Aus dem westfälischen Wochenblatt 51/2009
AKTUELLES
Q-Fieber: Wie sieht es in Deutschland aus?
Dr. Wilfried Adams, Landwirtschaftskammer NRW, gibt Auskunft zum aktuellen Q-Fieber-Ausbruch in den Niederlanden.
Wochenblatt:
Zeitungsberichten zufolge sollen zehntausende Ziegen in den Niederlanden geschlachtet werden, um eine Ausbreitung des Q-Fiebers zu verhindern. Um was für eine Erkrankung handelt es sich?
Dr. Wilfried Adams:
Das Q-Fieber (englisch Q = query = Frage) ist eine meldepflichtige, bakteriell bedingte Infektionskrankheit, die durch „Coxiella burnetti“ hervorgerufen wird und nahezu weltweit vorkommt. Als Zoonose kann die Infektion zwischen Wirbeltieren und Menschen übertragen werden. Die Grippe zeichnet sich durch ein großes Wirtsspektrum aus; am häufigsten wird sie im Zusammenhang mit der Haltung von Schafen, Rindern und Ziegen genannt, aber auch andere Haus- und Wildtiere können klinisch unauffällig infiziert sein. Zecken spielen bei der Übertragung eine maßgebliche Rolle. Menschen infizieren sich leicht durch das Einatmen des im Vlies von Schafen befindlichen, staubförmigen Zeckenkotes.
Wochenblatt:
Wie sieht der klinische Verlauf aus?
Dr. Adams:
Die Infektion verläuft bei Wiederkäuern abgesehen von einzelnen Aborten, Frühgeburten, lebensschwachen Früchten oder unspezifischen Fruchtbarkeitsstörungen in der Regel ohne klinische Symptomatik.
Beim Menschen verläuft etwa die Hälfte der Coxiella-Infektionen klinisch unauffällig oder aber es stellen sich zwei bis vier Wochen nach einer Infektion schwache, Grippe-ähnliche Symptome ein, die auch ohne Behandlung nach ein bis zwei Wochen wieder abklingen. Es kann auch zu einem akuten Verlauf mit erhöhter Körpertemperatur (Fieber über 40° C), trockenem Husten, Lungenentzündungen, Schüttelfrost, Muskel- und Kopfschmerzen kommen. Exponierte Berufsgruppen sind Schäfer, Landwirte, Tierärzte oder Personen, die sich mit der Wollverarbeitung beschäftigen.
Wochenblatt:
Wie hoch ist das Risiko für den Menschen, sich bei infizierten Ziegen mit Q-Fieber anzustecken?
Dr. Adams:
Uns sind aus jüngerer Vergangenheit keine Fälle bekannt, dass sich – wie aus den Niederlanden berichtet – Menschen in unserer Region durch Kontakt mit Ziegen angesteckt haben. Das dürfte damit zusammenhängen, dass wir hier nur einzelne größere Ziegenbestände haben, und der Tierverkehr in diesen Betrieben begrenzt ist. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass es sporadisch auch hier durch direkten oder indirekten Kontakt des Menschen mit Ziegen oder Schafen zur Ansteckung kommt, zumal die Mehrzahl infizierter Tiere klinisch unauffällig ist. Es liegen Berichte vor, dass kontaminiertes Material über Distanzen von bis zu 2 km übertragen werden kann. Bei einer indirekten Übertragung, zum Beispiel über verschmutzte Kleidung, sollen sogar noch größere Distanzen überwunden werden können. Die Bakterien werden auch mit der Milch infizierter Wiederkäuer ausgeschieden; die übliche Pasteurisierung der Milch führt jedoch zu einer sicheren Inaktivierung der Erreger.
Wochenblatt:
Müssen wir damit rechnen, auch hierzulande einen Q-Fieber-Ausbruch zu bekommen?
Dr. Adams:
Die Statistiken zeigen, dass etwa seit 2000 eine zunehmende Zahl von Q-Fieber-Fällen beim Mensch gemeldet wird. Von diesen Q-Fieber-Ausbrüchen sind nicht nur die bislang bekannten Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern und Hessen betroffen, sondern auch zunehmend nördliche Bundesländer sowie Nachbarländer wie die Niederlande und Belgien. Q-Fieber-Erkrankungen treten schwerpunktmäßig in den Sommermonaten auf, bedingt durch eine vermehrte Zeckenaktivität.
Wochenblatt:
Was sollten Ziegen- und Schafhalter hierzulande beachten, um ihre Tiere vor der Krankheit zu schützen?
Dr. Adams:
Schaf- und Ziegenhalter sollten möglichst nachstehende Maßnahmen befolgen, um sich und andere Personen vor einer Q-Fieberinfektion zu schützen:
Das Ablammen sollte bei in der Nähe befindliche Wohnbebauungen in geschlossenen Ställen erfolgen, wobei die Stalltüren möglichst geschlossen gehalten werden.
Muttertiere und Lämmer frühestens nach 14 Tagen aus dem Stall verbringen, das heißt Kontakt fremder Personen zur Herde bis 14 Tage nach dem Ablammen unterbinden.
Konsequente Geburtshygiene: Saubere Einstreu, gegebenenfalls Zwischendesinfektion der Ablammbuchten, regelmäßige Reinigung und Desinfektion der Hände, sofortiges Entfernen von Totgeburten und Eihäuten aus dem Stall. Potenziell infektiöses Material keinesfalls offen lagern. Aufbewahrungsbehälter anschließend unverzüglich reinigen und mit einem Desinfektionsmittel auf Aldehydbasis desinfizieren.
Das Scheren von Schafen sollte außerhalb von Wohngebieten und möglichst in Ställen erfolgen. Die Schur und die anschließende Behandlung gegen Ektoparasiten verringert den von der Wolle ausgehenden Infektionsdruck.
Beim Handel bzw. bei Ausstellungen und sonstigen Veranstaltungen mit Publikumsverkehr ist darauf zu achten, dass:
keine Tiere im letzten Trächtigkeitsdrittel ausgestellt werden;
alle auszustellenden Tiere vorher gegen Ektoparasiten behandelt worden sind und nur Zecken- und Zeckenkot-freie Schafe zur Ausstellung kommen;
Tierzukäufe, besonders aus den genannten Regionen, weitgehend reduziert werden.
Wochenblatt:
Sollte es in Deutschland zu einem Ausbruch kommen, wird dann auch hier die Maßnahme der Wahl das Schlachten etlicher Tiere sein?
Dr. Adams:
Ein Antibiotika-Einsatz bei latent infizierten bzw. serologisch positiven Tieren ist nicht sinnvoll bzw. üblich. Versuche mit in Deutschland nicht zugelassenen Coxiella-Impfstoffen haben gezeigt, dass man durch konsequente Impfung aller Tiere ab einem Alter von drei Monaten den von einer betroffenen Herde ausgehenden Erregerdruck eindämmen kann. Eine Elimination des Erregers scheint jedoch zurzeit durch Impfung nicht erreichbar. Bei Einhaltung der beschriebenen Maßnahmen und gegebenfalls Nutzung immunprophylaktischer Maßnahmen dürfte eine Schlachtung von Reagenten nicht erforderlich sein.
Anne Huntemann