Autor Thema: Gedenkfeiern zum 60.Jahrestag Konzentrationlager Auschwitz  (Gelesen 6447 mal)

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Offline annamaTopic starter

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 Hallo

Heute am begehen wir den 60.Jahrestag mit Gedenkfeiern der Befreiung des KZ Auschwitz.

Am 27.Januar 1945 befreiten Sowjettruppen die letzten Überlebenden des KZ Auschwitz.Mit dem ersten Blick des Rotarmisten auf das Schreckliche offenbarte sich der Welt nicht eines , sondern das bis dahin fürchterlichste der an Verbrechen so reichen Menschheitsgeschichte.

!997 besuchte ich mit meinem Mann und unserer polnischen Praktikantin dieses grausame Lager.

ARBEIT MACHT FREI
steht über dem Tor diese Gedenkstätte zu besichtigen.

Soviel Leid und Ehlend in einem KZ noch nie gesehen ,und soviele Tränen noch nie vergossen wie an diesem Tag.

Was mich am meisten beeindruckte war der dunkle Kellerraum im Haus 8 wo die Gedenkstätte Maximilam Kolbe untergebracht ist.

Wenn ich dieser Tage die vielen Berichte im Fernsehn sehe und in der Presse verfolge frage ich mich :
Wie konnte das Geschehen???

Nachdenkliche traurige Grüsse
Annemarie
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Liebe Grüsse annama

Offline Beppa

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Ich will ja nicht alles düster malen, aber vielleicht sind wir schon wieder auf dem besten Weg dort hin.

Im Landtag in Sachsen sitz die NPD und wie gestern im Fernsehen gesagt wurde hat sie auch einen recht guten Zuwachs.
Warum ???

Sie erzählen, dass was die hoffnungslosen Leute (siehe Hartz 4) hören wollen und tun das was diese von den Politikern erwarten Sie helfen sich untereinander. Machen mit den Jüngeren Hausaufgaben. Führen Zeltlager und Freizeitbeschäftigungen durch. Vermitteln einfach ein Zusammengehörigkeitsgefühl.

Unsere Politiker schaffen die Kinderbetreuung immer mehr ab. Schließen Schulen. Nehmen meist denen noch Geld weg die eh schon nichts haben anstatt zu denen zu gehen die keinen Bock haben zu arbeiten. Freizeitaktivitäten in der Schule gleich null und außerhalb kosten sie Geld das viele nicht haben.

Ist es da ein Wunder, dass viele einfach aus Verzweiflung die NPD oder ähnliches wählen. In der Hoffnung das sich etwas verändert. Ohne Berücksichtigung, dass so vor 72 Jahren Hitler an die Macht kam.

Hoffentlich bekommen unsere Politiker irgendwann einmal einen Blick für die Realität und die wirklich wichtigen Dinge. Sie schaffen es nicht einige Kindern und Erwachsenen davon zu überzeugen das die Wege von NPD und DVU zwar gut aussehen aber letztendlich falsch sind, weil einfach an den falschen Stellen gespart wird um es an anderer sinnloserweise rauszuschmeißen.

Offline mary

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LIebe Annama,
vorgestern war in unserer Tageszeitung ein Bericht über die Opfer von Auschwitz, 2 Fotos von Kindern haben mir die Tränen in die Augen getrieben, eines davon ein paar fastverhungerte Kinder nackt, das andere eine Gruppe von 5-6 jährigen Kindern in den gestreiften KZ-Kitteln, in den Augen die Trauer und das Grauen.
Der Text war zum Grausen, es ist mir einfach nicht klar, wie es geschen kann, dass Menschen, Frauen, Männer, ebenfalls meist Familienväter oder Mütter so etwas zulassen konnten.
Was muss geschehen, dass man sein Gewissen, sein Mitgefühl, seine Verantwortung, sein Herz so abschotten kann, um bei derartigem mitzumachen?
Kofi Anan sagte- das Böse hat in der Welt deshalb immer eine Chance, weil es die schweigende Mehrheit gibt.
Wie können wir es schaffen, dass wir unsere Kinder zu mitfühlenden und liebesfähigen Menschen erziehen können, wie schaffen, dass wir selbst gegen Intoleranz, gegen Ausgrenzung und Abwertung mutig aufstehen.
Auschwitz und die vielen anderen Stättern der Menschheit, die zeigen, dass der Mensch des Menschen Wolf ist- müssten uns nachdenklich machen, wieso ausgerechnet der Mensch-
mit Verstand, VErnunft und Gefühl ausgestattet - schlimmer ist als das Tier.
Ein Tier hat den Überlebenstrieb, einer frisst den anderen-
Menschen sind viel viel grausamer- Gier, Macht, Intoleranz, Geld, Feigheit, wenn das alles zusammenkommt- dann geschehen auch heute noch diese Greueltaten-
Aber die Hoffnung, dass sich die Menschheit wirlich bessert, schön langsam gebe ich es auf-
es beginnt immer im kleinen- und wächst.
Die Augen zuzumachen und nichts wissen zu wollen, da gibt es auch heute noch Gelegenheiten an allen Ecken und Enden.
Bei so einem Ort des Grauens tue ich mich schwer an das Gute im Menschen zu glauben-
und doch hat ein maximilian Kolbe, ein Dietrich Bohnhöffer ein Pfarrer Aigner, ein Pater Rupert Mayer, eine Edith Stein gezeigt, dass auch im grössten Grauen, im Tempel des Bösen- Menschlichkeit, Güte - Barmherzigkeit zeigen kann.
Heute erst kann ich ermessen, was auch an vielen kleinen Gesten der Menschlichkeit, der Güte damals versucht wurde- heute erst kann ich wirklich  ermessen, was meine Schwiegereltern für grossartige Persönlichkeiten waren-
Deshalb sehe ich so einen Gedanktag als doppelseitig an- die Scham und das Grauen und auf der anderen Seite der Respekt, die Achtung vor den Toten, vor denen, die sich mutig gegen dieses Regime gestellt haben.
Sie haben ihren Mut mit dem Leben bezahlt- aber sie haben uns nachfolgenden Generationen auch Hoffnung gemacht- das kein Tod umsonst war- denn sie geben uns Beispiel und Mut und geben unserem Volk ein Stück Würde zurück.
Ich habe eine grosse Hochachtung vor Menschen mit Charakter.
@Beppa,
mit so ein paar eweig gestrigen fing es 1933 auch an- die Kultur des Schweigens und Wegsehens hat es dann erst möglich gemacht- derartige Fabriken des Todes zu bewirtschaften.
Jeder hat die Wahl, genau hinzusehen und zu reagieren oder wegzuschauen und zu schweigen.
Herzl. Grüsse
maria

Herzliche Grüsse
maria


Offline Beppa

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Nicht mit den ewig Gestrigen fing es meiner Meinung nach an sondern mit den Hoffnungslosen. Wer nicht weis, wie er seine Familie ernähren und kleiden soll wendet sich an die die ihm helfen können. Welche Konsequenzen daraus entstehen ist für den betroffenen in dem Moment 2. Rangig. Und wenn er es merkt ist es schon fast zu spät.

Die Konzentrationslager standen nur am Ende einer langen Kette von Ereignissen. Nur die Hoffnungslosigkeit und Unterschätzung der Gefahr durch Politiker und Bevölkerung hat es möglich gemacht, dass Menschen an die Macht kamen die vor nichts zurückschreckten.

Und würde man den Opfern der damaligen Zeit nicht besser gedenken indem diese politischen Einstellungen keine Möglichkeit mehr haben in das gesellschaftliche Leben einzugreifen ? Ihnen die Grundlage für ihr Handeln zu entziehen ?

Das damals unter großen Opfern zurück erkämpfte zu erhalten ist genauso wichtiger, wie das Gedenken daran.

Offline annamaTopic starter

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Hallo

 dieses Gedicht ist  von einem Andernacher Juden der Auschwitz mit 16 Jahren  überlebt hat , und nach USA ausgewandert ist ; wurde ein grosser Schriftsteller

                                         
An meine Vaterstadt
                                            
 Stätte meiner Kindheitstage,
 Kleine Stadt am großen Strom,
Heimat , die ich in mir trage,
Turm und Gasse,Tor und Dom,
Ihr der Kindheit frühe Bilder,
Mir für immer eingeprägt
Und um die sich heut'ein milder
Zauber des Erinnerns legt:
Erstes Schauen und Erfassen
Rankt um eure Formen sich,
Denn es bargen jene Gassen
Meine ganze Welt in sich

Nie kannst du mir Fremde werden
Kleine alte Stadt am Rhein,
Denn von allem auf der Erden
Bist nur du in Wahrheit mein.
Dieses Band ist unzerschnitten
Durch der Zeiten irren Wahn:
Was ich fern von dir gelitten,
Hat man dir und mir getan.
Oft , in traumverlornen Stunden,
Kehr ich hoffend bei dir ein,
Von der Fremde zu gesunden
und um ganz ich selbst zu sein.

                    Ernst Loeb
                                             
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Liebe Grüsse annama

Offline annamaTopic starter

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Hallo

Was ich Anno 1997 in Auschwitz erlebt habe möchte ich in kurzen Worten mitteilen.

Wie schon Eingangs erwähnt haben mein Mann und meine Wenigkeit auf Einladung von Malgorzata Südpolen besucht .
An einem sonnigen Tag fuhren wir 180 km um uns die Gedenkstätte Auschwitz anzusehen.Die Vergangenheit der deutschen Geschichte interresiert mich sehr und bei dieser einmaligen Gelegenheit musste ich sie wahrnehmen.
Es wurden die Eintrittskarten  mit deutscher Führung gekauft - war mit Mehrkosten verbunden - aber nun kein Führer mit deutscher Sprache da.
Goscha kam nun und sagte dort ist eine Gruppe mit deutscher Führung.Sie fragte ob wir uns anschließen dürften:  " Ok " sagte er.
Ca. 1/2 Stunde nahmen wir an der Führung teil , kommt ein Herr aus der Gruppe auf mich zu und sagte in einem barschen Ton zu mir :" Sie gehören nicht zu unserer Gruppe ,bitte verlassen sie sofort diese Gruppe"
Goscha mein Mann und ich waren sprachlos und gingen auf eigene Kappe weiter.
Nach einer Weile begegneten wir beim Rundgang wieder dieser Gruppe und was soll ich Euch sagen:" der Pole kam auf mich zu und sagte:" Warum haben sie uns verlassen? Mit Tränen in den Augen sagte ich Ihm:" Das wir nicht erwünscht sind in dieser Gruppe." Er bittet uns doch weiter mit zu gehen , aber wir hatten auch unsern Stolz und haben uns an Hand eines schriftl.Führers ganz gut durch das Lager gelesen und informiert.

Fazit: Es war eine Gruppe  Dänen die die Deutschen sicher in schlechter Erinnerung aus dem 2.Weltkrieg hatten.Anders konnte ich es mir nicht vorstellen.
Da sieht man mal wieder wie Ausländer, Deutsche an solch einer Gedenkstätte über 50 J.nach dem Krieg behandeln.
Es war für mich der traurigste Tag einer 10 tägigen SüdpolenReise den ich nie vergessen kann !

Herzliche Grüsse
annama

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Liebe Grüsse annama

Offline cara

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Im Landtag in Sachsen sitz die NPD und wie gestern im Fernsehen gesagt wurde hat sie auch einen recht guten Zuwachs.
Warum ???

Sie erzählen, dass was die hoffnungslosen Leute (siehe Hartz 4) hören wollen und tun das was diese von den Politikern erwarten Sie helfen sich untereinander. Machen mit den Jüngeren Hausaufgaben. Führen Zeltlager und Freizeitbeschäftigungen durch. Vermitteln einfach ein Zusammengehörigkeitsgefühl.


auf NDR Info hab es die Tage einen Bericht über den Wahlkampf der NPD in Schlesweig- Holstein (meine ich, war es..)
da haben sie den "Soitzenkandidat" interviewt, einen 27jährigen Maurer... ich bin fast umgefallen im Auto.. der Mann klang, als hätte er at least 1%o im Blut, konnte noch nicht einmal das Wort "Opposition" fehlerfrei ausprechen und auf die Frage nach dem Parteiprogramm antwortete er, dass sie das auch noch nicht so genau wüssten, erst einmal abwarten, was die anderen so machen, und dass würden sie dann nicht machen, ausserdem wären sie dazu da, all das auszusprechen, was sonst immer nur geheim gehalten würde...

ich weiss nicht, was dabei erschreckender ist: das solche Leute "Spitzenkandidaten" sind, oder das es wohl tatsächlich welche gibt, die solche Leute wählen...
wenn ich dann noch mitbekomme, dass NPD- Parteileute nicht an der Auschwitzgedenkminute teilnehmen, weil das ja alles eine "gewaltige Lüge" sei, dann weiss ich echt nicht weiter... man kann doch nicht so ignorant sein, dass man das nicht sieht??
LiGrüss cara

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Offline Beppa

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Vorallem haben Sie es geschafft, dass mehr über sie als über die Gedenkfeiern berichtet wurden. Aber vielleicht sehen ja jetzt die Protestwähler mal wen sie wirklich gewählt haben.

Wenn ich mir so die NPD-Spitzenkandidaten ansehen dann ist das für mich nur einen Haufen von Möchtegernen ohne jede Persönlichkeit oder Ausstrahlung. Meistens bekommen sie, wie cara schon sagte, noch nichtmal einen brauchbaren Satz zusammen. Da macht so mancher 9. Klässler auf mich einen intelligenteren Eindruck. Wie kommen die Leute nur darauf so jemanden ihre Zukunft in die Hände zu legen ?

Leider fehlt den Jüngeren heute der Bezug zu der damaligen Zeit. Viele haben keine Omas oder Opas mehr die erwachsen waren oder zumindest alt genug um sich heute noch erinnern zu können und zu berichten. Irgendwann wird es nur noch in den Geschichtsbüchern stehen und nicht mehr als eine Geschichte sein.
« Letzte Änderung: 31.01.05, 08:21 von Beppa »

Offline annamaTopic starter

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Re: Gedenkfeiern zum 60.Jahrestag nach Kriegsende 1945
« Antwort #8 am: 01.05.05, 14:16 »
Heute am Sonntagmorgen

habe ich den feierlichen katholischen Gottesdienst zum Gedenken an den 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau mit Zelebrant und Prediger Kardinal Friedrich Wetter im Bayrischen TV mit gefeiert.

In Gedanken war ich :" Unter 2579 Priestern in Dachau " ein Buch von Pater Maurus Münch das ich gelesen habe. Aus meiner alten Heimat Landkreis Mayen/ Koblenz waren hier einige Priester im KZ.

Pfarrer Bechtel starb am 12.August 1942 in Dachau und Kaplan Peter Schlicker starb am 19. April 1945 im Landeskrankenhaus in Salzburg und wird in Schellenberg zu Grabe getragen.Im september wird die Leiche von P. Schlicker in Schellenberg exhumiert und nach Rissenthal / Saarland überführt

Das Konzentrationslager Dachau

Das erste Konzenstrationslager in Deutschland wird am 21. Mai 1933, kaum zwei Monate nach der Machtergreifung Hitlers, vom damaligen kom.Polizeipräsidenten von München, Heinrich Himmler, der wenig später Reichsführer derSS wird, in der bayrischen Kleinstadt Dachau in einer stillgelegten Munitionsfabrik aus dem ersten Weltkrieg eröffnet.
Was 1933 mit 60 Oppositonellen aus Komunistischer Partei, Sozialdemokratie und Reichsbanner beginnt , wird auch für 2600 Priester und Ordensleute zum Golgota.
Unsagbare Brutalität, Schikanen und Quälereien - sie sind das Lagerleben, ein Konglomerat des Verbrechens auf der einen,des Elends und des Leidens auf der anderen Seite.

Sowas darf es nie wieder geben!

Nachdenkliche traurige Grüsse
annama
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Offline martina-s

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Hallo Annama,
ich teile Deine Gedanken.
In den letzten Jahren habe ich auch sehr viele Bücher über Krieg, Verfolgung, Lagerleben, Deutsche Geschichte gelesen.
Ich komme aus einer Familie, in der das eher totgeschwiegen wurde.
Wohl weniger weil sie bei mir daheim alle Nazis waren (ganzes Gegenteil - mein Opa war dessertiert und gesucht - der hatte vom 1. Weltkrieg mit Bauchschuß und kürzerem Fuß genug davon).
Nein, meine Mutter hatte eine Hand beim Spiel mit Munition im eigenen Garten eingebüßt und war Monate lang in Behandlung. Der Unfall ereignete sich ein paar Tage nach der Kapitulation. Auch Schienbein war nicht mehr zu reparieren.

Mein Vater war 7 Jahre in sibierischer Kriegsgefangenschaft und mehr tot als lebendig heimgekommen.

Wir hatten Verwandte in der heutigen Stadt Dachau. Dass diese Bürger vielleicht zum Selbstschutz oder wie auch immer ihr Lager verdrängt haben, das kann ich nachvollziehen.

Welche Gründe auch immer, meine Familie war nicht bereit mit mir als Kind und Jugendliche darüber Diskussionen zu führen. Das Thema war Tabu.

Der Bruder meiner Mutter war vermisst und wurde nie für tot erklärt. Und das obwohl man weiß, dass aus dem Ort keiner heraus kam.

Ich habe zu dieser Thematik Nachholbedarf. Ich lese viel und eben auch solche Bücher, Zeitungsartikel und Fernsehberichte sind meins.

Ostpreußen schaue ich mir oft auf Karten an. In der ehemaligen DDR bin ich fast zu Hause.

Ostern wenn ich in den letzten Jahren dort war, habe ich immer am Karfreitag (da ich in Diaspora wenig Gelegenheit zur Karfreitagsliturgie hatte) immer Lager wie Ravensbrück und Sachsenhausen besucht.

Deshalb bewegt es mich auch, wenn ich lese, was Du in Polen für Eindrücke gewonnen hast. Vielleicht schaffe ich es auch noch einmal Ausschwitz zu besuchen.

Mich läßt es nicht kalt, wie man mit den Menschen damals umgegangen ist. Ganz im Gegenteil.

Ich wehre mich aber, das den Leuten, dieser Generation von damals anzulasten, welche aus Not und Arbeitslosigkeit angeblich die Braunen an die Macht gebracht haben.

Da bin ich mir nämlich unsicher. Die entscheidenden Wahlen  wurden nämlich unter den Mächtigen vollzogen. Die Wahlen der kleinen Leute unter Zwang, bzw. ohne Alternative konnten für nichts mehr entscheiden.
Die Mächtigen waren damals Himmler, Röhm, pure Fanatiker. http://www.mahnung-gegen-rechts.de/pages/staedte/Talheim/pages/vollstrecker.htm

Wären damals schon die Mächtigen aufgestanden, der deutsche Adel, welcher aufgrund der Bildung schon nicht so verblendet hätte sein müssen, dann hätte der kleine Mann vermutlich auch nichts ausrichten können.

Leider wiederholen sich solche Dinge in der Weltgeschichte immer wieder. Die Menschheit wird nicht klüger. Fanatismus ist immer eine Gefahr, die auch vor Bildung nicht halt macht. Denken wir an den Kosovo. Jetzt hätte man Medien, die vermitteln wie es bei uns vor 65 Jahren war. Und doch wurde ein ungerechter Krieg geführt in dem Frauen und Mädchen ebenso leiden mußten wie Männer in Soldatenkleidung.

Manchmal kann ich das auch nicht verstehen...

Zum Thema nach dem Krieg gibt es hier auch noch eine Seite, die mich sehr betroffen gemacht hat: http://www.deutscherosten.de/Lamsdorf.htm
« Letzte Änderung: 01.05.05, 15:08 von martina-s »
Liebe Grüße
Martina

Offline annamaTopic starter

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  Gedenktag der Opfer
Des Nationalismus vor 61 Jahren

Ich habe die Hoffnung,
dass Auschwitz sich zu einem
Katalysator von Begegnung
und Erneuerung entwickelt,
sodass man irgendwann sagen
kann: Das Böse hat in Auschwitz
nicht das letzte Wort,
sondern die Hoffnung, die Liebe
und der Glaube.

Manfred Deselaers
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Liebe Grüsse annama

SHierling

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Hallo,
was mich sehr stört an der ganzen Sache, ist, das immer nur das Ende betrachtet wird, die Katastrophe, Tod und Verderben. Und nur die Masse, die Juden - nicht die abertausende Andersdenkende, die Roma und Sinti, Zeugen Jehovas, die heute zum Teil noch genau so abfällig behandelt werden wie damals.
Würde man die Anfänge der Naziherrschaft ebenso dokumentieren, die alltägliche miese kleinkarierte Hetze gegen Ausländer, das ständig zunehmende Mißtrauen schüren gegenüber Andersgläubigen, das für gefährlich erklären aller, die nicht der "Leitkultur" (gruseliges Wort) entsprechen - oder auch nur die immer noch latent positiv besetzten Blut- und Boden - Sprüche, dann wäre meiner Meinung nach wesentlich mehr gegen solche Machenschaften getan als mit den ständig wiederkehrenden Leichenbildchen.

Grüße
Brigitta

Offline martina-s

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Hallo Brigitta,
die Bilder stören mich nicht. Nur vergleiche ich da auch mit Geschehnissen wie jüngst im Kosovo oder auch anderswo auf dieser Erde; eben dort, wo auch Ungerechtigkeit geschieht.
Genau das ist der springende Punkt - die Ungerechtigkeit.

Im Übrigen war ich schon in Ravensbrück. Da bin ich dann mit meinen Karfreitagsgedanken. Und dort, gerade in dem Lager wird man an die Vielfältigkeit der Nationen erinnert welche unter dem Regime Schaden litten.

Wichtiger sind mir die Einzelschicksale. Die beschäftigen mich sehr!

Ausschwitz, so denke ich, ist im Vergleich zu Ravensbrück doch mehr die "jüdische" Gedenkstätte. Und ich finde es schon wichtig dahingehend Gedanken zu "verschwenden"

In erster Linie ist mir jedoch der Mensch wichtig.

Und wir beide sind doch auch Nachkriegsgeneration. Ich bin aus einer Generation, welche unter dem Krieg massiven Schaden genommen hat. Der Krieg hat so auch mein Leben geprägt. Eine Aufarbeitung des Ertragenen (damit meine ich das Unheil der betroffenen Menschen im Krieg, egal ob Deutsches Reich oder andere Nation) konnte ich von meinen Eltern nicht erwarten. Zu sehr saß der Stachel fest, unmöglich darüber zu sprechen. Aus diesem Grund beschäftige ich mich hier und heute damit.

Aber jeder wächst auf seine Weise mit dem Leben. Jeder sieht es anders. Jeder stört sich an was anderem. Solange es zum Heile dient, denke ich, ist alles erlaubt.
Liebe Grüße
Martina

SHierling

  • Gast
Hallo Martina
tut mir leid, wenn das so rübergekommen ist als wolle ich das eine mit dem anderen ersetzen, ich meinte nicht Deine Ausführungen sondern die "momentane Medienmasche". Natürlich sind auch solche Gedenktage wie jetzt wichtig - aber sie erinnern eben "nur" an das Ergebnis, und ich empfinde es z.B. als ungerecht(er), wenn heute gegen "die Ausländer" genau so gehetzt wird wie Ender der 1920er Jahre früher gegen "die Juden". Dazu muß ich nicht bis in den Kossovo gucken, das passiert hier und heute vor unserer Nase, frag mal einen Moslem der im Moment in Deutschalnd lebt...

In Auschwitz ist überwiegend den dort interniert gewesenen Polen ein Denkmal gesetzt, Birkenau, was Du wohl meinst,  spielt wohl erst in den letzten Jahren wieder eine größere Rolle.

Ich fühle nicht eigentlich nicht als "Nachkriegsgeneration", ich hab vom Krieg nichts mitbekommen außer ein paar Bombenkratern zum spielen und im vergleich zu heutigen Kindern ein bißchen wenig männliche Verwandtschaft.
Für mich ist Polen auch schon immer Polen gewesen, und die baltischen Staaten sind baltische Staaten und nicht irgendwelche "verlorenen Gebiete". Ich habe da nichts verloren - in jedem Sinn des Wortes, auch wenn ein Teil meiner Vorfahren da zu Hause war.

Tabu war bei uns zu Hause auch eigentlich nichts , als die Nazizeit in der Schule "dran kam", konnte man mit jedem reden (der noch über war, in meiner Familie hat nur mein einer Opa die Soldatenzeit überlebt, und der ist früh gestorben). Zu der Zeit hat mich ein Mann schwer beeindruckt (und mir nächtelang viel erzählt), der den Krieg als Kradmelder überlebt hat und mehrere mal bis Stalingrad und zurück fahren mußte. Aus seinen und den Erzählungen meiner Großtanten (alle 1899-1915, 16 geboren und uralt geworden) "mache ich mir mein Bild", und aus ererbten Büchern ("Der deutsche Weg" z.B., was damals nahezu  jeder bekam. Und in dem auch jeder (!) nachlesen konnte, was er hinterher "nie im Leben bemerkt" hat, ich hab auch noch SchulBücher von damals, in denen die Menschenrassen abgebildet sind, ....)

Also nichtsfür ungut, solange sich jeder seine Gedanken macht, ist ja auch gut - ich hab nur Bedenken, das hezutzutage mehr an früher gedacht wird als an die Gegenwart.
Grüße
Brigitta

Offline martina-s

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Hallo Brigitta,
nö, ich hab das auch nicht kritisch Dir gegenüber gemeint.
Ich hab aber auch keine Angst, dass heute weniger an die Gegenwart gedacht wird. Ich glaube, das ist schon alles richtig verteilt.
Und was die Moslems betrifft, so haben wir schon mal in einer anderen Box diskutiert. In unseren bayerischen Kleinstädten geht da schulisch schon auch was ab. Und da habe ich wieder das Gefühl, dass die Moslem (in anderen Gegenden wieder die russischen Mitbürger - Aussiedler) leider geballt gegen auch unsere Jugendlichen sich zusammenrotten.
Meine Erfahrungen sind da auch nicht immer die besten, wenngleich man da immer zwei Seiten betrachten sollte.
Es gibt in jedem Volk solche und solche.

Was damals dem jüdischen Volk widerfahren ist, das wäre halt mein Anliegen, dass sich so was nicht mehr wiederholen sollte. Somit kann man Vergangenheit mit Gegenwart wieder vereinen.
Liebe Grüße
Martina