Hallo,
meiner ist auch westerngeritten und geht vor der Kutsche. Er ist vom Züchter zuerst eingefahren worden - wurde mit zwei Jahren zweispännig vor der Kutsche bei einer Verkaufsauktion vorgestellt, als er noch zu jung zum Gerittenwerden war. Es geht aber auch andersherum. Westernpferde laufen meiner Erfahrung nach etwas anders vor der Kutsche, weniger schön beigezäumt als dressurmäßig gerittene Pferde (vorausgesetzt, man arbeitet nicht gerade hiran gezielt mit ihnen beim Reiten auf dem Platz). Beim freizeitmäßigen Fahren im Gelände stört das nicht, beim Turnierfahren kan es sich natürlich schon auf die Note auswirken.
Monet, also normalerweise kennen ja auch Westernpferde direkte Zügelhilfen, bevor man sie so weit verfeinert, dass sie auf reines Neckreining gehen. Neckreining ist ja ein Ziel, nicht die Vorgehendweise der Ausbildung. Und man benutzt direkte Zügelhilfen ja auch regelmäßig im Training, auch bei fortgeschrittenen Pferden. Nur auf dem Turnier sollten sie dann eben weitgehend unsichtbar sein.
Und beim Fahren benutzt man ja auch eher indirekte als direkte Zügelhilfen - man lenkt, indem man mit der äußeren Hand nachgibt, nicht, indem man innen annimmt.
Außerdem denke ich, Pferde können sehr wohl die Hilfen beim Fahren und die beim Reiten unterscheiden.
Cachaca, ein paar Jahre warten musst Du meiner Meinung nach nicht, aber ich würde auch nicht jetzt schon jeden Tag beides intensiv betreiben. Du machst doch sicher auch mit ihm Bodenarbeit, longierst ihn und gehst ins Gelände, also warum versuchst Du nicht ganz langsam und behutsam, ihn 1. an der Doppellonge zu arbeiten (ein Kurs ist empfehlenswert, sonst gibt's Bandsalat
), 2. ihn schon mal vom Boden aus zu fahren, zuerst normal auf dem Platz, dann über Bodenhindernisse und um irgendwelche Sachen rum, und dehnst das dann 3. ganz langsam so weit aus, bis Du ihn vom Boden aus ins Gelände fahren kannst. Das könnte doch gerade jetzt eine gute Abwechslung für ihn sein, und dadurch, dass Du mit der Doppellonge anfängst und mit der Gewöhnung an die Berührung durch die Stränge, weiß er gar nicht, dass das mal auf etwas ganz anderes rauslaufen soll.
Mit dem Einspannen vor eine Kutsche kannst Du ja dann noch warten. Das fängst Du an, indem Du etwas mit einem Ortscheid dazwischen an die Stränge hängst, Autoreifen zum Beispiel, während du ihn von hinten fährst. So kann man auch schön den Reitplatz abziehen
Übrigens würde ich Dir emfehlen, vorher selbst erst mal einen Kurs zu machen und vielleicht das Viererabzeichen. Irgendwoher solltest Du ja die Leinenhilfen lernen, nebst einigem anderen. Fast niemand reitet sein Pferd vollständig ohne fremde Hilfe und Unterricht selbst ein, ich weiß nicht, warum die meisten Reiter denken, das Fahren - und sogar das Einfahren - ginge einfach so, ohne weitere Vorkenntnisse oder Kurse, und einfach, indem man es halt mal "probiert". Dabei erfordert das Einfahren genauso lange Zeit und genauso sorgfältiges Vorgehen wie das Einreiten. Das Einreiten "probiert" man ja auch nicht einfach so mal mit zwei, drei Tagen Vorbereitung, und wenn es doch mal jemand so macht (Monty Roberts), wird er zu Recht dafür kritisiert, denn es muss nciht sein, und ein Pferd braucht nun mal Zeit zum Lernen.
Fahren ist viel gefährlicher als Reiten (gerade für unbeteiligte Dritte), und man hat ein Pferd auch viel schneller dafür verdorben. Ich kenne massenhaft Pferde, die sich nach einem vermeidbaren und oft "harmlosen" Unfall (ohne Verletzungen bei Mensch oder Pferd) heute nicht mehr einspannen lassen. Muss ja nicht sein.
Und Fahrkurse machen echt Spaß
Meiner Erfahrung nach gibt es beim Einfahren drei Schwierigkeiten (fürs Pferd):
1. Gewöhnung an die Berührung durch die Stränge (Vertrauen)
2. Vor dem Lenkenden hergehen statt daneben (Bodenarbeit)
3. Gewöhnung an die Kutsche (Vertrauen)
Gib Euch dafür ein Jahr, bis Du ihn wirklich vor die Kutsche einspannst, und lass dir ggf. von einem Fahrer helfen, so machst Du nichts falsch.
Übrigens ist Gefahrenwerden auch ein guter körperlicher Ausgleich fürs Pferd, weil es beim Ziehen die Rückenmuskeln dehnt udn damit arbeiten muss. Ein gefahrenes Pferd tut sich also leichter, das Reitergewicht zu tragen, und Du ersparst Dir beim Reiten einen Teil des körperlichen Grundtrainingsund kannst Dich auf die "interessanten" Dinge konzentrieren. Beim Fahren kann man auch gut Ausdauer und Kondition trainieren - lange Schrittstrecken im Wechsel mit langen Trabstrecken. Was beim Fahren nicht wirklich geht, ist, die seitliche Biegung und Geschmeidigkeit zu trainieren (obwohl auch ein Fahrpferd nicht über die Schulter in die Wendung laufen sollte). Reiten und Fahren ergänzen sich also gut.
Viele Pferde gehen meines Erachtens eigentlich lieber vor der Kutsche als unter dem Reiter. Irgendwie ist es für ein Pferd von der körperlichen Belastung her natürlicher. Zum Beispiel werden beim Bergauflaufen dieselben Muskeln beansprucht wie beim Ziehen, wohingegen es keine natürliche Entsprechung für die Belastung durch das Reitergewicht gibt. (Ja, ich weiß, das ist jetzt ein bisschen provokant...
)
Gruß
Calvados