Hui, hier gehts ja gleich ab... Da muss ich mir gut überlegen, was ich schreibe ;-).
Ich weiß, dass man Bullen trainieren kann. Genau wie alle anderen männlichen Wesen mit Testosteron (Rüden, Hengste, ...). Warum nicht. Wenn man das Thema spannend findet oder männliche Tiere hält, sollte man sich damit auch befassen. Wie gesagt, finde ich das Verhalten von Tieren total spannend und nehme mir viel Zeit, zu beobachten, mir Gedanken zu machen und Tiere zu trainieren - auch Bullen!
Wenn Bullen halfterführig gemacht werden müssen, ist es eine andere Herangehensweise. Hier ist eine beschrieben, die auf die Arbeit von Monty Roberts aufbaut:
www.tvl-avsa.ch/Archiv/2004/flieri2829.pdf Dazu gibts auch mehr zu lesen, wenn man nach "Halfterzähmung Bulle" sucht.
Ich hatte bisher mit Bullen zu tun, die Mutterkühe decken (und auch wieder aus den Herden genommen werden) und welche für Milchvieh, die in der Herde mitlaufen. Den Text unten habe ich für einen Milchviehbetrieb geschrieben, in dem Menschen mit Behinderungen arbeiten. Die Bullen sind dort in Hochsicherheitstrakten untergebracht waren, die liebsten Kuscheltiere und hochgradig gefährlich und gestört.
Generell ist zu sagen, dass alles vorhersehbar ist. Wir als Tierhalter müssen stets achtsam sein! Das einer mal spontan "frech" wird, gibt es nicht.
Hier ein Text, den ich zu diesem Thema schon einmal geschrieben habe:
Zum Umgang mit Bullen
Männliche Rinder sind von ihrem biologischen Instinkt her auf Kampf ausgerichtet – entweder mit ranghöheren Bullen, um im Rang aufzusteigen oder mit rangniedrigeren Bullen um die Stellung zu halten.
Ziel ist in erster Linie die Fortpflanzung, als zweites kommt die territoriale Absicherung. Das Anführen der Herde übernehmen Kühe, die Verteidigung vor allem die mit kleinen Kälbern. Natürlich wäre, dass der Bulle immer mit den Kühen mitläuft und die brünstigen deckt.
Bullen kämpfen, indem sie versuchen, sich gegenseitig - Stirn an Stirn – wegzudrücken. Der schwächere wird quasi weggeschoben.
Wichtig im Umgang mit Bullen ist deshalb, dass man sie nie von vorn konfrontiert. Sie sollten ihren Respekt vor den Menschen behalten und nie auf die Idee kommen, über das Kräftemessen zu testen, ob der Mensch schwächer ist. Das endet tödlich, wenn der Mensch sich nicht in Sicherheit bringen kann.
Um den Bullen nicht zu konfrontieren, sollte man sich stets von schräg hinten annähern, sodass der Bullen einen noch sehen kann, man sich aber in einer treibenden Position nähert.
Jungbullen, besonders die mit der Flasche aufgezogenen, sollten lernen, zu weichen, wenn der Mensch mit Impulsen Druck ausübt. Auch wenn man sie als Kalb zähmt, können sie Respekt lernen - jede Kuh wird ihr Kalb mit etwa einem Jahr sehr deutlich manieren beibringen, es impulsiv wegschicken. Der Ranghöhere in der Herde treibt immer und lockt nie, bettelt und hofft schon gar nicht.
Mit knapp einem Jahr werden Bullen geschlechtsreif und fangen an, die Souveränität des Menschen zu testen. Häufig werden Bullen im Alter von 1,5 bis 2 Jahren bereits geschlachtet, weil sie den Menschen nicht mehr respektieren.
Auch wenn sie zahm und flauschig sind, ist Streicheln im Kopfbereich demzufolge keine gute Idee, denn man provoziert Anlehnungsversuche oder Kopfstöße. Kraulen im Hals- oder Schulterbereich ist angebrachter.
Generell sollte man sich überlegen, ob es fair ist, ein Tier zu streicheln, das im Fressgitter fixiert ist und dem man somit nicht frei begegnet.
Dabei belasse ich es erstmal. Mal sehen, ob ich noch Luft bekomme bei den Antworten. Wenn ja, kann ich die Methode erklären und auch ein paar positive und negative Beispiele aus meiner Praxis erzählen.
PS: Ich habe tiefstes Mitgefühl mit allen Menschen, die Unfälle mit Tieren hatten, und noch mehr mit Verbliebenen, weil eben "nicht genug Glück" dabei war...
Mir ist es gleichzeitig enorm wichtig, dass jeder die richtigen Konsequenzen zieht, reflektiert und verarbeitet.
In Deutschland kommt es leider vor, dass der Zuchtbulle, der schon drei Menschen umgebracht hat, immer noch deckt. Wer nur nach Leistung und nicht nach Charakter züchtet, trägt auch dafür die Verantwortung. In Kanada hab ich den Unterschied zwischen Bullen und Kühen gar nicht erkannt - das ist mein Ziel und es ist möglich.