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AGENDA 2000 - Band II :
Mitteilung :
AUSWIRKUNGEN EINER EU-MITGLIEDSCHAFT DER BEITRITTSWILLIGEN LÄNDER MITTEL- UND OSTEUROPAS AUF DIE POLITIKEN DER EU (WIRKUNGSANALYSE)

Inhalt

Einführung

TEIL I. ZUSAMMENFASSUNG

1. Die externe Dimension
2. Allgemeine wirtschaftliche Auswirkungen
3. Strukturpolitik
4. Landwirtschaft
5. Binnenmarkt und Wirtschafts- und Währungsunion
6. Horizontale Politiken
7. Sektorale Politiken
8. Justiz und Inneres

TEIL II. ANALYSE

1. DIE EXTERNE DIMENSION

1.1. Die politische Dimension
1.2. Außenwirtschaftsbeziehungen
1.3. Sonderbereiche

2. GESAMTWIRTSCHAFTLICHE AUSWIRKUNGEN

2.1. Potentielle wirtschaftliche Vorteile
2.2. Problembereiche und Risiken
2.2.1. Sektorale und regionale Probleme
2.2.2. Größere Heterogenität der Union

3. STRUKTURPOLITIK

3.1. Die neuen Gegebenheiten in einer erweiterten EU
3.2. Die Übernahme des Acquis durch die Beitrittskandidaten
3.3. Die Kohäsionspolitik in der erweiterten EU
3.4. Die Anpassungsstufen
3.5. Fazit

4. LANDWIRTSCHAFT

4.1. Die gegenwärtige Situation in den Beitrittsländern und mittelfristige Aussichten
4.2. Erweiterung unter Beibehaltung des Status quo: Produktionsprojektionen und Auswirkungen auf den Haushalt
4.3. Weitere Auswirkungen der Erweiterung: Anpassungsdruck und Übernahme des Acquis
4.4. Auswirkungen auf die verschiedenen Politikbereiche

5. BINNENMARKT SOWIE WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSUNION

5.1. Binnenmarkt
5.2. Wirtschafts- und Währungsunion

6. HORIZONTALE POLITIKEN

6.1. Sozialpolitik
6.2. Umweltschutz
6.3. Verbraucherschutz
6.4. Wissenschaft, Forschung und Entwicklung
6.5. Informationsgesellschaft
6.6. Kultur, allgemeine und berufliche Bildung, Jugend

7. SEKTORALE POLITIKEN

7.1. Verkehr
7.2. Energie
7.3. Industrie
7.4. Telekommunikation
7.5. Kleine und mittlere Unternehmen
7.6. Audiovisuelle Medien
7.7. Fischerei

8. JUSTIZ UND INNERES

 

TEIL III. SCHLUSSFOLGERUNGEN

1. Vorteile der Erweiterung und ihre Auswirkungen auf die EU-Politik
2. Anpassungsdruck und seine Auswirkungen
3. Direkte budgetäre und finanzielle Auswirkungen
4. Risiken einer möglicherweise verspäteten oder unzureichenden Übernahme des Acquis
5. Anpassung, Reform und Weiterentwicklung der Politiken der Union
6. Auswirkungen der administrativen Mehrbelastung der Organe der Union
7. Die Bedeutung des Heranführungszeitraums

Anhang

Statistische Angaben und Schaubild

 

Inhaltsverzeichnis

EINFÜHRUNG

Der Europäische Rat beschloß im Juni 1993 in Kopenhagen, daß die assoziierten mittel- und osteuropäischen Länder, die dies wünschen, Mitglieder der Europäischen Union werden können. Gleichzeitig stellte er fest, daß ein Beitritt erfolgen kann, sobald ein assoziiertes Land in der Lage ist, den mit einer Mitgliedschaft verbundenen Verpflichtungen nachzukommen und die erforderlichen wirtschaftlichen und politischen Bedingungen zu erfüllen. Auch die Fähigkeit der Europäischen Union, neue Mitglieder aufzunehmen, dabei jedoch die Stoßkraft der europäischen Integration zu erhalten, sei ein sowohl für die Europäische Union als auch für die Beitrittskandidaten wichtiger Gesichtspunkt. Seither haben alle zehn assoziierten mittel- und osteuropäischen Länder die Mitgliedschaft beantragt, und der Rat hat gemäß Artikel O des Vertrags über die Europäische Union das Verfahren zur Anhörung der Kommission eingeleitet.

Auf seiner Essener Tagung vom Dezember 1994 bat der Europäische Rat die Kommission, "so rasch wie möglich die eingehende Analyse der Auswirkungen der Erweiterung im Kontext der gegenwärtigen Politiken der Union und deren Weiterentwicklung vorzulegen, die der Rat gewünscht hat". Im Dezember 1995 legte die Kommission dem Europäischen Rat in Madrid einen Zwischenbericht vor** . Darin kündigte sie einen weiteren Bericht mit einer ausführlicheren Analyse der Auswirkungen an. Der Europäische Rat ersuchte die Kommission auf seiner Madrider Tagung, "ihre Evaluierung der Auswirkungen der Erweiterung auf die Gemeinschaftspolitiken, insbesondere was die Agrarpolitik und die Strukturpolitiken anbelangt, zu vertiefen". Mit dem vorliegenden Bericht wird dieser Bitte entsprochen und der Versuch einer umfassenden Bewertung der Auswirkungen der Erweiterung auf die Politiken der EU in den einzelnen Bereichen unternommen.

Die Erweiterung durch den Beitritt der assoziierten Staaten Mittel- und Osteuropas ist eine große Chance sowohl für die beitretenden Länder als auch für die Europäische Union in ihrer Gesamtheit. Man erwartet davon größere politische Vorteile für die Europäische Union sowie für Frieden und Sicherheit in Europa. Auch auf wirtschaftlichem Gebiet werden bedeutende Nutzeffekte erwartet, doch werden auch Probleme bewältigt werden müssen, die mit den Anpassungsbelastungen infolge des fortschreitenden Integrationsprozesses zusammenhängen, zumal der wirtschaftliche Entwicklungsstand der beitretenden Länder niedriger ist und ihr Übergang zur Marktwirtschaft noch nicht abgeschlossen ist.

Durch die Erweiterung wird die Europäische Union weitaus heterogener als bisher. Wenn man sich aber dieser Vielfalt bewußt ist und sich entsprechend darauf einstellt, ist sie ein fundamentales Element des reichen gemeinsamen Erbes und der gemeinsamen Identität Europas. Die Erweiterung wird somit den Gedanken der europäischen Integration, auf dem der Vertrag aufbaut und der eine Aufspaltung nach kulturellen oder religiösen Trennlinien ablehnt, fördern.

Die Eingliederung neuer Mitglieder wird eine komplexe Aufgabe sein. Sie stellt die Europäische Union, ihre Politik und ihren Zusammenhalt vor eine große Herausforderung und wird wahrscheinlich ihre Ressourcen belasten. Ziel muß dabei sein, daß das gesamte Potential der Erweiterung zur Stärkung des europäischen Modells genutzt wird, d.h. eines Europa, das auf gemeinsamen Wertvorstellungen aller seiner Gesellschaften beruht und die Merkmale einer demokratischen Ordnung mit denen einer offenen Wirtschaft auf der Grundlage der Marktkräfte sowie von Solidarität und Zusammenhalt im Innern miteinander verknüpft.

Die Bewertung der Erweiterungsauswirkungen ist eine äußerst komplexe und riskante Aufgabe. Eine Reihe wichtiger Faktoren, von denen die Auswirkungen unmittelbar abhängen, ist mit großer Unsicherheit behaftet; indirekte Auswirkungen, die ebenso wichtig sein könnten wie die direkten, lassen sich noch schwerer abschätzen. Die Auswirkungen der Erweiterung werden in hohem Maße von der Wirtschaftsentwicklung der derzeitigen EU abhängen, die wiederum weitgehend vom Erfolg der Wirtschafts- und Währungsunion abhängt, ferner von der Wirtschaftsentwicklung der Beitrittskandidaten, von weitgehend exogenen Faktoren wie dem internationalen Umfeld, von den weltweiten Agrar- und Energiepreisen, von der rechtzeitigen Durchführung der neuen institutionellen Regelungen der Europäischen Union und von der künftigen Form der EU-Politiken in den verschiedenen Bereichen, insbesondere der Gemeinsamen Agrar- und Strukturpolitik, aber auch der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der Politik in den Bereichen Justiz und Inneres. Der Zeitpunkt und die Reihenfolge der Beitritte, die Anstrengungen in der Zeit vor dem Beitritt sowie Art und Dauer etwaiger Übergangsmaßnahmen nach dem Beitritt werden ebenfalls eine maßgebliche Rolle spielen.

Angesichts der komplexen Aufgabe, die Auswirkungen der Erweiterung zu bewerten und angesichts der erwähnten Unsicherheitsfaktoren mußten verschiedene Arbeitshypothesen zugrunde gelegt werden. Im vorliegenden Bericht wird davon ausgegangen, daß alle zehn Beitrittskandidaten auf mittlere Sicht der EU beitreten werden. Ferner wird angenommen, daß die gegenwärtige Politik der EU in den einzelnen Bereichen weiter angewandt wird, doch wird auch ihre künftige Weiterentwicklung, soweit vorhersehbar, berücksichtigt. Diese Hypothesen sind rein methodologischer Art und greifen in keiner Weise dem Standpunkt der Kommission in diesen Fragen vor. Dabei ist besonders darauf hinzuweisen, daß die gegenwärtigen Politiken sich auch aus anderen Gründen, die nichts mit der Erweiterung zu tun haben, weiterentwickeln werden. Selbstverständlich würden die Auswirkungen der Erweiterung anders ausfallen, wenn nicht alle zehn Beitrittskandidaten gleichzeitig der EU beitreten würden. In dem Bericht werden auch - soweit möglich - die indirekten Auswirkungen von Entwicklungen und Belastungen in der erweiterten Europäischen Union, die durch den Integrationsprozeß verursacht werden, auf die verschiedenen Politikfelder der EU berücksichtigt.

Der Bericht versteigt sich nicht zu Vorschlägen für etwaige Übergangsmaßnahmen vor oder nach dem Beitritt und geht auch nicht im einzelnen auf wahrscheinliche Reformen der EU-Politik ein, auch wenn in manchen Fällen darauf hingewiesen wird, daß derartige Maßnahmen für die Erweiterungsfolgen eine Rolle spielen; bereits vorliegende Kommissionsvorschläge für Reformen in verschiedenen Politikbereichen werden berücksichtigt.

Die Kommission unterstützt nachdrücklich die Entscheidung zur Erweiterung durch die Aufnahme der assoziierten Länder Mittel- und Osteuropas. Der Erweiterungsprozeß ist unumkehrbar; er spiegelt fundamentale europäische Interessen wider. Untätigkeit in diesem Bereich wäre sehr kostspielig. Der Beitritt der Länder, die einen entsprechenden Antrag gestellt haben, liegt nicht mehr in weiter Ferne. Gleichwohl muß bei der Erweiterung das in 40 Jahren der europäischen Integration Erreichte gewahrt bleiben. Diese Errungenschaften bilden die Grundlage der Solidarität der Europäischen Union mit den neu beitretenden Mitgliedstaaten. In dem vorliegenden Bericht wird untersucht, wie sich die Erweiterung auf die Politik der EU in den einzelnen Bereichen auswirkt, damit dieser Schritt angemessen vorbereitet und durchgeführt werden kann. Etwaige Probleme und Belastungen werden deswegen hervorgehoben, weil der Kommission daran gelegen ist, daß sich die Integration neuer Mitglieder reibungslos und sowohl vor als auch nach dem Beitritt möglichst rasch vollzieht, ohne daß es zu größeren Spannungen oder einer Gefährdung des Integrationsstandes der Europäischen Union kommt, da dies den Erweiterungsprozeß selbst beeinträchtigen würde.

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TEIL I - ZUSAMMENFASSUNG

1. Die externe Dimension

Die Erweiterung durch den Beitritt der mittel- und osteuropäischen Länder wird das Wirtschafts- und Humanpotential der Europäischen Union vergrößern und damit ihr Gewicht und ihre Rolle in der Welt ebenso wie ihre eigene Sicherheit und die aus dem internationalen Wirtschaftsverkehr resultierende Wohlfahrt vergrössern. Die breitere Vielfalt von Interessenlagen und Anschauungen und die veränderte geopolitische Lage werden ihre Außenbeziehungen und ihre Außenpolitik vor eine große Aufgabe stellen. Um den neuen sicherheits- und außenpolitischen Problemen gewachsen zu sein, die sich aus der Erweiterung ergeben, bräuchte die Europäische Union eine kohärente und effiziente Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) auf der Grundlage der in Amsterdam vereinbarten Änderungen. Desgleichen müßte die Europäische Union an ihrer offenen Politik gegenüber der Außenwelt festhalten und diese einschließlich ihrer finanziellen Dimensionen weiterentwickeln, um so den vollen Nutzen aus der Integration zu ziehen. Die Europäische Union wird dafür Sorge tragen müssen, daß die Erweiterung durch den Beitritt der mittel- und osteuropäischen Länder als Brückenschlag zur Verstärkung ihrer Beziehungen zu den Ländern in deren Umkreis und darüber hinaus dient und nicht den Eindruck entstehen läßt, sie sei gegenüber der restlichen Welt weniger aufgeschlossen.

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2. Allgemeine wirtschaftliche Auswirkungen

Einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Erweiterung verspricht man sich von der Ausdehnung des Binnenmarktes, von dem allgemeinen Integrationsprozeß sowie von der Stärkung der Stellung der Europäischen Union auf den Weltmärkten. Das Humankapital der Europäischen Union wird erheblich bereichert, nicht zuletzt durch qualifizierte und hochqualifizierte Arbeitskräfte. Die beitrittswilligen Länder verfügen über bedeutende natürliche Ressourcen (landwirtschaftliche Flächen, bestimmte Mineralien, Artenvielfalt usw.). Für Verkehr, Energietransit und Kommunikation wird ihre geographische Lage ein Pluspunkt sein. Die Integration in die Europäische Union wird der Wirtschaftsentwicklung dieser Länder kräftige Impulse geben. Umfangreiche Investitionen in Verbindung mit der radikalen Modernisierung der Wirtschaft der beitretenden Länder und ihr Aufholprozeß gegenüber dem Lebensstandard in der EU werden die Nachfrage in der gesamten Union anregen und die Wettbewerbsfähigkeit stärken.

Gleichzeitig wird von dem Erweiterungsprozeß ein erheblicher sektoraler und regionaler Anpassungsdruck ausgehen, wenngleich die Märkte der EU und der Beitrittskandidaten infolge der Durchführung der Europa-Abkommen bis zum Beitritt schon in beträchtlichem Maße miteinander verflochten sein werden.

Zu den in dieser Hinsicht sensitiven Bereichen innerhalb der gesamten Union könnte der Arbeitsmarkt gehören (auch wenn alarmierende Prognosen wohl kaum gerechtfertigt sein dürften), ferner bestimmte Industriezweige, insbesondere arbeitsintensive und sonstige traditionelle Sektoren, bestimmte Verkehrsträger usw. Wie sich Kosten und Nutzen der Erweiterung auf die einzelnen Regionen verteilen werden, läßt sich nur schwer abschätzen, doch dürfte ein übertriebener Pessimismus gegenüber den Auswirkungen auf die weniger entwickelten Regionen der derzeitigen Mitgliedstaaten nicht gerechtfertigt sein.

In den beitretenden Ländern könnten die Belastungen, die durch den verstärkten Wettbewerbsdruck entstehen, anfangs weiter verbreitet sein und große Teile der Industrie, u.a. kleine und mittlere Unternehmen (KMU), in Mitleidenschaft ziehen, außerdem Landwirtschaft und Fischerei, Dienstleistungen und den audiovisuellen Sektor. Sie könnten auch das Finanzsystem und die Zahlungsbilanz beeinträchtigen. Wenn diesen Problemen nicht mit angemessenen Maßnahmen, vor allem vor dem Beitritt, begegnet wird, könnten sie recht ernste Auswirkungen auf die neuen Mitgliedstaaten haben und würden insofern auch die Gemeinschaftspolitik in den verschiedenen Bereichen belasten. Überdies bestünde die Gefahr, daß sie auf die übrige EU übergreifen (z.B. auf dem Arbeitsmarkt), auch wenn sich diese Risiken in vielen Bereichen (z.B. im Finanzsystem) wegen der relativ geringen Größe der Volkswirtschaften der Beitrittskandidaten in Grenzen halten würden.

Die wirtschaftlichen Vorteile der Erweiterung werden in erster Linie von den Bedingungen abhängen, unter denen der Binnenmarkt erweitert wird, was wiederum von den Fortschritten abhängt, die die assoziierten Länder selbst bis zum Beitritt bei der Angleichung ihrer Rechtsvorschriften und ihrer Praxis an die der EU erzielen können. Die wirtschaftlichen Vorteile werden auch von angemessenen Verkehrs-, Telekommunikations- und Energieinfrastrukturen und -netzen in den beitrittswilligen Ländern abhängen, die zur Bewältigung der infolge der Integration verstärkten Handels- und Wirtschaftstätigkeit notwendig sind.

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3. Strukturpolitik

Die neue Erweiterung betrifft eine Gruppe von Ländern, die sich im Vergleich zu den gegenwärtigen Mitgliedstaaten in einer ausgesprochenen schwierigen sozioökonomischen Lage befinden. Nach den derzeitigen Regeln wären sämtliche Regionen der Beitrittsländer förderwürdig im Sinne von Ziel 1. In Anbetracht der Hinterlassenschaft der Vergangenheit, des sich rasch vollziehenden Übergangs zur Marktwirtschaft und der großen Anstrengungen, die diese Länder unternehmen müssen, um am Binnenmarkt teilzunehmen, hängen der Erfolg der Integration und ihre tatsächlichen Vorteile für die Wirtschaftsakteure weitgehend von der Intensität der Strukturmaßnahmen ab, die in den Beitrittsländern durchgeführt werden können. Die Maßnahmen sollten hauptsächlich darauf abzielen, die neuen Mitgliedstaaten näher an das Durchschnittsniveau der Gemeinschaft heranzuführen, aber auch auf die Verringerung des Regional- und Sozialgefälles innerhalb dieser Länder ausgerichtet sein, das zur Zeit immer größer wird.

Die Probleme der Gebiete und Bevölkerungsgruppen, die in den gegenwärtigen Mitgliedstaaten (und vor allem den Ziel-1-Gebieten) Strukturhilfe erhalten, dürften sich durch die Erweiterung nicht erheblich abmildern; von ihr könnte auch ein gewisser Anpassungsdruck ausgehen. Daher werden die Interventionen der Gemeinschaft zugunsten dieser Gebiete und Gruppen weiterlaufen müssen; für die Strukturentwicklung und den Aufholprozeß innerhalb der Fünfzehner-Gemeinschaft sind sie nämlich von entscheidender Bedeutung. Änderungen werden vorzunehmen sein, um den in einigen Regionen erzielten Fortschritten bei der realen Konvergenz und der erforderlichen Konzentration der Maßnahmen der Gemeinschaft Rechnung zu tragen. Ratsam sind auch Änderungen im Sinne von mehr Effizienz, Kontrolle und Vereinfachung, im Rahmen der Haushaltsdisziplin, die eine Stabilisierung des relativen Umfangs der Kohäsionsmittel auf dem Stand von 1999 gebietet. Diese Grundsätze sollten sowohl auf die gegenwärtigen als auch auf die neu beitretenden Mitgliedstaaten Anwendung finden.

Bereits jetzt muß mit der Umsetzung einer abgestuften Heranführungsstrategie (zwei Phasen: 1997 bis 1999, 2000 bis Beitrittstermine) begonnen werden, um mit Unterstützung der Gemeinschaft die Beitrittsländer auf die Übernahme des acquis in diesem Bereich vorzubereiten. Vom Beitritt an müssen alle derzeit geltenden strukturpolitischen Vorschriften in vollem Umfang in den neuen Mitgliedstaaten umgesetzt werden, erforderlichenfalls auch unter Anwendung technischer Anpassungsregelungen, die die Einrichtung einer besonderen Phase rechtfertigen würden. Bei der Veranschlagung des Mittelvolumens, das den neuen Mitgliedstaaten gewährt wird, werden deren Absorptionskapazität, die erforderliche Effizienz der Strukturförderung sowie eine allmähliche Steigerung der Fördermittel im Verhältnis zur Bevölkerung zugrundegelegt.

In dem erweiterten EU-Gebiet sollte bei der Formulierung und Umsetzung aller Maßnahmen der Gemeinschaft mehr denn je dem Gesichtspunkt der Kohäsion Rechnung getragen werden.

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4. Landwirtschaft

Die Erweiterung wird zur Folge haben, daß sich das Agrarpotential der Union erheblich vergrößert und der Markt für europäische landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel um mehr als 100 Millionen Verbraucher zunimmt. Zwischen den jetzigen und den neuen Mitgliedstaaten werden alle Beschränkungen für den Handel mit diesen Produkten fallen. Insgesamt dürfte sich der wirtschaftliche Wohlstand in der Union durch diese Entwicklung erhöhen. Gleichzeitig aber könnten von dem Umstand, daß die Beitrittsländer dem Wettbewerb ausgesetzt und zur Anpassung gezwungen werden, erhebliche Spannungen ausgehen, nicht zuletzt dadurch, daß in großem Umfang Arbeitskräfte freigesetzt werden. Gewisse Probleme könnten sich auch für bestimmte Produkte in den gegenwärtigen Mitgliedstaaten ergeben.

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) in ihrer derzeitigen Gestalt auf die Beitrittsländer zu übertragen, brächte Probleme mit sich. In Anbetracht des Preisgefälles zwischen den Beitrittsländern und den im allgemeinen beträchtlich höheren GAP-Preisen würde, auch wenn sich der Abstand in einigen Bereichen bis zu den jeweiligen Beitrittsterminen etwas verringern könnte, selbst eine schrittweise Einführung von GAP-Preisen leicht Überschußproduktion hervorrufen, insbesondere bei der Viehzucht, so daß zu den zu erwartenden Überschüssen noch weitere hinzukämen. Ihre Überschüsse auf Drittlandsmärkten abzusetzen, wäre der erweiterten Union aufgrund der Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) über Exportsubventionen verwehrt. Eine Übertragung der GAP würde außerdem eine große haushaltsmäßige Belastung bedeuten, in Höhe von schätzungsweise rund 11 Mrd. ECU pro Jahr, davon annähernd zwei Drittel für Direktzahlungen an Landwirte.

Eine starke Anhebung der Agrarpreise und hohe Direkttransfers an Landwirte würden sich auf die Beitrittsländer in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht nachteilig auswirken. Direktzahlungen, die als Entschädigung für Preissenkungen gedacht sind, hätten im übrigen keine Berechtigung für Landwirte in den Beitrittsländern, da hier die Preise ja steigen würden.

Angesichts der zunehmenden Marktungleichgewichte, die für die EU nach dem Jahre 2000 (auch ohne Erweiterung) vorauszusehen sind, wären wahrscheinlich weitere Anpassungen bei den derzeitigen Stützungsmaßnahmen erforderlich. Die GAP weniger auf Preisstützung und stärker auf direkte Einkommenshilfen sowie auf die ländliche Entwicklung und Umweltpolitik auszurichten, wurde bereits im Agrarstrategiepapier von 1995 vorgeschlagen. Dies trüge zur Verringerung des Preisgefälles bei und wäre dem Strukturanpassungsprozeß in den Beitrittsländern förderlich. Was diesen letzteren Gesichtspunkt anbetrifft, so könnten statt direkter Zahlungen an die Landwirte umfangreiche Mittel, zumindest in einer Übergangszeit, für Strukturreformen und ländliche Entwicklung in diesen Ländern eingesetzt werden.

Daß der acquis in den Beitrittsländern adäquat umgesetzt und durchgesetzt wird, ist für die menschliche, tierische und pflanzliche Gesundheit in der erweiterten Union insgesamt von entscheidender Bedeutung. Dies muß geleistet sein, bevor der freie Verkehr von Agrarprodukten ohne Grenzkontrollen eingeführt werden kann. Die Durchführung dieser Maßnahmen wird erhebliche Investitionen und Zeit verlangen.

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5. Binnenmarkt und Wirtschafts- und Währungsunion

Binnenmarkt: Wie sich die Erweiterung auf das Funktionieren des Binnenmarktes auswirkt, wird weitgehend davon abhängen, wie groß der wirtschaftliche Nutzen der Erweiterung letzten Endes sein wird, aber auch von der Bewältigung der sektoralen und regionalen Belastungen, die der Anpassungsprozeß mit sich bringt. Eine möglicherweise unzulängliche Umsetzung des mit dem Binnenmarkt erreichten Besitz- oder Integrationsstandes ("acquis") könnte Marktverzerrungen und Nachteile für die Verbraucher in der EU mit sich bringen.

Sensitive Bereiche sind dabei u.a. die Umsetzung der Rechtsvorschriften zur Regelung des freien Warenverkehrs, der Gesundheitsschutz, Umwelt- und Verbraucherschutz, indirekte Steuern, angemessener Schutz der Außengrenzen, Umsetzung der Sicherheitsanforderungen und staatliche Beihilfen. Von zentraler Bedeutung wird dabei sein, ob die Verwaltung der beitretenden Länder in der Lage ist, den acquis der Gemeinschaft zu übernehmen. Je weiter diese Fähigkeit schon vor dem Beitritt entwickelt wird, um so weniger Probleme werden sich später ergeben. Falls es auch nach dem Beitritt noch größere Probleme geben sollte, könnte ein politischer Druck zu mehr Protektionismus sowohl in den heutigen als auch in den neu beitretenden Mitgliedstaaten entstehen und das Funktionieren des gesamten Binnenmarktes gefährden.

Wirtschafts- und Währungsunion: Die Erweiterung wird in Stufe 3 der Wirtschafts- und Währungsunion vollzogen. Dies stellt die beitrittswilligen Länder insofern vor eine große Aufgabe, als sie den gemeinschaftlichen Besitzstand in diesem Bereich zumindest als "Nichtteilnehmerländer" übernehmen müssen, wenn sie, wie zu erwarten ist, zum größten Teil oder ausnahmslos nicht zum ersten Teilnehmerkreis der WWU gehören werden. Daher ist es für die Beitrittskandidaten wichtig, daß sie die erforderlichen Reformen durchführen, um ihre Volkswirtschaften langfristig zu stabilisieren und abrupte Ausschläge der nominalen Wechselkurse und Fehlanpassungen zu vermeiden, die das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes gefährden könnten. Die Erweiterung könnte das institutionelle Gleichgewicht zwischen WWU-Teilnehmern und Nichtteilnehmern verschieben, doch dürften sich die Auswirkungen auf die Dynamik der WWU in Grenzen halten. Die meisten Beitrittskandidaten stehen der WWU positiv gegenüber.

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6. Horizontale Politiken

Sozialpolitik: Die Sozialpolitik in einer erweiterten Europäischen Union wird sich mit den akuten sozialen Problemen der Beitrittsländer, u.a. Arbeitslosigkeit und öffentliches Gesundheitswesen, sowie den Problemen befassen müssen, die sich aus dem Anpassungsprozeß sowohl in den bisherigen als auch in den neuen Mitgliedstaaten ergeben. Umfangreiche Investitionen in das Humankapital werden notwendig sein, und die Sozialpolitik der Gemeinschaft und ihre Finanzierung werden entsprechend belastet werden. Die Anpassung der beitrittswilligen Länder an den sozialen Besitzstand der Gemeinschaft und an das europäische Sozialmodell könnte dadurch erschwert werden, daß der Lebensstandard eines großen Teils der Bevölkerung weit unter dem EU-Durchschnitt liegt, das Berufsausbildungswesen nur unzureichend entwickelt ist, die Neugestaltung der Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern noch nicht abgeschlossen und verbesserungsbedürftig ist und die öffentliche Verwaltung ineffizient ist. In manchen Bereichen, beispielsweise im Gesundheitswesen und in Fragen der Sicherheit am Arbeitsplatz, trägt die Anpassung der Beitrittsländer an den acquis der Gemeinschaft zur Wohlfahrt der Arbeitnehmer und zur Steigerung der Produktivität bei, wird jedoch andererseits ernste und manchmal kostspielige Anstrengungen erfordern.

Eine schleppende oder unzulängliche Anpassung könnte sich nachteilig auf den Wettbewerb auswirken und die Weiterentwicklung der Gemeinschaftspolitik in den verschiedenen Bereichen erschweren. Auf der anderen Seite wird die Erweiterung die Bedeutung des sozialen Zusammenhalts als Vertragsziel deutlich machen und dürfte insofern die Rolle der Sozialpolitik stärken.

Umweltschutz: Die Erweiterung durch den Beitritt neuer Mitglieder mit ernsten Umweltproblemen bedeutet eine große Herausforderung für die Politik der Gemeinschaft in diesem Bereich. Die Kluft, die im Umweltschutz neu beitretende und bisherige Mitglieder der EU trennt, wird aus ökologischen wie auch aus ökonomischen Gründen schrittweise überbrückt werden müssen, was umfangreiche Investitionen in den beitretenden Ländern erfordern wird, hauptsächlich in der öffentlichen Wasser- und Energieversorgung und Abfallbeseitigung, aber auch in den Industrieunternehmen. Große Anstrengungen werden auch beim Aufbau der Verwaltungsstrukturen für die Umsetzung und Durchsetzung der Umweltschutzvorschriften der EU gemacht werden müssen. Finanzhilfen der EU sowohl vor als auch nach dem Beitritt müßten dazu beitragen, die Anpassung innerhalb eines vernünftigen Zeitrahmens zu bewältigen. Dabei wird man auch der Gefahr begegnen müssen, daß die Umweltschutzpolitik der Gemeinschaft von globalen Problemen abgelenkt werden und die Mitgliedschaft von Ländern mit niedrigeren Umweltschutzstandards ihre Weiterentwicklung behindern könnte. Gleichzeitig wird die EU mehr als bisher für Probleme verantwortlich sein, die sich über die Grenzen hinweg auswirken und mit denen die europäischen Bürger schon heute in großem Umfang zu kämpfen haben. Insofern schafft die Erweiterung keine neuen Probleme - sie läßt die Probleme nur deutlicher zu Tage treten und schafft bessere Voraussetzungen für ihre Lösung. Die Erweiterung dürfte einen flexibleren Ansatz bei Umweltschutzregelungen der EU mit stärkerer Betonung von Durchführung und Durchsetzung fördern.

Verbraucher: Im großen und ganzen dürfte die Erweiterung für die Verbraucher der EU insofern von Nutzen sein, als sie ihnen eine größere Auswahl bietet und das Verbraucherschutzniveau in den beitretenden Ländern anhebt. Allerdings wird die Verbraucherpolitik der Gemeinschaft verstärkt werden müssen, um dem aus der Erweiterung resultierenden größeren Gefälle Rechnung zu tragen. Sollten sich Kontrollstrukturen und Unternehmensethik letzten Endes als unzulänglich erweisen, so könnten Schwachstellen entstehen, die das Funktionieren des erweiterten Binnenmarktes beeinträchtigen würden.

Wissenschaft, Forschung und Entwicklung: Für Forschung und Entwicklung in der EU sind durch die Aufnahme von Ländern mit bedeutendem wissenschaftlichen Potential Vorteile zu erwarten. Unter Umständen müßten manche Prioritäten der Gemeinschaftsprogramme neu festgelegt werden, damit sie den Erfordernissen der neuen Mitglieder und der erweiterten Europäischen Union besser gerecht werden. Die Fähigkeit der Beitrittsländer zur Beteiligung an Gemeinschaftsprogrammen könnte durch Beihilfen aus den Strukturfonds gestärkt werden.

Informationsgesellschaft: Die Beitrittskandidaten zeigen ein besonders großes Interesse an Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Diese Länder bieten höchst vielversprechende Chancen für verwandte Industriezweige und könnten bei manchen IKT-Anwendungen durchaus eine führende Position erringen. Durch die Erweiterung könnte somit das allgemeine Interesse der EU an IKT noch zunehmen, was sich positiv auf die entsprechenden Politiken auswirken würde. Gleichzeitig bedarf es aktiver Maßnahmen, damit sich die Beitrittsländer tatsächlich in die Informationsgesellschaft eingliedern können.

Kultur, Bildung, Berufsausbildung, Jugend: Die größere kulturelle Dimension ist ein fundamentales Element der Erweiterung durch die mittel-und osteuropäischen Länder. Von der Beteiligung der beitretenden Länder an den Aktivitäten der Gemeinschaft in Kultur, Bildung und Berufsausbildung werden keine substantiellen Probleme erwartet, doch werden die neuen Mitglieder wahrscheinlich erhebliche Beträge aus den Programmen und Strukturfonds der Gemeinschaft in Anspruch nehmen. Eine nachhaltige Zusammenarbeit in der Zeit vor dem Beitritt wird dazu beitragen, diese Bereiche in den beitrittswilligen Ländern tragfähiger und effizienter zu gestalten, um ihre Eingliederung in den europäischen Rahmen zu erleichtern.

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7. Sektorale Politiken

Verkehr: Die Ausdehnung des Binnenmarktes durch die Erweiterung dürfte auch dem Verkehrssektor zugute kommen. Allerdings werden erhebliche finanzielle Mittel, zum Teil aus den EU-Fonds, zum Ausbau der Verkehrsnetze, zur Anpassung der Beitrittsländer an die sozialen, sicherheitstechnischen und sonstigen technischen Anforderungen der Gemeinschaft sowie zur Förderung einer günstigen Entwicklung der Verkehrsträger entsprechend den Leitlinien der Gemeinsamen Verkehrspolitik benötigt. Eine unzulängliche Vorbereitung der Beitrittsländer vor dem Beitritt könnte den Wettbewerb im Binnenmarkt beeinträchtigen und würde den politischen Druck zugunsten protektionistischer Maßnahmen verstärken, der auch von den Belastungen zu erwarten ist, die die Anpassungen im Verkehrssektor mit sich bringen werden. Die Probleme, die sich aus der Erweiterung für den Verkehrssektor der EU und die Gemeinsame Verkehrspolitik ergeben, dürften zu bewältigen sein, sofern geeignete Maßnahmen zur rechtzeitigen und angemessenen Umsetzung des acquis, insbesondere der Sicherheitsanforderungen, und zur Verstärkung der Kapazitäten der zuständigen Verwaltungsstellen getroffen werden. Auch qualitativ muß das Verkehrswesen erheblich verbessert werden, insbesondere durch Bereitstellung ausreichender Mittel für die Erneuerung der Verkehrsnetze und Verkehrsmittel. Die entsprechenden Investitionen werden die Nachfrage nach entsprechenden Gütern der EU-Industrie anregen.

Energie: Für die Energiepolitik der Europäischen Union dürften sich aus der Erweiterung keine größeren Probleme ergeben, sondern vielmehr Vorteile hinsichtlich einer stabilen Energieversorgung, der Forschung und der Energieeffizienz im kontinentalen Maßstab. Diese Nutzeffekte dürften sich positiv auf Sicherheit und Frieden in der Region auswirken. Zur Modernisierung und Anpassung an den acquis der EU werden umfangreiche Investitionen notwendig sein, die wiederum die Nachfrage nach entsprechenden Erzeugnissen der EU-Industrie anregen werden. In manchen Ländern stellen die unzureichenden Finanzmittel jedoch einen Engpaß dar, und auch hier wird wie in anderen Bereichen die Vorbereitung in der Zeit vor dem Beitritt eine entscheidende Rolle spielen. Die Energiepolitik der EU müßte den Realitäten der erweiterten Union Rechnung tragen wie beispielsweise der größeren Abhängigkeit von Rußland oder den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Umstrukturierung des Bergbaus in den Beitrittsländern. Die Erreichung der energiepolitischen Ziele (z.B. Vollendung des Binnenmarktes für Energie) könnte sich in einer erweiterten Union schwieriger gestalten. Allerdings wären die Probleme für die EU und ihre Politik in verschiedenen Bereichen (u.a. Nuklearsicherheit und Umweltschutznormen) ohne die beitrittsbedingten Anstrengungen sogar noch größer. In manchen beitrittswilligen Ländern stellt die Nuklearsicherheit ein Problem von größerer Bedeutung für die ganze Region und für ganz Europa dar, das allenthalben ernste Besorgnis weckt. Die Lösung dieses Problems in Übereinstimmung mit dem acquis der Gemeinschaft und durch Förderung einer "Nuklearsicherheitskultur" ist eine höchst wichtige und dringende Aufgabe.

Industrie: Im ganzen gesehen dürfte die Erweiterung für die Industrie der Gemeinschaft infolge der erwarteten Steigerung der Wirtschaftstätigkeit und der verbesserten Ressourcenallokation von Nutzen sein. Allerdings sind sowohl in den neu beitretenden als auch in den heutigen Mitgliedstaaten erhebliche Anpassungsbelastungen zu erwarten. In der Anfangsphase werden die beitretenden Länder einen komparativen Vorteil in Form niedriger Produktionskosten aufweisen. Industrielle Zusammenarbeit ist eines der Hauptinstrumente, mit denen Integration erreicht und die entsprechenden Belastungen verringert werden können. Die Industriepolitik der EU wird in einer erweiterten Europäischen Union ihre Ziele und ihren grundlegenden horizontalen Ansatz nicht ändern, sondern ihn vielmehr den spezifischen Bedürfnissen sowohl der neuen Mitgliedstaaten als auch des daraus resultierenden weiteren Integrationsprozesses anpassen müssen.

Telekommunikation: Für die Telekommunikationspolitik der Gemeinschaft werden von der Erweiterung keine größeren Probleme erwartet, während der Telekommunikationsmarkt gleichzeitig wachsen wird. Der erhebliche Investitionsrückstand dürfte dazu führen, daß man sich um Finanzmittel der Gemeinschaft bemüht. Die Übernahme des acquis in diesem Bereich durch die beitretenden Länder dürfte keine nennenswerten Rückwirkungen haben, doch könnte die Erweiterung die Stellung der EU bei internationalen Verhandlungen beeinflussen.

Kleine und mittlere Unternehmen: Infolge der Erweiterung werden KMU in den Beitrittsländern einem beträchtlichen Wettbewerbsdruck ausgesetzt werden. Folglich muß sich die Politik der EU darauf konzentrieren, ihnen bei der Anpassung zu helfen. Bei der Einbeziehung der Beitrittsländer in die Unternehmenspolitik der Gemeinschaft werden keine besonderen Probleme erwartet. Durch die Erweiterung dürften sich für KMU der Europäischen Union zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten bieten.

Politik im audiovisuellen Bereich: Die Erweiterung dürfte durch Ausdehnung der Märkte Vorteile für den gesamten audiovisuellen Sektor in der EU mit sich bringen. Für die Politik der Gemeinschaft im audiovisuellen Bereich werden keine größeren Probleme erwartet, auch wenn Rechtsvorschriften angepaßt werden müssen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Außerdem wird die schwache heimische audiovisuelle Industrie in den beitretenden Ländern gewisse Gemeinschaftshilfen benötigen, insbesondere zur Verbesserung der technischen Infrastruktur und zur Übernahme des acquis im audiovisuellen Bereich.

Fischerei: Für die Gemeinsame Fischereipolitik dürften sich aus der Erweiterung keine ernsten Probleme ergeben. Die Fischereiressourcen der EU werden dadurch nicht erheblich vergrößert. Die Fischerei in bestimmten Küstengebieten der Beitrittsländer, die infolge von Überkapazitäten und veralteten Fischereifahrzeugen ohnehin von einer tiefen Krise betroffen ist, wird umstrukturiert werden müssen, was empfindliche soziale Rückwirkungen haben könnte, denen begegnet werden muß. Die schon bestehende Zusammenarbeit im Ostseeraum wird die Integration erleichtern, doch wird sich die Gemeinschaftspolitik auch um Probleme der Fischerei im Schwarzen Meer kümmern müssen. Gleichwohl müßte sorgfältig überwacht werden, inwieweit manche Beitrittsländer in der Lage sind, den acquis zu übernehmen.

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8. Justiz und Inneres

Die Ausdehnung der Europäischen Union stellt eine Herausforderung und gleichzeitig eine Chance dar zur Lösung gemeinsamer grenzübergreifender Probleme in im Bereich von Migration und Asyl, in der Zusammenarbeit von Polizei, Zoll und Justiz zwischen der derzeitigen EU und den Ländern Mittel- und Osteuropas. Genauso wie etwaige Schwächen der beitrittswilligen Länder in diesen Bereichen eine Bedrohung für die derzeitigen EU-Mitgliedstaaten darstellen werden, wird auch eine kräftige Entwicklung in den Bereichen Justiz und Inneres in den beitrittswilligen Ländern einen positiven Beitrag zu Sicherheit und Freiheit der Bürger in der heutigen EU leisten. Es liegt auch im allgemeinen Interesse, dafür zu sorgen, daß Maßnahmen in den Bereichen Justiz und Inneres in der gesamten erweiterten EU nach gemeinsamen, hohen Standards durchgeführt werden und daß jeder neu beitretende Staat in der Lage ist, die EU-Anforderungen angemessen zu erfüllen. Daher ist es wichtig, daß diese Länder nach Möglichkeit schon vor dem Beitritt an solchen Maßnahmen beteiligt werden und daß ihnen die erforderliche technische Hilfe zur Verfügung gestellt wird. Dieser Prozeß ist bereits im Gange. Je mehr er verstärkt wird, um so weniger werden Kriminalität und Betrug auf die Europäische Union übergreifen und um so weniger Probleme werden sich beim Beitritt ergeben.

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