ich denke, man muss das von Fall zu Fall individuell für sich selbst entscheiden, ob es notwendig ist, dass man eine weitere Betreuung nach der Fam.aufstellung braucht.
Im voraus kann man nie sagen, was sich bei der Aufstellung herauskristallisiert und wie heftig es auf die Teilnehmer bzw. den Aufsteller wirkt.
Natürlich ist es gut, wenn man weiß, dass da jemand ist, an den man sich wenden könnte, wenn's denn wäre.... .
Ich denke, man kann das ganze irgendwie mit einem Zahnarztbesuch vergleichen, man hat einfach ein mulmiges Gefühl, man weiß nicht recht, was kommt da auf mich zu - wird's wohl sehr weh tun... :-\...?
Und später geht man raus und denkt sich - "hat ja gar nicht gebohrt ;D !!"
So gehts jedenfalls den meisten von unserer Gruppe - jeder hat etwas Lampenfieber vor der Aufstellung (ich auch) und im nachhinein ist man froh, dass man's gemacht hat.
Ich erfahre es immer wieder, dass manche zur Fam.aufstellung kommen und schon bei der "Guten-Morgen-Runde" von sich geben, dass ihnen hundeelend zumute ist und sie schon gar nicht kommen wollten. Und bei der Abschlussrunde haben sich die Gemüter dann um 180 Grad gewendet und diejenigen sind dann meist wie umgewandelt und haben wieder Freude in ihren Gesichtern.
Und - ob weitere Betreuung oder nicht - das wichtigste nach einer eigenen Aufstellung ist, dass man das letzte "Lösungsbild" ganz fest in sich behält und es wirken lässt.
Es braucht sonst nichts - man muss nicht (sollte man auch nicht) die ganze Aufstellung nochmal Revue passieren lassen und alles analysieren.
Immer, wenn man merkt, dass es einem nicht so gut geht und man wieder nach alten Mustern lebt und sich verstrickt, sollte man sich einfach nur wieder das letzte "Bild" der Familienaufstellung ins Gedächtnis holen.
Das Gefühl des "allein gelassen sein"'s nach der Aufstellung kam bei mir Dank der Gruppe nicht auf. Man trifft sich zwar nur so ca. einmal im Monat, man kennt sich nicht oder kaum (nur vom Vornamen her), aber man spürt trotzdem einen großen Halt in der Gemeinschaft - fühlt sich an wie eine große Familie, wo jeder sein mehr oder weniger großes Päcklein zu tragen hat.
Liebe Grüße
Birgit
manurtb:
Kenn mich ja nicht so aus, ich stells einfach mal rein.
Irmela Wiemann über Bert Hellinger: http://www.familienaufstellen.org/criticism/wiemann.htm
pah:
Hallo, ich bin neu hier und habe mit Interesse dieses Diskussionsthema gelesen.
Auch ich habe im November letzten Jahres drei Tage (Freitag bis Sonntag) und im März dieses Jahres einen Tag lang (Nachbereitung) ein Seminar über Familienaufstellung mitgemacht.
Die Therapeuten (ein Mann und eine Frau) bieten schon seit Jahren zweimal im Jahr solche Aufstellungen an. Dabei muss ich betonen, dass diese Aufstellungen modifiziert und nicht zu 100% nach Hellingers Grundsätzen ablaufen. So wird niemand nach solch einem Seminar sich selbst überlassen (Nach dem Motto: Friss oder stirb), sondern bei Bedarf betreut. Allerdings befanden sich in meinem Fall alle Teilnehmer sowieso in einer Gesprächstherapie bei einem der beiden Therapeuten, wo in den nächsten Sitzungen das Erlebte aufgearbeitet und tiefergehend erläutert werden konnte.
Es ist für Außenstehende schwer zu begreifen, wie solch eine Familienaufstellung abläuft. So ist es absolut faszinierend, wie sich die Platzhalter für die einzelnen Familienmitglieder in deren Stimmungen einfühlen und reagieren können, ohne dass sie detailliert wissen, wie die einzelnen Personen zueinander stehen und so voreingenommen handeln könnten.
Es geht auch nicht darum, auf Biegen und Brechen irgendjemanden dazu zu bringen, einem anderen zu vergeben, wenn eine Annäherung partout nicht möglich ist (z.B. ein Kind kann seinem Vater dessen Missbrauch nicht verzeihen). In diesem Fall belässt der Therapeut es dabei, sich auf die rein biologischen Tatsachen zu beschränken und lediglich dem Kind klarzumachen, dass es von diesem Vater abstammt und durch sein Zutun das Leben geschenkt bekommen hat. Diese Verbindung zwischen Vater und Kind ist die mindeste Basis, die das Kind anerkennen und nicht verleugnen kann. Dieses Anerkennen dieser einfachen Tatsache hilft bei der Arbeit in den Einzelsitzungen weiter, seine Probleme zu kanalisieren und eventuell in ein anderes Licht zu rücken.
Weit entfernt war dieses Familienstellen jedoch von dem Geschmäckle, es hätte etwas mit Sekten, Gehirnwäsche oder sonstigem zu tun. Im Gegenteil, ich konnte durch meine Erzählungen meinen Mann dazu bringen, am nächsten Seminar im November teilzunehmen, um seine gravierenden Probleme mit seiner Mutter, mit der er vor fünf Jahren gebrochen hat, zu beleuchten.
Liebe Grüße von pah
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