Autor Thema: Fahren und Westernreiten?  (Gelesen 6345 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline cachacaTopic starter

  • Lumpi-Pony
  • Mitglied
  • *
  • Beiträge: 685
  • Geschlecht: Weiblich
Fahren und Westernreiten?
« am: 24.06.07, 11:04 »
Mein Lewitzer wird gerade angeritten und soll western geritten werden.
Nun finde ich den Gedanken, ihn evtl einfahren zu lassen auch nicht ganz uninteressant.
Vom Fahren habe ich leider Null Ahnung und mich würde mal interessieren, ob sich gelegentliches Fahren und Westernreiten gegenseitig ausschließen oder sich evtl sogar gut ergänzen würde?

Und müsste er dann erst mal ordentlich unter'm Sattel gehen bevor er eingefahren werden würde? (Er soll hauptsächlich geritten werden) Beides gleichzeitig anzufangen ist ja ein bisschen virel verlangt oder?
Am Arsch die Räuber!

Offline Monet20

  • Mitglied
  • *
  • Beiträge: 831
  • Geschlecht: Weiblich
Re: Fahren und Westernreiten?
« Antwort #1 am: 25.06.07, 12:16 »
Also mein Pony wird auch Western geritten UND geht vor der Kutsche.
Allerdings war er vorher auch "Englisch Pferd", kannte es also schon mit Gebiss gelenkt zu werden.
Bei ihm hats prima geklappt...

Gleichzeitig würd ich das nicht machen, finde schon dass er unterm Sattel erstmal sicher gehen sollte bis du wieder mit was ganz anderem anfängst.
Denn wenn er nie was anderes kennt als gelenkt zu werden mit "Tür auf, Tür zu" oder später neck rein, glaub ich schon dass es für die Pferde erstmal komisch ist von vorn anzufangen.

Ausschliessen tut sich das aber nicht, ich denk schon dass die Pferde unterscheiden können wann was angesagt ist.
Aber wie gesagt, ich würds echt noch ein paar Jahre aufschieben.

Monet ist erst mit 11 eingefahren worden (übrigens mit Hilfe meines Westerntrainers  :) ) und geht spitzenmässig vor der Kutsche.
Es ist also humbug dass man das nur mit Jungen Pferden machen kann.

Offline Calvados

  • Mitglied
  • *
  • Beiträge: 79
Re: Fahren und Westernreiten?
« Antwort #2 am: 25.06.07, 18:45 »
Hallo,

meiner ist auch westerngeritten und geht vor der Kutsche. Er ist vom Züchter zuerst eingefahren worden - wurde mit zwei Jahren zweispännig vor der Kutsche bei einer Verkaufsauktion vorgestellt, als er noch zu jung zum Gerittenwerden war. Es geht aber auch andersherum. Westernpferde laufen meiner Erfahrung nach etwas anders vor der Kutsche, weniger schön beigezäumt als dressurmäßig gerittene Pferde (vorausgesetzt, man arbeitet nicht gerade hiran gezielt mit ihnen beim Reiten auf dem Platz). Beim freizeitmäßigen Fahren im Gelände stört das nicht, beim Turnierfahren kan es sich natürlich schon auf die Note auswirken.

Monet, also normalerweise kennen ja auch Westernpferde direkte Zügelhilfen, bevor man sie so weit verfeinert, dass sie auf reines Neckreining gehen. Neckreining ist ja ein Ziel, nicht die Vorgehendweise der Ausbildung. Und man benutzt direkte Zügelhilfen ja auch regelmäßig im Training, auch bei fortgeschrittenen Pferden. Nur auf dem Turnier sollten sie dann eben weitgehend unsichtbar sein.

Und beim Fahren benutzt man ja auch eher indirekte als direkte Zügelhilfen - man lenkt, indem man mit der äußeren Hand nachgibt, nicht, indem man innen annimmt.

Außerdem denke ich, Pferde können sehr wohl die Hilfen beim Fahren und die beim Reiten unterscheiden.

Cachaca, ein paar Jahre warten musst Du meiner Meinung nach nicht, aber ich würde auch nicht jetzt schon jeden Tag beides intensiv betreiben. Du machst doch sicher auch mit ihm Bodenarbeit, longierst ihn und gehst ins Gelände, also warum versuchst Du nicht ganz langsam und behutsam, ihn 1. an der Doppellonge zu arbeiten (ein Kurs ist empfehlenswert, sonst gibt's Bandsalat  ;D), 2. ihn schon mal vom Boden aus zu fahren, zuerst normal auf dem Platz, dann über Bodenhindernisse und um irgendwelche Sachen rum, und dehnst das dann 3. ganz langsam so weit aus, bis Du ihn vom Boden aus ins Gelände fahren kannst. Das könnte doch gerade jetzt eine gute Abwechslung für ihn sein, und dadurch, dass Du mit der Doppellonge anfängst und mit der Gewöhnung an die Berührung durch die Stränge, weiß er gar nicht, dass das mal auf etwas ganz anderes rauslaufen soll.

Mit dem Einspannen vor eine Kutsche kannst Du ja dann noch warten. Das fängst Du an, indem Du etwas mit einem Ortscheid dazwischen an die Stränge hängst, Autoreifen zum Beispiel, während du ihn von hinten fährst. So kann man auch schön den Reitplatz abziehen  ;D

Übrigens würde ich Dir emfehlen, vorher selbst erst mal einen Kurs zu machen und vielleicht das Viererabzeichen. Irgendwoher solltest Du ja die Leinenhilfen lernen, nebst einigem anderen. Fast niemand reitet sein Pferd vollständig ohne fremde Hilfe und Unterricht selbst ein, ich weiß nicht, warum die meisten Reiter denken, das Fahren - und sogar das Einfahren - ginge einfach so, ohne weitere Vorkenntnisse oder Kurse, und einfach, indem man es halt mal "probiert". Dabei erfordert das Einfahren genauso lange Zeit und genauso sorgfältiges Vorgehen wie das Einreiten. Das Einreiten "probiert" man ja auch nicht einfach so mal mit zwei, drei Tagen Vorbereitung, und wenn es doch mal jemand so macht (Monty Roberts), wird er zu Recht dafür kritisiert, denn es muss nciht sein, und ein Pferd braucht nun mal Zeit zum Lernen.

Fahren ist viel gefährlicher als Reiten (gerade für unbeteiligte Dritte), und man hat ein Pferd auch viel schneller dafür verdorben. Ich kenne massenhaft Pferde, die sich nach einem vermeidbaren und oft "harmlosen" Unfall (ohne Verletzungen bei Mensch oder Pferd) heute nicht mehr einspannen lassen. Muss ja nicht sein.

Und Fahrkurse machen echt Spaß  ;D

Meiner Erfahrung nach gibt es beim Einfahren drei Schwierigkeiten (fürs Pferd):
1. Gewöhnung an die Berührung durch die Stränge (Vertrauen)
2. Vor dem Lenkenden hergehen statt daneben (Bodenarbeit)
3. Gewöhnung an die Kutsche (Vertrauen)

Gib Euch dafür ein Jahr, bis Du ihn wirklich vor die Kutsche einspannst, und lass dir ggf. von einem Fahrer helfen, so machst Du nichts falsch.

Übrigens ist Gefahrenwerden auch ein guter körperlicher Ausgleich fürs Pferd, weil es beim Ziehen die Rückenmuskeln dehnt udn damit arbeiten muss. Ein gefahrenes Pferd tut sich also leichter, das Reitergewicht zu tragen, und Du ersparst Dir beim Reiten einen Teil des körperlichen Grundtrainingsund kannst Dich auf die "interessanten" Dinge konzentrieren. Beim Fahren kann man auch gut Ausdauer und Kondition trainieren - lange Schrittstrecken im Wechsel mit langen Trabstrecken. Was beim Fahren nicht wirklich geht, ist, die seitliche Biegung und Geschmeidigkeit zu trainieren (obwohl auch ein Fahrpferd nicht über die Schulter in die Wendung laufen sollte). Reiten und Fahren ergänzen sich also gut.

Viele Pferde gehen meines Erachtens eigentlich lieber vor der Kutsche als unter dem Reiter. Irgendwie ist es für ein Pferd von der körperlichen Belastung her natürlicher. Zum Beispiel werden beim Bergauflaufen dieselben Muskeln beansprucht wie beim Ziehen, wohingegen es keine natürliche Entsprechung für die Belastung durch das Reitergewicht gibt. (Ja, ich weiß, das ist jetzt ein bisschen provokant...  ;))

Gruß
Calvados

Offline cachacaTopic starter

  • Lumpi-Pony
  • Mitglied
  • *
  • Beiträge: 685
  • Geschlecht: Weiblich
Re: Fahren und Westernreiten?
« Antwort #3 am: 25.06.07, 19:25 »
Super Statement, Danke!  :D

Ich denke auch, wenn ich nächstes Frühjahr vielleicht wirklich die Kutsche hinterhänge und die Zeit davor zum Einreiten und für Fahrvorbereitungen nutze, wird das schon ganz gut sein.
Natürlich muss ich selber erst da Fahren lernen, hätte aber einen sehr guten Fahrer zur Hand und werden gegebenenfalls auch einen Kurs besuchen ;)

Das Fahren vom Boden haben wir gestern übrigens zum ersten mal gemacht. Also 2 Bodenarbeitsseile am Kappzaum, durch den Longiergurt in meine Hand. Er hat's gemeistert als hätte er das schon ewig gemacht. Lief auf Kommando ruhig los, wollte sich nicht umdrehen oder stehen bleiben, sogar Pylonen-Slalom haben wir nachher gut hingekriegt  ;D

Denke das Fahren wäre für uns beide eine tolle Abwechslung (vor allem könnte Männe dann auch mal mitkommen ;) )
Am Arsch die Räuber!

Offline Calvados

  • Mitglied
  • *
  • Beiträge: 79
Re: Fahren und Westernreiten?
« Antwort #4 am: 26.06.07, 14:21 »
Hi,

dann hast Du ja das geborene Fahrpferd!  :D Nutz es aus!!!  ;D

Ein Vorschlag: Wie wäre es, wenn Du den Fahrkurs zusammen mit Deinem Mann absolvierst? Männder finden Reiten oft doof (Westernreiten nicht ganz so), Fahren aber cool. Das kommt vielleicht den natürlichen männlichen Interessen näher  ;) Und wenn er dabei dann auch noch einen "Führerschein" machen darf, gefällt's ihm bestimmt. Und Du hättest später immer einen kundigen Beifahrer, dem Du auch mal bedenkenlos die Leinen in die Hand geben kannst. Außerdem schweißt es zusammen, statt dass jeder seinen Spezialhobbys nachgeht. Etwaige Kinder könnten dann auch mit... Vorausgesetzt, man hat ein sicheres Fahrpferd, ist Fahren eigentlich DER Familiensport!  ;D

Übrigens, eine gute Einführung ist von Christian Lamparter "Die Fahrlehre". Das ist schon ein Klassiker und von der Aufmachtung her ziemlich unmodern (keine Fotos, viel Text, viele (informative!) Strichzeichnungen), aber gut - alles Wichtige ist kurz, knapp und verständlich erklärt. War damals das Lehrbuch, als ich meine Abzeichenkurse gemacht habe. Du kannst Dir nach dem Buch die Leinenhilfen notfalls selbst mit einem selbstgebastelten Fahrlehrgerät vor dem Fernseher beibringen. Natürlich gibt es auch peppigere Bücher, aber das hier ist zum Lernen meiner Ansicht nach das beste.

(Ein Fahrlehrgerät sind übrigens zwei Leinen, die über Rollen geführt werden und hinten mit Gewichten beschwert sind, so dass das Pferd vor einem simuliert wird. Man setzt sich dahinter und übt die Leinenhaltung, die Griffe und die Hilfengebung - das ist alles ganz anders als beim Reiten -, bevor man es dann dem armen Pferd "antut". Sozusagen das "Modell Hector" für Fahrer. (Sollte man für Reitanfänger vielleicht auch mal einführen... ::)))

Viel Spaß!
Calvados

Offline Monet20

  • Mitglied
  • *
  • Beiträge: 831
  • Geschlecht: Weiblich
Re: Fahren und Westernreiten?
« Antwort #5 am: 27.06.07, 09:43 »
@calvados: Das weiss ich doch alles  ;)

Hab das Fahrabzeichen IV und nehme regelmässig Unterricht beim Westerntrainer.
Und selbstverständlich nutze ich auch Zügel beim Reiten, das war jetzt nur kurz darfgestellt weil ich keine Lust hatte so einen Roman zu schreiben wie du  :P *faulbin*

Trotzdem finde ich dass Fahren anders ist als westernreiten! Denn man sollte nach Kollege Achenbach ja schon immer Anlehnung haben oder wie leitest du sonst Wendungen durch Nachgeben mit der äusseren Leine ein  ???

Und ich bin generell kein Freund von Anlehnung weder beim Reiten noch beim Fahren. Deshalb fahren wir auch nicht ganz "korrekt" und Turniere wären so wohl auch nix.

Klar können die Pferde das unterscheiden wann was dran ist. Trotzdem würd ich beim jungen Pferd erstmal das Reiten festigen.
Doppellonge hehört für mich sowieso in die Grundausbildung vorm Reiten und daraus kann man ja schnell fahren vom Boden aus ableiten.

Offline Calvados

  • Mitglied
  • *
  • Beiträge: 79
Re: Fahren und Westernreiten?
« Antwort #6 am: 27.06.07, 16:15 »
@Monet: Hast ja recht, bin in so ziemlich allem Deiner Meinung, und das trifft auch ziemlich alles auch auf uns zu  ;)

Wir fahren auch nicht ständig mit der vorgeschriebenen Anlehnung (allerdings auch nicht mit wild auf dem Pferdehintern schlackernden Leinen), aber für die Wendungen nimmt man dann halt die Leinen etwas mehr auf, bis man das Pferdemaul etwas deutlicher in der Hand spürt (das ist ja eh schwieriger beim Fahren als beim Reiten). Das wirkt dann schon für sich auf ein Westernpferd wie eine englische halbe Parade  ;D und daraus kann man dann gut und sanft außen nachgeben.

Hm, ich bezweifle, dass die meisten jungen Westernpferde anfangs an der Doppellonge gearbeitet werden... Aber ich finde auch, dass das in der Ausbildung jedes Pferdes sinnvoll ist, egal ob Western oder Englisch oder sonstwas. Allerdings kann man ein Pferd auch ohne vorherige "klassische" Doppellongenarbeit vom Boden aus einfahren. Wenn man den Umgang mit der Doppellonge und die Kunst der klassischen Bodenlektionen nicht beherrscht oder nicht anwenden will, ist das vielleicht sogar der bessere Weg, ehe man sich selbst und das Pferd heillos verwirrt oder irgendwelche Fehler antrainiert. Dann beschränkt sich die Arbeit an der Doppellonge eben mehr oder weniger auf die Gewöhnung an die Doppellonge (sprich Leinen) und daran, sich damit aus verschiedenen Positionen lenken zu lassen.

Zum Fahren vom Boden würde ich übrigens nicht die Doppellonge benutzen (wie gerade in der FS empfohlen), sondern ich bevorzuge normale Gurt-Fahrleinen, die man ggf. auch offen verwenden kann. Die sind nicht so lang, man kriegt die Schlaufen auch als Frau in die Hand, man kommt in Krisensituationen nicht so schnell durcheinander, und es ist ungefährlicher, wenn das Pferd wirklich mal abhaut. In der FS wird die Meinung vertreten, dass die Doppellonge im Gelände ein Sicherheitsfaktor sei, aber zum einen glaube ich nicht, dass man ein weglaufendes Pferd an der Doppellonge wirklich besser halten kann, und zum anderen würde ich auf keinen Fall wollen, dass mein Pferd mit einer 2x8 Meter langen geschlossenen Doppellonge hinter sich unkontrolliert allein durchs Gelände rast. Dann besser mit einer 2x4 Meter langen, ggf. offenen Fahrleine, da hat es effektiv gar nicht so viel hinter sich.

Iich würde aus Gründen der Sicherheit und des Überblicks auch nicht so dicht hinter dem Pferd hergehen, wie es dort beshrieben wird (weniger als ein Meter), obwohl das Pferd das natürlich kennen und akzeptieren sollte. Solange das Pferd sich nicht auch aus weiterem Abstand kontrollieren lässt, würde ich mit ihm gar nicht rausgehen.

Und um aufs Thema Anlehnung zurückzukommen, derart in Anlehnung draußen fahren wie dort beschrieben/gezeigt würde ich das Pferd auch nicht - da liege ich völlig mit Monet auf einer Linie  ;D Das ginge mir sowieso viel zu sehr auf die (eigenen) Schultern und würde meine eigene Bewegungsfreiheit zu sehr einschränken. Außerdem bin ich kein Anhänger der Meinung, dass man Dressurlektionen auch draußen lehrbuchmäßig abfordern sollte. Aber ich bin halt auch kein Englischreiter  ;D
« Letzte Änderung: 27.06.07, 16:17 von Calvados »

Offline Monet20

  • Mitglied
  • *
  • Beiträge: 831
  • Geschlecht: Weiblich
Re: Fahren und Westernreiten?
« Antwort #7 am: 28.06.07, 09:51 »
Ok ich korrigiere, bei UNS ist es üblich die Westernpferde vorm Reiten "doppelzulongieren"  ;D
Allerdings macht das unser Trainer auch ganz unüblich, mit 2 Bodenarbeitsseilen statt korrekter DL.
Ausserdem am Sidepull oder Halfter.

Also wirklich unkonventionell und die klass. Leute würden wohl vor Entsetzen schreien  ;D

Monet wurde übrigens wirklich ganz "kathastrophal" eingefahren  ;)
Nur auf Halfter und wie gesagt mit meinem WTrainer der noch nie ein Pferd eingefahren hatte.
Wir haben eben erst alles Doppellonge gemacht, dann Fahren von Hinten, alles auf Halfter, ans Geschirr gewöhnt hab ich ihn allein und irgendwann hat mein Trainer sich dann eben erst in die Stränge gehängt, später dann Reifen ziehen ect.
Lief alles absolut problemlos, mein Pony ist halt abgebrüht!

Richtig einspannen vor die Kutsche hab ich dann aber mit meinem Fahrlehrer gemacht bei dem ich auch das Abzeichen gemacht hab. Der hat dabei einfach mehr Routine und ist Monet dann auch die erste Runde gefahren.
Auch das lief alles problemlos. :)