Autor Thema: Können die "Jungen" noch mithalten?  (Gelesen 22345 mal)

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Offline MirjamTopic starter

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Können die "Jungen" noch mithalten?
« am: 15.04.05, 18:38 »
Hallo,

um was es mir bei der Fragestellung geht - ist die Veränderung der Rolle / Arbeit der Frau am Hof und die Vergleicherei und auch das Anspruchsdenken; aber auch die eigenen Fähigkeiten.

Die Diskussion höre alleweil aus Gesprächen "älterer" selbstständiger Betriebsleiterinnen (nicht mal Landwirtschaft, sondern auch Gewerbe!) heraus. Das die "jungen" das gar nicht mehr so machen/schaffen, wie sie selbst geschafft haben:

Früh Kinder bekommen von Nachts bis Nachts am Betrieb, "nebenbei" noch Familienfeste mit locker über 30 Gästen, Kinder aufziehen und VollAK am Betrieb. Oder das auch nicht mehr mitmachen - wollen... (faul!?)

Einerseits: Solche tatkräfige Frauen kenne/lese ich ja heute auch noch  8)  - andrerseits ist das auch ein Bereich, der so manche nicht-aus-LW stammenden abschreckt, wieviel eine Frau "schaffen" kann ... (was sie vielleicht vorher in der eignen Familie nicht so erlebten).

Ich als "LW-Tochter" kenne diesen "Schaff-Geist" schon noch so, dass meine Mom nach dem Stall "mal eben" ein Zimmer freiräumte, neu tapezierte, strich und spätestens  8) am nächsten Tag wieder einräumte oder
diverse Sperrmüll-Aufräumaktionen, Stall-Weißeln oder Familienfeste mit kalten Bufet für 30 Leut, ohne in Panik zu geraten, dass dafür eben mal 2 Tage die Wäsche liegenbleibt. 5 Kinder und sie mit uns trotzdem häufiger am Badesse war als Kinder aus Angestellten-Mietwohnungs-Familien.

Mir fällts dann alleweil schwer, noch bewundernd zu loben, wenn eine Bekannte schon einen Aufstand wegen 5 Gästen, 3 Gastkindern, Schaufel in die Hand nehmen oder 5 qm Zimmerstreichen machen..  ::).

Auch mit einer Freundin hab ich schon drüber geplaudert, dass es für die Freundinnen ihrer Brüder auch "hart" ist: Sie hat den Haushalt im Griff, Backen perfekt, auf Arbeit gehen genauso wie Bulldogfahren oder auch Ferkelkastrieren - es gibt wenig, was sie nicht kann/macht und da sind dann die Ansprüche der Brüder an die (zukünftige) Partnerin grad nicht gering.

Wie gehts euch mit diesem Thema?

viele Grüsse

Mirjam



« Letzte Änderung: 16.04.05, 11:19 von Mirjam »
Der Kopf ist rund - damit die Gedanken auch mal die Richtung ändern können!

bemisine

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Re: Können die "Jungen Frauen noch mithalten"?
« Antwort #1 am: 15.04.05, 21:20 »
Die jungen Frauen können bestimmt mithalten. Man muß nicht immer nur alles so machen wie es
die letzte Generation vorgelebt hat. Schau sie dir nur mal genau an die Frauen um die 60. Sind
diese sogenannten Vorbilder nicht alle miteinander total zusammengerackert. Also ich denke viele von
ihnen haben nicht nur bis zur Belastungsgrenze gearbeitet sondern darüber hinweg und kein Mensch wird einer von ihnen jemals auch nur ein Dankeschön dafür sagen oder kann ihnen ihre Gesundheit zurück geben.
Also für mich als junge Bäuerin ist es deshalb nicht wichtig immer nur die Erwartungen der Schwiegermutter
oder meines Mannes zu erfüllen. Man muß vielmehr heraus finden was für einen selber wichtig erscheint.
(Gerade bei der SM ist es ja sowieso gern so, macht man es auf diese Weise ist es verkehrt und macht man es anders ist es auch verkehrt) .
Vieleicht hast du Recht daß die Brüder eine hohe Erwartung an die zukünftig Partnerin haben. Darf ich fragen ob sie eine Freundin haben. Ich kenne nämlich genügend junge Bauern die wären schon froh, wenn sie überhaupt
eine hätten. Da gehen die Ansprüche dann schon von selber zurück.
Jedenfalls möchte ich noch sagen daß bestimmt auch heute noch jede junge Frau die gerne Bäuerin ist oder
werden möchte und der diese Art von Arbeit gefällt auch bestimmt jede Menge leistet, wenn auch vieles anders
ist als früher. (z. B. Büroarbeit, die meist von den Alten gar nicht als Arbeit angesehen wird und doch sehr viel
Zeit beansprucht und heute über viel Geld entscheidet).

Offline Margret

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Re: Können die "Jungen Frauen noch mithalten"?
« Antwort #2 am: 15.04.05, 22:19 »
Hallo Mirjam ,

das sind viele interessante Aspekte  und mir fällt einiges dazu ein,  wobei Bemisine vieles schon sehr  treffend dargestellt hat.

Eindeutig  haben sich die Prioritäten  in der Lebensgestaltung und -vorstellung  und auch bei der Arbeit  verschoben.

Dies hängt mit Verschiedenem zusammen,  u.a.

- stärkerer Wertigkeit  der Kindererziehung (man will und muss  sich bewusster Zeit für die Kinder nehmen als es unsere Mütter oder gar Großmütter taten)

- größerer Mut zu "Egoismus",  d.h. Frauen tun,  was Geist ,  Körper und Psyche guttut (was sich kurz- und  langfristig immer  ausahlt  durch froheres, ermuntertes Schaffen  und längere Gesunderhaltung) 

- andere  Ausbildung und Bildung der Frauen  früher und heute (Schulbildung,  "guter Beruf",  weitere Kenntnisse und Möglichkeiten)

- extrem veränderte Freizeitgewohnheiten der gesamten  Gesellschaft    ( die  Dauer und Häufigkeit von Urlaubsreisen  hat drastisch zugenommen  und  die Freizeit-und Spassgesellschaft lauert überall...)

- fortgeschrittene Emanzipation der Frau  und teilw.  geänderte Rollenverteilungen  (z.B.  meine Schwiegermutter sagt,  dass Frauen eigntlich nie Ferkel kastriert haben,   dass hier im Weingbaugebiet  ganz  früher die Frauen nicht Wengertschneiden "durften",...)

- Selbstbewusstsein der Frau definiert sich heute über ganz andere Werte und Wertigkeiten  wie vor Jahren
(die Anzahl der gefüllten Einmachgläser  oder der hergestellten Weihnachtsgebäcksorten oder.......   befriedigt nicht mehr bzw. nicht ausschließlich)

- Wandel der anfallenden Arbeiten    bzw. neu hinzugekommene Aufgaben  (wenn jemand den Gemeinsamen Antrag versucht auszufüllen,  kann er nicht gleichzeitig Stallfenster putzen - es geht nur eines in der Zeit !)

Sicher nicht abschließend die Aufzählung !

Was fällt euch ein ?

Margret

Offline MirjamTopic starter

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Re: Können die "Jungen" noch mithalten?
« Antwort #3 am: 16.04.05, 09:23 »
Hallo Bemisine,

mir wurde ein Fall erzählt, bei dem eine junge Frau nicht auf den Hof ihres Freundes ziehen wollte, weil sie sich mit der Aufgabenvielfalt dort überfordert sah bzw. es sich nicht zutraute.

Ich persönllich denke, es ist für manche Frauen schon schwer, dass sie in kurzer Zeit das alles "aufholen", was auf einem Bauernhof selbstverständlich sein kann:

Körperlicher Arbeit, Verantwortung für viele Tiere tragen, Schlachten, Gästebewirtung im großen Maßstab, Reifenwechseln, mal eine Handstichsäge oder Akkuschrauber in der Hand halten und Bulldog fahren.
Einfach auch handwerkliches Geschick (sei es im Haushalt oder Küche) oder "draussen".

Vielleicht habe ich auch das Thema falsch gestartet, ich denke es gibt heute auch schon viele junge Männer, die nicht wissen, wie man mittels Bohrschlaghammer einen 12er Dübel versenkt.

Ich hab das Thema jetzt mal geändert, denn es geht mir und meiner Freundin auch so, dass wir - wie von unseren Brüdern und Vätern gewöhnt - erwarten, das Männer SELBSTVERSTÄNDLICH schweißen, maurern oder einen Ölwechsel machen können  8).


viele Grüsse

Mirjam

« Letzte Änderung: 17.04.05, 19:50 von Mirjam »
Der Kopf ist rund - damit die Gedanken auch mal die Richtung ändern können!

Offline reserl

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Re: Können die "Jungen" noch mithalten?
« Antwort #4 am: 16.04.05, 18:54 »
Ich persönllich denke, es ist für manche Frauen schon schwer, dass sie in kurzer Zeit das alles "aufholen", was auf einem Bauernhof selbstverständlich ist:

Körperlicher Arbeit, Verantwortung für viele Tiere tragen, Schlachten, Gästebewirtung im großen Maßstab, Reifenwechseln, mal eine Handstichsäge oder Akkuschrauber in der Hand halten und Bulldog fahren.


Hallo Mirjam,

für mich sind solche Aufgaben nicht selbstverständlich.

Ich kann weder schlachten noch Reifen wechseln.
Mit einer Handstichsäge hab ich auch noch nie hantiert und Traktor fahren kann ich auch nicht.  8)

Jede hat andere Qualitäten. 8) ;D
Solche Dinge wurden auch nie von mir erwartet und da bin ich froh drum. Manches hab ich mir noch angeeignet, aber ich bin auch der Meinung, das man nicht alles können kann/muss.

Bei uns auf dem Hof herrscht eher die "klassische" Rollenverteilung und mir ist das auch ganz recht so.  ;)

Meine Schwiegermutter hat sicherlich früher auch viel anders gemacht, aber die Zeiten ändern sich.
Das hat Margret schon sehr gut ausgedrückt.


lieben Gruß
Reserl



Manchmal ist es ein großes Glück,
nicht zu bekommen, was man haben will.

Offline gundi

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Re: Können die "Jungen" noch mithalten?
« Antwort #5 am: 16.04.05, 20:34 »
Hallo!

Also, ich helfe auch meinem Mann bei manchen Arbeiten ausser Haus,spring auch mal im Stall ein und im Sommer auf der Alm und bei der Heuarbeit gibt es für mich auch genug zu tun.Aber mein Hauptbetägigungsfeld ist doch das Haus und das drumherum.Allerdings hat die frühere Generation dafür nicht soviel Verständnis,den deren Ansicht nach ist man nur eine"tüchtige" Bäuerin wenn man viel außer Haus beim arbeiten ist,denn drinnen sieht dich ja keiner ::) Und da werde ich immer mit meiner Nachbarin verglichen denn die macht wirklich alle Arbeit die bei uns die Männer machen,aber sie hat dadurch auch schon große gesundheitliche Probleme.Ich kann aber auch so nicht über Langeweile klagen ;) wie schon einige hier angeführt haben,hat sich einfach vieles geändert. Vielleicht haben die Leute auf den Höfen früher körperlich schwerer gearbeitet,aber diesem Stress wie heute waren sie auch nicht ausgesetzt,und das kann manchmal noch viel anstrengender sein :-\

ein schönes Wochenende
gundi
Es ist kein Herr so hoch im Land, der nicht lebt vom Bauernstand!

MarionMager

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Re: Können die "Jungen" noch mithalten?
« Antwort #6 am: 16.04.05, 22:30 »
Ich lese häufig in Todesanzeigen Ausdrücke wie"Arbeit war ihr Leben" oder Nie ruhten ihre Hände" etc.

Ich finde das schrecklich. Es erweckt immer das Gefühl, daß es der Verstorbenen nie gedankt wurde, was sie für die anderen getan hat.

Aber genau so sehen sich unsere älteren Generationen. Rackern bis zum Umfallen, unersetzlich sein wollen usw.

Ist das der Sinn des Lebens? Müssen junge Bäuerinnen dabei mithalten?

Daher denke ich, daß wir auch den (Schwieger-)Eltern klar machen müssen, daß dies nicht der Fall ist. Ich scheue keine Art von Arbeit und kann mich auch darüber freuen, was ich alles leiste - aber es muß auch noch was anderes geben.

Allerdings: Ich habe vor fast 15 Jahren in den Betrieb eingeheiratet und sowohl Schwiegereltern als auch mein Mann betrachten diese Einstellung als weltfremd. Führt mit zunehmendem Alter aller Beteiligten immer häufiger zu Schwierigkeiten...


Viele Grüße Manni

Offline mary

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Re: Können die "Jungen" noch mithalten?
« Antwort #7 am: 17.04.05, 06:55 »
Vom Alter her bin ich in der Mitte, habe es erlebt, dass ich diese viele Arbeit,die  meine Mutter und Schwiegermutter geleistet haben, niemals errichen kann und will.
Aber sie sind so erzogen worden und in eine Zeit hineingewachsen, wo eigene Bedürfnisse keinen Platz hatten, das einzige was zählte, war Arbeit und Leistung.
Ich musste selbst erst sehr krank werden um zu lernen, dass im Leben auch eigene Wünsche, Träume Bedürfnisse ihren Platz und Raum brauchen.
Aber was mir momentan ein wenig Sorge macht, die Bilder und Vorstellungen, die in der heutigen Zeit in den Köpfen geweckt werden, die sind noch unmenschlicher als die meiner Vorgeneration.
Als Frau ist eine berufliche Tätigkeit neben der Familie eine Selbstverständlichkeit, Kinder, Familie, Partnerschaft, das gepflegte Haus, die gepflegte und kultivierte Frau, die ausserdem noch nebenher in Ehrenämtern ihre Belange einbringt-

beim Mann: selbstverändlich ist er sehr erfolgreich, hat einen anspruchvollen Beruf oder einen grossen Bauernhof, bzw. macht beides, seine Managementfähigkeiten bringen alles zu einem guten Erfolg, er ist ein harter Verhandlungspartner und knallharter Kalkulierer, aber auch ein fürsorglicher und liebevoller Vater und Ehemann, hilft im Haushalt mit und übernimmt selbstverständlich einen Grossteil der Kindererziehung.
Dass er sich auch handwerklich helfen kann- macht die Baumarktwerbung geltend.
Mich wundert es nicht, wenn heute junge Menschen keine Lust mehr auf Familie haben,
bei solchen Bildern würde ich auch die Flucht ergreifen-
die Bilder früherer Zeiten würden mich auch nicht unbedingt locken, aber die heutigen Bilder schrecken mich genauso.
Nur der erfolgreiche, dynamische Mensch zählt, was mir in der letzten zeit wirklich zu denken gibt,
Frauen können wenigstens über diese GEfühle von Überforderung und Leistungszwang noch im Freudeskreis reden, aber Männer würden damit ihr Gesicht verlieren und halten alles hinter Schloss und Riegel verborgen, bis sie zusammenkrachen.
Für mich bricht diese Gesellschaft mit ihren derzeitigen Strukturen über kurz oder lang zusammen.
Hab mich schon oft gefragt, wo lernen Männer auch noch loszulassen, Gefühle zu haben-
mir macht die Überforderung des männl. Teiles der Gesellschaft mehr Sorge, denn diese überforderten sitzen an den Schaltstellen der Macht und diktieren die Welt.
sehr nachdenklich
maria



Alice

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Re: Können die "Jungen" noch mithalten?
« Antwort #8 am: 17.04.05, 08:48 »
Hallo,

zuerst möchte ich mal ein großes Lob aussprechen für den tollen Start des Themas so was spuckte in meinem Kopf auch schon rum, aber ich wusste nicht, wie ich es starten würde (den thread).

Ich bin eine ganze "Jungbäuerin" auf der ganzen Linie! Und es ist verdammt schwer, weil ich überhaupt nicht aus der LW komme. Überall soll frau alles können, obwohl ich es noch nie gelernt habe wie jemand, der schon immer mitarbeiten mussste. Und dann noch die großen Viecher (Kühe,..), die großen Maschinen,...

Klar kann ich Auto fahren, aber ein großer Traktort ist eben doch was anderes, obwohl man sich mit PKW Erfahrung dann schon etwas leichter tut, aber ohne Hängererfahrung ist es schon schwer mit den ganzen Güllefässern und Wägern etc. zu fahren. Aber das liesse sich vermutlich noch am leichtesten lernen, aber das ist tradtitionell Männerarbeit (ist ja auch nicht ganz leicht die Maschinen anzuhängenetc.).

Meine Schwiegermutti in spe ist der Meinung ich werde alles genauso machen, wie sie es macht. Egal, ob beim wöchentlichen Backmarathon, der Bewirtung der Gäste, dem Putzen, beim Umgang mit den Viechern und auch bei dem dauernden zurückstellen der eigenen Bedürfnisse (Ruhe, was anderes sehen, faul sein...).

Bisher wohne ich deshalb nicht auf dem Hof (außer am WE), aber kurz oder lang sollte ich dann schon wissen, ob ich als Junger mithalten kann - der Hof ist an meinen Freund verpachtet....

Habe schon Angst das alles nicht zu packen, vor allem, weil es gerade bei  uns eine sehr große Belastung ist - Knecht, Kühe, Schweine, Gastwirtschaft, Schwiegereltern auf'm Hof, dann ich als studierte mit neuen Ideen...

Ich weiß nicht, ob die Jungen das noch packen können..

Mirjam hat schon recht, dass sich alles geändert hat.

Hatten unsere Mütter und Omis dieselben Chancen wie wir - nein!

Urlaub war früher auch ein Fremdwort und die Arbeit musste getan werden (heute auch noch oft).

Hatten früher nicht eher die Bauern das Sagen und die Bäuerinnen waren gut bedient nix zu sagen oder zu unternehmen?

Auf einem Hof gibt es nun mal keine geregelten Arbeitszeiten oder Feiertage. Was getan werden muss muss getan werden. Fremde Arbeitskräfte müssen auch bezahlt werden, was wiederum schwierig ist...

Der Stellenwert der Hausarbeit ist leider heute auf den Höfen nicht sehr hoch, es zählen nur die dt oder die Anzahl der verkauften Schweine... Aber das man auch saubere Wäsche braucht und für die tägliche Arbeit auch was gescheites zum Essen braucht, ist selbstverständlich.... Und dann auch noch Sache der Frau.

Heute muss so viel erledigt werden:
- Stall
- Felder, Acker, Wiesen
- Einkauf von Ersatzteilen, Dünger etc.
- Einkauf für den Haushalt
- Kindererziehung, deren Termine (Sport)
- Arzttermine
- Termine mit dem Landwirtschaftsamt
- Büroarbeit, die täglich mehr wird
- Haushalt - putzen, waschen, kochen....
- meist auf den Höfen auch die Sorge um die "Alten"

Und das soll frau alles plötzlich können (man auch)!

Ich z.B. habe studiert und kann klar etwas kochen, aber ich habe noch nie regelmäßig für andere gekocht (Schwiegereltern, Fremdarbeiter) und dann plötzlich wird es von mir erwartet. Weiß ja noch nicht einmal, ob meiner das alles isst, weil bei ihm zuhause anders gekocht wird.... Dann die Menge und die Nähe zum Gemecker der Schwiermutti (zu vegetarisch, anders als ich es mache, Männer brauchen Fleisch...).

Vorm Büro habe ich keine allzu große Angst, weil man das alles lw lernen kann, aber das war bisher das Ressort von Schwiegerpapi.... Und wer lässt sich schon gerne in die Karten schauen???

Die Tiere machen mir natürlich auch Sorge, denn selbst wenn ich ab sofort immer mit raus gehe, kriege ich nie so schnell die Erfahrung wie sie alle anderen haben. Da passieren halt dann auch Fehler.... Außerdem fürchte ich mich z.B. wenn die Kühe laut mühen, weil sie noch nix zu fressen bekommen haben und ich alleine im Stall bin...

Außerdem bin ich das körperlich arbeiten nicht gewöhnt - klar man gewöhnt sich an alles, aber das ist alles total neu!!!!!!!!

Ich weiß nicht, ob die Jungen allgemein noch mithalten können, weil von den "Alten" so wahsinnig viel erwartet wird - Frau, die auf den Hof kommt, sollte alles können, nett sein, HW begabt sein, mit den Viechern umgehen können, aber auf keinen Fall neue Ideen mitbringen oder gar den Hof in irgendeinerweise verändern wollen (Wohnung, Beschränkung auf Kühe oder Außenwirtschaft, eigene Küche)....

Ich persönlich finde es tierisch schwer!!!!!!!!!!! Wird total viel verlangt, obwohl auch draussen mehr wie 40 Stunden in der Woche gearbeiten werden muss, weil sonst kommt man zu nix....

Alice

Offline annama

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Re: Können die "Jungen" noch mithalten?
« Antwort #9 am: 17.04.05, 13:28 »
Mithalten können ?
 Muss das sein?

Nein das muss nicht sein .Mein Leben ist das was ich mir daraus gemacht habe .
Bin nun eine Bäuerin im "Unruhestand".Die Weichen für mein zufriedenes Leben habe ich mir in der Jugend durch Lernen , Fleiss und Werte auf gebaut. Es war manchmal sehr schwer als Bäuerin mitten im Ort zu leben, aber der Zusammenhalt und die Toleranz in der Familie haben einen geprägt. Wir haben nie nach rechts oder links geschaut .Die Arbeit mit den Tieren und das Wachsen und Gedeihen auf dem Feld ist doch einfach wunderbar.Deshalb war und bin ich immer mit Leib und Seele eine Bäuerin.
Den Hof haben wir an den Sohn und S.Tochter übertragen ,wir ergänzen uns in vielen Dingen die auf dem Hof anfallen.Damit ich noch meine Beschäftigung habe ,koche ich für die Familie  täglich ,es ist schön gemeinsam am Mittagtisch zusitzten.Die Arbeits-u. Flickwäsche und meinen Haushalt halte ich in Ordnung .
 Die Schwiegertochter ist für Büro und Kälberaufzucht zuständig .

Jeder hat seinen eigenen Haushalt und Freiraum ,ich finde ohne dies geht es in der heutigen Zeit nicht mehr.

Toleranz muss gelebt werden .Wir alten lernen von den jungen und die jungen können auch von den alten etwas lernen.

"NUR GEMEINSAM SIND WIR STARK"

Jede Generation hat seine eigenen  Probleme ,man lebt ,um sie zu lösen! ;)

LG annama



Gerade wenn eine Frau meint ihre Arbeit sei getan
wird sie Grossmutter

Liebe Grüsse annama

wombel

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Re: Können die "Jungen" noch mithalten?
« Antwort #10 am: 17.04.05, 16:13 »


Wenn ich die Überschrift lese,.....

dann frage ich mich mit was mithalten,............müssen !

Gilt es nicht mit den Veränderungen und Anforderungen an die Landwirtschaft,......
mithalten zu können,..
Wege zu finden die Zeichen der Zeit zu erkennen,....zu Wachsen oder zu weichen, in Spezialzierungen oder in Nischen seine Existenz zu finden und mit seiner Arbeit die eigene Indentität zu haben.

Jede Zeit ihre Sorgen und Vorteile, da geht es doch nicht drum wie man mit einer Stichsäge umgeht,......oder wieviele Kuchenrezepte man drauf hat,......


Es gehört vielleicht nicht in diese Box,.........

aber was ist wenn gar keine Chance hat um zu versuchen mithalten zu können,.........weil ALTE und überholte Einstellungen von den Alten alles blockieren.

Mein eigenes Beispiel,.......

mein Vater hat mir gerade wieder gestern erörtert,........

Betrieb an mich zu überschreiben,,,,,,,,,,, wäre ein Unding,.........da würde der Betrieb kaputt gehen.
Pachtvertrag immer auf ein jahr, damit er sein Altergeld bekommt geht.

Weiber einen Betrieb zu überschreiben, wäre in der Vergangenheit (er nannte verschiedene Beispiele die er kannte --- gegenüber der LFB) schon immer gescheitert.
Als ich fragte wieviel Betriebe die zeitgleich an Söhne übergeben worden sind, wieviel von denen noch existieren,.......... kam keine Antwort.

Es nützte nichts eine Chance auf den elterlichen Betrieb zu haben,....

trotz guter Ausbildung,.....
trotz Interesse an allen Sparten und Facetten,........
trotz Mitarbeit in allen Bereichen, drinnen wie draussen,..... es gibt fast nichts was ich noch nicht habe,.........was in dem Betrieb mal zu finden war und noch ist ,...... Stall, Acker, Maschinen, Hof und Werksatt,...Büro, Direktvermarktung,...... auch Haushalt.
Neues aus zu probieren usw,.......ich versuchte vieles,.........

Ich versuchte übeall wo es ging mit zuhalten,............
die mich persönlich können,.......werden dies ohne Probleme bestätigen können (wink zu ratzmoeller).

Ich versuchte auch die Vertretung der Landw. allgemein,....und des elternl. Betriebes nach aussen,.....als ehem. Ortlandwirtin,......in Verbänden,......Aufsichtsratmitgl. der LWG mithalten zu können,.....
es nützte nichts.

alle Liebe zu Beruf und Hof nützten nichts

Und aller Einsatz und Bemühnungen schrumpfen zu einem Nichts,.......zu der Einstellung der "Alten".

Sicherlich bleibt als Konsequenz ja nur,......als zu gehen,.............
doch das ist nochmal ein andere Geschichte.

Wollte halt mal nur aufzeigen,......... was ist wenn eine Einstellung/Massstab von "Alten" da ist,.......die man nicht durch brechen kann, um mitzuhalten,......

Annette
 

 
 

biba

  • Gast
Re: Können die "Jungen" noch mithalten?
« Antwort #11 am: 17.04.05, 16:56 »
Hallo Annette.

schon lange lese ich deine Einträge mit deiner ganzen Hoffnungslosigkeit, die du letzltlich immer wieder zum Ausdruck bringst. Ich frage dich jetzt mal ganz brutal: Warum gehst du nicht endlich, warum bist du überhaupt noch bei deinen Eltern? Die, siowie du immer wieder berichtest, nichts an Anerkennung für dich übrig haben, besonders dein Vater.
Auf was wartest du?? Wenn du eine Änderung in deinem Leben haben möchtest, dann musst du es einfach machen! Jetzt hättest du noch Möglichkeiten mit deiner guten Ausbildung! So stehst du in den nächsten zehn Jahren auf dem selben Fleck!

Nichts für ungut,
biba

wombel

  • Gast
Re: Können die "Jungen" noch mithalten?
« Antwort #12 am: 17.04.05, 17:38 »
gehört zwar in eine andere Box, aber dennoch eine kurze Antwort.

Betrieblich habe damit abgeschlossen, dass ich hier keine Chance mehr habe.
Das ist akzepiert und ich bemühe mich auch nicht mehr darum,......
Dann habe ich auch keinen Betrieb mehr,.......befindet sich in der Zerschlagung u. Auflösung.
Mein Beitrag war eine Lebenserfahrung, die ich eben machte mehr nicht.

Ich kümmere mich noch um meine kranke Mutter und damit hat sich,.....
das versuche ich so gut zu machen wie kann.
denn mein Vater ist ja nicht in Lage mit ihr zum Arzt oder Krankenhaus zu gehen oder zu gucken ob sie ihre Medikamente nimmt. Nur als Randbemerkung.

Mithalten geht halt nicht immer,......... im Betrieb halt nicht. ok
vielleicht kann ich gut mithalten, wenn ich mich meine Mutter kümmere,........die eben gerufen und meine Hilfe benötigt.

Bis dann annette
« Letzte Änderung: 17.04.05, 17:42 von wombel »

Offline MirjamTopic starter

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Re: Können die "Jungen" noch mithalten?
« Antwort #13 am: 17.04.05, 19:45 »
Hallo,

*wow*

ich wußte, dass dieser emotionale Bereich zu den Hof-Konflikten gehört, aber nicht welche Intensität für euch dahintersteht.

@ Reserl, ich werde meinen Beitrag umformulieren statt "auf dem Bauernhof selbstverständlich ist" in "auf dem Bauernhof selbstverständlich sein kann", ich möchte hier keine Ansprüche setzten  ;).

@ Britta: Es gibt noch einen anderen Aspekt nicht mithalten zu können - und das ist der, nicht so brav, genügsam, anspruchslos genug zu sein, sondern  ~ mehr ~ zu wollen oder zu tun; ganz interessant war ja hierzu die Diskussion um starke Frauen zu lesen  :o, um verschiedene Streß- oder Leistungslevel und die sofortige Fehler/Schwachstellensuche bei Frauen, die "mehr" machen als "normale" Frauen.
Meine Schwester Freundin ist eine Biobäuerin mit 5 oder 7 Kindern? etliches an Kühen im Boxenlaufstall, einigen ha mit Gemüse - und denoch findet sie Zeit für einen unter-der-Woche-Kaffeeklatsch und ehrenamtliche Gemeindearbeit. DARF die das eigentlich so schaffen!?  8) ;D. Oder aus dem LF, wo eine Berufskraftfahrerin gefälligst NICHT die Schlepper fahren sollte!?

Zu dem "zu-sich-stehen": Ein bißchen Tücke im Frausein und "gefallen-akzeptiert-werden-wollen" mit dem Dauerschlechtengewissen, was man machen/können sollte wider der eigenen Natur? Ist immer die Umwelt schuld oder mehr die eigene, fehlende Konsequenz, seinen eigenen Weg zu gehen?
Ein bißchen wenig, wenig Mut zu sagen: Das bin ich, das will ich, das kann ich nicht, das werde ich nicht EGAL was ihr früher wie gemacht habt?

@ Anama: Ich denke, wenn man wie du eigene Zufriedenheit mit einem ruhigen Blick auf sein bisheriges Leben erreicht hat - dann kann man anderen auch viel besser "gönnen" und damit den Grundstein für Familienfrieden legen. :)

Ist es vielleicht nicht manchmal auch so die eigenen Unzufriedenheit, "Verarbeitetsehen" der eigenen, eigentlich schönsten Jahre, die dann durch das "sich-gut-gehen-lassen" anderer oder der nachfolgenden Generation ganz deutlich und ständig vor Ort vor Augen geführt wird? Stichworte: So gut hattens wir nie! Ihr wißt gar nicht wie guts ihr habt? Wir hattens auch nicht anders!

@ Manni: "Arbeit war ihr Leben"? Einerseits profitieren wir heute noch von der fleissigen Nachkriegsgeneration, der auch meine Eltern angehören. Andrerseits sehe ich es eigenverantwortlich was ich wie mit meinem Leben mache: Wo wenn nicht in Deutschland haben wir die Chance dazu?

@ Alice: Frage  - Willst du das für deinen nächsten Jahre? Gefällt es dir wohin du gehst/gehen sollst? Wo sind deine Lebensziele? Mit der Partnerschaft aufgegeben/angepaßt? Aspekt: Den Betrieb den Menschen anpassen und nicht umgekehrt.

Was mich ehrlicherweise immer wieder traurig macht, ist das "Verständnis", das anfangs einer jungen Frau am Hof entgegen gebracht wird - und dann doch nach der anfänglichen "Schonzeit" Stück für Stück und Wort für Wort oder Geste für Geste die vererbten & zementierten Verhaltenserwartungen zu Tage treten - und dann auch die Illussionen über die eigene Pseudo-Toleranz (bei den Jungbauern, lest mal LF) oder wie eine Familienforscherin generell dem dt. Mann bescheinigte in Punkto Rollenaufteilung:

Verbale Lippenbekäntnisse mit gleichzeitiger Verhaltensstarre.


tiefschwarzhumorige Grüsse

Mirjam


« Letzte Änderung: 17.04.05, 19:54 von Mirjam »
Der Kopf ist rund - damit die Gedanken auch mal die Richtung ändern können!

Offline MirjamTopic starter

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Re: Können die "Jungen" noch mithalten?
« Antwort #14 am: 18.04.05, 13:31 »

Hallo Susanne,

meine Erfahrung ist, dass das Theme "Leistungsranking" zwischen jung und alt ein "Dauerbrenner" seit Jahren, Jahrzehnten, Jahrunderten (?) ist und draussen am Hof einfach läuft und draussen dann von (ob junger oder alter) Generation schon drüber geratscht wird, wer wieviel leistet, mithalten kann usw..? Die leidige Rechtfertigung, wer was warum wieviel macht im ~ Vergleich ~.

Ich finde es interessant zu lesen, wer wie mit dem Thema umgeht ohne! in dieses Rechtfertigungs-Ping-Pong zu kommen. Ob das jetzt hier ist oder im Landflirt: Viele jungen Frauen habe das Problem, dass ihre "Leistung" nicht an die vorgegebene Mess/Erwartungslatte reicht und großen Frust haben "nie genug zu leisten".

Warum nicht drüber reden, wie man aus einer solchen, unguten Situation herauskommt?

viele Grüsse

Mirjam

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