Dicke Luft im Stall macht krank
http://www.ktbl.de/aktuell/arbeitsplatzbelastungen_tagung.htmMit den gesundheitlichen Belastungen durch Stäube und Keime in der Stallluft ist nicht zu spaßen.
-->> Fast jeder fünfte Tierhalter klagt über Atemwegsbeschwerden bei der Stallarbeit, die durch schlechte Luft im Stall hervorgerufen werden. Doch nicht nur der Mensch, auch das Tier leidet unter der Belastung durch Gase, Stäube und Keime sowie Endotoxinen in der Stallluft. Leistungseinbußen sind die Folge.
Tierbetreuer sind häufig nur ungenügend über die Risiken für die eigene Gesundheit aufgeklärt, die im Extremfall die berufliche Existenz kosten können. Maßnahmen zur Minimierung der Belastung und zum Schutz der Gesundheit werden nur selten ergriffen. Dabei sind persönliche Schutzmaßnahmen wie partikelfilternde Staubmasken und gebläseunterstützte Atemschutzgeräte sowie spezielle Arbeitsanzüge immer noch die effektivste Methode, um sich vor diesen Gesundheitsgefahren bei der Stallarbeit zu schützen.
Dies ist eines der wichtigsten Ergebnisse der KTBL-Tagung "Luftgetragene biologische Belastungen und Infektionen am Arbeitsplatz Stall - Herkunft, Erfassung, Wirkung, Maßnahmen" die am 2. - 3. November 2004 im Hannover Congress Centrum mit freundlicher Unterstützung des Bundesverbandes der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (BLB) in Kassel stattgefunden hat. Die Tagung hat ergeben, dass die Landwirtschaft insbesondere in folgenden Bereichen aktiv werden muss:
Maßnahmen zum persönlichen Arbeitsschutz sollten routinemäßig bei Stallarbeiten angewendet werden. Dies gilt insbesondere bei Tätigkeiten, die "viel Staub aufwirbeln". Voraussetzung ist, dass die Akzeptanz persönlicher Maßnahmen zum Gesundheitsschutz gesteigert wird. Landwirtschaftliche Unternehmer mit Lohnarbeitnehmern müssen ihre Verpflichtungen zum Gesundheitsschutz kennen und beachten. Selbständige Landwirte sollten im eigenen Interesse auf Atemschutzmaßnahmen nicht verzichten.
Sofort umsetzbar sind auch vorbeugende Maßnahmen bei der Arbeitsorganisation und -Durchführung und im Bauwesen, wie beispielsweise regelmäßiges Reinigen und Desinfizieren der Ställe, der Einsatz von Futterölen, die Schwarz-Weiß-Trennung und die Lüftungsoptimierung.
Die Mechanismen im Stall, die in Abhängigkeit vom Haltungsverfahren, der Arbeitsorganisation und dem Management die Staub- und Keimbelastung beeinflussen müssen von der Wissenschaft analysiert werden, um daraus Minderungsstrategien abzuleiten und die gute fachlichen Praxis zu beschreiben.
Die Vor- und Nachteile verschiedener Tierhaltungsverfahren sind nicht nur hinsicht-lich des Tier- und Umweltschutzes sowie der Ökonomie, sondern auch hinsichtlich des Arbeitsschutzes zu bewerten.
Schließlich müssen die Messverfahren und Randbedingungen der Messungen zur Ermittlung der Luftbelastungen vereinheitlicht werden, damit die Ergebnisse besser miteinander zu vergleichen sind.
Mit der Tagung ist es erstmals gelungen, 140 Fachleute aus den Bereichen der landwirt-schaftlichen Berufsgenossenschaften, des staatlichen Umwelt- und Arbeitsschutzes sowie der Human- bzw. Arbeitsmedizin mit Wissenschaftlern, Behördenvertretern, Planern und Beratern aus den Bereichen der Tierproduktion und des Veterinärwesens zu dieser Thematik zusammenzubringen. Die Tagung hat gezeigt, dass nur durch das interdisziplinäre Zusammenwirken aller Fachgebiete, die sich mit dem Arbeitsschutz und der Tierhaltung beschäftigen, das Problem der luftgetragenen Gesundheitsbelastungen im Stall gelöst werden kann. Die Aspekte des Arbeitsschutzes können nämlich nicht losgelöst von den Anforderungen des Tier- und Umweltschutzes, der Seuchenhygiene und der Wirtschaftlichkeit betrachtet werden. Effektive Minderungsmaßnahmen, z.B. im Bereich der Stalllüftung, müssen bereits bei der Auslegung und dem Bau der Ställe ansetzen.
Die Belastungen im Stall hängen nicht nur von vielen baulich-technischen Faktoren ab. Die Frage nach dem Haltungsverfahren allein, ob mit oder ohne Einstreu, greift dabei zu kurz. Wichtig sind insbesondere auch die Arbeitsorganisation und das Management. Ein gutes Betriebsmanagement, ausreichend belüftete sowie saubere und regelmäßig desinfizierte Ställe sind nicht nur gut für das Tier und den Betriebserfolg, sondern auch für die Gesundheit des Landwirtes. Manchmal reichen auch schon einfache Maßnahmen: Beispielsweise kann utterstaub durch den Zusatz von Fetten und Ölen gebunden werden und die Staubbildung durch möglichst niedrige Schütt- bzw. Fallhöhen bei der Handhabung staubintensiver Stoffe vermindert werden. Wichtig ist es auch, den Wohnbereich und das Betriebsbüro durch Schwarz-Weiß-Trennung strikt vom Arbeitsbereich in den Ställen zu trennen, um die Belastungen nicht in das Wohnhaus zu verschleppen.
Dagegen sind die technischen Möglichkeiten, um die Belastungen durch die Stallluft zu mindern, begrenzt. Viele Maßnahmen, z.B. die Stallluft-Ionisation oder -Filtration sind teuer und wenig effektiv. Andere Maßnahmen, z.B. das Versprühen eines Ölnebels im Stall, mindern den Staubgehalt der Stallluft deutlich, sind jedoch noch nicht praxisreif und ausreichend hinsichtlich der Folgen insbesondere für den Tierschutz untersucht.
Weitere Informationen zum Thema enthält das Heft "Staub" aus der Reihe "Aktuelle Hinweise zu Sicherheit und Gesundheitsschutz", das von den Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften bezogen werden kann (
www.lsv.de).
Der Tagungsband mit den ausführlichen Vorträgen erscheint Anfang 2005 als KTBL-Schrift.
Ausgewählte Kurzfassungen der Tagung können Sie hier als pdf-Datei herunterladen.