Autor Thema: Hospiz-Arbeit  (Gelesen 4194 mal)

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Hospiz-Arbeit
« am: 16.11.17, 14:36 »
Ich mache es mal als neues Thema auf. Finde, es passt nicht eindeutig in Gesundheit, nicht richtig in Religion und Glauben usw.  Deshalb hier.
Falls es jemand besser weiß,  dann bitte verschieben.

Arbeitet jemand von euch in der Hospizarbeit mit als ehrenamtliche Helferin ?
Hatte jemand schon einen Angehörigen im stationären Hospiz oder nahm in irgendeiner Form ambulante Hilfe in Anspruch ?

Gestern hörte ich einen sehr berührenden Vortrag über die Hospizarbeit in unserem Landkreis.
Die Referentin leitet hier die ökumen. Hospizarbeit und ich ziehe meinen Hut vor ihr und ihren haupt- und ehrenamtlichen Helfern.

Erst  erzählte sie einiges über das Leben, dessen Endlichkeit und über das Sterben und über die oft in allem vorhandenen starken Gegensätze (Geburt und Tod,  Begrüßen und Verabschieden,  Freude und Trauer,...).  War sehr schön und bedenkenswert, auch wenn ich es nur schwer wiedergeben kann.

Im zweiten Teil konnten wir noch Fragen stellen zu ihrer täglichen Arbeit und bekamen atemberaubende Antworten, Berichte und Einblicke in die segensreiche Arbeit.  Geht mir heute oft im Kopf herum.

Hat jemand Erfahrung ?

Margret
« Letzte Änderung: 16.11.17, 14:41 von Margret »

Offline ulliS

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Re: Hospiz-Arbeit
« Antwort #1 am: 16.11.17, 16:25 »
Hallo,
ich bewundere die Hospizbegleiterin aus ganzem Herzen.

 Sterbenden Mut und  Hilfe leisten, den trauernden Angehörigen beistehen  und dann immer wieder das Abschiednehmen!

Meine vollste Hochachtung
Liebe Grüße von Ulli

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Re: Hospiz-Arbeit
« Antwort #2 am: 16.11.17, 17:15 »
Krasserweise sagte die Frau gestern,  sie habe ganz sicher immer mehr zurückbekommen als gegeben ! Man nahm es ihr auch ab.

Die Leute, die sich zu Hospizbegleitern (heißen sie so ?) ausbilden lassen, machen einen Kurs über 120 Stunden, davon 30 Stunden Praktikum. Wie auch bei der Telefonseelsorge  muss der Mitarbeiter selber erst mal völlig mit sich im Reinen sien  bevor er diese Arbeit machen kann und darf ( praktisch auf die Leute losgelassen wird und die Leute auf ihn). Sie sagte, am Ende des Kurses gebe es ein Gespräch, wo beide Seiten sich über die Geeignetheit äußern können. Da gibts für beide Seiten noch ein Zurück  falls es nicht geht.
Ich finde es sehr schwer, sich für sich diese Aufgabe vorzustellen, selbst wenn man Angehörige schon begleitet hat.
Als Mitarbeiter braucht es ja Professionalität, um es zu ertragen und immer gut zu machen.
Allerdings hat man auch den Schutz der inneren Distanz. Man hat ja keine "alten Rucksäcke/Rechnungen" mit dem Sterbenden.

Margret
« Letzte Änderung: 16.11.17, 19:02 von Margret »

Offline Bianca

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Re: Hospiz-Arbeit
« Antwort #3 am: 16.11.17, 18:37 »
Ich habe vor vielen Jahren diese Kurse begleitet und die Unterrichtseinheit der praktischen Pflege vermittelt.

Das sind gestandene und besonders berufene Menschen. Überwiegend Frauen, 50+ im Schnitt.

Meine Tante hat viele Jahre ehrenamtlich in der Begleitung gearbeitet und sich wirklich sehr engagiert. Auch mit jährlichen Charitys um Spenden zu generieren für ein Hospiz und ein Kinderhospiz.

Hätte ich zeitlich mehr Ressourcen, wäre ich auch aktiver. Die Rahmenbedingungen sind leider in Deutschland suboptimal, aber immerhin schon besser, als vor 20 Jahren.

Ich empfinde tiefe Dankbarkeit für diese Menschen, die die Welt mit ihrem Tun ein Stück besser machen.

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Re: Hospiz-Arbeit
« Antwort #4 am: 16.11.17, 19:16 »
@ lucia:

Danke für den sehr interessanten Artikel in der Süddeutschen Zeitung ! Da steckt ganz viel drin.


Unsere Referentin erzählte gestern u.a.,  dass sie sehr spontan auch in Kindergärten und Schulen gerufen werden.
Wenn z.B. die Mutter eines Kindes verstorben ist, dieses Kind heute dem Unterricht fernbleibt und morgen wieder teilnehemn wird,  dann kommt jemand heute und bespricht mit den Kindern alles, damit sie morgen gut mit der Sache und dem Kind umgehen können.

Im Kinderhospizbereich sei es oft so,  dass die kleinen Patienten sehr froh sind, mal jemanden von außerhalb der Familie fragen zu können zu Themen wie Sterben und Tod weil ihre Angehörigen immer "so komisch" sind und nah am Wasser gebaut haben, so dass das Kind sich nicht traut, denen solche Fragen zu stellen.

Margret

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Re: Hospiz-Arbeit
« Antwort #5 am: 27.11.17, 06:41 »
...fiel mir gestern noch ein:

Die Referentin meinte ganz nebenbei,  man könne für sich viele Themen im Leben ausklammern (z.B. die Problemstellung "Es fehlen Kita-Plätze" interessiert mich nicht, da ich keine Kinder habe  oder so).
Aber das Thema  Sterben  betrifft jeden irgendwann (und es ist nicht richtig planbar).

Machte nachdenklich.

Margret

Offline annib1

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Re: Hospiz-Arbeit
« Antwort #6 am: 26.11.18, 21:26 »
Heute war ich im Hospiz !

Unsere Landfrauen backen zur Weihnachtszeit immer Kekse für´s Hospiz. Ich habe mich dazu gemeldet !
Erst hatte ich ein mulmiges Gefühl wie ich los fuhr,wer weiß was mich da erwartet ?!
Aber dann war ich doch überrascht und kann es jeden empfehlen wenn ihr die Möglichkeit habt euch mal eins an zu sehen dann macht das ruhig. Wir hatte nachdem wir die Kekse abgegeben haben noch eine Rundgang durch´s Hospiz. Du kammst da rein als wenn du irgendwo zu Besuch kommst in einer WG oder so. Ein großer Flur mit Sitz gelegenheiten und TV mit einer tollen Wohnküche alles Urgemütlich eingerichtet so wie bei einem zu Hause. Im Garten eine Sandkiste,Rutsche und eine Schaukel. Im Haus oben ein kleines Wohnzimmer, eine Lese Ecke und ein Spielzimmer für Kinder, ein Ruhezimmer wenn man mal die Ruhe sucht oder Trauer besteht.
Wir haben nette Gespräche geführt mit der Hauswirtschaftleitung und mit der Hausleitung! Wir konnten fragen was wir wollten wir bekamen immer eine Antwort. Das Pflegepersonal lief nicht in KH Kleidung rum sondern in normalen Klamotten.
Ich persönlich hatte es mir steriler Vorgestellt, dem war nicht so.
Rund um bin ich zufrieden das ich mitgefahren bin, es war alles sehr interessant.

LG Anja
« Letzte Änderung: 26.11.18, 21:29 von annib1 »
LG Anja·٠•●●•٠·˙.•:*¨`*:•.♥ღ♥ღ♥.•:*¨`*:•
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Offline LunaR

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Re: Hospiz-Arbeit
« Antwort #7 am: 26.11.18, 22:18 »
Danke Anni für deine Eindrücke. Vor langen Jahren sah ich mal eine Dokumentation über ein Hospiz. Das war damals noch recht neu in Deutschland. So wie du es beschreibst habe ich es auch aus dem Film in Erinnerung. Unvergessen ist mir die Aussage eines Mannes von vielleicht knapp 40 Jahren geblieben. Er lebte dort, weil er schon auf der letzten Station seiner Erdenereise angekommen war, konnte aber mit entsprechenden Medikamenten sogar noch etwas arbeiten.Er erzählte, wie es ihm ginge, klang dabei mutig und zuversichtlich. Schließlich sagte er den Satz "Eigentlich habe ich hier erst angefangen zu leben". Das ging mir damals immer im Kopf herum und fällt mir auch heute wieder ein, wenn es um Hospize geht.

Als meine Freundin mit Krebs im Sterben lag, kam eine Mitarbeiterin der Hospizbewegung (sie arbeiteten ambulant, weil sie keine Einrichtung hatten und wollten den Menschen das Sterben zu Hause ermöglichen) zu ihr und der FAmilie nach Hause. Sie war auch dort, als meine Freundin starb und konnte dem Mann und den beiden Kindern auf ihre besondere Weise beistehen.

Als mein Vater dann Krebs hatte, wollte ich es für ihn auch so haben. Allerdings verstarb er bereits, als ich gerade erst noch mit einer Mitarbeiterin des Hospizes gesprochen hatte. Das war trotz der Traurigkeit der Situation ein so erfirschendes, lebenidiges und hoffnungsfrohes Gespräch. 

Beide male waren es wunderbare Frauen gewesen. Die Bewegung finde ich so wichtig und hilfreich. Als meine Kinder noch klein waren, dachte ich, wenn sie groß sind, möchte ich dort mitarbeiten. Die Menschen werden ganz normal behandelt und nicht wie Tote. Noch sind sie ja auch Menschen.

LG
Luna
Es ist sehr beglückend, sich mit kompetenten Menschen auszutauschen.

Ein lieber Gruß Luna


Verschwendete Zeit ist Dasein.
Gebrauchte Zeit ist Leben.