Familie und Co. > Kinderkram
Genitalverstümmelung
brit:
@olympe,
wär interessant zu wissen woher du soviel Hintergrundinfos hast??
Genau Verstümmelung zu verhindern muss ja Ziel sein, ich denk auch, das ist der Grund warum Aerzte nicht melden, erstens gehen Menschen mit dem Hintergrund eher zu AErzten mit ähnlichem Hintergrund?? Und Zweitens wenns schon passiert ist, nützt eine Anzeige ja auch nicht wirklich??
Und ich glaub das Thema war lange Zeit in Europa nicht bekannt. Mit der zunehmenden Emigration auch von Frauen, wird das ganze Ausmass und die Problematik erst richtig spürbar??
Und da kommt noch eine andere Dimension dazu, nämlich die Frauen müssen sich hier integrieren können, sonst ist es ihnen nicht möglich sich von der vernetzten Macht der Familien , die bis nach Europa reicht, zu distanzieren.
olympe:
@ Brit,
hallo Brit - Fragen über Fragen...Gut so...Also
1. die HintergrundInfos kommen vom Augen- und Ohren offen halten...Und vor allem: genau dort anfangen nachzufragen und nachzuhaken, wo die meisten damit aufhören...
2. Genitalverstümmelungen können eben NICHT verhindert werden, wenn die Ärzte nicht melden müssen...Die Kinder wurden und werden in deutsche Krankenhäuser eingeliefert, wo nicht nur die Ärzte sondern auch das Pflegepersonal Kenntnis erhält...Und jetzt: Alle schweigen sich aus und schauen weg, anstatt die Eltern anzuzeigen. Und weißt Du, was als nächstes kommt? Die weiteren Töchter werden auch verstümmelt. Nachvollziehbar, wieso sollten die Eltern es ernst nehmen, dass sie das "offiziell" nicht dürfen?
3. Wenn es schon "passiert ist", nützt eine Anzeige nicht wirklich? Wie meinst Du das? Meinst Du, weil es für das Kind dann eh'zu spät ist, muss man diejenigen, die dafür verantwortlich sind - und bei Genitalverstümmelungen sind es nun mal immer (!) die Eltern, bzw. die Familie - nicht bestrafen? Warum nicht? Wenn die Tatsache, dass eine Anzeige, Bestrafung von Tätern grundsätzlich "nicht wirklich nützt", wenn es "schon zu spät" ist, müssten wir unser gesamtes Strafrecht abschaffen - denn das Strafrecht greift immer(!), wenn es zu spät ist! Wenn jemand einen Menschen umgebracht hat, nützt es dem Opfer überhaupt nichts mehr, wenn der Täter verurteilt wird, denn für das Opfer ist es definitiv zu spät...Aber sollten wir deshalb die Tat ungestraft lassen? NEIN das Strafrecht ist dazu da, begangenes Unrecht zu ächten, zu sühnen - und vor allem, den Tätern Grenzen aufzuzeigen...Tut man das nicht, macht man sich zu Mittätern - und trägt eine Mit-Verantwortung, wenn die Täter es wieder tun...Bitte frag'Dich einmal, weshalb Du hier mit zweierlei Maß messen möchtest...
4. Was das ganze Ausmaß der Verstümmelungen in Europa angeht, glaube ich, dass wir weit davon entfernt sind, auch nur die Spitze des Eisberges zu erfassen...Hast Du das Buch "Schmerzenskinder" von Waris Dirie gelesen? Erstaunlicherweise führt gerade dieses Buch - im Vergleich zu ihrem ersten Werk "Wüstenblume" - ein Schattendasein. Dabei werden dort Dinge beschrieben, die sich direkt hier in Europa abspielen - und uns Momente zeigen, in denen wir hellhörig werden sollten...Ich habe das Gefühl, das will niemand WIRKLICH wissen...Für mich der größte AHA-Effekt in punkto: Ja, das gibt es bei uns auch - und zwar nicht nur in Einzelfällen, sondern massenhaft - war ein Artikel in einer holländischen Zeitung, der vor etwa 2 Jahren veröffentlicht wurde...Dort haben zwei Sozialarbeiterinnen aus Somalia, die jetzt in Holland leben und arbeiten, unabhängig voneinander berichtet, dass als "realistische Zahl, in welchem Maß somalische Mädchen in Holland verstümmelt werden, 80% angesetzt werden muss". 80 von 100 somalischen Mädchen, die vielleicht sogar in Holland geboren wurden und aufgewachsen sind, werden demnach verstümmelt...Kannst Du Dir das vorstellen? Und es gibt überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass das in Deutschland anders wäre...
5. Integration, Brit, muss nicht nur "gekonnt", sondern vor allem "gewollt" sein...Hast Du den Morsal-Prozess mit verfolgt, bei dem gestern der Bruder zu lebenslanger Haft verurteilt wurde? Er zeigt - um ein aktuelles Beispiel zu zeigen - dass sich die Familie gar nicht integrieren WILL, sondern an den Wertvorstellungen Afghanistans, die unseren einfach entgegenlaufen, festhält...Nein, zu Integration kann niemand gezwungen werden, ABER: wir müssen dafür sorgen, dass Gewalt, die "im Namen althergebrachter Konventionen" entweder konsequent geächtet wird (wir im "Fall" Morsal) - oder verhindert wird...Denn, es kann nicht oft genug betont werden: Alle Menschen in Deutschland haben die gleichen Rechte...Und Mädchen, deren Eltern der Meinung sind, sie hätten das Recht, sie zu verstümmeln, müssen - wenn es sein muss mit rechtlichen Mitteln - gestoppt werden...
wünsche Dir ein schönes Wochenende,
Olympe
Absätze für bessere Lesbarkeit eingefügt
martina:
Nur zur Info für alle:
Ich habe Olympe gebeten, sich selber vorzustellen. Leider haben wir noch keine Vorstellung ihrerseits hier zu lesen bekommen.
Deshalb mache ich jetzt etwas, was wir normalerweise nicht machen, aber ich finde es nur fair allen gegenüber, die hier mitdiskutieren möchten:
Olympe schreibt mit einer emailadresse von www.taskforcefgm.de
brit:
@ olympia:
es tut mir leid, aber dein Beitrag ist für mich zu einseitig.
Die Beschneidung hat einen sehr grossen kulturellen Kontext, und hat sehr viel mit dem Rollenbild der Frau und der geltenden Hierarchie , Patriarch,, der üblichen Wertvorstellung und Moral in den entsprechenden Ländern zu tun.
Darum kannste das eine nicht ohne das andere lösen.. und darum braucht das ganze auch Zeit, viel Zeit, und in der Zwischenzeit muss man damit leben, dass gewisse Dinge suboptimal laufen.
Wenn man diese Zusammenhänge ignoriert, hilft man am allerwenigsten den Betroffenen!??
Man hat die Familie die man hat, das gilt auch für die betrofffenen Kinder. Und eine Kultur in der die Familie ausgesprochen die Hauptrolle spielt, in der man ein Nichts ist ohne Familie, da muss man das berücksichtigen!!
Wir bieten den Schutz vor Verstümmelung, aber kein Familienersatz ; Verlust der Identifikation ist aber ebenso schwerwiegend!!??
Was hilft es, wenn Eltern kriminalisiert werden, weil sie etwas machen, was bei ihnen zu Hause *üblich* sprich normal, sogar gefordert ist, *nur beschnittene Frauen sind gute Frauen*?? Oftmals wissen die auch gar nicht was bei uns normal ist, weil viele gar nicht aus Subgesellschaften in unsrer Gesellschaft raus kommen, und unsere Werte derart nicht passend sind zu ihren Werten. Ich denk , da muss ein lösungsorientierter Ansatz her, - *Aufklärung* und *Begleitung*-, der aber Kriminalisierung ausschliesst, da Schuldzuweisungen automatisch Gegenreaktion bis hin zu totaler Abwehr auslöst.
Uebrigens Aerzte haben Verpflichtung zu Helfen, und ich denk , es ist nicht erste Aufgabe der Aerzte , Kulturen zu werten.
was nämlich dann dazu führen würde, dass Betroffene nicht mehr zum Arzt gehen würden, was vermutlich eh schon teilweise zutrifft.
Cendrillon:
--- Zitat von: Mirjam am 11.02.09, 13:53 ---Entsetzt war ich - das die Beschneidungsinniative v.a. von FRAUEN! ausgegangen ist, das v.a. die älterne Frauen hier über die Dörfer ziehen und die Mädchen "briefen" sich ja beschneiden zu lassen bzw. das Tanten und v.a. die Mutter selbst ihre Tochter festhält ::) :o :-[.
Mirjam
--- Ende Zitat ---
hallo mirjam,
warum sogar die mütter ihre töchter festhalten für die beschneidung verstümmelung kann ich mir nur so erklären: um ein mädchen verheiraten zu können, muss es beschnitten sein. ein mann würde kein unbeschnittenes mädchen zur frau nehmen; sie könnte ihn ja betrügen ::).
solange DIESE idee noch in den männerköpfen festsitzt, wird kein mittel helfen, diese torturen zu stoppen. (ist wahrscheinlich zu vergleichen mit den verkrüppelten füssen einiger chinesinnnen(?). aber das gehört nicht hierhin)
während ich deinen beitrag gelesen habe, habe ich mir versucht das ritual mit meiner tochter vorzustellen.....da wird mir übel>:(
liebe grüsse
katrin
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