Rote Karte für Grüne Gentechnik !
Stellungnahme des BÖLW zum Diskurs Grüne Gentechnik des BMVEL
Berlin (agrar.de) – Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft und die durch ihn vertretenen Ökoanbauorganisationen und Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft lehnen den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) ab. Der Einsatz gefährdet die Ziele des Umweltschutzes sowie die Wahlfreiheit von Verbrauchern, Lebensmittelherstellern und Landwirten, die Lebensmittel ohne GVO wollen. In dem vom Verbraucherschutzministerium initiierten Diskurs wurden eine Vielzahl von Daten ausgetauscht und in Expertenbefragungen die ‚Pro und Contra‘-Argumente unterschiedlicher Interessengruppen vorgetragen. Trotz dieser ‚Bemühungen‘ konnten sich Teilnehmer mit ihren Standpunkten nur wenig annähern. Der Diskurs hat die Vertreter der ökologischen Lebensmittelwirtschaft vielmehr in den folgenden Auffassungen gestärkt:
– Leitbild und Ziel einer ökologischen Lebensmittelwirtschaft ist eine umwelt- und wertschonende Produktion von Lebens-Mitteln.
– Ökologischer Landbau ist das Leitbild einer nachhaltigen Lebensmittelerzeugung. Hierzu bedarf es keinerlei gentechnologisch bewirkter Veränderungen. Notwendig ist die Weiterentwicklung der in den vergangenen Jahrzehnten praxiserprobten modernen Methoden einer ökologischen Tierzucht, Tierhaltung sowie ökologischen Pflanzenzucht und Pflanzenanbauverfahren.
– Die Gentechnologie fußt auf einer reduktionistischen Betrachtung von Lebendigem und stellt eine risikoreiche, fehler-unfreundliche Technologie dar. Auswirkungen auf Zusammenhänge und Wirkungsgefüge der Ökosysteme und damit auch auf das langfristige Nutzeninteresse des Menschen bleiben weitgehend unberücksichtigt.
– Für die Förderung dieser Technologie mit ihrer besonderen Eingriffstiefe ist die Akzeptanz der Bevölkerung unverzichtbar. Dies gilt für die Endkunden wie auch für die Anwender.
Sieben von zehn Bauern in Deutschland sind gegen den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen auf ihren Feldern. Sie wollen kein genverändertes Saatgut kaufen und kein gentechnisch verändertes Futter an ihre Tiere verfüttern. Im Ökolandbau ist der Einsatz von GVOs nach gesetzlichen und privatrechtlichen Standards verboten. Betriebe und Unternehmen von Land- und Lebensmittelwirtschaft wollen auch in Zukunft für ihre Kunden gentechnologisch unveränderte Lebensmittel sicher stellen können. Dies entspricht laut Umfragen dem Wunsch der großen Mehrheit der Menschen in Europa.
Das Versprechen, gentechnikfreie Produkte anzubieten, kann kurzfristig nur mit einem enormen Kostenaufwand und auf Dauer kaum eingelöst werden, da von freigesetzten GVOs die Gefahr unkontrollierter Auskreuzungen oder anderer Kontaminationen in der Lebensmittelverarbeitung ausgeht. Vom Gesetzgeber vorgesehene Grenzwerte für maximal zu tolerierende gentechnische Verunreinigungen in Lebensmitteln und die daran geknüpfte Kennzeichnung von Lebensmitteln widersprechen grundsätzlich dem Versprechen der Wahlfreiheit für ‚den Verbraucher‘ an der Ladentheke. Tatsache ist, dass Grenzwerte nur notwendig sind, wenn der Gesetzgeber den großflächigen Anbau von GVOs und den Einsatz von GVOs in der Lebensmittelverarbeitung zulassen würde. Die vorgegebenen Grenzwerte würden dann dazu führen, dass die gesamte Lebensmittelwirtschaft, aber auch die öffentliche Hand gezwungen wäre, mit aufwendigen zusätzlichen Maßnahmen dafür zu sorgen, dass die Lebensmittel zumindest nicht den gesetzlich geregelten GVO-Grenzwert überschreiten. Dazu zählen sowohl Analyse-, Kontroll- und Kennzeichnungsverfahren. Die damit verbundenen Kosten gingen in die Millionen, die letztlich von den Verbrauchern und Steuerzahlern aufgebracht werden müssten oder die Wirtschaftlichkeit der Betriebe gefährden würden, die weiterhin GVO-freie Lebensmittel garantieren möchten.
Ließe der Gesetzgeber die Verbreitung von GVOs zu, müsste er Grenzwerte schaffen, die all jenen Unternehmen eine klare Rechtssicherheit am Markt bieten, die von sich aus gezielt auf GVOs verzichten und diese nicht aktiv verwenden. Die Kennzeichnung müsste diesem Umstand Rechnung tragen und zwischen einem aktiven Einsatz und unbeabsichtigten Kontaminationen unterscheiden. Dies würde relativ hohe Grenzwerte mit sich bringen, die wiederum eine echte Wahlfreiheit der Verbraucher zwischen GVO- und Nicht-GVO-Lebensmitteln in Frage stellen. Haftungsregelungen müssten darüber hinaus sicher stellen, dass das Verursacherprinzip gilt und Schäden nicht zu Lasten der Unternehmen gehen, die GVO-freie Produkte anbieten wollen.
Ökologischer Landbau und Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft zeigen eindrücklich, dass eine Versorgung der Menschen mit hochwertigen und naturverträglich erzeugten Lebensmitteln – ohne Grüne Gentechnik – in Europa und in allen anderen Ländern dieser Erde möglich ist. Der Einsatz der Gentechnik gefährdet dieses Potential – nicht zuletzt auch durch den mit der Gentechnik einhergehenden Anspruch von Industrieunternehmen, durch Patente Besitzrechte an Pflanzen und Tieren zu erwerben. Dies widerspricht diametral dem Leitbild einer bäuerlich geprägten, ökologischen Landwirtschaft.
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