Bäuerinnentreff

Was es sonst noch gibt => Religion und Glauben => Thema gestartet von: cara am 23.05.17, 07:34

Titel: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: cara am 23.05.17, 07:34
Ich bin über das Thema anonyme Beerdigungen darauf gekommen, wollte den Thread aber nicht kapern.

Braucht ihr ein Grab zum Trauern? Wieso ist es so wichtig? Welche Plätze gibt es noch?

Ich für mich brauche das nicht. Mein Vater ist auch so immer wieder in meinen Gedanken präsent, oft denke ich, das hätte ihm gefallen oder darauf hätte er eine Antwort gehabt.
Das Grab besuche ich eher selten, meistens dann im Rahmen eines Sonntagsspaziergang der Familie. Es ist für mich nicht so wichtig.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: gatterl am 23.05.17, 08:01
Meine Gedanken sind täglich bei den lieben Verstorbenen.  So, wie bei dir zu den jeweiligen Situationen.
Ganz eindeutig: Ich brauche kein Grab dazu.
Ich glaube nicht, dass das, was ich lieb gehabt habe, dort liegt.
Aber ich glaube mittlerweile, dass ich es meinen Kindern überlasse, wie sie es handhaben wollen, wenn es bei mir soweit ist. Sie sind die, die vermutlich trauern mit oder ohne Grab und / oder stöhnen, weil ein Grab zu pflegen ist. Wenn sie ein Grab haben wollen, dann ist das für mich genau so in Ordnung, wie wenn nicht.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: pauline971 am 23.05.17, 08:27
Gutes Thema Cara; muss ich drüber nachdenken.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Gitta am 23.05.17, 08:53
was ich mal brauchen würde, ist ein Kreis von Leuten, die das gleiche Schicksal haben wie ich und
über meine Trauer reden kann, weinen oder einfach nicht einsam zu sein.

bei mir hilft die Aussprache mehr als ein Grab, sicher gehe ich zum Grab aber die Erinnerungen und
das Gespräche sind für mich wichtiger.

Gitta
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: martina am 23.05.17, 09:15
Ich bräuchte kein Grab zum Trauern, weil es mir wie Cara geht, dass die Verstorbenen eh in unseren Gedanken und auch Gesprächen bleiben.

Aber ich habe festgestellt, dass es gut tut und wir zu Ruhe kommen, wenn wir uns auf dem Friedhof auf unsere Bank an unseren Gräber setzen und dabei die Gedanken wandern lassen.

Meiner Mutter als bekennenden Gärtnerin tut es gut, wenn sie sich mit den Pflanzen auf den Gräbern beschäftigt und sie betüdelt und gießen kann, für sie ist das eine Form der Trauerverarbeitung.

Ich sehe auch, dass sich bei uns viele Angehörige zwar für ein anonymes Urnengrab entscheiden, aber dort dann doch Blumen ablegen und ihnen der konkrete Platz des Grabes für die Trauer fehlt.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: apis am 23.05.17, 10:39
Auf unserem Friedhof gibt es fast nur noch Urnenbestattungen. Meist mit Grabstein als kleines Urnengrab gestaltet.
Mich wundert jedoch sehr, dass hinter den Grabstellen Rosen gepflanzt werden, Blumensträuße oder Schalen stehen auf oder neben den Platten. Da wird oft ein erheblicher Aufwand betrieben, obwohl er doch ursprünglich nicht gewollt war.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: martina am 23.05.17, 11:17
Vielleicht sind Leute auch schlicht überfordert. Da kommt ein plötzlicher Todesfall und man steht selber total unter Schock und soll dann innerhalb von wenigen Stunden entscheiden, wie es werden soll.

Und dann, wenn die Beerdigung gewesen ist, stellt man nach einiger Zeit fest, dass das Rasengrab oder die große Steinplatte über der Urne  doch nicht das richtige wahr und einem die Beschäftigung mit dem Grab fehlt. Oder es wird das Erdgrab genommen und die Pflege überfordert dann doch.

Deswegen finde ich es wichtig, dass sich jeder Gedanken macht, was mal werden soll. Damit im Falle des Falles - und der kommt ja unausweichlich - auch so entschieden werden kann, wie es passt.

Also nicht nur die Frage stellen: "Was will ICH als Sterbender, was mit meinem Leichnam passieren soll" sondern auch mal fragen "Was möchten meine Hinterbliebenen, was ist ihnen wichtig? Kommen sie damit klar, wenn ich verbrannt werde und unter den grünen Rasen möchte? Können sie die Grabpflege auch leisten (räumliche Entfernung, Arbeitsbelastung) oder kümmert man sich gleich um einen Pflegevertrag mit der Gärtnerei, weil man nicht verbrannt werden mag, sondern besser mit dem Gedanken klarkommt, dass über einem schöne Blumen gepflanzt sind?
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: frankenpower41 am 23.05.17, 12:01
das hast Du sehr treffend gesagt.
Da aber sterben, zumindest bei den Meisten, sehr verdrängt wird kommt es immer wieder zu solchen Situationen wo man nicht weiß wie es richtig ist.
Solange noch genügend Leute (mit Zeit) da sind, meine jetzt ehemalige Nachbarn die rüstig sind und sowieso öfters am Friedhof sind, ist es zumindest auf dem Land noch einfacher, egal ob Urnengrab oder großes Grab, auch wenn Kinder nicht in der Nähe sind.  Gärtnerei beauftragen ist eine gute Lösung, aber auf den Dörfern ist es noch unüblich. In der Kreisstadt machen das viele, oft nur zum gießen.  Wenn aber nur eine Handvoll Gräber auf Friedhof Kilometer weit weg von Gärtnerei zu richten ist, dann macht das keine Gärtnerei.
Auch eine Platte braucht "Pflege".  Bei uns sind viele Vögel am Friedhof, da hilft es gar nichts, wenn man abdeckt, da muss wirklich oft jemand hin der mal drüber wischt.

Man kann sicher an jemanden denken ohne Grab, aber von vielen älteren Leuten weiß ich, dass sie denken am Grab dem nahen Angehörigen näher zu sein.

Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: mary am 23.05.17, 13:13
Mir fällt auf, dass sich die Sichtweise in Richtung Trauer und Grab im Laufe des Lebens verändert.
Wir leben auf dem Land, Grabsteine unterliegen auch der Mode.
Bin froh, dass wie noch einen sehr alten Grabstein haben, wo jeder nicht nur mit Namen, sondern auch mit Foto verewigt wurde.
Die Vor-vorgänger/innen auf unserem Hof hab ich nicht mehr persönlich kennengelernt, aber durch Erzählung und die Fotos auf dem Grabstein bleiben sie in Erinnerung.
Wenn ich das Grab herrichte halte ich meine persönliche Zwiesprache mit ihnen, es gibt sicher noch einige Erinnerungsstücke auf dem Hof.
Ob es das Grab als Ort der Trauer braucht, ich finde schon, aber auch als Ort des Gedenkens und der Erinnerung.
Mir fällt nicht mehr ein, von wem der Satz stammt, man ist dann erst wirklich tot, wenn man in den Herzen vergessen ist.
Beim Gang über den Friedhof lese ich die  die Namen auf den Grabsteinen und dann kommen die Erinnerungen an die Menschen hoch.
Wo wäre sonst der Ort der Erinnerung?

Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Mucki am 23.05.17, 13:15
Ich brauche kein Grab weder zum Trauern noch zum bepflanzen , ich möchte gebrannt werden und ich möchte gerne das mein Mann und ich bei unserer letzten Ruhe bei einander sind.
 Lg
Mucki
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: frankenpower41 am 23.05.17, 13:41
Mir fällt auf, dass sich die Sichtweise in Richtung Trauer und Grab im Laufe des Lebens verändert.
Wir leben auf dem Land, Grabsteine unterliegen auch der Mode.
Bin froh, dass wie noch einen sehr alten Grabstein haben, wo jeder nicht nur mit Namen, sondern auch mit Foto verewigt wurde.
Die Vor-vorgänger/innen auf unserem Hof hab ich nicht mehr persönlich kennengelernt, aber durch Erzählung und die Fotos auf dem Grabstein bleiben sie in Erinnerung.
Wenn ich das Grab herrichte halte ich meine persönliche Zwiesprache mit ihnen, es gibt sicher noch einige Erinnerungsstücke auf dem Hof.
Ob es das Grab als Ort der Trauer braucht, ich finde schon, aber auch als Ort des Gedenkens und der Erinnerung.
Mir fällt nicht mehr ein, von wem der Satz stammt, man ist dann erst wirklich tot, wenn man in den Herzen vergessen ist.
Beim Gang über den Friedhof lese ich die  die Namen auf den Grabsteinen und dann kommen die Erinnerungen an die Menschen hoch.
Wo wäre sonst der Ort der Erinnerung?

genau so ist es, an viele Menschen und Begegnungen mit ihnen denkt man oft nur wenn man am Grab vorbei geht und dann kurz inne hält.  Wenn ich in meinem Geburtsort über den Friedhof laufe, dann "besuche" ich oft bereits verstorbene Klassenkameraden oder Lehrer und auch gute Bekannte.  Je älter man wird, umso mehr trifft man dort auch Leute mit denen man sich kurz unterhält zu denen man sonst keinen Kontakt hat.

Ich hoffe halt, dass es später andere die mal wenn ich nicht mehr bin, auch so halten.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Wiese am 23.05.17, 14:44
Ich weiß nicht ob meine Angehörigen mal das Grab pflegen, das schon seit Generationen
auf dem Friedhof weiter gegeben worden ist. Bei uns wird der Friedhof noch von den freiwilligen betreut und um die Gräber muss jeder selber für Sauberkeit sorgen. Auch den Abfall wieder mit nach Hause genommen.
Wenn der Grabstein mit den Namen voll ist,
werden die älteren Schriften dann wieder entfernt.
Ich gehe auch gerne durch die Grabreihen und denke an die bekannten Verstorbenen. Dann denke
ich, was solange ist der oder die schon gestorben.

Auch durch die Ahnenforschung suche ich gerne Friedhöfe auf. So manchen Zufallstreffer
mit Geburts- und Sterbedatum haben mir schon manchmal weiter geholfen.

Leider sind die neuen Gräber teils nur noch mit Vornamen und als Überschrift der Familienname anzutreffen.
Eine Urnenwand haben wir nicht, so kömmt die Urne in die Erde ins Grab.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Frieda am 23.05.17, 14:53
Vielleicht muss man so aufgewachsen sein, dass man ein Grab möchte oder braucht zum Erinnern und trauern.
Ich hab da schon von meinen Elten nichts "mitbekommen" mein Vater war Flüchtling - so sind SEINE Großeltern weit weg beerdigt, die Verwandtschaft meiner Mutter ist auch weiträumig auf Bayern verteilt. Ich habe NIE erlebt, dass meine Mutter zum Grab ihres Vaters gefahren wäre. Ich selber habe auch keinen richtigen Bezug zu den Gräbern meiner Eltern.
Wer es gerne möchte und braucht-  der kann doch gerne Gräber besuchen. Aber, was ich oft erlebt habe, den Umkehrschluss-  wer keine Gräber besucht, der hätte Angehörige und /oder Freunde vergessen -  den finde ich ungerechtfertigt-ich denke sehr häufig an Menschen, grad in den letzen 20 Jahren sind viee gestoben, die mir sehr am Herzen gelegen sind.
Außerdem glaube ich daran, dass ich auferstehen werde -  so ist es mir echt völlig wurscht, ob ich nach meinem Tod von allen Menschen vergessen werden würde. Gott denkt an mich, somit wer ich nicht wirklich tot sein.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: gatterl am 23.05.17, 15:19
Die Ausgangsfrage von Cara war für mich eigentlich, ob Ihr ein Grab braucht als Platz für Eure Trauer.
Das hat für mich zumindest- nichts damit zu tun, ob oder warum ich gerne oder nicht gerne auf den Friedhof gehe.

Der Vater meiner Chefin hat verfügt, dass er eine einfach Urnenbeisetzung wünscht, damit die Familie keine grosse Arbeit hat.

Der Bestatter riet davon ab (Er mag seine Gründe und seine Erfahrung haben. ) Und die Familie hat daraufhin eine ganz übliche Erdbestattung mit allem drum und dran gewählt.

Wer tief im Glauben verwurzelt ist- sieht das vermutlich wirklich anders. So wie Daggl.



Ich halte oft Zwiesprache mit meinem Vater. Am Grab fällt mir das eher schwer.
Vielleicht liegt es aber auch ganz banal daran, dass ich zum Friedhof mit dem Auto fahren muss, da er ziemlich weit vom Ort entfernt liegt.
Ein alter Friedhof ist mitten in Berchtesgaden. Da wäre es vielleicht wieder anders. Zum Trauern brauche ich das Grab aber trotzdem nicht.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Hamster am 23.05.17, 16:12


Ein Grab zum Trauern?

Kann ich gar nicht so genau sagen.

Aber es ist schon so, dass ich Gräber "besuche".

Nahe Angehörige sind schon immer "bei mir".
Trotzdem habe ich das Grab meines Vaters gebraucht,
Auch wenn ich dafür eine  Stunde Fahrzeit benötige.

Und eine Freundin die mit 50 Jahren verstorben ist,
besuche ich auch oefters, wäre ohne Grab nicht möglich.

LG
Hamster

Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Farmerin am 23.05.17, 18:47
Am Grab bin ich (in der Regel) allein und ungestört. Manchmal brauche ich das. Es ist ein Time-out - ein bewusstes Hingehen, in Gedanken sein, stumme Zwiesprache halten, auch mal weinen. Mal brauche ich das häufiger, mal weniger. Eine der drei Töchter macht das auch öfters. Der Sohn wohl nie. Ist bei uns aber höchst einfach - Kirche und Friedhof sind in Sichtweite und in 3 Minuten erreichbar.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: gammi am 23.05.17, 18:49
Bei uns auf dem Land ist die Grabpflegevergabe noch sehr schwierig. Die Gärtner übernehmen zwar das Anpflanzen, aber nicht das giessen oder sonst regelmässige Betreuung.
Bisher wird es dann oft von anderen Dorfbewohnern gemacht, die auch mal "fremde" Gräber giessen, weil sie wissen, dass niemand in der Nähe wohnt. Aber das ist halt auch nicht wirklich das Richtige.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: fanni am 23.05.17, 19:41
also für mich wäre es unvollstellbar keine gräber zu haben, die ich besuchen kann.

unser familiengrab, das seit vielen jahren zu uns gehört ist sowas wie mein außenwohnzimmer. ich hoffe ich werde dann auch mal besucht, wenn ich mal drinnen liege.

diese kultur, mit der bin ich aufgewachsen und ich finde das gut für mich.

solange die trauer aber noch frisch ist helfem mir rituale, kerze anzünden, innehalten, musik hören, dazu brauch ich jetzt nicht das grab,
aber ich weiß ja wo derjenige zu finden wäre.........

nicht vorstellen mag ich mir so situationen für die zurückgebliebenen, wenn einer eben kein grab bekommen kann, z.b. flugzeugunglücke, vermisst sein oder so,

Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Marina am 23.05.17, 19:46
Als mein Vater vor fast 30 Jahren von jetzt auf gleich starb, bin ich lange Zeit fast
jeden Tag an seinem Grab gewesen. Ich habe das für meine persönliche Trauerarbeit
gebraucht. Mit den Jahren ging ich nicht mehr so oft hin. Mittlerweile nur noch ab und
zu. Ich könnte mir aber nie vorstellen, für nahe Angehörige kein Grab zu haben.
Ob Urnen- oder Erdbestattung ist mir egal, aber einen Ort zum Trauern brauche ich
persönlich schon.

Gruß
Marina
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Margret am 23.05.17, 19:51
Nach meinen bisherigen Erfahrungen (Vater verstarb vor drei Jahren recht unerwartet) brauche ich eher kein Grab zum Trauern. Ich für mich.
Für meine Mutter ist es anders,  wahrscheinlich auch für den Bruder. Wobei ich oft denke, das Grab belastet sie auch sehr (arbeitsmäßig und sehr stark auch gefühlsmäßig), aber es war keine Frage für sie,  dass es ein normales bepflanztes Grab wird. Etwas anderes wäre unvorstellbar für sie. Sie trauert da sehr,  was ich oft für sie eher noch schwerer machend finde. :'(   
Übrigens habe ich als kleines Schulkind auf dem Heimweg immer mit Ehrfurcht ganz selbstverständlich das Grab der Oma gegossen. Bin also nicht völlig "fremd" damit.

Ich weiß natürlich nicht, wie es wäre, wenn mein Mann oder Kind versterben würde. Ich vermute,  dass mir da das Grab auch nicht so viel gäbe, aber das kann man halt nicht ausprobieren vorher sondern muss rasch entscheiden...


Bei uns ist der Verstorbene durchaus oft in den Gesprächen und Gedanken dabei. Man weiß, was er worüber gedacht hätte usw. und da wird darüber geredet.  Das finde ich für mich viel besser als das Grab. Lebendigere Trauer.

Aus all den o.g. Erfahrungen bin ich mir noch nicht ganz sicher, was ich für mich wünsche - aber ziemlich. Möchte es meiner Familie so sagen (wenn ich mir ganz sicher bin), da dieses Wissen bestimmt sehr entlastend ist.

Habe keine so positiven Erfahrungen gemacht mit dem "Grabkult" und dem Getue/Vergleichen/Schämen usw. wegen "den Leuten".  Das wird zwar sicher weniger mit den Jahrzehnten,  da die Gesellschaft sich verändert, aber es nervt mich.

Margret

Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: hosta am 23.05.17, 20:10
Zum Trauern und Erinnern brauche ich das Grab nicht. Dafür gibt es viele kleine Begebenheiten und Gegenstände
im täglichen Leben.

Aber das Grab gehört zu meinem Leben. Ich empfinde die Pflege auch nicht als Belastung. Hab heute gerade die Neuanpflanzung
gemacht.Pflegeleicht. Wird auffallen. Aber das interessiert mich nicht.

Der Gang zum Friedhof, wie Martina schon schrieb, ist auch eine Auszeit. Die Ruhe tut schon gut.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Wiese am 23.05.17, 20:27
Die Ausgangsfrage von Cara war für mich eigentlich, ob Ihr ein Grab braucht als Platz für Eure Trauer.
Das hat für mich zumindest- nichts damit zu tun, ob oder warum ich gerne oder nicht gerne auf den Friedhof gehe.



gatterl, ich finde einen Platz zum trauern braucht jeder. Und jeder geht anders mit der Trauer um. Einem hilft es ans Grab
zu gehen, andere trauern zu Hause. Manche erstarren in der Trauer und sind untröstlich und brauchen manchmal auch Hilfe.

Dazu ein Bibeltext, der mir geholfen hat, als mein Vater kurz vor meiner Hochzeit
überraschend gestorben ist. " Weinen hat seine Zeit und Lachen hat seine Zeit. Verlieren hat seine Zeit und Suchen hat seine Zeit"
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Anneke am 23.05.17, 22:56
Hab heut untertags eure verschiedenen Ansichten zu diesem interessanten Thema schon verfolgt und mich gefragt: "Brauche ich ihn?"
Bin auch unentschossen. Direkt zur Zwiesprache glaube ich weniger. Nach dem Unfalltod meines Bruders bin ich nur nachts an sein Grab, wollte dort allein und unbeobachtet sein, vielleicht hat sich mancher gewundert, war mir egal, zu der Zeit war mir alles egal. Irgendwie konnte ich ihm dort nahe sein, er fehlte mir so sehr, obwohl ich schon ausgezogen war.
Und das Grab meiner SE pflege ich sehr gerne, es dient mir irgendwie schon zum Gedenken, hatte gutes Verhältnis zu ihnen.

Mit Grabkultur hatte ich als Kind und Jugendliche aber keinerlei Berührung, das Familiengrab war im Nachbarort, bin da nie hingekommen, Großeltern lebten noch, hatte da gar keinen Bezug. In den Gottesdienst gingen wir immer anderswo, nicht zur Pfarrei gehörig.

Ich kann die Frage nicht wirklich für mich beantworten, hm....?? Aber wahrscheinlich schon
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: pauline971 am 24.05.17, 08:28
Ich selbst bin froh, dass ich ans Grab der Eltern und Schwester gehen kann. Diese Besuche, als meine Schwester gestorben ist, haben mir sehr geholfen. Hab damals die Ruhe sehr genossen und das Beschäftigen mit den Blumen war mir Trost. Hab immer ihre Lieblingsfarben gepflanzt. Für mich selbst wenn ich mal sterbe, muss es kein Grab sein. Mein Mann und ich haben keine Kinder und niemanden, der das Grab mal pflegen wird.
Aber direkt ein Platz zum Trauern.... naja, da ist für mich das Grab nicht alleine ausschlaggebend.

Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: suederhof1 am 24.05.17, 08:34
Mein Platz zum Trauen ist der weite Himmel,oder das Meer, der Wald oder die Berge.
Da bin ich mit mir und der Welt alleine. Da kann ich trauern, weinen, ohne irgendwieoder wen gestört zu werden.

Ich brauche kein Grab um an jemanden zu denken und um ihn trauere.
Eigentlich ist das nur für die anderen , damit das Gerede nicht so gross wird.

Bei Seebestattungen gibts auch kein Grab.

Jeder muss für sich die beste Möglichkeit finden.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: cara am 24.05.17, 08:51
Bei uns in der Zeitung war letzte oder vorletzte Woche ein Bericht zu den Seebestattungen, bzw. dass da zweimal im Jahr ein "Trauerboot" rausfährt zu den "Begräbnisplätzen".
Eben für die Leute, die den Platz brauchen, um dem Verstorbenen nah zu sein.

Mein Vater hat ein pflegeleichtes Rasengrab, eben auch weil keins der Kinder mehr vor Ort wohnt. Wir haben trotzdem ein paar Krokusse gesetzt und Veilchen gepflanzt, da nur Rasen etwas eintönig ist - zumal der sicherlich besser gepflegt sein könnte, dass ist mehr Kraut als Gras..
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: muliane am 24.05.17, 11:09
Mein Vater hat sich zu Lebzeiten für eine Erdbestattung entschieden.
Die Wahl der Grabanlage konnte die Mutter treffen.
Zum Trauern/Erinnern  brauch ich keine Grabstätte.
Um die Pflege zu gewährleisten wird das Grab dann irgendwann flächendeckend abgedeckt werden.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Maja am 24.05.17, 11:45
Seine Trauer nimmt man überall hin mit.
Ob ein Grab oder keins, das ist nicht ausschlaggebend für das Trauern.
Trotzdem war, nach dem Tod meines Vaters ganz speziell, der Platz an dem erliegt für mich besonders wichtig.
Es war mir manchmal als würde er mich rufen und wenn ich an seinem Grab stand hörte ich ihn sagen:" Schön dass du da bist und nach mir schaust , aber jetzt geh wieder und mach deine Arbeit".
Dann war ich wieder getröstet.
Der Platz ist für mich wichtig. Meine SM und eine Schwägerin sind im Friedwald bestattet. Ich war da nie mehr.
Auch mein Mann nicht.
Da ist das Gedenken anders. Immer wenn wir uns mit den Geschwistern treffen, trinken wir den Lieblingssekt der Beiden und stoßen auf sie an.
Stellt euch mal vor , man würde auf dem Friedhof mit Sekt anstoßen.  :o
In anderen Ländern wäre das möglich da nimmt die Familie Essen und Trinken mit und trifft sich am Grab.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: annelie am 24.05.17, 16:31
Gerade am Friedhof sind mir die Toten nicht nahe, meiner SM hat es gegraust, dass sie mal ins Grab kommt, zu kalt, zu nass und zu dunkel.... Mein Vater war auch kein Friedhofsgeher, ich denke das Wissen, dass das mal seine letzte Ruhestätte ist, hat ihn nicht erfreut. Nahe sind mir die Verstorbenen in alltäglichen Situationen oder da wo sie gerne Zeit verbracht haben, wo sie daheim sind. Das was den Menschen ausmacht(e), seine Seele, ist nicht im Grab (eingesperrt).
Einen Platz zum Trauern brauchte ich bisher nicht, denn ich trage meine Trauer in mir und in meinen Gedanken.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Maja am 25.05.17, 12:04
Ja annelie
im grossen ganzen hast du recht
es ist nur die hülle die da liegt. Was den Menschen ausmacht der geht, ist in unseren Herzen.  Trotzdem ist auch die Hülle ein Teil das wert hat
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Mathilde am 21.12.21, 17:12
Hallo,

ich bin gerade am Trauerkarte schreiben und suche nach den richtigen Worten.
Jetzt bin ich hier gelandet und möchte auch etwas von meinen Erfahrungen dazu schreiben.
Meine Mutter ist ja letztes Jahr im September gestorben und das Grab ist 670 Kilometer weg von mir. Was mich aber  sehr beschäftigt ist die Tatsache dass es mir schwer fällt den Tod meiner Mutter zu realisieren...ich mein so ganz in mir drin. Durch die räumliche Trennung die wir ja vorher schon hatten habe ich ein Problem damit loszulassen. Das ist nicht einfach. Noch immer habe ich es nicht über mich gebracht die Erinnerung "Mama anrufen"aus dem Kalender zu streichen. Das kann hier sicherlich niemand nachvollziehen aber mir geht es einfach so.

LG Mathilde
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Morgana am 21.12.21, 18:13
Liebe Mathilde,

deine Mutter und du, ihr wart sehr weit räumlich getrennt, dass es da noch schwieriger ist den Tod zu realisieren kann ich mir gut vorstellen. Außerdem ist erst gut ein Jahr vergangen.

Bei uns steht nach 12 Jahren noch die Telefonnummer im Speicher.

Das muss niemand nachvollziehen können. Dir alleine muss es gut tun und dir was
bedeuten. Was andere denken oder meinen ist gerade bei Trauer nicht wichtig.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Rohana am 21.12.21, 21:41
"Mama anrufen" geht dann vielleicht nicht mehr mit dem Telefon, nur noch mit dem Herzen, aber warum sollte man deshalb den Kalendereintrag löschen?

Du allein entscheidest wie du trauerst und wie du damit umgehst.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: LunaR am 21.12.21, 22:46
Mathilde, vielleicht kannst du dir einen Platz zum trauern bei dir zu Hause einrichten? Aus einem anderen Zusammenhang (nach Fehlgeburten, wo die Mütter kein Grab für ihr verlorenes Kind haben) kenne ich das so, einen besonderen Stein, Edelstein oder ein schönes Bild oder auch ein Andenken an deine Mutter aufstellen und eine Kerze davor.

Bei meiner Freundin ist es so, dass ihr verstorbener Mann in seiner alten Heimat bestattet wurde, ca. 2000 Km von hier. Sie kann nur selten dort sein. Es wurde eine Miniurne mit etwas von seiner Asche gefüllt und im Garten von der Familie bestattet . Sie haben einen Baum darüber gepflanzt und dort einen schönen Ort eingerichtet.

Auch ich kann nur schwer loslassen. Ich denke, das braucht Zeit, bei jedem Individuell. So konnte ich es nicht zulassen, dass idie Handarbeiten meiner Mutter entsorgt werden. Obwohl ich sie nicht brauche, liegen sie hier immer noch, nach über 20 Jahren. Dazu gehören auch die Kopfkissen mit aufgesticktem Monogram. So viel Arbeit ...

Irgendwann lässt es uns etwas los. Bis dahin ist Zeit.

Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Maja am 21.12.21, 23:45
Mathilde.....Mama anrufen! den Gedanken finde ich toll, der darf ruhig im Kalender stehen. Ganz bewusst sich auf Mama einlassen,auch wenn sie nicht mehr als Person greifbar ist.
Mit ihr im Geist reden, an sie denken, das tut doch gut.
Ich habe auch manchmal den Gedanken, das muss ich Mama mal fragen..... dabei ist sie schon 20 Jahre tot.
Die Monogramm gestickten Kopfkissen gibt es hier auch noch. Sie liegen im Schrank. Ich konnte die Kleider meiner Mutter auch nicht einfach entsorgen.
Mit Vater war damals ja noch da, er hätte es tun müssen, können, dürfen.
Ich glaube, wenn die Person die gegangen ist, nicht im Hausstand gelebt hat, dann ändert sich im täglichen Ablauf ja nichts,  dann ist es schwer zu realisieren.
JEDER TRAUERT ANDERS  und das ist okay so.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: LunaR am 22.12.21, 00:08
Wir Geschwister mit Anhang werden in Kürze den 100. Geburtstag unseres Vaters/Opas feiern. Nein, er ist nicht so alt. Er ist schon seit 15 Jahren nicht mehr da. Ich fand, es ist trotzdem ein schöner Anlass um zusammen zu kommen. So viel zum Thema loslassen. Niemand fand das komisch.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Marina am 22.12.21, 07:24
Luna, so haben wir´s bei meiner Oma gehalten. Zum 100. Geburtstag kamen
wir Enkel und ihre Kinder zusammen. Es gab Schlesischen Kartoffelsalat und Würstchen,
das Gericht, das es immer an ihrem Geburtstag gab. Ein Onkel brachte Bilder mit, die
wir noch nicht kannten. Meiner Oma hätte der Geburtstag gefallen  :D
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: fanni am 22.12.21, 08:25
Hallo,

ich bin gerade am Trauerkarte schreiben und suche nach den richtigen Worten.
Jetzt bin ich hier gelandet und möchte auch etwas von meinen Erfahrungen dazu schreiben.
Meine Mutter ist ja letztes Jahr im September gestorben und das Grab ist 670 Kilometer weg von mir. Was mich aber  sehr beschäftigt ist die Tatsache dass es mir schwer fällt den Tod meiner Mutter zu realisieren...ich mein so ganz in mir drin. Durch die räumliche Trennung die wir ja vorher schon hatten habe ich ein Problem damit loszulassen. Das ist nicht einfach. Noch immer habe ich es nicht über mich gebracht die Erinnerung "Mama anrufen"aus dem Kalender zu streichen. Das kann hier sicherlich niemand nachvollziehen aber mir geht es einfach so.

LG Mathilde

Liebe Mathilde, meine Papa ist heuer im September gestorben. Seither war ich erst 2 x wieder bei meiner Mama zu Hause. Wenn ich jetzt an Weihnachten nach Hause fahre, dann werde ich auf den leeren Platz in der Kücheneckbank schauen und ins Wohnzimmer gehen und mich wundern, dass mein Papa dort nicht mehr in seinem Ruhesessel liegt............

ich hab mal irgendwo im Radio einen Satz von einem gehört.......solange meine Eltern noch da sind und seien sie noch so alt bin ich immer noch das Kind. .......Das beschäftigt mich gerade sehr.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Maja am 22.12.21, 19:00
ja fanny  , der Satz ist mir auch bekannt und das war als mein Vater ging sehr schwer. Ab da war ich Waise.
Es gibt aber auch den Spruch unsere Lieben sind um uns auch wenn sie nicht mehr leben.
und da find ich ist auch was wahres dran.
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Rohana am 24.12.21, 23:36
Man wird ja erst richtig erwachsen wenn die eigenen Eltern nicht mehr sind, heisst es. Ich war noch nie scharf auf erwachsen werden...  :-[
Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: Steinbock am 26.12.21, 13:01
Liebe Mathilde, ich möchte nochmal den Gedanken von Luna aufgreifen...
zu Hause einen Platz zum Trauern schaffen. Vielleicht draußen, dass man
ein wenig gehen muss, um zu der "Gedenkstelle" zu kommen.

Titel: Re: Ein Platz zum Trauern?
Beitrag von: gina67 am 01.01.22, 21:55
Wir haben uns zu Lebzeiten meiner Eltern immer zu den üblichen Feiertagen getroffen. Weihnachten, Ostern, an den Geburtstagen und zum Hochzeitstag meiner Eltern.
Als Mama starb, fiel das Treffen zu ihrem Geburtstag im September aus und auch den Hochzeitstag im November konnten wir nicht mehr so feiern wie vorher.
Mein Vater hat dann die ganze Familie eingeladen mit ihm essen zu gehen, immer am Sonntag nach dem Hochzeitstag, das war immer am Volkstrauertag. So haben wir das 17 Jahre gemacht, bis auch Papa starb. Im ersten Jahr haben wir den Tag verstreichen lassen, wir hatten uns sowieso ständig getroffen. Aber seit 5 Jahren gehen wir 4 Geschwister mit unseren Kindern und Enkeln wieder am Volkstrauertag essen und treffen uns danach alle am Grab meiner Eltern.