03. März 2003

Zukunftsstiftung Landwirtschaft: Sollen Biobauern die Einführung der Grünen Gentechnik bezahlen?

Themen: Gentechnik,Umwelt,Verbände — info @ 09:03

Berlin (agrar.de) – Die Zukunftsstiftung Landwirtschaft ist alarmiert von einer Mitteilung des EU Agrarkommissars Franz Fischler zur künftigen Koexistenz zwischen gentechnischer und nicht gentechnischer Landwirtschaft, die morgen im EU Umweltministerrat und übermorgen im Kollegium der EU Kommissare diskutiert wird.

‚Fischlers Vorschläge schützen weder die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher, noch diejenigen Landwirte, die auch künftig ohne Gentechnik produzieren wollen,‘ sagte Benedikt Haerlin von der Zukunftsstiftung. Die Kosten sollen nach diesem Vorschlag auf alle Landwirte verteilt, werden, während der Gewinn bei der Gentechnik-Industrie verbleibt. Zudem werden Grenzwerte für die Verunreinigung von konventionellem und biologischem Saatgut vorgeschlagen, die künftig eine Landwirtschaft ohne Gentechnik kaum noch ermöglichen würden. Die praktische Lösung des Problems will Fischler den einzelnen Mitgliedsstaaten zuschieben. ‚Wir brauchen verbindliche gesetzliche Regelungen der EU, die konventionelle und Biobauern nach dem Verursacherprinzip vor gentechnischen Verunreinigungen schützen,‘ sagte Haerlin.

In dem achtseitigen Strategiepapier, das heute bekannt wurde, schlägt Fischler unter anderem vor, dass die erheblichen Kosten, die künftig für die Trennung von gentechnisch veränderten und nicht veränderten Agrarprodukten entstünden, ‚von den Wirtschaftsteilnehmern (Bauern, Saatguthersteller etc.) getragen werden, die sich Vorteile von dem jeweiligen Anbausystem versprechen, das sie gewählt haben.‘ Im Klartext: Wer auch künftig gentechnikfreie Produkte liefern will, weil sie höhere Preise bzw. überhaupt die Verkäuflichkeit der Ware garantieren, soll auf eigene Kosten dafür sorgen, dass von benachbarten Gentechnikfeldern hierfür keine Gefahr ausgeht. ‚Damit würde das Verursacherprinzip auf den Kopf gestellt,‘ kritisierte Haerlin, ‚die zusätzlichen Kosten, die eine Studie der Kommission auf 5 bis 40 Prozent der gesamten Produktionskosten taxiert, würden denen in die Schuhe geschoben, die wie bisher auf Gentechnik verzichten wollen.‘

Von entscheidender Bedeutung für die Frage, ob bei Einführung der Gentechnik auf dem Acker überhaupt noch gentechnikfreie Landwirtschaft möglich sein wird, ist der in dem Fischler-Papier wiederholte Vorschlag, für konventionelles und biologisches Saatgut Grenzwerte für die Verunreinigung mit Gentechnik-Sorten, einzuführen. Sie sollen je nach Pflanzenart zwischen 0,3 Prozent und 0,7 Prozent liegen. Unterhalb dieser Grenzwerte wäre nicht einmal eine Kennzeichnung erforderlich. In der Praxis würde dies dazu führen, dass Landwirte nicht mehr wüssten ob ihr Saatgut Gentechnik enthält und dies damit auch nicht mehr vermeiden könnten. EU-weit könnten durch diese Regelung heute jährlich 7 Milliarden gentechnisch veränderte Mais- und Rapspflanzen ohne Genehmigung und Kontrolle der Landwirte und Behörden angebaut werden. Dies würde innerhalb kurzer Zeit zu einer flächeneckenden gentechnischen Verschmutzung führen, zunächst bei Mais und Raps, später auch von Kartoffeln, Rüben, Tomaten und anderen Früchten. ‚Eine derartige Zwangseinführung der Gentechnik durch die Hintertüre wäre ein Schlag ins Gesicht der Mehrheit der Verbraucher und Landwirte, die keine Gentechnik wollen und würde alle Beteuerungen ad absurdum führen, auch künftig die Wahlfreiheit der Bürger zu wahren,‘ sagte Haerlin.

Die Zukunftsstiftung Landwirtschaft hat gegen die geplante Einführung dieser Verschmutzungs-Grenzwerte eine Petition ‚Save our Seeds‚ zur Reinhaltung des Saatgutes in Europa initiiert, die von über 300 Organisationen in der EU mit mehr als 25 Millionen Mitgliedern, sowie von 85.000 Einzelunterzeichnern getragen wird. Bei Übergabe dieser Petition an die EU-Kommissare Fischler (Agrar) und Byrne (Verbraucher) im Oktober vergangenen Jahres hatten diese versprochen, die Regelung noch einmal kritisch zu prüfen und daran auch die Öffentlichkeit zu beteiligen. Jetzt wird der Vorschlag in Fischlers Papier unverändert wieder auf den Tisch gebracht.

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