Ich bin Mitte 40, und war vor einigen Jahren sterbenskrank.
Das hat mir den Kick gegeben, nichts, aber auch gar nichts, mehr aufzuschieben auf morgen.
Mein Vater hat seit seinem 12. Lebensjahr gebuckelt, und ist mit 63, 2 Jahre vor der Rente, einfach tot umgefallen.
Und ich wußte, was er noch alles vorhatte, mit meiner Mutter gemeinsam, "wenn ich erst mal in Rente bin".
Auch ich habe mich unerfreulich getrennt, beruflich neue Wege eingeschlagen, und das Ergebnis nach 5 Jahren?
Ich habe einen Mann, der mich wirklich liebt, mich ermutigt und niemals sagt "ich hab's dir doch gleich gesagt", egal, was ich anfange, so wenig Geld wie niemals zuvor, weil alles in den Aufbau des Hofs geht, finde neue Freunde, und war noch nie in meinem Leben so glücklich mit so wenig.
Ich bin auf einem sehr niedrigen Bedürfnisniveau angekommen, und habe nicht mal den Wunsch nach mehr.
Meinen Viechern und meinen Pflanzen und Männe geht es gut, ich hab genug anzuziehen, Heizung, zu essen, und ich freue mich jeden Morgen an einem Sonnenaufgang und abends an den Sternen.
Vielleicht braucht es so eine starke Krise, um wieder zum Einfachen zu finden und damit zufrieden zu sein, ich weiß es nicht.
Ich habe ungewollt keine Kinder, und weiß nicht, ob ich so denken würde, wenn ich an eine nächste Generation denken müßte.
Daß da der Hof im Mittelpunkt steht, ist völlig klar.
Wer will schon nach zig Generationen derjenige sein, der das Ding vor die Wand fährt?
Dabei finde ich, daß so eine lange Abstammung auch sehr viel Kraft geben kann.
Man geht anders mit den Dingen um, wenn man eine lange Vergangenheit finden kann, statt gerade mal seine Großeltern zu kennen.
Und so eine Kontinuität in der Generationenfolge bis anno tukk kann eine ungeheure Kreativität hervorbringen, um den Fortbestand zu sichern: ich habe mein Teil getan, jetzt liegt es an anderen.
Und trotzdem sollte niemand alle seine Träume auf morgen verschieben....
Du kommst aus der Tür und ein LKW gerät aus der Kurve und das war's.
Leben muß man heute, aber so, als gäbe es kein Morgen.
Der Sonnenaufgang morgen früh ist einmalig und es wird ihn nie wieder so geben.
Die Blumen in deinem Garten blühen so schön?
Schau sie dir genau an, wer weiß, ob du sie nochmal siehst.
Dein Kind will was erzählen, aber du hast wichtigeres zu tun?
Hör ihm zu, du kannst alles verschieben, aber dein Kind nicht.
Wer sich für unentbehrlich hält, sollte mal drüber nachdenken, was passiert, wenn er tot umfällt.
Es geht immer weiter, irgendwie...Nur dann ohne uns.
LG, Sabi(e)ne