Autor Thema: Mit zunehmendem Alter Angst  (Gelesen 95512 mal)

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Beni

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #15 am: 07.11.05, 14:30 »
beni, naja, wie schon gesagt, wenn du dir vornimmst, spazierenzugehen, dann nur soweit, wie Du Dich selber authentisch bewegen kannst...wie Du dich selber sicher fühlst (nicht glewich die ganze Welt erobern, es reicht schon der Hinterhofbereich und einmal um den Block für den Youngster ist das allemal beeindruckend genug und die Chance, dass Du das gut hinkriegtst, ist einfach um ein Vielfaches höher  ;)

genauso - bitte, bitte mitkommen......

Offline Just for Fun

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #16 am: 07.11.05, 14:49 »
@Just for Fun: wie hast du vom Boden schon sicher testen können, daß das Pferd beim Reiten brav ist?   

In dem ich sowohl beim anreiten als auch bei eingen reiteinheiten anwesend war, gesagt habe, wie ich das haben will (sind teilweise ex lehrlinge von uns - da hat man noch eine gewisse "Autorität" ;-))
Und den reiter mit bestimmten, mich ängstigenden situationen konfrontiert habe und beobachten konnte, was das pferd dabei macht...

Mein schwerster unfall (incl. schädelbruch, anschließend notwenidger künstlicher nasenaufbau und zahlreicher trümmerbrüche im gesicht) ist übrigens beim führen passiert, daher fällt der weg über "vetrauensbildende massnahmen" beim spazierengehen im gelände für mich schon mal komplett aus  - da sitze ich lieber noch drauf... wenns an was neues geht...;-)

Offline zaino

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #17 am: 07.11.05, 14:52 »
Zaino...die, die vorher noch sagen "stell dich net so an" sind ja dann noch die Netteren *g*
Neee, Du, HINTERHER! HINTERHER kriegte ich das zu hören!  >:( >:( >:(

Und normalerweise ist mein Pferd auch eher so dass es nochmal nachfragt bevor es abdübelt - aber es gibt halt auch Situationen, wo man da nicht die Hand ins Feuer legen sollte.

Ach ja, hab mich mit 19 mit Fremdpferd das vernagelt war u. versaut u. Schmerzen hatte u. dieserhalb zackelte, pullte u. schließlich durchging, auf einem nassen Sturzacker überschlagen. Leichtere Knäckse (Zähne, Daumenkapsel im A***) - aber schon in diesem zarten Alter brauchte ich 1 Jahr und einen lieben alten Gutsbesitzer mit einer lieben alten Stute, auf der er mich longierte mit SChafsgeduld, um überhaupt wieder reiten zu können.
Nur AUFGEBEN wollte ich trotzdem nie - ist schon fast masochistisch, was?  :-\

Just for Fun, danke für die Gruseleinlage...  ::) naja, manchen trifft der Blitz beim Sch**** wie man in Bayern sagt. Kannst Du aber Ursache/Wirkung rekonstruieren???? (mir ist mal ansatzweise sowas passiert weil ich genau VOR dem Pferd war... war aber eine Extremsituation...)

Beni, wie schon gesagt - alles in Scheibchen aufteilen. Führtraining erst mal auf der Koppel - da ist es schnurz wenn er mal auskommt!
Übrigens - Handschuhe und dicke griffige Stricke statt den liedrigen billigen Nylonwürmern wo es nur so raucht in der Hand, helfen schonmal ungemein.
Bei meinem Hengstli fing ich an mit einem ca. 2 cm dicken 4-Meterseil vom Segelausstatter, lag super in der Hand, mit der linken führte ich und den Rest hatte ich in der Rechten aber nicht drum herumgewickelt. Also wenn ich links mal auslassen musste, konnte ich locker nochmal nachgreifen bei der Stricklänge UND hatte noch die 2. Hand dran. Es gab 2x einen Ruck (weil der Spezi kein Führen kannte) und dann wusste er was ein Führstrick ist. 1x riss er sich vor Schreck (Tauben aus einem Dachfenster!) auf einer Dorfstrasse los, rannte aber nicht weg! Anständige Pferde reissen mal an, aber laufen nie weg von Herde (Zweibeiner oder so)!!!! sondern sind froh wenn Mama sie wieder aufklaubt!
Und die ersten 300 m vom und zum Heimathof sind die gefährlichsten. Weit draussen in der großen Welt ist alles soooo spannend dass man eher tendiert dem Menschen auf den SChoß zu hüpfen als das Weite zu suchen.

Beni

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #18 am: 07.11.05, 14:59 »
Na supi, kurz bevor ich hier auf Arbeit meine Sachen einpacke und zum Führtraining nach Hause mache (Herzklopf!), meldet sich das erste Führtrainings-Opfer... echt aufbauend!!!
Du hast also Anreiten lassen. Ich bin neidisch und möchte auch jemanden haben, der die mir unheimlichen Situationen als "Versuchskaninchen" testet. Geldmangel und die Tatsache, daß ich hier im öden weiten Land echt keinen habe, der`s könnte und wollte, lassen dies scheitern. Andererseits habe ich trotz Angst evtl. so viel Ehrgeiz, daß mir der Anblick anderer auf meinem Pferd ein bißchen wehtut....

Offline marie

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #19 am: 07.11.05, 15:28 »
Hallo Beni,

kennst du den Spruch "Mut ist ein Mangel an Vorstellungskraft?" Leute die vorsichtig sind, haben in der Regel einfach mehr Erfahrung und Phantasie als der Rest. Ich hab mir mit dreißig meine erste eigene Reitkappe gekauft, die ich seitdem definitiv immer aufsetze. Früher habe ich mir eine geliehen, bevor ich auf Turnieren in den Parcour geritten bin - schön doof!

Was helfen kann: Mach einen Schritt nach dem anderen. Das Pferd gehört schließlich dir und du kannst das Tempo, mit dem du vorgehen willst, bestimmen.
Beginne neue Dinge Schritt für Schritt. D.h., wenn du dich beim Spazierengehen unsicher fühlst, dann geh erstmal nur den Weg hoch und runter.

Wenn du dir heute schon vorstellst, wie du dich auf dein Pferd setzt, dann macht das natürlich unsicher. Man stellt sich ja auch nicht in der Grundschule vor, man müsse demnächst Abitur machen. Mach einen Schritt nach dem anderen, also zunächst mal nen Gurt draufmachen, dann mal die Trense drauftun usw. Dann führt eins zum anderen.

Die wilden Katastrphenphantasien hat übrigens ab einem gewissen Alter fast jeder (erfahrene) Reiter, man spricht nur nicht gerne drüber. Ich versuche mich gut vorzubereiten, sehe zu, dass ich das Pferd vorher mal gehen sehe und setze mich nicht mehr auf jedes Pferd.

Wenn man schon lange reitet, kann man viele Situationen von vornherein entschärfen, nutze dein Wissen und deine Erfahrung, damit bekommst du das Gefühl, die Situation unter Kontrolle zu haben.
Nimms einfach so: Ein unsicheres Hintergrundgefühl will dich schützen, beachte es, analysiere, wo die Gefahren tatsächlich liegen, und bereite dich entsprechend vor (z.B. ablongieren, gute Vorbereitung durch Bodenarbeit, anständige Ausrüstung und kompetente Helfer).
Viele Grüße und alles Gute
Marie

Offline zaino

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #20 am: 07.11.05, 15:35 »
Beni, vielleicht das Wichtigste: man muß auch LOSLASSEN können  ;D

(also bevor ich mich mitschleifen lasse *g* ich hab gelernt, rechtzeitig loszulassen,

Känau. witzigerweise bleiben viele Pferde stehen wenn der Mensch aufhört an ihnen dranzuhängen.  ;D
Und bei diversen Aktionen hat meiner sich im Hofbereich schonmal losgeeist, wurde aber seines Sieges nicht froh.
Beni, klar gibts fiese Situationen - junge Hengste z. B. fighten schonmal mit der Vorderhand gezielt gegen den Strick (Rezept dagegen: Loslassen! beruhigen, einfangen, Aktion in aller Ruhe wiederholen OHNE aufheizen!) gucken nach rechts u. rempeln einen dabei zuuufällig mit der linken SChulter: Menschlein? Ich seh keins... - Rezept: Argumentverstärker Gerte und einen kräftigen Schrei loslassen - "Hallooo! Bin schon noch da und nimm' mich gefälligst zur Kenntnis"
Ein alter Westernfreak der das drauf hatte bevor es Mode wurde erklärte mir mal: Wenn du den Kopf unter Kontrolle hast, hast du alles unter Kontrolle.
Daraus folgt: à la Hempfling Pferd hinter sich gehen lassen ist gut u. schön, aber nicht immer empfehlenswert. Die beste Anfangs-Führposition ist vorn NEBEN dem Kopf. Auf Schulterhöhe ist ungünstig, aber absurderweise ein Stück weiter hinten bist Du wieder eindeutig Boss.
Du musst eben bewusst trainieren jeden Ausdruck und jede Reaktion u. Aktion Deines Pferdes zu deuten und darauf einzugehen - Aufmerksamkeit zu Dir zurückholen, Aufmerksamkeit teilen (dem Pferd zeigen dass Du auch bemerkt hast was da vorn los ist, dass Du auch abwartest aber nichts zum Fürchten abgeht), rechtzeitig loslassen und rechtzeitig gegenhalten lernen.

Mach doch erstmal ein paar Wochen lang ein ausgefeiltes Home-Training, installiere Halt-Kommandos, Kopf-senken auf Befehl, Rückwärts gehen, u. ä. Spässe. Wenn das wirklich sitzt kannst Du damit draussen IMMER ein Programm abspulen das von Blödsinn u. Gespenstern ablenkt bzw. das Pferd überzeugen dass ALLES Normalprogramm ist was Ihr macht. Führ ihn mal an einen laufenden Trecker ran etc. Wenn Du das Gefühl hast, der Bursche hört auf Dich DANN geht Ihr hinaus! und übt das Programm auf dem Feldweg. Es gibt inzwischen auch viele Kurse u. Bücher zu dem Thema. Du hast VIEL ZEIT!!!!

Und auf die Fresse fallen kann man auch beim Fahrrad-Fahren... vor der eigenen Haustür über 'ne Bodenplatte segeln, etc.
Ich bin mal vor lauter Aufpassen über meine eigenen Füsse gestolpert u. eine Böschung runtergekugelt vor den Hufen meines Pferdes das ich an der hand hatte! Es ist netterweise über mich weggesprungen um mir ja nix zu tun, war ja ganz unschuldig!

Offline Eva

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #21 am: 07.11.05, 16:49 »
Zum Führen: Mein Pferd ist geführt im Gelände brav. Sitzt man drauf, erschrickt er ab und an mal - allerdings nie vor "offensichtlichem" wie Plastik, Autos oder so. Ich führe ihn jetzt im Gelände häufiger so, daß ich auf Höhe der Sattellage gehe, da muß er mehr "allein" gehen. Sonst versteckt er sich nur hinter meinem Rücken und fühlt sich durch mich sicher. Wenn man draufsitzt, geht das eben nicht. Man merkt, daß er viel zögerlicher ist, wenn ich so neben ihm gehe.
Ich bin wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)

GerlindeK

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #22 am: 07.11.05, 17:50 »
Mein Sicherheitséquipement besteht aus:
Militarykappe
Rückenprotektor (Biker-Panzer)
(Saferider)-Sicherheitssteigbügel (ganz was feines)
Stahlkappenschuhe
Angstriemchen
.............hab ich was vergessen? Ich glaub, weiter aufrüsten geht nimmer!

Dann soll es aber noch den Aromastoff "Pax" geben, der den Angst-Adrenalin-Geruch des Menschen überdeckt und sehr beruhigend auf das Pferd wirken soll. Werde mich mal in der Apotheke erkundigen.

Bei den Horrorfilmen analysiere ich genau:
Was ist Instinkt, der mein Überleben sichert und
was ist Schwachsinn, der mich blockiert? !!

Ist der Schwachsinn als solcher erkannt, kann ich mittlerweile diese bösen Filmen stoppen. Aber selbst, wenn nicht (und mein Kopf einfach weiter spinnt), wirken sich diese Gedanken nicht mehr auf meinen Körper aus (kein Zittern bzw. spürbare Angst).

Ganz wichtig für mich ist, daß ich mich nicht unter Druck setzte: auch wenn ich wieder einen Schritt zurück gehe (Führen statt Draufsetzen), empfinde ich es nicht mehr als Rückschritt, sondern sehe das Positive, daß wir (geführter Weise) die Situation prima gemeistert haben (oder auch nicht ).

Wichtig ist auch für mich das Empfinden Außenstehender, denn sehr schnell steiger ich mich in Schubladendenken hinein (Pferd gleich Verbrecher).

(OT: habe mit dem Bereiter von H. telefoniert, der sich auch sofort an das Pferd erinnerte "ja, das Pferd mit dem schönen Aufwärtsgalopp und dem schwingenden Rücken".
Habe ihm dann meine Probleme geschildert und noch mal den "schönen Aufwärtsgalopp und den schwingenden Rücken betont" (der den Reiter so schön von dannen katapultieren kann), worauf der Bereiter laut lachen mußte (ja, die herrlichen Bewegungen waren ihm bekannt). Insgesamt lautet aber sein Urteil: Nix Verbrecher, nur junges Pferd,...............na denn)

Dominachen

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #23 am: 07.11.05, 18:13 »
Huhuh, hier ist auch ein großer "Angsthase"!!  ;D

Reiten tu ich eigentlich seit ich 10 Jahre bin - nun bin ich 25 -. Eigene Pferde habe ich seit ca. 10  Jahren. Tja früher konnte kein Hinderniss hoch genug sein, kein Stoppelfeld lang genug, ob wir nun durch die Stadt gehoppelt sind oder durch den Wald, ob im Schritt oder am liebsten im wilden Gallopp, ob mit Sattel oder ob ohne, mit Trense oder nur mit Halfter. Ich war für alles offen. Es war mir wirklich egal, ob ich falle oder nicht. Tja und innerhalb weniger Jahre, dann das totale Gegenteil. Ich habe Angst, wahnsinnige Angst. Auch ohne das etwas passiert ist, kein Sturz, gar nichts!

Ich habe mein Jungpferd vor ein paar Jahren fast allein eingeritten. Naja früher bin ich auch mind. 4-5 mal die Woche zum Reiten gekommen. Dann kam irgendwann der Punkt, wo es durch die Arbeit halt einfach weniger wurde. Dann begann ich darüber nachzudenken, was denn alles so passieren konnte....mein Pferd war auch nicht gerade einfach... er hat angefangen zu spinnen...ich habe Angst bekommen....er wurde unsicher....und so wurde dies zu einem - für mich - unüberwindbaren Problem. Unsere Wege haben sich getrennt.

Nun habe ich eine Haflingerstute, die ganz ruhig und ausgeglichen ist. Ihr Motto : "Komm ich heute nicht, komm ich morgen, lieber ab nächste Woche"  ;) Für mich das richtige Pferd. Wir hatten irre Schwierigkeiten auf dem Reitplatz, sie hat da immer versucht ihre Reiter loszuwerden (sie war früher wohl ein Schulpferd und hat keine Lust ihre Runden auf dem Platz zu drehen). Ich bin zweimal von ihr gefallen auf dem Platz. Seitdem reiten wir nur noch im Gelände, dafür ist sie total artig zu mir  ;D
Reiten geht nur noch in Begleitung und teilweise hab ich richtige Angstattacken. Warum versteh ich auch nicht, ich weiß eigentlich 1000%, dass mein Pferd im Gelände nichts macht. An manchen Tagen ist vorher schon so schlimm, dass ich mir einfach eine Ausrede zurecht lege, nicht reiten gehen zu müssen. Aber wiederum bin ich stolz auf mich, wenn ich mich doch getraut habe. Letzten Winter sind uns einmal die Pferde durchgegangen. Das andere Pferd hatte sich erschreckt, ist losgelaufen und meine halt einfach hinterher. Ich sass wie erstarrt auf ihr, wußte eigentlich gar nicht, was ich machen sollte, und habe mich schon am Boden gesehen. Tja bis ich dann das magische Wort gesagt habe "Steh" und sie stand dann auch. ;D

Nun habe ich mir ganz fest vorgenommen an mir zu arbeiten. In den nächsten zwei Wochen kommen die Pferde von der Sommerweide. Dann werde ich  wenigstens am Wochenende mich dazu aufraffen, etwas mit meiner Stute zu machen. Ich will anfangen mit ihr Spazierenzugehen und wenn ich mich traue, werde ich mich unterwegs dann ihr raufklettern. Und das könnte man ja dann aufbauen, wenn es klappt. Auch will ich öfters versuchen mit meiner Freundin mitzuhalten, obwohl die tut mir mittlerweile auch leid, denn ein Gallopp wäre zur Zeit noch undenkbar.
Mir ist auch schon oft der Gedanke gekommen, einfach aufzuhören und mir den Stress nicht mehr zu machen. Einfach vielleicht Kutsche zu fahren oder nur noch "Rasenmäher" zu halten. Aber die früheren Zeiten war doch so schön, als man diese Angst noch nicht hatte.Vielleicht wird es ja wieder!

Also wie du hier siehst, du bist nicht allein!

Offline Petig2002

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #24 am: 07.11.05, 20:43 »
Ok, anscheinend bin ich mit 20 die Jüngste, aber vielleicht darf ich trotzdem mitreden?  :-\
Also ein bisschen vorsichtig war ich eigentlich immer, also kein totaler Draufgänger, bin ich charakterlich einfach nicht, aber eben unvoreingenommen.
Dann hat mir ein Haffi das Fürchten gelehrt. Galopp auf dem Mittelzirkel und ehe ich gucken konnte: Heidewizka, in vollem Galopp hat die Sau mich abgesetzt, dass mir Hören und Sehen verging. Er war übrigens mein Lieblingspferd und die Stunde erst meine 6te Abteilungstunde. Danach folgte noch so manches Durchgehen und dergleichen, aber den Anfang hat damals diese Buckelaktion gesetzt ( da war ich 13). Mir wurde einfach das klar, was ich schon oft gelesen und gehört, aber nie so wirklich realisiert hatte: Reiten ist ein RISIKOsport.  :-\
Von da an ging es bergab bis ich nicht mal mehr im Schritt alleine reiten konnte. Es gab mal Höhen, mal Tiefen, derzeit arbeite ich an einem Hoch, aber wer garantiert mir, dass das so bleibt??
Für mich ist jeder Ritt eine kleine Herausforderung, jedes Mal wenn ich den Fuß in den Steigbügel setze frage ich mich: Passiert nochmal so etwas? Kommst du unbeschadet wieder runter? Und jedes Mal wenn ich absteige und es hat geklappt bin ich 1cm größer ( ist auch wichtig bei nur 164cm  ;D ). Mir wurde einfach klar, dass der Weg das Ziel ist. Für mich gibt es keinen Punkt des völlig angstfrei Reitens mehr, ich bin immer auf dem Weg dahin, aber solange ich gehe und seien es nur Millimeter, kann ich damit leben.
Das einzige, was mir hilft, ist neben dem passenden Pferd reiten, reiten, reiten. So oft es geht und nur unter den Bedingungen, die MIR passen. Wenns heute kein Galopp sein soll, dann eben morgen, wenn ich ein ungutes Gefühl habe, wird eben nur longiert.... und so arrangiere ich mich mit mir selber.
Den einzigen Fehler, den du machen kannst ist der, der mich beinahe zum gänzlichen Aufhören gebracht hat: Verlange nicht von dir, dass es wird wie "früher". Es wird anders, auch schön, aber anders....

Offline traber79

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #25 am: 07.11.05, 21:27 »
Hallo!

Kann mich dem hier schon erzähltem nur anschließen.
Bin 26 Jahre alt, habe 2002 mein erstes eigenes Pferd gekauft, nach ca. 4 Jahren Reitpause (vorher Pflegepferd).
Hab natürlich auch den "Fehler" gemacht mir einen Traber zu kaufen, der quasi frisch von der Bahn kam.
Im Umgang super, gut erzogen, kaum Probleme.
Aber halt nicht wirklich geritten.

Naja, ums kurz zu machen, wir haben uns im Laufe der Jahre zusammengerauft und eine Vertrauensbasis geschaffen.
Ich war schon immer ein ängstlicher Typ, und mein Pferd neigt zum hektisch werden.
Keine gute Kombi.

Naja, auch heute hab ich häufig Schiss, am Platz eigentlich nicht, aber im Gelände, wenn er mir zu flott wird.
Zudem fehlt mir zur Zeit auch irgendwie die Motivation und ich frag mich warum ich überhaupt noch reite.

Wir fahren auch noch Kutsche, das macht er prima, aber war auch ne Menge arbeit.
Aber auch da kriege ich Schiss, auf engen Straßen wenn einem der Trecker mit riesigem Hänger entgegenkommt und man mit der Kutsche nicht so weit ausweichen  kann oder mal eben absteigen (von daher immer nen Beifahrer...sehr wichtig für die Sicherheit.
Aber ich merke genau:Trabertier regt sich nur dann auf, wenn ich nervös werde.
Das überträgt sich selbst beim fahren, wohl nur durch die Leine.

Ich kenne diese Gedanken "nur" zu fahren, oder das Pferd als "Rasenmäher" zu haben, definitiv.
Diese Angstgedanken sind da:Was wäre wenn dies passiert, was ist wenn das passiert...Katastrophendenken.

Die Vorschläge der anderen find ich gut, geh erst mal spazieren, mach Bodenarbeit, nimm dir Zeit für alles!

Ich hab aus lauter Übermotivation am Anfang viele Fehler gemacht und bin froh das mein Trabbi hart im Nehmen ist und viel verzeiht, was ich falsch gemacht hab und auch jetzt bestimmt noch mache.

Ich denke auch man setzt sich oft zu sehr selbst unter Druck, unter dem Motto:Ich MUSS jetzt reiten/fahren/longieren.
Wenn die Verfassung nicht danach ist kommt eh nix ordentliches bei raus.
Mein Pferd will schon "bespasst" werden, sonst wird er irgendwann mopperig, aber mein Gott: er steht fast den ganzen Tag in gesellschaft draußen, ihm mangelt es also nicht an Bewegung etc., so what?
Trotzdem plagt mich häufiger das schlechte Gewissen...kennt ihr das auch?

Puh, ziemlich lang geworden, aber ich kann mich gut mit deinen Probs identifiziern Beni...
Gruß
Daniela


Es ist wie es ist.

Offline Viki

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #26 am: 07.11.05, 23:05 »
Trotzdem plagt mich häufiger das schlechte Gewissen...kennt ihr das auch?

Ja, seit Jahren - trotz OS und "Robustrassen" - und da gibts sicher noch mehr davon....

Dem, was Petig schreibt, schließ ich mich unbedingt an - man muss, egal wie alt man ist und warum die Ängste hochkommen, bei sich selber bleiben und sich keine unrealistischen Ziele stecken.

Solange ich bei 9 von 10 Ritten zufriedener hiemkomme, als ich weggeritten bin, ist es gut. Ich merke immer wieder, dass sich meine irrealen Vorstellungen (gleich explodiert er) nicht erfüllen und wenn doch, hab ich was falsch gemacht. Letzte Woche sind wir in eine Schafherde geraten, viele Schafe! Einer der Hunde hatte einen Blackout und hat die halbe Herde um uns rum getrieben, der Schäfer konnte garnichts machen. Da war mir so derart anders zumute  ::) Das Pferd stand wachsam, aber total cool da und hat garnix gemacht....
Nachher fiel mir ein, dass er Schafe kennt vom Vorbesitzer....alles, was greifbar und bekannt ist, kratzt ihn nicht. Alles was sein KÖNNTE ist unser beider Problem...


Offline Nattrun

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #27 am: 07.11.05, 23:46 »
Mir wurde einfach klar, dass der Weg das Ziel ist. Für mich gibt es keinen Punkt des völlig angstfrei Reitens mehr, ich bin immer auf dem Weg dahin, aber solange ich gehe und seien es nur Millimeter, kann ich damit leben.
  Es wird anders, auch schön, aber anders....

That's it.

Ich bin mit 34 zum Pferd gekommen, habe mir vollkommen geblendet mit 35 ein eigenes Pferd gekauft - er schlecht ausgebildet, zu jung und schon in 1,5 Jahren Schulbetreib weitgehend verdorben, ich überhaupt nicht ausgebildet. Aber Isländer kann ja jeder reiten, nicht wahr.
Das Pferd erwachte, entdeckte, daß es noch lebte, verwandelte sich, von einem ich-bin-nicht-da-Schulpony in ein zunächst von mir verunsichertes, später selbstbewusstes dominantes Pferd, welches Führungsdefizite sofort ausnutzte und eigene Entscheidungen traf.
Ich fiel und fiel, und fiel ... immer wieder. Aus wildestem Galopp, oft genug von mir selber durch beschissenen Sitz verursacht, die meisten Abgänge wählte ich selber, einer traf einen Rückenwirbel, tut heute noch weh.
Den Traum vom Reiten kann ich nicht aufgeben. Ich träume vom Strand, von langen, ruhigen Galoppaden, von Wind in meinen Haaren ...

Zur Zeit ist mein Pferd krank, seit etwa 1,5 Jahren sitz ich daher nur noch sehr sporadisch zu Roß, reiten kann man das nicht nennen, eher Fleischtransport.  :-\  "Meinen" Lehrer hab ich nie gefunden, wohl viele schlechte und mittelmäßige Lehrer, die keinen Bock auf ein Gespann wie uns hatten - und inzwischen ist mir die Lust auf Unterricht auch vergangen. Stehe auch vollkommen alleine, mit Pferden in Eigenregie und habe gelernt, selber klarzukommen.
Ich hab mich daher sehr mit allem befasst, was "Boden" angeht und fühle mich da souverän, soweit man das von einem Daueranfänger sagen kann. Isländer sind natürlich keine 1,80-Tiere  ;) und irgendwie auch generell wohl sehr nett und händelbar - ich hatte jedenfalls niemals irgendwelche Probleme beim Spazierengehen. Inzwischen können wir zusammen Böschungen hinauf und hinuntertoben (gut für die Hinterhand), wir können joggen, durch wildes Unterholz kriechen, über hohe Baumstämme klettern, an Feuer vorbei - ich schätze, die lange Zeit hat für dickes Vertrauen gesorgt.
Vielelicht kann ich ihn auch eines Tages wieder einigermaßen angstrei reiten. Ich mache mir überhaupt keinen Druck, bin halt nur oft sehr traurig, weil mir das Reiten so fehlt - und andere Pferde können es nicht ersetzen, ich will ja MEIN Pferd reiten (hab ihn ja erst seit 5 Jahren) - ich mach mir keinen Druck, denn ich weiß immer, wohin ich mich zurückziehen kann: der Boden ist mein Verbündeter.
Das ist viel wert.
Am Boden hab ich niemalsniemals Angst vor meinem Pferd gehabt.
Sowas kann ein Weg werden.
Nattrun
Wen kein Bangen mehr beschwert,
frei von hinnen reitet.
Heil führt ihn auf seinem Pferd,
Glück die Zügel leitet.
(Bischof Jón Arason, 1550)
 

Offline Viki

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #28 am: 08.11.05, 00:14 »
und wenn ihr so alt seid wie ich, könnt ihr locker am Strand entlangtölten, wirst schon sehen  ;) Da hab ichs dann aufgegeben und hab mir einen Rauhhaardackel (und eine Schachtel Zigaretten) gekauft  ;D

Offline Waddington

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Re: Mit zunehmendem Alter Angst
« Antwort #29 am: 08.11.05, 00:28 »
Nattrun, mir geht es auch ein bischen so: am Boden gibt es NICHTS, was wir nicht überwinden könnten, und gemeinsame Kletter- /Wasser-/ Sonstwas-Touren schweißt sehr, sehr fest zusammen.
Ich muss meinem Pony sehr zugute halten, dass er sehr nett ist und von entspanntem Gemüt. Eigentlich ist es ein Pferd, mit dem man angstfreien Umgang, angstfreies Reiten sehr schön lernen kann. Gut, er flegelt gerade, aber auch das hält sich in Grenzen.

So unbeschwert und leichtsinnig wie mit 15 bin ich natürlich nicht mehr, jedoch bin ich die meiste Zeit auf meinem Pony angstfrei. Wenn nicht, dann steige ich ab, bevor er es merkt, damit bin ich bisher ganz gut gefahren.

Die einzige Situation, bei der ich es nicht gemacht habe, ist natürlich in die Hose gegangen. Er hat meine Nervosität gespürt, hat das auf eine Gefahr in der Umgebung bezogen und beim nächstbesten Rascheln im Unterholz mit einem Roll-Back hab ich tatsächlich am Boden gelegen. Ich "wusste", dass irgendwas passieren wird, ich hab es erwartet. Situation: ich wollte nach der Mahd auf unserer großen Wiese Galopparbeit machen. Vor meinem geistigen Auge hatte ich ein wild durchgehendes Pony, was in den Stall stürmt. Ich war so aufgeregt, dass er das einfach gespürt hat.

Ein paar Wochen später bei der 2. Mahd hab ich gedacht: Wir MÜSSEN nicht galoppieren, wir machen einfach unsere Arbeit auf der Wiese, wenn es gut läuft, werden wir galoppieren, sonst nicht. Was war: super an den Hilfen stehendes Pony, mit dem ich Volten und Zirkel und auch die ganze Wiese runter galoppiert bin.

Ich habe ihm immer Sicherheit geben können, das gibt er mir zurück. Ich gehe normalerweise nur so weit, wie ich mich sicher fühle. Und mit dieser gemeinsamen Sicherheit bin ich viel, viel mutiger, als ich es vielleicht bei einem anderen Pferd wäre! Ich habe mich sogar getraut, Cavelettis zu springen. Bisher kennt er nur Freispringen. Unter dem Sattel kennt er es noch nicht. Aber irgendwie WEIß ich, dass WIR das gemeinsam schaffen können. Dass WIR ein gutes Team sind, und dass WIR uns aufeinander verlassen können!

Auf diesem Pony bin ich weitestgehend angstfrei.