Liebe Sonnenblume,
du sprichst ein Thema an, was, ehrlich gesagt, von deiner Einstellung her nicht ganz zum Unternehmen Bauernhof passt. Bei mir war die Situation genau so wie bei dir. Ich komme auch nicht vom Bauernhof und bin in der Zeit, wo ich mit meinem jetzigen Ehemann zusammenkam, arbeiten gegangen. Genau wie du. Allerdings, und hier unterscheiden wir beide uns jetzt schon, hat mein Mann mir von Anfang an klar gemacht, dass er mich brauchen wird. Und das hat er mir sofort am Anfang gesagt, bevor aus der Zuneigung mehr wurde. Fand ich fair und habe es mir gut überlegt - und ich habe mir genau angeschaut, was mich erwartet - das Recht muss sich eine angehende Frau oder Lebensgefährtin eines Landwirtes rausnehmen.
Leider schreibst du nicht, wie lange ihr euch schon kennt. Wir kennen uns jetzt 8 Jahre und am Anfang war es so - auch als wir noch nicht zusammenlebten - dass ich öfter nach meiner Arbeit zum Hof fuhr und mich mit einbrachte, wenn ich Zeit hatte. Da ich am Wochenende eh dort war, war es für mich auch selbstverständlich, morgens früh mit aufzustehen und mitzuhelfen - und habe mich anschließend gefreut, dass wir, zu früher Stunde, schon startbereit waren in einen Sonntag und Zeit hatten, etwas zu unternehmen, wo andere noch im Bett liegen
Außerdem hätte ich ein schlechtes Gewissen gehabt, wenn ich liegen geblieben wäre.
Wenn SE in Urlaub fuhren, habe ich mir in der Woche Urlaub genommen und die ganze Woche mitgeholfen - wann hast du schon mal Gelegenheit, zu testen, wie es ist, wenn man den Hof alleine bewirtschaften muss?
Du solltest deine Einstellung zum Thema Urlaub ändern - oder die Beziehung hat für euch keine Zukunft. Du kannst von deinem Freund nicht erwarten, dass er sich kaputtrackert, während du die Einstellung vertrittst, du hättest Urlaub. Glaube nicht, du könntest später so viel Urlaub machen wie jetzt. Wir sind seit drei Jahren nicht in Urlaub gewesen, und du wirst nie ein komplettes Wochenende haben, es sei denn, ihr organisiert eine Hilfe, die euren Part am Wochenende oder in Urlaubszeiten gelegentlich mal übernimmt. Deswegen solltest du auch nicht denken, jetzt kann ich ja noch Urlaub machen, später kann ich es nicht mehr. Teste lieber jetzt, ob du bereit bist, das alles auf dich zu nehmen. Was nützt es dir und deinem Freund, wenn ihr jetzt viele Jahre in eine Beziehung investiert, und in ein paar Jahren trifft dich die Erkenntnis, dass du mit dem ganzen gar nicht leben kannst oder willst.
Wir haben hier sehr viel Arbeit (100 Kühe), und meine Schwiegereltern helfen beide noch mit, trotz Pension seit 5 Jahren. Mein Mann hat den Hof vor 5 Jahren übernommen, ich selber bin nach der Geburt unseres 1. Kindes vor 3 Jahren zu Hause und wir bewirtschaften den Hof zu viert. Mein Mann und ich melken zusammen, SE kümmern sich um Kälber und einen kleinen Teil der Rinder, so, wie sie halt noch können. Die sonst anfallenden Arbeiten werden dann kurzfristig organisiert. Die Arbeit mit SE ist nicht immer leicht - hier prallen sehr oft die Meinungen aufeinander und ich habe hier schon viele Tränen vergossen wegen der einen oder anderen Streitigkeit - vor allem mit SM, die oft einen sturen Kopf hat und meint, es müsste alles so gemacht werden, wie sie das sagt. Nur - das machen wir nicht - und da habe ich meinen Mann zum Glück auch auf meiner Seite. Und - die Situation ist erst so verzwickt, seit wir geheiratet haben. Am Anfang war das Klima mit SM besser - ich bin halt die Konkurrentin, die ihr den Sohn weggenommen hat. Aber das prägt eine Bäuerin und verschafft ihr ein dickes Fell.
Und was deine Anmerkung zur Tankreinigung betrifft - Reinige den Tank doch halt etwas später oder überlegt eine automatische Spülung anzuschaffen. Ich weiß leider nicht, wie viele Kühe ihr habt und warum ihr noch den Tank selber waschen müsst? Bei uns kommt der Milchwagen alle 2 Tage und der Fahrer schaltet nach dem Abpumpen der Milch die Kühlung aus und die automatische Spülung ein. Da sind wir auch selten bei und spülen lediglich kurz vor dem melken den Tank nochmal mit Wasser aus, um sicher zu vermeiden, dass sich noch Spülmittelreste im Tank befinden.
Ansonsten kann ich dir sagen, unternehmt morgens was, das machen wir auch immer, meist sind wir um 16:00 Uhr zurück, weil wir um 16:45 Uhr wieder in den Stall müssen.
Prüfe gut, ob du mit all dem leben kannst, das musst du und ist nur dir und deinem Freund gegenüber fair - ansonsten wirst du nicht glücklich werden und vergeudest kostbare Zeit.
Mach dir eine Liste, schreibe alle Vor- und Nachteile auf, die dir einfallen, hilft oft, einige Dinge auch mal etwas positiver zu sehen oder seine Einstellung zu ändern.
Ich kann dir von mir nur sagen, dass ich mich an all das hier gewöhnt habe und sehr zufrieden mit meinem Leben hier bin, auch wenn es oft mal hoch her geht oder knallt. Bisher haben wir für alles immer eine Lösung gefunden. Und wer sieht seinen Mann schon so oft wie die Bäuerin, die ihre Familie morgens, mittags und abens um sich hat? Wir haben doch wesentlich mehr von unseren Männern und auch die Kinder von ihren Vätern - als manch anderer, der morgens schon weg ist, wenn die Kiddis aufstehen und erst von der Arbeit kommt, wenn die Kleinen schon im Bett sind.
Mach dir für dich klar, was du von deinem Leben erwartest, was dich zufrieden und glücklich macht, und was du gar nicht möchtest. Eins kann ich dir aber sicher sagen - an das Aufstehen am Wochenende wirst du dich gewöhnen - ich komme mit dem regelmäßigen Rhythmus besser klar als mit dem "Jetlag", den man früher Wochenende für Wochenende provoziert hat, weil man viel zu lange ausgeschlafen hat
Liebe Grüße, Jana