Bäuerinnentreff

Organisation ist alles => Dokumentationspflichten zu CC und Qualitätsmanagement => Qualitätsmanagement, QM-Milch, QS => Thema gestartet von: Mirjam am 06.12.03, 19:20

Titel: Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: Mirjam am 06.12.03, 19:20
Hallo,

obwohl ich weiß, das es ein "heißes" Thema ist, in einer kühlen Jahreszeit, denke ich doch, das es wichtig ist, darüber zu schreiben, zu lesen.

Viele reden von Fleischqualität,
von Qualitätsprogrammen,
-sicherungsprogrammen,
Qualitätsfleisch

- doch was ist es eigentlich?

Was ist gute Fleischqualität?

Was ist schlechte Fleischqualität?

Welche Fragen habt ihr hierzu?

Bevor ich hier die Richtung vorgebe, wäre es schön, wenn auch andere ihre Gedanken dazu schreiben.

Viele Grüsse

Mirjam
Titel: Re:Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: cara am 07.12.03, 10:09
agrarbürokraten würden jezze sagen:
qualitätsfleisch ist fleisch, dass aus QS- gesicherten betrieben kommt.

aber sagt das wirklich was über die fleischqualität aus?
ich denke nicht.
die ist ja sicherlich abhängig von der rasse, haltung, futter, stallklima, transportbedingungen, schlachthofbedingungen etc.
ausserdem wird sich sicherlich für die betriebe durch QS nicht wirklich was ändern, ausser das alles dokumentiert werden muss.. :-\

so... nun aba zurück...
fleischqualität für mich..
festes, zartes fleisch, ruhig mit einer guten maserung durchzogen ( nicht zu fett..), sonst wirds ja zu trocken...
es sollte beim braten ( oder was auch immer) seine form in etwa behalten, nich zu viel wasser ziehen und dann zäh werden...
sehnen find ich auch nich so toll, aber das ist ja weniger qualität als auswahl der geeigneten stücke..;o)
das fleisch sollte einen angenehmen, artspezifischen eigengeschmack haben, man sollte das futter o.ä. nicht herausschmecken

hmm.... ich denke.. das wars für mich als verbraucher..
wenn mir noch was einfällt trag ichs nach..;o))

schönen 2. advent!
Titel: Re:Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: heidjer am 12.12.03, 10:52
Hallo alle Zusammen!
Nach meiner Definition über Fleischqualität, geht es nicht ausschließlich um Geschmack und Beschaffenheit. Ein wichtiger Faktor ist die Wertschätzung, die das Fleisch als Lebensmittel für den jeweiligen Konsumenten geniest. Da diese Wertschätzung aber bei jedem Billigprodukt zwangsläufig irgendwann einmal verloren geht, geht auch die Relation Fleisch- Qualität mit den sinkenden Preisen der Großanbieter auf rein struktuelle Maßstäbe über. Ein Produkt, das durch die Weise seiner Herstellung überzeugt( Haltung, Fütterung,etc ) wird in der Regel auch durch seine Qualität überzeugen. Jeder, der schon einmal das Fleisch eines extensiv und gut gemästeten Schweines genossen hat wird mir in diesem Punkt zustimmen. Diesen Ansätzen steht aber die wirtschaftliche Situation der Verbraucher gegenüber, die in einer Zeit der agressiven Werbung und der Propagierung des geilen Geizes suggeriert wird, dass alles was billig ist auch gut ist. Jeder von uns weiss aber, das eine ständige Kostenreduzierung in der Fleischproduktion zu Zwängen führt, die kaum ein gewissenhafter Produzent noch mit ruhigem Gewissen vertreten kann und will. Fleisch ist kein Produkt, das man in Bangla Desch von Kindern produzieren lassen kann. Daher sollte keiner die Konfrontation scheuen und seine Qualitätsgedanken in der breiten Masse der Öffentlichkeit publizieren. Vieleicht kommen wir, in mühsamer Kleinarbeit, zu einer dem Lebensmittel Fleisch angemessenen Wertschätzung und zu einer angemessenen Würdigung des Begriffs " Fleischqualität".

Eine besinnliche Adventszeit wünscht allen
der Heidjer
Titel: Re:Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: heidjer am 12.12.03, 10:55
Hoffentlich sagt keiner " Heidjer, Thema verfehlt".  Setzen, 6.
Titel: Re:Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: Werner am 12.12.03, 11:11
Heidjer.

Thema


der schon einmal das Fleisch eines extensiv und gut gemästeten Schweines genossen hat wird mir in diesem Punkt zustimmen.

sehr gut getroffen.

setzen 1
Titel: Re:Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: Mirjam am 12.12.03, 11:16
Nein Heidjer,

nicht setzen 6.

Aber es gibt verschiedene Ansätze:

Herkunftssicherung
Qualitätssicherung
Gütefleischprogramme und
Bio-Fleischprogramme

Wenn man in die "puristische" Definition von Qualität geht - ist dies das Ergebnis oder die Summe aller wertgebenden und meßbaren Eigenschaften (die auch bezahlt werden!)

Hier bei ist Qualität eben nicht immer "gut" - es gibt

schlechte und gute Qualitäten,
niedrige und hohe Qualitätsstandards
UND:
Verarbeiter- und Verbraucheransprüche usw.
Edelgastronomie und "Hausmanns"ansprüche
für Altenheime und für Babynahrung ...

also: Verschiedene - es gibt keine absolute Qualität!

QS - ist in dem Sinne kein Qualitätsmanagementprogramm für den Landwirt sondern eher ein SICHERUNGSsprogramm für die Weiterverarbeitung - wenn das (auch so mancher der das propagiert mal kapieren würde, wären wir einen Schritt weiter).
(Qualitätssicherung ist EIN Element des Qualitätsmanagements).

Warum? Die Fleischqualität wird durch verschiedene Faktoren - Cara hat sie schön genannt - beeinflußt:

Rasse: Sehr unterschiedliche Daten an inter-, intramuskulärem oder subkutanen Fett

Alter: Gewebestärke, Sehnenanteil, Inhaltsstoffe ..

Futter: Geschmack weil z.B. beim Schwein 50 % der verfütterten Fette ohne Zwischenab- und aufbau direkte in das Tierfettgewebe eingelagert werden. Füttert man also viel "flüssige" Fette (Energiein der Ration) - ist der Speck weicher, füttert man viel Fischfette/öl - kann man das auch am Fleisch schmecken.

und auch Tiergesundheit.

Aus diesem Grund gibt es auch verschiedene Aromen z.B: von "echtem" Parmaschinken mit Molke, Grünfuttermast oder "Eichelmast" oder reine Getreidemischungen - genau so wie Silageverfütterung bei Emmentaler verboten ist.

NUR: Diese Produktionsbedingungen beeinflußt QS NICHT (außer Tiergesundheit).

Es zielt vielmehr auf eine gesetzestreue Produktion (Tierschutz, Medikamenten, Fütterung + Dokumentation) und soll PRODUKTSICHERHEIT schaffen.

Sicherheit kann man aber leider nicht schmecken :-)) (außer man wird krank, blöd ist nämlich das wir Verbraucher nicht für Produktsicherheit extra zahlen - wir denken an die 2-Jahres-Garantie für Elektrogeräte - sondern diese VERLANGEN und KLAGEN, falls Schäden entstehen: Solche Klagen können auch uns als Produzenten erwischen!)

So, und wenn das klar ist können wir QS aus der Qualitätsdiskussion hier herauslassen ;-).

Welche Qualitätsfaktoren in Zukunft bezahlt werden ("wertgebende Faktoren ergeben den Qualitätsstandard") - entscheidet irgendwann der Verbraucher.

Miteinfließen tut bereits "Güte" z.B. bei den Boden - und Freilandeiern, weil hier von den Inhaltsstoffen/Hygiene keine Vorteile vorhanden sind - aber der Gedanke des Tierschutzes ein bezahltes "Gütemerkmal" ist.

Helfe ich Euch damit weiter?

Viele Grüsse

Mirjam


Titel: Re:Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: heidjer am 12.12.03, 21:28
Deine Erklärung des QS- Systems ist mit Sicherheit für alle Interessierten gut verständlich geschildert. Die Deklarierung mit dem Zeichen QS( geprüfte Sicherheit)ist aber mehr  als ein Element des Qualitätssicherungssystems. Es soll die durchgängige Kontrolle vom Stall bis in die Ladentheke dokumentieren.
( Mal ganz davon abgesehen, daß ich all diese Systeme grundsätzlich für überflüssig halte)
Berücksichtigst du die puristische Definition von Qualität hast du sicherlich Recht. Meiner Meinung nach liegt aber das Geheimnis in einem übergreifendem Ansatz. Mit vermeintlich gutem ökologischen Gewissen ist die Wahrnehmung für Qualität "insgesamt" eine andere. Das diese These nur für Individuen und nicht für Verbrauchergruppen gelten kann ist verständlich.
Viele Grüße    Jörg
Titel: Re:Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: Mirjam am 13.12.03, 09:53


Hallo,

interresanterweise erwirtschaften sich die Dänen mit diesen "überflüssigen" QM-Programmen ihre starke Exportmacht - auch au UNSEREM Markt.

Leider erkennen das noch viel zu wenig Produzenten.

Selbstverständlich ist die Nachvollziehbarkeit ALLER (festgelegten)  Produktionsschritte ein Element der Qualitätssicherung, die aus Verhütungsprogramm, Sicherungsprogramm und Dokumentation besteht.

Mir ging es v.a. darum, aufzuzeigen, das es DIE Qualitäts nicht gibt, sondern - wie auch Du schriebst - Verbrauchergruppen mit unterschiedlichen Ansprüchen.

Viele Grüsse

Mirjam
Titel: Biofleisch - Konvifleisch?
Beitrag von: Mirjam am 02.06.04, 08:57

Hallo,

endlich hab ichs gefunden - ein Dank an die HP des niedersächsischen Landvolkes:

Das Öko-Schwein schmeckte nicht besser




GMB – Schweinefleisch aus biologischer und konventioneller Haltung unterscheiden sich weder im Aussehen noch im Geruch oder im Geschmack. Das hat die Stiftung Warentest nach einer umfangreichen sensorischen Bewertung festgestellt.

In der Novemberausgabe spricht die „Stiftung Warentest“ selbst von einem „überraschenden Ergebnis“. Nach Angaben der Tester wurden 80 Rückensteaks von Schweinen aus biologischer und konventioneller Haltung sowie aus Markenfleischprogrammen sensorisch bewertet. Mehr als ein halbes Dutzend Fleischexperten untersuchten die Konsistenz, aber auch Geruch und Aussehen von rohen sowie gegarten Steaks, deren Herkunft für die Tester aber unbekannt war. Für die Tester war das Ergebnis offenbar überraschend, gleichwohl lautete übereinstimmend das Fazit: Gleichstand auf allen Gebieten.

In dem viel beachteten Test räumen die Autoren auch mit vielen Vorurteilen auf. Wie ein Schwein gehalten wird, habe laut Experten wenig Einfluss auf das Aussehen, den Geschmack und die Struktur des Fleisches. Vielmehr sei die Genetik der Rasse das A und O, heißt es in dem Beitrag. Ferner: Weit und breit gibt es keine Belege, dass Biofleisch fitter hält, Krankheiten besser vorbeugt und dem Körper mehr gutes tut als konventionelles. „Test“ verweist ferner auf den Statutsbericht 2003 über die qualitative Bewertung von Lebensmitteln aus alternativer und konventioneller Produktion, den – wie berichtet – 21 Institute im Auftrag des Bundesministeriums für Verbraucherschutz unlängst publiziert haben.

Gleichwohl legt sich die Stiftung Warentest für die Bioproduktion mächtig ins Zeug.

Alle Vorteile von Biofleisch seien nicht zu schmecken, denn die Erzeugung stärke regionale Kreisläufe, steigere die Lebensqualität der Tiere, daher könne es sich lohnen, den ungefähr doppelt so hohen Kilopreis von rund 17 Euro zu zahlen. Die Empfehlung für die Bioware ist wohl eine Referenz an den größten Geldgeber der Stiftung.

Und das ist bekanntlich das Haus Künast.



Titel: Re:Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: mary am 02.06.04, 12:03
Qulität ist ein subjektiver Begriff, denn selbst massivste Richtlinien sagen nur  über eine Produktionsweise etwas aus, aber Qualitätskriterien können verschiedenster Art sein.
Am Ende ist doch entscheidend, dass ein wohlschmeckendes Stück Fleisch auf dem Teller liegt,
und für dieses Produkt ist eine ganze Kette mitverantwortlich.
Ob es die Rasse, die Fütterung, die Schlachtung, und Reifung beim Rind;  die Zubereitung kann in ein paar Minuten entscheiden, ob aus dem Stück Fleisch ein wohlschmeckendes Gericht oder Schuhleder wird.
Leider zählen die Kenntnisse am Ende überhaupt nicht,
und der Trend zu immer Billiger verstärkt das noch mehr, denn alles was seinen Wert hat, wird auch entsprechend behandelt.
Die Qualitätskriterien zum Vergleich von konventionell oder biologisch erzeugtem Fleisch werden da nicht greifen.
Mir fällt z. B. die Methode von Prof. Hoffmann ein, der mit der Untersuchung des Elektronengehaltes der Lebensmittels verschiedene Wertigkeiten feststellen konnten.
Ich brauche ja nur einen Apfel aus dem Supermarkt mit einem von uns vergleichen, es ist ein Apfel, die Inhaltsstoffe sind wahrscheinlich die Gleichen und doch schmeckt unser Apfel frisch vom Baum einfach ganz anders. Beim Apfelsaft schmeckt auch der selbstgemache einfach besser, als der aus der Tüte.
Warum es immer soviel Geld und Studien braucht, um etwas zu beweisen, manchmal reichen ganz einfache Messinstrumente, Geruch, Geschmack, Gefühl.
maria
Titel: Re:Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: Mirjam am 02.06.04, 19:33
Hallo Maria,

 
Nein, ich finde nicht, das entscheidend ist, was am Teller landet - entscheidend muss auch sein, wie das Produkt entstanden ist, dabei denke ich einfach an Gänsestopflebern oder an Franzosen, die in den letzten Lebenswochen Wachteln mit Schaps tränken, der die Knochen so porös macht, damit man sie mitessen kann, genau so das ich glaube, das jedes Tier im Winter gern geschützt auf einer Strohmatte schläft und nicht nur im Modderauslauf.

Ich habe erst kürzlich *bittenichthauen* einen Bericht über österreichische Ökoschweine gesehen, bei denen (ich kuck noch mal nach), über 80 % Parasiten und über 30 % Lungenveränderungen usw. hatten....

Viele Grüsse

Mirjam
Titel: Re:Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: mary am 02.06.04, 19:55
Hallo Mirjam,
ich kenne Prof. Hoffmann nur von einem Vortrag über die Messung der Elektronen in Lebensmitteln, es gibt sicher noch eine ganze Anzahl von Möglichkeiten Qualtitätskriterien zu messen und darzustellen.
Dass Fleisch von solch tierquälerischen Maßnahmen z.B. Gänststopfleber sicher nicht mehr gesund ist, auch wenn es nach Qualitätskriterien erzeugt ist, ich muss mir solches ja nciht kaufen.
Aber Qualität nur bis zum Herd zu verlangen, das ist einfach zu wenig, denn warum die ganze Mühe, wenn es dann mangels Kenntnisse vermurkst wird.
Ob Ökoschweine kränker und konventionelle gesünder, ich weiß das nicht, entscheidend ist, dass es dem Schwein gut geht und da ist mit Sicherheit jeder Bauer jeglicher Produktionsrichtung darauf aus.
Allerdings ist mir vor kurzem ein sehr langsam gewachsenes Schweinefleisch wunderbar geraten, der Braten war ein Gedicht, schön langsam gebraten mit dunklem Bier und der Speck und der Schinken, ebenso die Würste waren einfach ein Gedicht an Geschmack, an Zartheit und so schön marmoriertes Fleisch habe ich bisher selten kaufen können.Hauchdünn geschnittener Speck mit Most und frischgebackenem Brot, einfach ein Genuss.
Das Schwein wurde viel länger gehalten, das Fleisch war um einige Nuancen dunkler, aber wunderbar durchwachsen. Da hat meiner Meinung einfach alles zusammengepasst bis zum Metzger und der Köchin :-))-
Ob da der ganze Brimborium an Qualitätssicherungssystem, an dänischen Maßnahmen eingehalten wurde, das ist mir als Kunde eigentlich egal,
aber so ein Schweinderl ist nicht zu verachten.

Wenn Fleisch immer billiger angeboten wird, dann verliert es seine Achtung und seinen Wert, es ist ein Verbrechen an den Bauern immer mehr Qualitätssicherungssysteme zu fordern und immer weniger dafür zu zahlen,
denn im übrigen Leben heißt es- was nichts kostet- ist nichts wert.
herzl. Grüsse

maria
Titel: Re:Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: Mirjam am 03.06.04, 17:02

Hallo Maria,

wären dir die QM-Systeme auch egal, wenn du als Leiterin einer Großküche die Produkthaftung für hunderte oder z.B. in Großmensen tausende Gerichte jeden Tag übernehmen müsstest?

Tatsache ich nun mal das der Großteil der Deutschen nicht mehr selbst kocht (z.B. hat Würzburg einen Singel-Anteil von 52 %!) und Lebensmittelvergiftungen (ob aus der LW oder auf dem eigenen Kühlschrank-Vergessen gewachsen) ist nunmal der größte Feind der Urproduktion.

Ich bin ehrlich - mir schmeckt ein nur 6-Wochen-Grillhänchen ebenfalls wunderbar, auch wenn es so jung und unreif ist.

Was den Preis betrifft, so sind es wohl derzeit nicht die Dänen, die den Preis machen - sondern Bestmeat aus den Niederlanden, die damit "spielen".

Was die Fleischqualität betrifft, so ist ein QM Ziel der Abnehmer in Zukunft auch 1 Prozent IM (intramuskuläres) Fett und hängt absolut von Rasse und Fütterung und dann sekundär vom Alter, ab, d.h. je nach Rasse wird diese Marmorierung früher oder später (oder gar nicht) erreicht.


Viele Grüsse

Mirjam

Titel: Re: Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: martina am 04.03.05, 09:29
Die Beiträge rund um das Thema

"Schweinefleisch in Ökotest"

wurden abgetrennt und zum Thema

"Antibiotika aus Tierhaltung in Umwelt udn Trinkwasser"
http://www.agrar.de/landfrauen/forum/index.php?topic=6212.msg100608#msg100608

angefügt.
Titel: Re: Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: Mirjam am 09.08.05, 12:04
Hallo

aus der Käse-Milch-Diskussion hier einen *schubs*.

In Deutschland gibt es die Bundesforschungsanstalt für Fleischwirtschaft in Kulmbach. Kennt jemand diese?

http://www.bfa-fleisch.de/

Hier untersuchen und forschen  Top-Leute alles rund ums Fleisch, haben jedes Jahr eine "Kulmbacher Woche" mit einer Vortragsveranstaltungsreihe unter bestimmten Thementiteln, die man auch in dem herausgegebenen Tagungsbänden nachlesen kann.

Habt ihr euch schon mal für das Thema Fleisch - Fleischqualität - Schlachtung interessiert bzw. dort informiert?

mirjam
Titel: Re: Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: Mirjam am 25.10.06, 11:57


Hallo,

heute hatte ich das Aha-Erlebnis der besonderen Art:

Ich habe zwei riesige Beinscheiben ausgelöst - und das Fleisch in Stücken für einen Gemüseeintopf verwendet.

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich bereits gut 200 g davon - aus der Pfanne (nur in Knoblauchöl angebraten) "so herausgenascht" habe.

So ein zartes, frisches, einfach feines Rindfleisch - habe ich, ja ich weiß gar nicht, wann ich schon mal so gutes Rindfleisch von der Rinderhaxe  ;) überhautp in der Hand bzw. Pfanne hatte: Steakqualität - absolut!

Und woher?

Für 4 Euro nochwas das Kilogramm:

Aus dem Hofladen einer 1.500 Milchviehanlage in Thüringen mit reiner Schwarzbuntgenetik, unvakuumiert, ungereift...

und ich ärgere mich noch xx, das ich nicht noch mehr mitgenommen habe, das nächste Mal, das nächste Mal!  8)

Mirjam
Titel: Re: Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: mary am 25.10.06, 14:21
Hallo Mirjam,
wir haben inzwischen alle Rassen - und Fütterungs- Haltungssysteme in Bezug auf Rindfleisch durchprobiert, haben es mit Reifung und ohne, vakuumiert und ohne -
das absolute Siegerfleisch war ein schwarzbunter Weidemastochse, 3 Wochen gereift und vakuumiert.
In Zukunft wird mir keines unserer männl. Schwarzen noch einmal zu einem billigen Preis verkauft,
da wird ein Ochse draus und auf die Weide, oder es wird ein Milchkalb.
Wir haben nur 2 schwarzbunte Kühe, Fleckvieh hat keine schlechte Fleischqualität,
aber dieses feinfasrige und feinmarmorierte Fleisch von dem schwarbunten Ochsen-
das zergeht wirklich auf der Zunge.
Da kommt Fleckvieh leider nicht mit.
Mit deinen Beinscheiben läuft mir direkt das Wasser im Mund zusammen.
maria
Titel: Re: Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: mary am 25.10.06, 14:38
Hallo Bridda,
warum nicht, wenn das Fleisch von anderer Rasse oder Haltungs- bzw. Fütterungsform so top geschmeckt hätte, dann würde ich mich eben daran halten.
Kennst ja meine Devise, dass es von überall her was zu lernen gibt.
Auf alle Fälle war das beste Rindfleisch meines Lebens und das tut als Fleckviehhalterin erstmal weh,
aber es ist für mich auch wieder ein Argument, meine fleckviehbegeisterte Familie doch in Richtung Schwarzbunter Kühe zu begeistern. Wenn es nach mir ginge, wäre die Farbe in unserem STall sicher eine andere.
maria
Titel: Re: Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: Jochen am 25.10.06, 15:10
mary, hattet Ihr auch schon einen Fleckviehweideochsen probiert?

Da Ihr vermutlich nicht die ganze männliche Nachzucht selber verspeist, müßt Ihr Euch am Markt orientieren. Wenn Ihr guten absatz für schwarze Ochsen habt, dann passts. Am Schluß zählt das übriggebliebene Geld.
Momentan ists nun mal so, dass das Fleckvieh die geringere Milchleistung durch besseren Fleischertrag und bessere Tiergesundheit bei den Kühen wettmacht..
Wenn die Quote mal fällt siehts vielleicht anders aus...
Titel: Re: Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: mary am 25.10.06, 16:28
Hallo Jochen,
nein- solche Fleischesser sind wir doch wieder nicht.
Ja- ich kenne auch den Fleckviehweidemastochsen.
Ja -ich weiß, dass wir auch von dem übriggebliebenen Geld leben,
ich weiß aber auch, was mit der entsprechenden Fütterung bewirkt wird.
Ja- ich weiß, was Fleckviehbullenkälber wert sind,
doch kann ich meine Geschmacksnerven und Knospen leider nicht betrügen und wenn wir 1ooo Fleckviekühe hätten.
Ich war zuvor immer der Meinung, dass Fleischrassen beim Fleischgeschmack die Nase vorne hätten.
Auf alle Fälle habe ich noch nie so ein zartes und aromatisches Rindfleisch auf dem Teller liegen gehabt.
Ein Fleckviehochse oder eine gute gereifte Fleckviehfärse ist mit Sicherheit auch ein gutes Stück, aber einmal alle Rassen und Haltungs-bzw. Fütterungsmethoden durchzuprobieren-
meine Meinung und mein Geschmack-
ohne Rassendiskriminierung.
Dass ich die senisblen Schwarzen sehr mag, das tut nichts zur Sache.
Entscheidend ist, was am Schluss auf dem Teller liegt.
maria

Titel: Re: Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: Mirjam am 25.10.06, 17:37
Hallo,

also "die" Fleischqualität gibts selbst nicht für mich als Privatköchin.

Ich war von einem jungen "groben" Hüftsteak vom weiß-blauen Belgier, mehr breit als hoch mit hausgemachter Sauce bernaise in einem Bistro in Belgien genauso glücklich wie mit gereiftem Entrecote-Steaks von Fleckvieh-Ochsen ais Franken oder mag genauso gerne Zwiebelrostbraten vom argentinischen Angus oder auch ein ungereiftes Kalbrücksteak mit Cognac-Rahm aus Niederlande  8).

Was mich ebs an der obigen Qualität so beeindruckt hat - war schon die Feinfasrigkeit beim Schneiden: Und das ganze ohne Wasserverluste und ohne vorherige Reifung mal eben nicht mit "intensivem Aroma".

Und dazu noch so richtig aus "Massentierhaltung"  ;) tststs dürfte es ja eigentlich gar nich geben...  8)


Gruß Mirjam
Titel: Re: Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: Ingrid2 am 25.10.06, 18:56
Tja, vielleicht ist Massentierhaltung nicht gleich Massentierhaltung. Am End gibts ja auch dort noch Unterschiede 8).

Die Qualität von Fleisch hängt wohl nicht nur von der Betriebsgröße ab. Da gibt es wohl noch ein oder zwei andere Kriterien ;) Es ist wohl wie überall im Leben- es gibt nicht nur schwarz oder weiß sondern auch noch viele Grautöne dazwischen.


Einen schönen Gruß Ingrid
Titel: Re: Was ist Fleischqualität?
Beitrag von: Mirjam am 15.03.07, 08:07
Hallo, grad mal so aus dem Internet: Quelle Meat-n-more:

zu beachten: nur 0,65 qm Fläche je Schwein konvi sind nicht mehr erlaubt!

Einfluss der Haltungsbedingungen auf Mastleistung, Schlachtkörper- und Fleischqualität beim Schwein
Kulmbach [FISCHER] 14-03-2007


Quelle: Journal of Animal Science 84 (2006), 2436-2447.

In weiten Teilen der Bevölkerung werden die vorrangig unter ökonomischen Gesichtpunkten optimierten modernen Tierhaltungsverfahren seit langem kritisch gesehen und mit mangelndem Wohlbefinden der Tiere, schlechter Fleischqualität, erhöhtem Medikamenteneinsatz und Umweltverschmutzung assoziiert. So ist es nicht verwunderlich, dass diese Thematik auch für die Wissenschaft nach wie vor aktuell bleibt.

In einem Gemeinschaftsprojekt mehrer französischer Institute wurde nun eine als tierfreundlich angesehene Haltungsvariante einem konventionellen System gegenübergestellt und im Hinblick auf Mastleistung, Verhalten und physiologische Reaktionen der Tiere während der Bereitstellung am Schlachtbetrieb sowie auf Schlachtkörper- und Fleischqualität verglichen (B. LEBRET, M.C. MEUNIER-SALAUN, A. FOURY, P. MORMÈDE, E. DRANSFIELD, J.Y. DOURMAD: Influence of rearing conditions on performance, behavioral, and physiological responses of pigs to preslaughter handling, carcass traits, and meat quality).

120 Kreuzungsschweine (je 50 % Kastraten und weibliche Tiere) wurden jeweils zur Hälfte auf ein konventionelles und ein „alternatives“ Haltungssystem aufgeteilt. Ersteres war durch Vollspaltenboden (0,65 m2/Tier) und konstante Klimaführung gekennzeichnet, während es bei Letzterem Buchten mit Sägmehleinstreu (1,3 m2/Tier), einen betonierten Auslauf (1,3 m2/Tier) und je nach Witterung wechselnde Temperaturverhältnisse gab.

Während der Mast, die bei einem Lebendgewicht von 35 kg begann und bei etwa 110 kg endete, hatten alle Tiere freien Zugang zu einer Standardfuttermischung (Futterautomaten).

Um auch jahreszeitliche Einflüsse erfassen zu können, erfolgte die Mast in drei Durchgängen, und zwar im Frühling, Sommer und Winter (pro System in jeder Saison zwei Buchten mit jeweils 10 Tieren).

Die alternativ gehaltenen Tiere nahmen mehr Futter auf und erreichten – bei gleicher Futterverwertung – im Mittel um ca. 10 % höhere Masttagszunahmen als die Schweine der konventionellen Gruppe. Daraus resultierte auch ein um ca. 7 kg höheres Mastendgewicht, welches – nicht überraschend – mit einem um 2,4 mm stärkeren Rückenspeck und einem um 2 %-Punkte niedrigerem Muskelfleischanteil einherging.

Das tierfreundlichere System führte jedoch zu keinen Veränderungen bei den Verhaltensaktivitäten während der Aufstallung am Schlachthof oder den Konzentrationen verschiedener Stresshormone in Urin und Plasma unmittelbar nach der Schlachtung. Auch andere Stressparameter im Blut, wie der Gehalt an Lactat, Glucose und freien Fettsäuren oder die Creatinkinase-Aktivität, blieben unbeeinflusst. Daraus kann geschlossen werden, dass der hier gewählte größere Bewegungsspielraum während der Mast die Belastungsresistenz der Tiere gegenüber Transport, Zutrieb und Bereitstellung weder erhöht noch erniedrigt hat.

Bei den zahlreichen einbezogenen Fleischqualitätsmerkmalen gab es nur wenige auffällige Befunde: So wiesen die alternativ gehaltenen Schweine in allen untersuchten Muskeln (M. longissimus, M. semimembranosus, M. biceps femoris) einen um 14-17 % (relativ) höheren intramuskulären Fettgehalt auf. Dies war auf Grund der stärkeren Schlachtkörperverfettung zu erwarten.

Doch auch die höheren IMF-Gehalte waren immer noch so niedrig (z. B. im M. longissimus: 1,68 gegenüber 1,44 %), dass sich dies in der sensorischen Qualität kaum bemerkbar machte.

Lediglich bei der Saftigkeit wurden geringfügig, aber dennoch signifikant höhere Bewertungen vergeben (3,7 gegenüber 3,4 Pkt.) . Schwerer zu interpretieren ist jedoch, dass der Rückenmuskel der Auslauf-Tiere trotz nahezu gleicher pH-Werte einen signifikant höheren Tropfsaftverlust (nach 2 Tagen Tropfzeit: 3,3 gegenüber 2,3 %) sowie höhere b*-Werte (Gelbanteil) aufwies. Bei dieser Gruppe zeigte sich darüber hinaus in allen untersuchten Muskeln die Tendenz zu einem etwas höheren glykolytischen Potenzial.

Insgesamt betrachtet erscheint es bemerkenswert, dass das hier praktizierte tierfreundlichere Haltungssystem die Tiere zu größerer Futteraufnahme anregt und somit eher geeignet ist, das Wachstumspotenzial von Mastschweinen voll auszuschöpfen. Angesichts der damit verbunden Begleiterscheinungen (stärkere Schlachtkörperverfettung) muss dies jedoch nicht immer ein anzustrebendes Ziel sein.