12. November 2007

EU-Bürokratie kontra nachhaltige Waldwirtschaft

Stuttgart (agrar.de) – ‚Gerade in Zeiten des Klimawandels müssen wir unsere Wälder weiterentwickeln, um sie zu erhalten. Mit dem engen Korsett der FFH-Schutzgebiete können wir das vergessen!‘ fasste Johannes Freiherr von Bodman seine Sorgen hinsichtlich der Zukunft der Waldwirtschaft zusammen. Aktuell werden die von der EU vorgeschriebenen Schutzgebiete der FFH-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat) in Baden-Württemberg umgesetzt.

Auf Einladung der Forstkammer Baden-Württemberg sind am Montag, 12. November 2007 Journalisten, Politiker und Förster in den Bodman’schen Wäldern am Bodensee zusammengekommen, um beispielhaft die konkreten Folgen der Restriktionen zu diskutieren. Der Bodman’sche Familienbetrieb ist besonders betroffen: fast 100 Prozent der Waldflächen wurden als FFH-Gebiete nach Brüssel gemeldet.

‚Nach Vorstellung der EU soll in diesen Gebieten der aktuelle Zustand auf ewig erhalten bleiben. Das ist sozusagen flächiger Denkmalschutz im Wald. Im Gegensatz zu alten Gebäuden sind Wälder aber lebendige, dynamische Systeme. Hier jegliche Veränderung auszuklammern ist widernatürlich. Zumal es nicht um einzelne Bäume geht: 265.500 Hektar im Wald, das heißt rund ein Fünftel der Waldfläche in unserem Land sind betroffen,‘ erläuterte Jerg Hilt, Geschäftsführer der Forstkammer Baden-Württemberg. ‚Für die Waldbesitzer sind das, neben der im Vergleich zu anderen Besitzarten deutlich höheren Sozialpflichtigkeit (z. B. freies Betretungsrecht), zusätzliche erhebliche Einschränkungen und Kosten!‘ Sie könnten zum Beispiel nicht mehr frei darüber entscheiden, welche Baumarten sie anpflanzen. Über Generationen gepflegte Bäume dürften nicht mehr genutzt werden, sondern würden zu ‚Totholz‘ werden. ‚Dabei ist es den Waldbesitzern und ihrer Jahrhunderte langen Bewirtschaftung zu verdanken, wie die Wälder heute aussehen,‘ so Hilt.

‚Ich kann solche Befürchtungen durchaus nachvollziehen‘ sagte Frau Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch, MdL, vom Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Zwar müsse und werde man in Baden-Württemberg das FFH-Schutzgebietsnetz umsetzen. ‚Mit dem neu konzipierten Förderprogramm ‚Umweltzulage Wald‘ können wir aber einige Ertragseinbußen ausgleichen. Außerdem soll ein Ver-tragsnaturschutzprogramm im Wald aufgestellt werden, um weitere, betriebsindividuelle Belastungen abzugelten.‘

Nach Meinung der Waldbesitzer ist das allerdings nur eine Notlösung. ‚Unser Ziel ist es, unser Einkommen selbst im Wald zu erwirtschaften – naturnah und nachhaltig,‘ so Freiherr von Bodman. ‚Sofern wir die erheblichen Einschränkungen nicht doch noch abwenden können, und diese auf öffentliche Flächen verlagert werden, sind wir aber zukünftig auf öffentliche Mittel angewiesen.‘

‚Die Lösung kann nur eine Korrektur der FFH-Richtlinie sein’“ fordert Hilt. ‚Die dort enthaltenen Naturschutzkonzepte stammen noch aus den späten 80er Jahren. Mittlerweile hat sich unser Verständnis der ökologischen Prozesse weiterentwickelt. Wir sollten nicht das Geld von morgen für Ideen von gestern ausgeben!‘

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