Hallo Annama,
ich teile Deine Gedanken.
In den letzten Jahren habe ich auch sehr viele Bücher über Krieg, Verfolgung, Lagerleben, Deutsche Geschichte gelesen.
Ich komme aus einer Familie, in der das eher totgeschwiegen wurde.
Wohl weniger weil sie bei mir daheim alle Nazis waren (ganzes Gegenteil - mein Opa war dessertiert und gesucht - der hatte vom 1. Weltkrieg mit Bauchschuß und kürzerem Fuß genug davon).
Nein, meine Mutter hatte eine Hand beim Spiel mit Munition im eigenen Garten eingebüßt und war Monate lang in Behandlung. Der Unfall ereignete sich ein paar Tage nach der Kapitulation. Auch Schienbein war nicht mehr zu reparieren.
Mein Vater war 7 Jahre in sibierischer Kriegsgefangenschaft und mehr tot als lebendig heimgekommen.
Wir hatten Verwandte in der heutigen Stadt Dachau. Dass diese Bürger vielleicht zum Selbstschutz oder wie auch immer ihr Lager verdrängt haben, das kann ich nachvollziehen.
Welche Gründe auch immer, meine Familie war nicht bereit mit mir als Kind und Jugendliche darüber Diskussionen zu führen. Das Thema war Tabu.
Der Bruder meiner Mutter war vermisst und wurde nie für tot erklärt. Und das obwohl man weiß, dass aus dem Ort keiner heraus kam.
Ich habe zu dieser Thematik Nachholbedarf. Ich lese viel und eben auch solche Bücher, Zeitungsartikel und Fernsehberichte sind meins.
Ostpreußen schaue ich mir oft auf Karten an. In der ehemaligen DDR bin ich fast zu Hause.
Ostern wenn ich in den letzten Jahren dort war, habe ich immer am Karfreitag (da ich in Diaspora wenig Gelegenheit zur Karfreitagsliturgie hatte) immer Lager wie Ravensbrück und Sachsenhausen besucht.
Deshalb bewegt es mich auch, wenn ich lese, was Du in Polen für Eindrücke gewonnen hast. Vielleicht schaffe ich es auch noch einmal Ausschwitz zu besuchen.
Mich läßt es nicht kalt, wie man mit den Menschen damals umgegangen ist. Ganz im Gegenteil.
Ich wehre mich aber, das den Leuten, dieser Generation von damals anzulasten, welche aus Not und Arbeitslosigkeit angeblich die Braunen an die Macht gebracht haben.
Da bin ich mir nämlich unsicher. Die entscheidenden Wahlen wurden nämlich unter den Mächtigen vollzogen. Die Wahlen der kleinen Leute unter Zwang, bzw. ohne Alternative konnten für nichts mehr entscheiden.
Die Mächtigen waren damals Himmler, Röhm, pure Fanatiker.
http://www.mahnung-gegen-rechts.de/pages/staedte/Talheim/pages/vollstrecker.htmWären damals schon die Mächtigen aufgestanden, der deutsche Adel, welcher aufgrund der Bildung schon nicht so verblendet hätte sein müssen, dann hätte der kleine Mann vermutlich auch nichts ausrichten können.
Leider wiederholen sich solche Dinge in der Weltgeschichte immer wieder. Die Menschheit wird nicht klüger. Fanatismus ist immer eine Gefahr, die auch vor Bildung nicht halt macht. Denken wir an den Kosovo. Jetzt hätte man Medien, die vermitteln wie es bei uns vor 65 Jahren war. Und doch wurde ein ungerechter Krieg geführt in dem Frauen und Mädchen ebenso leiden mußten wie Männer in Soldatenkleidung.
Manchmal kann ich das auch nicht verstehen...
Zum Thema nach dem Krieg gibt es hier auch noch eine Seite, die mich sehr betroffen gemacht hat:
http://www.deutscherosten.de/Lamsdorf.htm