Autor Thema: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?  (Gelesen 29648 mal)

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Offline Leonie

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #15 am: 10.11.07, 10:39 »
Ich bin ein bekennder Trensenreiter und habe auch so ein hoch im Blut stehendes Sensibelchen. Er geht momentan mit dem Ledergebiss von Meroth und ist damit sehr locker und zufrieden, wesentlich lockerer als mit Metall im Maul.

Mein Ziel:
Ich bleibe mit der Hand so still wie irgendwie möglich. Beim Springen, auf Jagden und bei jungen Pferden öffne ich schon mal mit der Hand nach vw-sw. Bei der Dressurarbeit höchstens kurz zur Verdeutlichung bei einem jungen Pferd.

Ansonsten, je weicher, je ruhiger und stiller die Hand, desto leichter kann sich das Pferd an der Hand und am Sitz finden und einstellen. Je stiller, desto deutlicher kommen auch die Hilfen an!

Ich reite prinzipiell immer mit leicht offener Hand, bei Paraden lasse ich bewusst stehen und schiebe mit der Ausatmung das Pferd in den Zügel hinein, dh immer Körper zur Hand und nicht Hand zum Körper.

Es ist also immer ein gleichmässiger, weicher, möglichst leichter Kontakt zum Maul da. Und sei es auch am leicht durchhängenden oder sehr langen Zügel.

Ganz wichtig: mein Pferd sollte sich jederzeit nach vorne-abwärts dehnen und dabei das Vertrauen haben, das es nicht geruckt wird. Das kommt aber aus dem Sitz, nicht allein durch Zügel lang.

Klingeln ist für mich irgendwie immer ein Ruckeln, sei es auch ein leichtes Ruckeln.


Offline TüpfelTopic starter

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #16 am: 10.11.07, 11:36 »
O.K. korrigiere hiermit das von mir aufgebrachte Wort "Klingeln" :
klingeln ist für mich nicht ein Ruckeln oder Zuppeln ohne Fühlung, das lehne ich selbst auch ab, denn das ginge in Richtung Signalreiten, bei dem eine Komando zugrunde gelegt wird, dessen Befolgung ohne Rückmeldung eingefordert/erwartet wird. Wenn ich "Klingeln" sage, meine ich ein sanftes, gefühlvolles  - in Kontakt zum Maul und offen für dessen Rückmeldung- leichtes Anspannen der Finger gefolgt vom fühlendem Entspannen. Sozusagen ein vermehrtes Hinfühlen.
Puuuhh ist das schwer zu beschreiben  ;D, DESwegen habe ich ja diese Box angerollt, so kann man mal drüber reden ! gggg
Esge : so wie du die Kandarenführung beschreibst, hoffe ich, sie auch zu erlernen, denn in der Theorie ist mir die Führung schon recht vertraut, allein habe ich z.Zt. kein Studienobjekt  ;).
Gehe ich recht in der Annahme Esge, daß du mit "drehen der Hand" NICHT das Eindrehen, wie es FN-mäßig so oft vermittelt wird, sondern das Drehen der Handfläche nach oben meinst ?
Die Kontakt- und Kommunikationsbasis der Hand ist für mich ein ebenfalls fühlender Kontakt zum Maul, die Verbindung steht und egal ob Spannung oder Entspannung herbeigeführt wird, geschiet diese immer ZUSAMMEN mit dem Pferd. D.h- kein technische Annehmen/Nachgeben, sondern Zusammen Verändern der Situation.  ::) Kann mir noch irgendwer folgen ? ;)ggg wie verpackt man Gefühle in Worte - seufz-
Der Tüpfel

esge

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #17 am: 10.11.07, 12:11 »
In dem Fall meine ich mit Drehen der hand, dass der Daumen sozusagen anch vorn gekippt wird. denn so kann ich in der Fillisführung den Kandarenzügel spannen und den Trensenzügel entspannen. So ist Fillisführung ja gedacht.
Ansonsten versuche ich die Hände aber so zu drehen,w ie du es beschreibst: daumen nach außen kippen, Fingernägel gen Himmel (oder Hallendecke). Ich erlebe immer wieder, dass Pferde genau in dem Augenblick das Genick fallen lassen, wenn die Reiter die Hände so kippen lassen. Außerdem macht es den Rumpf des reiters offen und aufrecht.

Pferde wie meinen Luso, die an soviel Metall wie bei Kandare-Unterlegtrense anfällt, am liebsten gar nciht herantreten, versuche ich beizubringen, eine Weile mal mehr Anlehnung an der Kandare zu  suchen, regelrecht zu "ziehen". Dies  geht am besten mittels der Abkauübungen an der Hand, die das, nenne wir es mal baucheristisch ausgebildete, Pferd ja schon auf Trense gelernt hat. Auch hier lernt das Pferd, sich an der kandare, selbst an der blanken, sozusagen auf Kommando nach vw-aw zu dehnen. Das ist sehr, sehr hilfreich bei Sensibelchen, die sich auf Kandare halt doch mal schnell ein bisschen zu eng machen.

Nun habe ich allerdings meinen Luso schon wieder über ein Jahr lang nicht mit Kandare geritten. Es wäre mal wieder an der zeit. Er hat inzwischen so viele Fortschritte in Sachen Balance, Sich-Tragen-Können, Versammlungsfähigkeit gemacht, dass es spannend sein wird zu schauen, wie es nun mit der Kandare geht und ob meine Schwierigkeiten, die ich früher auf diese Zäumung mit ihm hatte, nun weniger geworden sind.

Lacona, reitest du Puck inzwischen mit Kandare oder hast es vor?


Offline samipuma

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #18 am: 10.11.07, 12:20 »
Ich hatte klingeln aufgefasst als ein ich nenn es mal sanftes in KOntakt bleibendes vibrieren, das sich auf wenige milimeter beschränkt. so wie zittrige hände, wenn man nervös ist, aber ruhiger und sanft. Ich setz das schon ein. hauptsächlich um zu lernen, mit dem ziel der letztlich ruhigen führung. das ist mir weit sympathischer als das eindrehende parieren das man beim aufmerksammachen oder ähnlichem gern sieht. wenn pferdi mich aber gar nicht zur kenntnis nehmen will, dann wird aus dem vibrieren parieren (immer mit schenkel!).
Du hast ein Problem? Dann löse es!

Offline Lottchen

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #19 am: 10.11.07, 12:21 »
Interessantes Thema - werde nächste Woche nachlesen, da jetzt keine Zeit.

Daher:
*Lesezeichensetz*   ;)

LG Lottchen

Offline TüpfelTopic starter

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #20 am: 10.11.07, 14:53 »
@EEK : die Unterscheidung der halben zur ganzn Parade in der FN ist doch völlig klar deffiniert ?! Die halbe Parade ist ein Zuammenwirken von Zügel-, Schenkel-, und Gewichtshilfen zur verbesserung von Takt, Schwung, Durchlässigkeit und Versammlung sowie zum Einleiten der Übergänge und Tempiwechsel. Die ganze Parade ist eine Folge von halben Paraden, welche das Pferd zu Stehen bringt. Will sagen, halbe Parade ist alles, was WÄREND des Reitens an Einwirkung unter Hinzunahme des Zügel passiert und ganze Parade führt immer zum Halt.

WIE aber eine halbe Parade GENAU geritten werden soll, das steht nirgens in den Richtlinien.Nur, wie sie NICHT geritten werden soll ggggg.

Der demi arrêt ist das kurzes, flottes Heben der Hand um eine Korrektur des Halses nach oben zu erwirken. Man kann die Hand aber auch in anderer Absicht anders Heben. z.B. langsam ruhig und abwartend um beim Pferd eine Zugumkehr zu bekommen und aktiv eine Dehnung herbeizuführen. Oder einseitig um eine Biegung des Halses zu erfragen.

@esge : im Zusammenhang mit der Fillisführung war mir die Einwirkung des " Drehens" etwas unklar, daher meine Frage. Bei deiner genaueren Beschreibung habe ich nun verstanden- danke. Du meintest also das, was ich als "Kippen" bezeichne  ;D.  Siehst du, wir nehmen die gleichen Worte und meinen jeweils das andere ggggg - am Ende aber doch dasselbe. :D
Ja, auch ich finde die Gebißschlung vom Boden aus ganz unumgänglich. Ich habe das auch schon früher gemacht, aber eben lange nicht so differenziert, wie die Einwirkung der Fillisführung dies ermöglicht und auch erfordert. Ich bin echt schon total gespannt, ob das it Herrn Tüpfel geht und wenn ja, wie geschickt ich mich anstellen werde  ::). Ich hoffe Monsieur hat Geduld mit mir  :-[.

@sami : ich versuche heute die Zügelhilfen klar von den Schenkelhilfen zu trennen.

Grüßle vom Tüpfel

Mönchen

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #21 am: 10.11.07, 23:28 »
Ich lese gerade `'Perfekt Dressurreiten von Dominique Barbier' ( Fürchterlich langweiliger Titel für so ein gefühlvolles, tolles Buch)

Er schreibt;
Das spielen mit den Fingern sollte, genau wie ein Funkkanal, ein gegenseitiges Gespräch zulassen. Es sollte ein ständiger Gefühlsaustausch stattfinden; vorallem sollten die Rückmeldungen seitens des Pferdes durchgelassen werden.
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Wie? Unter " mit den Fingern spielen" versteht man ein sehr schnelles, gefühlvolles Öffnen und Schließen der Finger einer oder beider Hände, das mit  einer sehr wichtigen geistigen Botschaft verbunden ist, wie auch immer die lauten mag. So kann beispielsweise das schließen der Finger bei einem Pferd, das am Zügel trabt, bedeuten:" Nimm die Nase in die Senkrechte" Wenn  die Nase bereits unten ist, kann das öffnen der Finger heißen: " Danke, du hast eine gute Haltung. Bleib so und bleib leicht."
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Das öffnen der Finger ist immer als Belohnung zu betrachten. Das Schließen ist weniger wichtig als das Öffnen. Die Vollendung de descente de main ( keine Hände) besteht, wenn sie einmal erreicht ist, im ständigen öffnen der Finger, so das das Pferd sozusagen " auf Bewährung" geht, wenn ich es einmal so sagen darf.
 
Nur Auszüge aus einem tollen Buch, vielleicht macht es Lust auf mehr, jedenfalls sehr empfehlenswert.
Ich wollte damit nur helfen, das klingeln, zu erklären/ entschärfen.
Ich versuche mit Trense durch öffnen und schließen mit meinem Pony ins Gespräch zu kommen, dabei trage ich die innere Hand höher, meine Camarguestute ist 6 also noch in der Ausbildung und ich vertraue da auf meine Reitlehrerin, wir lernen beide noch.

Simone
« Letzte Änderung: 10.11.07, 23:35 von Mönchen »

esge

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #22 am: 11.11.07, 09:34 »
Das "Klingeln", gegen das ich so wettere, ist ein Vorgang, der zwischen Zupfen udn Ruckeln liegt und das Pferd dazu bringen soll, mechanisch den Kopf beizuzäumen und zu senken. Westernpferde lernen dies so. Pferde können ja so ziemlich alles lernen. Wenn das Pferd er verstanden hat, dass jede andere Kopfhaltung dazu führt, dass an den Zügeln unangenehm geruckelt wird, hält es den Kopf recht bald in einer Pseudo-Beizäumungshaltung, die jedoch effektiv hinter dem Zügel ist. Haben die Pferde dies erst gelernt ist es unheimlcih schwer, sie wieder zur echten Dehnung zu bringen.
die Auszuüge aus dem Buch sind

meine Camarguestute ist 6 also noch in der Ausbildung und
Ich versuche mit Trense durch öffnen und schließen mit meinem Pony ins Gespräch zu kommen, dabei trage ich die innere Hand höher, meine Camarguestute ist 6 also noch in der Ausbildung und ich vertraue da auf meine Reitlehrerin, wir lernen beide noch.
Simone
[/quote]

Hihi, das hört leider/zum Glück nie auf mit dem "in der Ausbildung sein". Jedenfalls nicht, solange der Reiter nicht beschließt, dass er "fertig hat". Mein Portugiesenpony ist 8 und gemessen am durchschnitt schon relativ weit, aber ich würde ihn/mich noch als voll in der Ausbildung befindlich bezeichnen.  ::)

Offline TüpfelTopic starter

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #23 am: 11.11.07, 10:34 »
Mönchen das ist ein ganz tolles Buch, gell ?! Ist auch eines meiner liebsten. Podhajsky beschreibt ebenfalls das Fühlen ziemlich anschaulich. Aber Barbier betreibt echt Wortmalerei ( schwelg).

Esge, ja genau, das "Kopf-da-hin-halten" ist wirklich eine gräßliche Installation ! Das gibt es aber auch ganz oft bei "Barockpferden" ! Vor allem, wenn sie dann möglichst früh auf irgendwelche Stangen geritten werden, weil sie ja dann "soooo fein" zu führen sind  ::). Hauptsache Goldkandare und Seitengegäng. 

Das ist der Vorteil der schlecht  FN-gerittenen Pferde gggg  die stützen sich meist eher ab, als sich ganz zu verkriechen. Was bleibt ihnen anderes übrig, sie müssen ja immer wild vorwärtsgegen. Ein Pferd das sich abstützt ist aber ungleich einfacher zu korrigieren als ein Pferd, das den Kopf hinhält und sich nach hinten aus dem Druck herauszieht. Die Kombination aus beiden Varianten ist dann die schwierigste Korrektur : ein Pferd, das wild vorwärtsrennt und sich dabei dann nach hinten entzieht  ::). Oder ein Pferd das GAR NICHT MEHR vorwärts geht und sich auch nach hinten bewegt und/oder steigt.

Aber zurück zum Zügel :

Nachmal zum äußeren nachgebenden Zügel in der Wendung /auf der gebogenen Linie. Ist es nicht so, daß  es weder ein Nachgeben, noch ein Stehenlassen gibt, sondern ein situationsabhängiges "passendes" Handeln ? Ich finde es immer so pauschal, z.B.zu sagen : " in der Ecke gibt der äußere Zügel ein wenig nach!" ... das kann ja manchmal passend sein, aber manchmal ist es genauso passend, den Zügel stehen zu lassen oder auch nach außen leicht zu öffnen, oder eben zum Hals hin zu schließen.... KREISCH ! Je mehr man drüber nachdenkt um so weniger klar wird es.

Was bewirkt denn das Nachgeben außen ? Es kann dem Pferd ermöglichen, den Hals vermehrt nach innen zu führen und somit die äußere Schulter vermehrt nach vorne zu bringen. Desweiteren wird die Balanceverschiebung auf die äußere Schulter ermöglicht und die Schubkraftkanalisation des inneren Hinterfußes in Richtung äußere Schulter/ -s Vorderbein unterstützt. - Hab´ich etwas außer Acht gelassen ? - Wäre also passend, für eine Situation, in der das Pferd Schwierigkeiten hat, eben diese Dinge auszuführen.

Für eine Situation, bei der das Pferd ohnehin die Tendenz hat, den Schwerpunkt über die äußere Schulter hinauszuverlagern, diese ohnehin vermehrt vorne zu führen, den Hals sowieso zu weit innen zu tragen und ohnehin innen hinten stärker zu schieben, wäre diese Einwirkung völlig unpassend. Hier wäre das Schließen des äußeren Zügels zum Hals hin, eine deutliche Begrenzung der Biegung des Halses und eine innen leichter werdende, zum Dehnen  auffordernde Hand das angemessene Verhalten.  Das heißt die Zügeleinwirkung/- führung richtet sich in allererster Weise nach der natürlichen Schiefe des Pferdes. Und ist damit immer geraderichtend initiiert.  - Korrigiert mich, wenn ich Stuß denke !

Bitte um Meinungen !
Grüßle der Tüpfel

   

Offline Leonie

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #24 am: 11.11.07, 11:24 »
Nein, das ist kein Stuss.
Das ist ja gerade das, was Reiten so ungeheuer interessant und spannend macht - es gibt keine absolut fixen Regeln, sondern Du musst, je nach Situation und Pferd, flexibel agieren.
Wenn das Pferd über den Halsansatz / Schulter wegdrängt, hilft mir der vermehrt anstehende Zügel, die Schulter wieder gerade und vor die Hinterhand zu richten.
Der öffnende oder nachgebende Zügel hilft dem Pferd, sich dem Zügel folgend zu dehnen.
Egal ob innen oder aussen.
Der etwas höhere Zügel bewirkt Abkippen und runden, ein leicht sinkender, nachgebender Zügel nimmt Druck weg und belohnt.

Als gute Richtlinie kann ich nehmen: ich möchte, das mein Pferd am Halsansatz stabil und im Genick und Unterkiefer leicht bleibt, und die Vorhand wird auf die Hinterhand eingestellt.

Ansonsten finde ich das Zitat aus dem Buch von Barbier wunderschön, vor allem
".. Es sollte ein ständiger Gefühlsaustausch stattfinden; vorallem sollten die Rückmeldungen seitens des Pferdes durchgelassen werden..." und  "....Das Schließen ist weniger wichtig als das Öffnen...".






Offline Patchy

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #25 am: 11.11.07, 11:35 »
Hallo!  :)

Ich hab' jetzt alles nachgelesen und finde ganz viele Beschreibungen, die ich auch irgendwann im Laufe der Jahre im Unterricht gehört, probiert und zum Teil hoffentlich verinnerlicht habe. Und - ALLE haben jeweils zu einer bestimmten Zeit und bei einem bestimmten Pferd zum gewünschten Ziel geführt. Früher oder später, schöner oder weniger schön... da Pferde, praktischer- oder auch unglücklicherweise, in die verrücktesten Richtungen konditionierbar sind geht das...

Mein jetziger RL sagt dazu immer: "Es gilt viele "Werkzeuge" (Möglichkeiten an Hilfengebung) in meinem Werkzeugkoffer zu sammeln um anfangs ein wenig zu suchen, welches ich gerade brauche und später dann blind hineingreifen zu können und sofort das richtige rauszuholen, zu benutzen und vorallem wieder wegzulegen." Mittlerweile bin ich an dem Punkt angelangt, daß ich oft denke, daß es gut ist diesen Werkzeugkoffer, recht gut gefüllt, dabeizuhaben - aber erstmal einen MOment zu warten und zu überprüfen ob ich reingreifen MUSS  :-\ ..

Immer mehr geht es mir so, daß ich feststelle, daß es besser ist das Pferd vor mir zwischen den Zügeln zu führen/zu begleiten und erstmal zu versuchen über das Bein - eine sprechend-schmusende Wade - oder den Sitz, sprich die Stellung des Beckens, eine  Änderung des Ist-Zustandes anzufragen... irgendwas passt ja gerade nicht, sonst würde ich ja nicht das Bedürfnis haben einzuwirken. Sehr, sehr oft kommt dann die Antwort die ich wünsche - und die Hand begleitet dann dahin, wo ich das Pferd gerne haben wollte. Geht das nicht, DANN kommt die aktive Beeinflussung durch die aktive Handeinwirkung:

Möchte ich Stellung, versuche ich erst das Pferd mit der inneren Wade dazu zu animieren in der inneren Schulter leichter zu werden und dadurch "innen freier zu werden" um eben die Stellung anzunehmen die ich gerne hätte, reagiert das Pferd nicht wie gewünscht auf das Bein, dann touchiere ich hinter diesem und wiederhole die leichte Drehung der Wade. KOmmt dann immer noch nicht das gewünschte Ergebnis, DANN schließe ich die innere Hand langsam (entspricht der von esge und Tüpfel beschrieben Drehung der Hand mit den Nägeln nach oben) und lasse sie nach vorne-oben steigen, reagiert das Pferd mit dem gewünschten Loslassen, sinkt die Hand wieder auf die ursprüngliche Höhe und das Pferd wird zwischen den Zügeln nach vorne in die gewünschte Richtung begleitet.

Möchte ich auf der Geraden aufnehmen, kommt wieder erst die Sitzhilfe, ein leichtes oder auch deutliches Abkippen des Beckens Richtung Steißbein - nicht AUF das Steißbein - bei gleichzeitigem Zurückgleiten der Wade. Die Hand steigt hier beidseitig nach vorne oben  - so wenig wie möglich, so viel wie nötig... um wieder zu sinken, sobald das Pferd in die gewünschte Richtung denkt.

Die eigentlichen Ziele sind ja wieder und wieder Fluss und Balance - je weniger ich also das Pferd störe, umso eher besteht die Chance, daß es sich ausbalanciert und in den Fluss findet. Ich kann nur versuchen so OBEN drauf zu sitzen, daß das Pferd die Möglichkeit bekommt SICH auszubalancieren.

Kommt das Pferd hinter die Senkrechte, finde ich auf der Geraden - da passiert es ja eigentlich am ehesten - das langsame Schließen beider Hände bei unveränderter Handhöhe sehr hilfreich. Ich stelle immer wieder fest, daß die Pferde gerade wenn sie sonst von hinten nach vorne begleitend geführt werden es sehr blöd finden, wenn die sonst leicht offene Hand plötzlich zugeht und dabei ja tatsächlich beginnt auf die Zunge zu drücken - was sie ja bei dieser Art der Zügelführung sonst nicht tut - und ganz klar sagt, daß es das ätzend findet indem es sozusagen "gegen die Hand" geht - sprich mit der Nase nach vorne, woraufhin sich die Hand natürlich SOFORT öffnet und Lob kommt... geht eigentlich recht gut so. Ausnahmen (vor allem bei Tosoristen  ;) bestätigen natürlich die Regel. Pferde leben halt und da kommt's wieder drauf an wie gut ich im Motivieren bin..

Ich behaupte nicht, daß das schnell oder leicht ginge - aber es zeigt nach und nach schöne Ergebnisse . Allerdings ist es nicht immer einfach sich soweit zurückzunehmen, da man ja sehr oft weiß, gerade wenn man schon viele Pferde geritten hat und viel Unterricht von erfahrenen RL hatte, daß es immer den ein oder anderen "Trick" gäbe, mit dem man scheinbar genau jetzt viel schneller das gewünschte Ergebnis erhalten würde. Man kann es nur so machen, wenn es egal ist, wie schnell das geht... und manchmal wenn Perd tatsächlich einfach keine Lust hat, lässt er einen dann auch auflaufen - aber dann war man halt nicht geschickt genug oder mal wieder nicht in der Lage zu motivieren.

Ich glaube man muss rel. ehrgeizlos sein um so zu agieren. Ich behaupte auch nicht, daß das so der einzig richtige Weg ist - aber auf jeden Fall vermeide ich damit Streit und habe immer Zeit die Antwort des Pferde zu registrieren. Und ich bilde mir ein, wenn ich diese Hilfen irgendwann passend genug in Zeitpunkt und Intensität anzuwenden weiß, DANN müsste das Pferd eigentlich in der Lage sein alles was ich wünsche ohne Aufregung auszuführen.

Da ich der absoluten Überzeugung bin, daß der Fehler IMMER von oben kommt, kann man sich so wenigstens rel. sicher sein nicht allzuviel kaputt zu machen - aber wie weit man damit kommen kann in der Ausbildung des Pferdes kann ich auch nicht sagen - auf jeden Fall lassen die Pferde so sehr schön los, das sehe ich täglich - und das ist ja schonmal was, oder?

Grüßli von der Zwangscouch  :P  

edit: Ich darf natürlich nicht vergessen zu sagen, daß das Pferd die "Werkzeuge" kennengelernt haben sollte. Gerade das Steigenlassen der Hand,  im Stand, Schritt und später Trab, ist  nur dann so wirksam wie möglich, in möglichst feinster Ausführung, wenn es vom Pferd verstanden wurde.

Sprich: Wenn die Hilfengebung verstanden ist, von Reiter UND Pferd, dann sollte ich soweit wie möglich davon wegkommen um das Pferd nicht die ganze Zeit mit meinen gut gemeinten Hiflen "totzuquatschen", so daß es nicht mehr zu Wort kommt.

Ansonten sollte die Zügelführung grundsätzlich ehervon hinten begleitend und so konstant und weich wie möglich sein - bis das Pferd in der Lage ist sich frei selbst zu tragen - davon träumen wir ja wohl alle  ;) - und DANN sollte der KOntakt über das Zügelgewicht ebenfalls so gleichmäßig wie möglich sein... denke, hoffe, glaube ich...  ;)

PS: ich kann auch nur den schönen Spruch bestätigen... je mehr man zu verstehen glaubt, umso schwieriger wird's - im Notfall werde ich dann halt wieder Spazierreiter  ;) da macht man nicht viel kaputt
« Letzte Änderung: 11.11.07, 12:32 von Patchy »
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Offline samipuma

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #26 am: 11.11.07, 12:10 »
Zitat
@sami : ich versuche heute die Zügelhilfen klar von den Schenkelhilfen zu trennen.
Wann? Immer? Wieso? Ich nehme den schenkel immer dazu, weil ich will, dass das pferd prinzipiell auf sitz und schenkel geht.

*offtopic on:
Zitat
Die Kombination aus beiden Varianten ist dann die schwierigste Korrektur : ein Pferd, das wild vorwärtsrennt und sich dabei dann nach hinten entzieht  .
hast du dazu einen grundlegenden tipp, wie man's machen oder NICHT machen soll? Hab gerade so ein exemplar zu reiten. habe ihn mittlerweil so weit, sich zu strecken. er geht dabei aber nicht kostant dem gebiss nach, sondern hat einfach gelernt, dass lockeres dahintraben ohne hochgezgenen engen kopf und hals erstens erwünscht und zweitens viel angenehmer ist. in stresssituationen kommt allerdings laufen und verkriechen zum einsatz.
hm, das wäre eine box wert...
offtopic aus*

Es ist für mich völlig klar, dass die hier beschriebenen hilfen der idealsiutation entsprechen, in der das pferd nicht vor der plane in der ecke wegdrängt oder ähnliches. da sind dann ganz andere hilfen erforderlich. ebenso kommt es aufs pferd und dessen grunsätzliches gangbild, ne, verhalten an. (s.o.: verkriechen, drauflegen, dehnungsbereitschaft ja/nein, laufen, drängeln etc.)

Und auslernen tut man sowieso nie beim reiten, außer man will nicht mehr.

eingeschneite grüße aus den alpen

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Offline TüpfelTopic starter

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #27 am: 11.11.07, 12:52 »
@Patchy : das hassu jetzt schön geschrieben  :-*. So sollte es ja auch sein. Das habe ich jetzt hier eigentlich vorausgetzt. Mir ging es in dieser Box darum, die Zügeleinwirkung auseinanderzuklamüstern, so sie denn erfolgt. Aber trotzdem sind solche Beiträge immer wieder wichtig und passend, denn man sollte die so sehr bedeutende Auswirkung des Sitzes immer wieder betonen.
@sami :
Ja, immer. Oft natürlich zeitlich sehr kurz aufeinander folgen - z.B. in der Piaffe so kurz, daß es fast "aus einem Guß" erscheint, trotzdem versuche ich nie gleichzeitig eine Zügel und eine Schenkelhilfe zu geben. Ich meine jetzt nicht die passive Kontakterhaltung, sondern die aktive, etwas verändernde Einwirkung.  Und doch, natürlich möchte ich mein Pferd vor dem Sitz und am Schenkel haben, aber eben auch an der Hand und um keine Verwirrung zu stiften trenne ich.

Grüßle vom Tüpfel
« Letzte Änderung: 11.11.07, 14:17 von Tüpfel »

Offline Patchy

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #28 am: 11.11.07, 13:47 »
ooohhkeeee... ich mein ja nur  ;)... (mal wieder)  8)
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Offline samipuma

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Re: Zügelhilfen, direkte und indirekte - wer macht´s wie ?
« Antwort #29 am: 11.11.07, 19:53 »
Zitat
Ja, immer. Oft natürlich zeitlich sehr kurz aufeinander folgen - z.B. in der Piaffe so kurz, daß es fast "aus einem Guß" erscheint, trotzdem versuche ich nie gleichzeitig eine Zügel und eine Schenkelhilfe zu geben. Ich meine jetzt nicht die passive Kontakterhaltung, sondern die aktive, etwas verändernde Einwirkung.  Und doch, natürlich möchte ich mein Pferd vor dem Sitz und am Schenkel haben, aber eben auch an der Hand und um keine Verwirrung zu stiften trenne ich.
okay, das überdenk ich. aber ganz kann ich das irgendwie nicht teilen. Das berühmte "hand ohne bein, bein ohne hand"  ja (gemeint sei rein die phrase, ich weiß nicht, in welchem zusammenhang das gesagt wurde). aber nicht immer, sondern so wie es die situation erfordert.
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