Autor Thema: Schöffe bei Gericht  (Gelesen 27220 mal)

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Offline pauline971Topic starter

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Schöffe bei Gericht
« am: 12.02.13, 10:30 »
Guten Morgen,
ich weiß nicht so recht, wo ich mein Thema rein schreiben soll. Vielleicht passt es auch eher bei "Politik und Zeitgeschehen" rein. Zur Zeit lese ich in den Tageszeitungen immer wieder, dass für 2014ff. Bürger gesucht werden, die sich als Schöffen bei Gericht zur Verfügung stellen möchten.
Hat jemand mit diesem Ehrenamt Erfahrung? Einsteils würde mich das schon sehr interessieren. Andererseits... Mein Mann hat Befürchtung, dass dann Verurteilte oder Verwandte, Beteiligte usw. mir vielleicht auflauern. Hat er zu viele Krimis geschaut oder ist seine Befürchtung doch ernst zu nehmen? Andererseits spricht ein Schöffe ja nicht den Urteilsspruch, sondern ist nur beratend tätig. Ich weiß auch nicht so recht, wen ich da fragen könnte. Im Internet hab ich mich über die Aufgaben eines Schöffen informiert. Vielleicht doch mal in der Gemeinde nachfragen?? Aber nicht dass die dann denken, gute Idee. Die schlagen wir vor.
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Offline LunaR

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Re: Schöffe bei Gericht
« Antwort #1 am: 12.02.13, 12:22 »
Hallo Pauline,

ich war 10 Jahre Schöffe. Eine Amtszeit dauert 4 Jahre. In meiner 3. Amtszeit habe ich aus gesundheitlichen Gründen aufgehört. Sonst kommst du nicht so leicht aus diesem Amt, wenn du erst mal berufen bist. Auch bei den Gerichtsterminen gibt es kaum einen Grund, der eine Absage rechtfertigt. Da musst du dann hin, auch wenn es privat oder beruflich gerade überhaupt nicht passt. Das kann schon ein Problem werden.

Ich habe dieses Amt sehr gern ausgeübt. Das geht aber nicht jedem so. Angefangen habe ich beim Landgericht bei der Jugendstrafkammer und dann war ich bei der großen Strafkammer (für erwachsene Straftäter) am Landgericht. Dort finden Prozesse statt, die man oft nicht immer einfach hinter sich lassen kann, wenn man nach Haus kommt.

Die Sorgen deines Mannes betreffen eine Sache, die wohl eher die Ausnahme ist, aber nicht völlig ausgeschlossen werden kann. Es hat auch hier in Deutschland schon Fälle gegeben, dass Beteiligte im Gerichtssaal Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt und Schöffen angegriffen haben. Auch mit Toten. Bei einem meiner Prozesse, war eine Hochsicherheitssituation mit starken Kontrollen, vielen Wachtmeistern und Hunden im Saal. Da habe ich überlegt, was machst du, wenn hier einer austickt. Da nahm ich mir vor, ganz schnell unter den Tisch zu rutschen, wohl wissend, dass mich auch dann nur eine etwa 1/2 cm dicke Holzwand schützt.

Als Schöffe darfst du den Beteiligten auch Fragen stellen, bzw. kannst diese an den Richter geben, damit er sie stellt. Du sollst dir ja selbst ein Urteil bilden können. Der Einfluss der Schöffen ist nicht unerheblich. Ich war einmal selbst darüber erschrocken, als ich bei der Beratung sagte, ich fände ich nicht richtig, dass derjenige, der die Waffe besorgt hat eine kürzere Strafe bekommt, als der Fahrer (bei einem Raubüberfall). Da sagte der Richter nur, da haben sie recht und schon bekam derjenige nun mehr als doppelt so lange als Strafe  :o . War ich froh, dass er und sein Umfeld nicht wussten, wer das verursacht hat.

Wenn du mehr wissen willst, würde ich direkt bei Gericht nachfragen.

LG
Luna

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Offline asti

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Re: Schöffe bei Gericht
« Antwort #2 am: 12.02.13, 21:06 »
Hallo ,

bin nun schon seit 1994 an verschiedenen Gerichten Schöffe und mache es immer noch gern. Meist bin ich am Landwirtschaftsgericht - war aber auch 4 Jahre an der Berufungskammer am Landgericht.Ich denke mal,es kommt auch drauf an,bei welchem Gericht man sitzt.Manche Fälle lassen einen auch später nicht los - körperliche Übergriffe will ich zwar nicht ausschließen,sind aber wohl eher doch Krimistoff...Ich finde es nach wie vor recht interressant und lerne immer was dazu.Wenn man sich dazu entschließt,sollte man aber doch einen gewissen Zeitaufwand einplanen je nach vorsitzenden Richter wird man mitunter auch zu Urteilsbesprechungen außerhalb der Verhandlung geladen.Allerdings muss man damit rechnen,dass man dann auch in der Bekannt - oder Verwandtschaft dann schon mal in juristischen Sachen um seine Meinung gefragt wird,wenn sich das mit dem Schöffenamt rumspricht.Da ist dann Vorsicht angesagt,denn das darf nicht in Rechtsberatung ausarten,die ist Juristen vorbehalten.
Alles in allem - ich würde es trotz Aufwand wieder machen,denn man wird auch selbst nicht dümmer.
Wenn du noch spezielle Fragen hast - gerne ...

Gruss  asti

Offline pauline971Topic starter

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Re: Schöffe bei Gericht
« Antwort #3 am: 12.02.13, 21:14 »
Danke schon mal für die Antworten. Es ist ja noch Zeit zum Überlegen. Ja, es nimmt schon Zeit in Anspruch. Bei uns würde das Amts- und Landgericht in Frage kommen. Ein OLG haben wir hier nicht. Vom beruflichen her dürfte es kein Problem geben; mein Arbeitgeber würde es sicher sehr begrüßen. Ich werde vielleicht mal mit unserem Juristen in der Arbeit darüber reden. Außerdem denke ich, selbst wenn ich mich bewerbe muß man ja auch von der Gemeinde dazu ernannt werden. Weiß nicht, ob es im Ort einen großen Antrag auf das Schöffenamt gibt. Im Internet hab ich irgendwo gelesen, dass es teilweise schwer wird, Bewerber für ds Schöffenamt zu finden.
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Offline Heidi.S

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Re: Schöffe bei Gericht
« Antwort #4 am: 13.02.13, 16:19 »
Hallo Pauline
wenn man sich bewirbt als Schöffe ist es immer noch nicht sicher, dass man auch genommen wird. Das entscheidet das Gericht selber. In Hof ist es denk ich nicht ganz so schlimm mit dem Bewerbermangel. Ich selber war auch schon 2 Perioden lang. Einmal Aushilfsschöffe beim Jugendgericht und einmal ganz normaler Schöffe beim Wirtschaftsgericht.Wobei man sagen muss, das das Jugendgericht schon mehr unter die Haut geht und man aufpassen muss dass man nicht zuviele Gedanken mit nach Hause nimmt.
Wenn du das erste mal als Schöffe ernannt wirst, bist du warscheinlich auch nur Aushilfsschöffe und bis höchstens 1-2 mal im Jahr im Einsatz. Wenn die Zusammenarbeit passt und du in der nächsten Perionde als regulärer Schöffe eingestetzt wirst, hast du so 5 - 6 Verhandlungen im Jahr.Manche einfachen Verhandlungen dauern nur ein paar Stunden, andere aufwendig werden schon mal für ein paar Tage veranschlagt, ist in Hof aber seltener der Fall.
Als Jugendschöffe bewirbt man sich etxra, für alle anderen Schöffenarten wirst du ausgewählt.
Liebe Grüße Heidi

Offline Solli

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Re: Schöffe bei Gericht
« Antwort #5 am: 22.02.13, 10:43 »
Hallo Pauline,
wie weit bist Du mit Deinen Überlegungen?
Ich habe da vor vier Jahren auch schon mal drüber nachgedacht und tu es jetzt wieder. Ich weiss auch noch nicht ...  :-\
Reizen tät es mich schon!
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Offline Lise

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Re: Schöffe bei Gericht
« Antwort #6 am: 22.02.13, 16:17 »
Hallo Pauline,
ich bin in der 2. Amtszeit als Schöffin beim Verwaltungsgericht. Das ist sehr interessant, weil man selber nur dazulernen kann. Ich habe ca. alle 4 Monate einen Termin. Sicher muss man sich da den ganzen Tag einplanen, weil man nie weiß wie lange die Verhandlungen dauern. Mir wurde gesagt, wenn bei Verhandlungen Verwandte oder Leute die man kennt betroffen sind, soll man das sagen. Man darf bei Verwandten nicht als Schöffe dabei sein. Wenn man Bedenken hat, weil Bekannte oder Leute aus dem Dorf beteiligt sind hat man die Möglichkeit bei diesem Termin abzusagen und es wird ein Ersatzschöffe geladen.
Mir macht es Spaß und ich würde auch noch einmal mitmachen. Nach 3 Amtszeiten muss man pausieren.
Wenn Du noch Fragen hast, kannst du mir eine PM senden.
Viele Grüße von Lise

Offline LunaR

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Re: Schöffe bei Gericht
« Antwort #7 am: 22.02.13, 16:53 »
Hallo Lise,

erfährst du denn vorher, wer beteiligt ist? Wir sind immer unwissend in die Verhandlung gegangen. Weder welcher Fall behandelt wird, noch um wen es geht.

LG
Luna
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Offline pauline971Topic starter

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Re: Schöffe bei Gericht
« Antwort #8 am: 22.02.13, 20:52 »
Ich möchte bei mir auf der Gemeinde noch nachfragen, ob überhaupt Bedarf besteht. Ich bin sicher, dass es interessant ist und zeitlich würde das auch passen. Mein Arbeitgeber hätte sicher auch nichts dagegen, wenn ich zu Gericht müßte. Aber ich weiß nicht. Hab irgendwie Angst, wenn mich mal ein Angeklagter später auf der Straße sieht oder dessen Verwandte/Bekannte und dann denkt, die war beteiligt an meiner Bestrafung. Ist sicher Unsinn dass zu denken. Ich spreche ja nicht das Urteil. Aber ich hör so schon immer das Gras wachsen.... Glaube das lass ich mal lieber.
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Offline LunaR

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Re: Schöffe bei Gericht
« Antwort #9 am: 22.02.13, 21:25 »
Zitat
Ich spreche ja nicht das Urteil

Nunja Pauline, Schöffen werden auch ehrenamtliche Richter genannt.

Erkundige dich doch, ob du bei einer Kammer für Wirtschaftskriminalität oder Verwaltungsachen anfangen kannst. Da sind vielleicht eher Angeklagte, die nicht so sehr zur körperlichen Gewalt neigen.

LG
Luna

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Offline Lise

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Re: Schöffe bei Gericht
« Antwort #10 am: 24.02.13, 22:03 »
Also ich bekomme immer ca. 10-14 Tage vorher die Tatbestände zugestellt. Da kann ich ja lesen um was und um wen es geht.
Wenn es mir also jetzt unangenehm wäre, weil evtl. Bekannte betroffen sind hab ich noch genug Zeit, das dem Gericht zu melden und dann könnten Ersatzschöffen geladen werden.
Gruß von Lise

Offline martina

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Re: Schöffe bei Gericht
« Antwort #11 am: 26.06.18, 09:48 »
*schubs*

Pauline, wie hast Du Dich damals entschieden?


Ich bin gestern gefragt worden, ob ich Lust hätte, mich zu bewerben. Es sei bei uns schwierig, Leute zu finden, die es machen. Lust hab ich schon und prompt hat mir unser Ortsvorsteher, der auch schon als Schöffe tätig war (wußte ich gar nicht) heute die Bewerbungsböden in den Kasten geworfen. Einmal als Jugendschöffe und dann als normaler.

Nun steh ich vor der Frage, was ich ankreuze. Wo ist der Unterschied zwischen Hilfsschöffe und Hauptschöffe? Und ist es vermessen, wenn ich mich nicht nur fürs Amtsgericht, sondern auch fürs Landgericht zur Verfügung stelle?



"Ich habe folgende Erfahrung in der Jugenderziehung" - Ömm ja, 4 eigene Kinder. Ob das so als Referenz ausreicht? ;)

Offline Tina

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Re: Schöffe bei Gericht
« Antwort #12 am: 26.06.18, 10:19 »
Zitat
"Ich habe folgende Erfahrung in der Jugenderziehung" - Ömm ja, 4 eigene Kinder. Ob das so als Referenz ausreicht? ;)
Eigentlich schon, aber ob deine Erziehungsmethoden (so wie ich dich einschätze ) heute noch beliebt sind ??? ???
Wenn du noch freie Kapazitäten hast, nur los.
LG
Tina

Mucki

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Re: Schöffe bei Gericht
« Antwort #13 am: 26.06.18, 10:23 »
@martina
Deine Erfahrung reicht weiter als auf deine 4 eigenen, den du hattest ja zu mehr Jugendlicheb Kontakt Freunde deiner Kinder , und im Vereinsleben sicher auch .
LG Mucki

Offline goldbach

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Re: Schöffe bei Gericht
« Antwort #14 am: 26.06.18, 12:06 »
@ Martina: gib Deine Bewerbung ab mit einem kleinem Lebenslauf dazu. Immerhin bist Du in der evang. Kirche aktiv.
Solche Angaben sind für die Entscheider sehr hilfreich.
Bei uns gibt es seit einigen Jahren mehr Bewerber als Plätze zur Verfügung stehen.
Im Gemeinderat/Stadtrat wird dann entschieden, wer seitens der Gemeinde vorgeschlagen wird. D.J. wurde gelost, wer nicht darf.