Hallo!
Ich hab' jetzt alles nachgelesen und finde ganz viele Beschreibungen, die ich auch irgendwann im Laufe der Jahre im Unterricht gehört, probiert und zum Teil hoffentlich verinnerlicht habe. Und - ALLE haben jeweils zu einer bestimmten Zeit und bei einem bestimmten Pferd zum gewünschten Ziel geführt. Früher oder später, schöner oder weniger schön... da Pferde, praktischer- oder auch unglücklicherweise, in die verrücktesten Richtungen konditionierbar sind geht das...
Mein jetziger RL sagt dazu immer: "Es gilt viele "Werkzeuge" (Möglichkeiten an Hilfengebung) in meinem Werkzeugkoffer zu sammeln um anfangs ein wenig zu suchen, welches ich gerade brauche und später dann blind hineingreifen zu können und sofort das richtige rauszuholen, zu benutzen und vorallem wieder wegzulegen." Mittlerweile bin ich an dem Punkt angelangt, daß ich oft denke, daß es gut ist diesen Werkzeugkoffer, recht gut gefüllt, dabeizuhaben - aber erstmal einen MOment zu warten und zu überprüfen ob ich reingreifen MUSS
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Immer mehr geht es mir so, daß ich feststelle, daß es besser ist das Pferd vor mir zwischen den Zügeln zu führen/zu begleiten und erstmal zu versuchen über das Bein - eine sprechend-schmusende Wade - oder den Sitz, sprich die Stellung des Beckens, eine Änderung des Ist-Zustandes anzufragen... irgendwas passt ja gerade nicht, sonst würde ich ja nicht das Bedürfnis haben einzuwirken. Sehr, sehr oft kommt dann die Antwort die ich wünsche - und die Hand begleitet dann dahin, wo ich das Pferd gerne haben wollte. Geht das nicht, DANN kommt die aktive Beeinflussung durch die aktive Handeinwirkung:
Möchte ich Stellung, versuche ich erst das Pferd mit der inneren Wade dazu zu animieren in der inneren Schulter leichter zu werden und dadurch "innen freier zu werden" um eben die Stellung anzunehmen die ich gerne hätte, reagiert das Pferd nicht wie gewünscht auf das Bein, dann touchiere ich hinter diesem und wiederhole die leichte Drehung der Wade. KOmmt dann immer noch nicht das gewünschte Ergebnis, DANN schließe ich die innere Hand langsam (entspricht der von esge und Tüpfel beschrieben Drehung der Hand mit den Nägeln nach oben) und lasse sie nach vorne-oben steigen, reagiert das Pferd mit dem gewünschten Loslassen, sinkt die Hand wieder auf die ursprüngliche Höhe und das Pferd wird zwischen den Zügeln nach vorne in die gewünschte Richtung begleitet.
Möchte ich auf der Geraden aufnehmen, kommt wieder erst die Sitzhilfe, ein leichtes oder auch deutliches Abkippen des Beckens Richtung Steißbein - nicht AUF das Steißbein - bei gleichzeitigem Zurückgleiten der Wade. Die Hand steigt hier beidseitig nach vorne oben - so wenig wie möglich, so viel wie nötig... um wieder zu sinken, sobald das Pferd in die gewünschte Richtung denkt.
Die eigentlichen Ziele sind ja wieder und wieder Fluss und Balance - je weniger ich also das Pferd störe, umso eher besteht die Chance, daß es sich ausbalanciert und in den Fluss findet. Ich kann nur versuchen so OBEN drauf zu sitzen, daß das Pferd die Möglichkeit bekommt SICH auszubalancieren.
Kommt das Pferd hinter die Senkrechte, finde ich auf der Geraden - da passiert es ja eigentlich am ehesten - das langsame Schließen beider Hände bei unveränderter Handhöhe sehr hilfreich. Ich stelle immer wieder fest, daß die Pferde gerade wenn sie sonst von hinten nach vorne begleitend geführt werden es sehr blöd finden, wenn die sonst leicht offene Hand plötzlich zugeht und dabei ja tatsächlich beginnt auf die Zunge zu drücken - was sie ja bei dieser Art der Zügelführung sonst nicht tut - und ganz klar sagt, daß es das ätzend findet indem es sozusagen "gegen die Hand" geht - sprich mit der Nase nach vorne, woraufhin sich die Hand natürlich SOFORT öffnet und Lob kommt... geht eigentlich recht gut so. Ausnahmen (vor allem bei Tosoristen
bestätigen natürlich die Regel. Pferde leben halt und da kommt's wieder drauf an wie gut ich im Motivieren bin..
Ich behaupte nicht, daß das schnell oder leicht ginge - aber es zeigt nach und nach schöne Ergebnisse . Allerdings ist es nicht immer einfach sich soweit zurückzunehmen, da man ja sehr oft weiß, gerade wenn man schon viele Pferde geritten hat und viel Unterricht von erfahrenen RL hatte, daß es immer den ein oder anderen "Trick" gäbe, mit dem man scheinbar genau jetzt viel schneller das gewünschte Ergebnis erhalten würde. Man kann es nur so machen, wenn es egal ist, wie schnell das geht... und manchmal wenn Perd tatsächlich einfach keine Lust hat, lässt er einen dann auch auflaufen - aber dann war man halt nicht geschickt genug oder mal wieder nicht in der Lage zu motivieren.
Ich glaube man muss rel. ehrgeizlos sein um so zu agieren. Ich behaupte auch nicht, daß das so der einzig richtige Weg ist - aber auf jeden Fall vermeide ich damit Streit und habe immer Zeit die Antwort des Pferde zu registrieren. Und ich bilde mir ein, wenn ich diese Hilfen irgendwann passend genug in Zeitpunkt und Intensität anzuwenden weiß, DANN müsste das Pferd eigentlich in der Lage sein alles was ich wünsche ohne Aufregung auszuführen.
Da ich der absoluten Überzeugung bin, daß der Fehler IMMER von oben kommt, kann man sich so wenigstens rel. sicher sein nicht allzuviel kaputt zu machen - aber wie weit man damit kommen kann in der Ausbildung des Pferdes kann ich auch nicht sagen - auf jeden Fall lassen die Pferde so sehr schön los, das sehe ich täglich - und das ist ja schonmal was, oder?
Grüßli von der Zwangscouch
edit: Ich darf natürlich nicht vergessen zu sagen, daß das Pferd die "Werkzeuge" kennengelernt haben sollte. Gerade das Steigenlassen der Hand, im Stand, Schritt und später Trab, ist nur dann so wirksam wie möglich, in möglichst feinster Ausführung, wenn es vom Pferd verstanden wurde.
Sprich: Wenn die Hilfengebung verstanden ist, von Reiter UND Pferd, dann sollte ich soweit wie möglich davon wegkommen um das Pferd nicht die ganze Zeit mit meinen gut gemeinten Hiflen "totzuquatschen", so daß es nicht mehr zu Wort kommt.
Ansonten sollte die Zügelführung grundsätzlich ehervon hinten begleitend und so konstant und weich wie möglich sein - bis das Pferd in der Lage ist sich frei selbst zu tragen - davon träumen wir ja wohl alle
- und DANN sollte der KOntakt über das Zügelgewicht ebenfalls so gleichmäßig wie möglich sein... denke, hoffe, glaube ich...
PS: ich kann auch nur den schönen Spruch bestätigen... je mehr man zu verstehen glaubt, umso schwieriger wird's - im Notfall werde ich dann halt wieder Spazierreiter
da macht man nicht viel kaputt